"Manchmal findet auch ein blindes Huhn ein Korn" ist eine Redewendung, die Du sicher oft benutzt, wenn Du noch in den 1960ern lebst. Übertragen in die Jetztzeit würde der Spruch wohl lauten: "Manchmal hat auch ein schlechter Film eine wirklich gute Szene". Wir stellen sieben unbestrittene Highlights aus sieben unbestrittenen Lowlights vor.
Sich durch einen schlechten Film zu quälen, ist so ziemlich die Höchststrafe für Filmfans. Gelegentlich wird man aber aus seiner Agonie gerissen – von einer unvermutet gelungenen Szene oder einer überraschend beeindruckenden Einstellung, manchmal sind es nur ein paar perfekte Sekunden, die die öde Monotonie filmischer Belanglosigkeit durchbrechen.
Sieben dieser kleinen Guck-Geschenke habe ich in dieser wie immer extrem subjektiven Liste zusammengetragen. Wohl bekomm's!
- Der Flugzeugabsturz in "Knowing"
- Die superleichte Kamera in "Conjuring 2"
- Der Navigator in "Dune"
- Eminem ist schwul in "Das Interview"
- Der erste Tripod-Angriff in "War of the Worlds"
- M. Bison in "Street Fighter"
- Die Fotos in "Das Hält Kein Jahr"
Der Flugzeugabsturz in "Knowing"
Das ist so eine Szene, die taucht in fast jeder Internet-Liste auf, die es zu dem Thema gibt. Dabei ist sie handwerklich ziemlich schlampig: Nicolas Cage wird Zeuge eines verheerenden Flugzeugabsturzes, guckt ganz am Anfang aber in die völlig falsche Richtung, verbrennt sich nicht an offensichtlich getricksten CGI-Flammen und brüllt einem brennenden Mann ein "Hey!" hinterher, als wollte er ihn fragen, wo es hier zum nächsten Lidl geht. Und doch sorgt diese ganze Sequenz, die ohne einen einzigen Schnitt auskommt, nicht nur bei Flugangst-Opfern wie mir für Beklemmung.
"Knowing" ist ein Science-Fiction-Mystery-Drama aus dem Jahr 2009, das sich eine Spur zu ernst nimmt und am Ende in versponnenen Kitsch abgleitet. Wer ihn damals gesehen hat, kann sich vermutlich kaum noch daran erinnern, was angesichts des Titels ziemlich ironisch ist. Aber diese zweieinhalb Minuten sind auf eine morbide Art fast hypnotisch.
Die superleichte Kamera in "Conjuring 2"
Ich habe hier aus meiner Abneigung gegenüber den "Conjuring"-Filmen keinen Hehl gemacht. Ich mag die ewigen Jumpscares nicht, ich mag die immer beklopptere Story nicht, ich mag die unverhohlene Geldmacherei der Spin-offs nicht, ich finde es ätzend, wie zwei publicity-geile Trickbetrüger als liebenswerte Saubermänner dargestellt werden.
Aber in "The Conjuring 2" von 2016 gibt es eine winzig kleine Szene, die mich für ein paar Sekunden mit diesem ganzen Klumpatsch versöhnt hat. Als Patrick Wilson in den 1970ern eine dieser monströs klobigen, unfassbar massigen Heimvideokameras auf die Schulter wuchtet und begeistert ausruft: "It's so small ... and light!" Das ist ein ernsthaft guter Gag. Auch wenn CinemaSins das anders sieht.
Der Navigator in "Dune"
Selbst Regie-Götter drehen mal einen schlechten Film. David Lynch hat sich 1984 an einer Verfilmung des Science-Fiction-Epos "Dune", zu Deutsch "Der Wüstenplanet", versucht. Aber seine künstlerischen Ambitionen waren den Produzenten und Geldgebern etwas zu ambitioniert, letztendlich hatte das Studio Universal die kreative Kontrolle – und "Dune" gilt bis heute als schlechtestes Werk des exzentrischen Regisseurs. Alle tun ein bisschen so, als hätte es diesen Film nie gegeben.
Dabei blitzt selbst in "Dune" immer wieder die Brillanz von David Lynch auf. Etwa in der Szene mit dem Navigator. Im "Dune"-Universum sind Navigatoren mutierte Menschen, deren Körper sich durch exzessiven Konsum des bewusstseinserweiternden Gewürzes grotesk verändert haben. Lynchs Version mit dem monströsen Kopf und V-förmigen Mund ist vielleicht nicht buchgetreu, aber wunderbar schaurig. Schauen wir mal, wie die Navigatoren in der heiß erwarteten Kino-Umsetzung von Denis Villeneuve aussehen werden.
Eminem ist schwul in "The Interview"
Weißt Du noch, 2014, als die Klamotte "Das Interview" ernsthafte diplomatische Spannungen zwischen Nordkorea und den USA provozierte? Seth Rogen und James Franco nehmen darin Kim Jong-un auf die Schippe – hätte eine wirklich clevere, mutige und bissige Satire werden können, war dann aber nur infantiles Gekreisch mit albernen Pipikacka-Zoten.
Aber die Szene, in der Eminem ganz beiläufig droppt, dass er schwul ist, so als wäre das doch völlig offensichtlich gewesen – die ist Comedy-Gold. James Franco als schmieriger Talkshow-Host, mit übertriebener Gestik und bemüht investigativem Gesichtsausdruck, dagegen Eminem mit versteinerter Mine – wäre der gesamte Film so clever und lustig wie diese eine Szene, hätte Kim Jong-un wirklich was zum Aufregen gehabt.
Der erste Tripod-Angriff in "Krieg der Welten"
Pass auf, ich stelle jetzt eine Behauptung über Dich auf und wenn sie zutrifft, sagst du laut "Na so was", okay? Fertig? Los geht's: Dir hat Steven Spielbergs "Krieg der Welten" ganz gut gefallen, aber nur die erste Hälfte.
Lass Dich nicht von Deinen Mitmenschen irritieren, die Dich jetzt komisch angucken, weil Du soeben "Na so was" durch den Raum gebrüllt hast. Das war der Deal. Guck Dir lieber die beste Szene im gesamten Film an, die (natürlich) in der ersten Hälfte stattfindet: der erste Angriff der Tripods. Die sich kontinuierlich steigernde Bedrohung. Die Verwirrung, die sich zu Ehrfurcht und schließlich zu Todesangst wandelt. Die Panik. Dieses Geräusch. Auch wenn der Film in der zweiten Hälfte zerfällt wie die Alien-Körper, die von irdischen Bakterien dahingerafft werden – diese Sequenz ist pures Kino.
M. Bison in "Street Fighter"
Ich war mir lange nicht sicher, ob ich den "Street Fighter"-Film von 1994 in diese Liste packen sollte. Ich meine, natürlich ist der nicht im klassischen Sinn "gut". Die ultra-toughe Geheimagentin Cammy wird von Kylie Minogue gespielt, genau, der Kylie Minogue, und das sagt Dir eigentlich alles zum künstlerischen Anspruch dieses Films, was Du wissen musst. Aber er ist auch so verdammt unterhaltsam, eben weil er so bekloppt ist, dass man ihm einfach nicht böse sein kann. Diesen Film will man in den Arm nehmen.
Das Beste an "Street Fighter" ist ohne Zweifel die monumentale Performance von Raúl Julia, der nach den Dreharbeiten leider verstarb. Er nahm die Rolle des Oberfieslings M. Bison nur an, um seinen Kindern einen Gefallen zu tun, die große "Street Fighter"-Fans waren. Und er gibt in seinem letzten Leinwand-Auftritt alles: Jede einzelne Zeile platzt fast vor Pathos und Dramatik, Julia macht aus einem zweidimensionalen Cartoon-Charakter einen überlebensgroßen Halbgott von fast Shakespear'schen Ausmaßen. Und diese Szene hier ist sein Vermächtnis.
Die Fotos in "Das hält kein Jahr"
Nope. Keinen Kontext. Diese Szene steht für sich, da muss man nix erklären.
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