Nach "Dumbo" kommt mit "Aladdin" die nächste Realverfilmung von Disney in die Kinos geflogen. Ob sie den Zauber des Originals von 1992 wiederbelebt oder besser auf ewig in die Wunderhöhle verbannt werden sollte, erfährst Du in unserer Kritik.
- Arabische Nächte: Auf nach Agrabah
- Remake tritt ein schweres Erbe an – und setzt auf alte Stärken
- Jasmin und Co. bekommen zeitgemäße Charakter-Updates
- Dschinni-Fans erleben ihr blaues Wunder
- Wer mit wem? Die Chemie zwischen den Hauptfiguren
- Fazit
Disney kann es nicht lassen: Wie am Fließband produziert der Mauskonzern eine Neuauflage seiner Klassiker nach der anderen. Diesmal hat sich Guy Ritchie, eigentlich Experte für schräge Krimikomödien, an dem Stoff aus Tausendundeine Nacht probiert. Und mit Will Smith genau den richtigen Darsteller für den gewitzten Dschinni gefunden.
Arabische Nächte: Auf nach Agrabah
Die Geschichte – zumindest in der Version von Disney, versteht sich – ist den meisten bekannt. Sie entführt uns ins Königreich Agrabah, auf dessen Straßen sich der gutherzige Dieb Aladdin (Mena Massoud) mit seinem Affen Abu mehr schlecht als recht durchschlägt. Gleichzeitig lebt Prinzessin Jasmin (Naomi Scott) im Palast in absolutem Luxus, muss aber auf das Wichtigste verzichten: Freiheit. Trotz ihres unterschiedlichen Backgrounds lernen sich die beiden auf dem Markt kennen – und Aladdin verliebt sich auf den ersten Blick in die wunderschöne Prinzessin. Als er versucht, Jasmin wiederzusehen, gerät er in die Fänge des ehrgeizigen Großwesirs Dschafar (Marwan Kenzari): Aladdin soll ihm die sagenhafte Wunderlampe beschaffen ...
Remake tritt ein schweres Erbe an – und setzt auf alte Stärken
Der Zeichentrickfilm "Aladdin" von 1992 stammt aus die Zeit der Disney-Renaissance. Sie bezeichnet ein Jahrzehnt, das 1989 mit "Arielle: Die Meerjungfrau" einsetzte und 1999 mit "Tarzan" endete. Der Mauskonzern fand in dieser Ära zur alten Stärke zurück und produzierte einen Animationshit nach dem anderen. Da ist es wenig erstaunlich, dass Disney gleich die Hälfte der damaligen Filme mit einem Realfilm bedenkt. Dieses Jahr trifft es "Aladdin". Ein gewagtes Unterfangen, da die Vorlage auf Rotten Tomatoes sowohl bei Kritikern als auch Zuschauern ein Rating von über 90 Prozent hält. Eine weitere große Herausforderung: den genialen Robin Williams als Dschinni zu ersetzen.
Dem Remake von 2019 gelingt der Spagat, dem Original treu zu bleiben und dem Stoff gleichzeitig neue, zeitgemäße Facetten zu verleihen. Sets und Kostüme wirken wie direkt aus dem Zeichentrickfilm entnommen, nur eine Schippe bunter und prächtiger. Ihr Weiteres steuern die Originalsongs des Komponisten und Oscarpreisträgers Alan Menken bei, die für das Remake übernommen wurden und den Zuschauer sofort emotional packen. Dadurch wird der Zuschauer direkt in die zauberhafte Welt von Tausendundeine Nacht gesogen.
Jasmin und Co. bekommen zeitgemäße Charakter-Updates
Nicht alles bleibt beim Alten. Wie in "Die Schöne und das Biest" bekommen die Hauptfiguren eine zeitgemäße Modernisierung, das gilt vor allem für Jasmin. Bereits im Zeichentrickfilm war die Prinzessin eine starke Persönlichkeit. Im Live-Action-Film möchte die intelligente junge Frau nicht nur ihren Ehemann selbst bestimmen, sondern ihren Vater, den Sultan, in seinen Staatsgeschäften unterstützen. Ich finde es vollkommen richtig und wichtig, diese Nebenhandlung einfließen zu lassen. Nur zum Showdown hin tritt Jasmins Emanzipationsgeschichte etwas zu sehr in den Vordergrund.
Auch Dschafar ist nicht mehr nur ein Standard-Bösewicht. Im Gegenteil, er hat sogar viele Ähnlichkeit mit Aladdin, dem er nähersteht als im Zeichentrickfilm. Ebenso wie dieser war Dschafar ein Straßendieb, hat sich aber zum Großwesir hochgearbeitet. Zerfressen von Ehrgeiz kann er sich mit dieser Position allerdings nicht zufriedengeben. Auch Aladdin zeigt leichte Anwandlungen in diese Richtung, für einen kurzen Moment steigt ihm die Macht zu Kopf. Und wer weiß, wie er sich ohne Freunde wie den Dschinni und Abu entwickelt hätte. Einziger Wermutstropfen: dem Realfilm-Dschafar fehlt das genüsslich Böse des Zeichentrick-Wesirs.
Dschinni-Fans erleben ihr blaues Wunder
Das Highlight und Herz des Filmes ist jedoch wie im Zeichentrickfilm der quirlige Dschinni. Die Flaschengeist-Version von Robin Williams zu kopieren, der neben seiner Stimme viel Inhaltliches in die Figur einfließen ließ, hätte keinen Sinn ergeben. Mit Will Smith wurde allerdings ein (fast) ebenbürtiger Nachfolger gefunden. Ebenso wie Williams ist er ein Vollblut-Entertainer mit einem ganz eigenen Stil.

Smith gibt seinem Charakter die Wärme und den Humor, die auch das Original auszeichnen. Er macht den Dschinni dennoch zu seinem eigenen Charakter. Sei es mit seinen typischen Signature-Moves oder mit Sprüchen, die aus "Der Prinz von Bel-Air" stammen könnten. Der Dschinni ist ein Martini schlürfender Kumpeltyp, der nach tausend Jahren in der Flasche einfach seinen Spaß haben will.
Etwas weniger Spaß macht leider die CGI-Version des Flaschengeistes. Smith ist zwar zu erkennen, doch sein Gesicht ist seltsam verfremdet und der Oberkörper übertrieben aufgepumpt. Zum Glück tritt der Dschinni im Film recht häufig in Menschenform auf, sodass sich über diesen Makel hinwegsehen lässt.
Wer mit wem? Die Chemie zwischen den Hauptfiguren
Auch die übrigen Darsteller gefallen. Mena Massoud gibt einen sympathischen Helden, der nicht ganz so frech ist wie sein Zeichentrick-Pendant, aber fast. Vor allem in den Comedy-Szenen mit Will Smith überzeugt der ägyptisch-kanadische Darsteller. Wenn das Duo sich äußerst blamabel dem Sultan und der Prinzessin vorstellt (Stichwort: Marmelade) oder der Dschinni auf einer Party den Wingman für Aladdin gibt, gibt es kein Halten mehr.

Auch mit Jasmin-Darstellerin Naomi Scott harmonisiert Massoud gut. Der Funken vermag allerdings nicht so recht überspringen. Das wird besonders in der gemeinsamen Szene auf dem fliegenden Teppich deutlich. Es ist die Schlüsselszene des Films, die aus Jasmin und Aladdin ein Paar macht. Die Magie des Originals ist hier leider nur gedämpft zu spüren.
Das mag unter anderem daran liegen, dass Massoud gesanglich nicht mit seiner Partnerin Naomi Scott mithalten kann. Scott ist eine ausgebildete Sängerin und singt ihren Partner regelrecht an die Wand. (Aber wer weiß: Vielleicht ist das in der deutschen Synchronisation anders). Außerdem ist Scott ihrem Partner schauspielerisch überlegen, was sie vor allem bei einem neuen, für das Remake geschriebenen Song beweist.
Fazit: Ein (fast) traumhaftes Remake
Das "Aladdin"-Remake ist eine gute Mischung aus Alt und Neu. Fans des Zeichentrickfilms können sich über eine originalgetreue Umsetzung freuen, die Nostalgiegefühle weckt. Dennoch gibt es neue Szenen und interessante Background-Geschichten beliebter Charaktere zu entdecken. Das Highlight ist ganz klar Will Smith als Dschinni, der in CGI-Form vielleicht nicht perfekt ist, Humor und Herz hingegen am rechten Platz hat.