- Meine Ausgangslage
- So viel kostet die Nutzung der Premium-Version
- Erster Eindruck: Viel Licht, etwas Schatten
- Leichte Bedienung, umfassende Bearbeitungsmöglichkeiten, viel Spielerei
- Bokeh-Effekt in 3D-Ansicht punktgenau setzen
- Simulierte Objektive von Leica, Minolta und Co.
- Fazit: Focos überzeugt auf fast ganzer Linie – aber ich bleibe bei der iOS-Kamera-App
Porträtaufnahmen mit schöner Tiefenschärfe aufnehmen – das beherrscht jedes iPhone mit Dual-Kamera von Haus aus. Die App Focos verspricht aber einen noch besseren Bokeh-Effekt – und das sogar im Nachhinein. Was die Trend-App so einzigartig macht und ob sie hält, was sie verspricht, habe ich mir auf meinem iPhone 7 Plus einmal im Praxis-Test angeschaut.
Lange Zeit kannten iPhone-Nutzer Bokeh-Fotos nur von professionellen Spiegelreflexkameras. Das änderte sich 2016, als Apple das iPhone 7 Plus mit Dual-Kamera vorgestellt hat. Schon vor der Keynote war mir klar, dass ich mir das neue iPhone kaufen werde, nur welches, das wurde mir erst bewusst, als Apples Marketing-Chef Phil Schiller den neuen Porträtmodus vorstellte – seinerzeit noch als Beta-Feature.
Meine Ausgangslage
Da ich als Vater eines kleinen Sohnes privat sehr viel mit dem iPhone filme und fotografiere, kam mir das iPhone 7 Plus samt Dual-Kamera gerade recht. Aus zwei Gründen: Einerseits aufgrund des optischen 2-fach-Zooms, andererseits eben wegen des wirklich gelungenen Porträtmodus. Seitdem kann ich Fotos von meinem Kind mit einem schönen Tiefenschärfeeffekt knipsen, ohne immer eine DSLR griffbereit haben zu müssen.
Natürlich lassen sich beide Ergebnisse qualitativ nur bedingt vergleichen, dennoch liefert die Dual-Kamera für ein Smartphone mehr als respektable Ergebnisse. Noch dazu ist das Feature mehr als simpel: iPhone-Kamera starten, Porträtmodus wählen und auslösen. Schon in Echtzeit kann ich erkennen, ob die Tiefenschärfe passt oder nicht.
Das große Aber: Apples Kamera-App ist in puncto Funktionsumfang nur spärlich ausgestattet. Die App Focos will genau das ändern und bietet Hobbyfotografen umfassende Möglichkeiten, wunderschöne Porträtaufnahmen anzufertigen. Grund genug, um mir Focos einmal genauer anzuschauen. Die Anwendung kann kostenlos aus dem App Store heruntergeladen werden, der volle Funktionsumfang ist jedoch kostenpflichtig.
So viel kostet die Nutzung der Premium-Version
Dabei setzen die Macher der App meiner Meinung nach auf ein etwas merkwürdiges Abo-Modell: So lassen sich die Premium-Funktionen, unter anderem mehr Effekte und simulierte Objektive, zwei Stunden lang kostenlos testen. Das Monatsabo kostet 1,09 Euro, das Jahresabo 6,99 Euro und das lebenslange Abo schlägt mit 10,99 Euro zu Buche. Ohne lange zu überlegen, investiere ich 1,09 Euro, um einen Monat lang den vollen Funktionsumfang testen zu können.
Erster Eindruck: Viel Licht, etwas Schatten
Nach dem ersten Start überzeugt mich Focos durch ein aufgeräumtes Interface: Auslöser, Serienbildaufnahme, Blitz, Einstellungen und Zugriff auf bereits vorhandene Bilder mit Tiefenschärfe-Informationen werden angeboten. Die App selbst wurde aber nur mangelhaft übersetzt, die Hilfe-Texte innerhalb der Anwendung liegen nur in englischer Sprache vor, sind aber immerhin bebildert. Man findet sich zwar gut zurecht, leider trübt dieser Punkt aber den sonst guten Eindruck der App ein wenig.
Als ich das erste Mal auf den Auflöser tippe, enttäuscht mich die Anwendung jedoch mit einer langen Speicherdauer. Das funktioniert in der iOS-Kamera-App deutlich schneller und besser. Dafür kann ich die Porträtaufnahme umgehend nach Belieben bearbeiten: Mit dem Finger berühre ich die Stelle, auf die ich den Fokus setzen möchte. Bin ich damit zufrieden, speichere ich das Ergebnis einfach ab, die Aufnahme wird schließlich in der Fotos-App in einem eigenen Verzeichnis abgelegt. Übrigens: Bearbeiten kannst Du auch Porträtfotos, die Du bereits mit der normalen Kamera-App aufgenommen hast – vorausgesetzt, sie wurden bereits mit iOS 11 angefertigt. Leider stürzte Focos beim Scrollen durch die Galerie mitunter einfach ab.
Leichte Bedienung, umfassende Bearbeitungsmöglichkeiten, viel Spielerei
Ihre eigentliche Stärke spielt die App aus, wenn die Aufnahme umfassender bearbeitet werden soll: So bestimme ich über einen Schieberegler die Öffnung der Blende, wobei die Blende F/20.0 ein Bild gänzlich ohne Tiefenschärfe erstrahlen lässt, während die Blende F/1.4 den Vorder- oder Hintergrund stark unscharf werden lässt. Die einfache Handhabung ermöglicht auch Einsteigern schnelle und vor allem gute Ergebnisse.
Im nächsten Schritt kann ich unter "Form" jetzt noch unterschiedliche Formen für den Tiefenschärfe-Effekt wählen oder auch auf zahlreiche Spielereien zurückgreifen – und etwa ein Apple-Logo in den Bokeh-Effekt einfließen lassen. Ein Gimmick, das zumindest ich nicht benötige. Ohnehin bleiben die meisten Formen und Symbole nur Nutzern der Premium-Variante vorbehalten. Außerdem kannst Du auf Wunsch noch die Lichtfarbe verändern und das Bild etwas lebhafter machen. Direkt innerhalb der App kannst Du die Aufnahme auch zuschneiden, drehen oder spiegeln. Das funktioniert intuitiv und zuverlässig.
Bokeh-Effekt in 3D-Ansicht punktgenau setzen
Viel interessanter finde ich jedoch das Feature, das sich hinter dem Punkt "Effekt" verbirgt. Damit kann ich mir meine Porträtaufnahmen als 3D-Modell anzeigen lassen, was auf den ersten Blick zwar etwas komisch aussieht, aber einen ganz simplen Zweck erfüllt: Der Bokeh-Effekt kann so intuitiv und zielgenau mittels Schieberegler gesetzt werden. Doch damit nicht genug: Zahlreiche weitere Effekte können hier auf Knopfdruck angewendet werden, etwa "Sanftes Glühen", "Tilt-shift" oder "Bewegungsunschärfe". Wer gerne jedes kleinste Detail regelt, wird sich darüber freuen, dass sich Kontrast, Sättigung, Weißabgleich und viele andere Feinheiten im Handumdrehen einstellen lassen.
Nicht immer werden aber die Tiefeninformationen in einem Bild richtig erkannt, selbst die besten Algorithmen kommen an ihre Grenzen. In diesem Fall hilft die "Patch"-Funktion. Diese erlaubt es, die Tiefeninformationen gezielt mit Pinsel und Radiergummi zu bearbeiten. Wurden etwa bestimmte Dinge im Bild nicht richtig zuordnet, lässt sich das mit "Patch" schnell ausbessern. Eine eingeblendete Lupe sorgt für die dafür notwendige Präzision, um gute Ergebnisse erzielen zu können.
Simulierte Objektive von Leica, Minolta und Co.
Wer sich übrigens die Premium-Version von Focos gönnt, kann auf zahlreiche simulierte Objektive zugreifen – etwa von Carl Zeiss Jena, Leica Noctilux oder Minolta STF. Das Feature soll dabei den optischen Effekt eines echten Objektivs nachahmen. Wie gut das gelingt, vermag ich nicht zu beurteilen. Erstens bin ich kein Profifotograf und zweitens kann ich mir nur schwer vorstellen, dass eine Smartphone-App die Eigenschaften eines 10.000-Euro-Objektivs, wie etwa im Fall des Leica Noctilux, auch nur annähernd gut simulieren kann. Gleichwohl: Ein nettes Gimmick ist es allemal, zumal auch eigene Presets mit individuellen Eigenschaften definiert werden können.
Fazit: Focos überzeugt auf fast ganzer Linie – aber ich bleibe bei der iOS-Kamera-App
Persönlich haben mich die Möglichkeiten von Focos durchaus überzeugt. Nie war es einfacher und nie ging es schneller, Bildern den letzten Schliff mit einem beeindruckenden Tiefenschärfe-Effekt zu verleihen. Die App läuft weitestgehend stabil, die Handhabung ist intuitiv und die Features sinnvoll. Deshalb kann ich jedem iPhone-Besitzer mit Dual-Kamera Focos ans Herz legen – vor allem, weil die iOS-Kamera-App kaum Einstellungen bietet. Selbst in der kostenlosen Basis-Version sind die wichtigsten Features enthalten, um direkt loslegen zu können.
Wenngleich Focos einen guten Eindruck bei mir hinterlassen hat, werde ich die App dennoch kaum weiter nutzen. Dafür ist mir die Nachbearbeitung einzelner Fotos schlichtweg zu zeitaufwendig – nicht generell in Focos, sondern vielmehr grundsätzlich. Lieber achte ich schon beim Fotografieren auf einen ordentlichen Tiefenschärfe-Effekt, um mir eben umfangreichere Optimierungen im Nachhinein zu sparen. Das ändert aber nichts daran, dass die Entwickler mit Focos ein mächtiges Werkzeug geschaffen haben, das höchste Anerkennung verdient und eine echte Bereicherung für ambitionierte iPhone-Fotografen darstellt. Absolute Empfehlung, ohne Wenn und Aber.
Das hat mir gut gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ intuitive Nutzung und gute Handhabung | - viele Features sind kostenpflichtig |
+ gute Bokeh-Effekte, die sich leicht umsetzen lassen | - mitunter friert die App einfach ein |
+ viele sinnvolle Features, zahlreiche Effekte und Formen | - schlampige Übersetzung |