Das iPad Pro ist nicht nur unglaublich groß, sondern auch außerordentlich leistungsstark. Das Pro in der Bezeichnung macht zugleich deutlich, an wen Apple sich mit dem Riesen-Tablet richtet – und zwar an Profis. Ob das gelingt und wie sich das iPad Pro im Test schlägt, klären wir jetzt.
Als Apple auf seiner diesjährigen Keynote das iPad Pro enthüllte, war die Euphorie insgesamt eher verhalten. Größer, leistungsstärker, ein Eingabestift namens Pencil, ein Smart Keyboard – reicht das aus? Apple-Chef Tim Cook glaubt gar daran, dass das iPad Pro den PC ersetzen werde, was im Netz allerdings größtenteils eher mit Spott honoriert wurde. Wie sich das iPad Pro im Test schlägt und ob das Tablet den Computer wirklich überflüssig macht, das klären wir in einem ausführlichen Check.
iPad Pro punktet mit exzellenter Verarbeitung
In Sachen Design bleibt beim iPad Pro alles beim Alten und Apple tut gut daran, hier erst gar keine Experimente zu wagen. Alles ist aus einem Guss, die elegante Optik kann auf voller Linie überzeugen. Mit nur 6,9 Millimetern Dicke ist das iPad Pro für seinen 12,9 Zoll Bildschirm sehr dünn, das Gewicht von 713 Gramm ohne Mobilfunk macht sich nicht negativ bemerkbar. Im Gegenteil: Wer auch immer bei TURN ON das iPad Pro zum ersten Mal in die Hand nahm, war positiv vom geringeren Gewicht überrascht. Die LTE-Variante ist gar leichter als das allererste iPad-Pendant mit Mobilfunk – und das trotz erheblich größerer Displaydiagonale. Die Verarbeitung ist schlichtweg tadellos, Spaltmaße sind im Apple-Universum ohnehin Fehlanzeige.
Retina-Display mit mehr als 5,5 Millionen Pixeln
Mit 2732 x 2048 Pixeln verfügt das iPad Pro über eine sehr hohe Auflösung, die Pixeldichte beträgt 264 ppi. Das ist dieselbe Retina-Auflösung, die auch beim iPad Air 2 zum Einsatz kommt. Das vollständig laminierte Display ist Fett abweisend und punktet mit einer Antireflex-Beschichtung – störende Reflexionen gibt es also nicht. Der Bildschirm verfügt über satte Farben sowie einen guten Kontrast und spielt in der Tablet-Liga ganz oben mit. Auch wenn sogar das iPad Mini 4 einen noch besseren Screen bieten soll, im Alltag konnte kein wirklicher Unterschied ausgemacht werden.
A9X-Chip und 4 GB RAM für Leistung der Spitzenklasse
Als Prozessor kommt im iPad Pro der 64-Bit-Chip A9X zum Einsatz, welcher theoretisch noch etwas leistungsstärker als der im iPhone 6s verbaute A9-Chip ist. Und die Leistung des Riesen-Tablets stimmt zu jeder Zeit. Alles startet flüssig und ohne lange Wartezeiten. Hardware und Software sind perfekt aufeinander abgestimmt. Auch in Sachen Arbeitsspeicher hat Apple kräftig aufgerüstet und verbaut erstmalig in einem iPad satte 4 GB RAM.
Fotos knipst das iPad Pro in einer Auflösung von 8 Megapixeln, was einigermaßen ordentliche Bilder ermöglicht. An die Qualität des iPhone 6s reicht die Qualität indes nicht heran. Für ein Tablet, das ohnehin auf ganz andere Schwerpunkte setzt, gehen die Schnappschüsse allerdings in Ordnung. Die FaceTime-Kamera löst mit 1,2 Megapixeln auf, was für Videotelefonie locker ausreicht. Auf Selfies sollte man mit dem iPad Pro aber eher verzichten.
iPad Pro ist das Multimedia-Tablet schlechthin
iPads sind seit der Markteinführung für ihre ausgezeichneten Multimedia-Fähigkeiten bekannt – das iPad Pro bildet da keine Ausnahme. Videos, Filme, Bilder – all das sieht auf dem hochauflösenden Display einfach blendend aus. Und Filmfans dürfen sich über besonders satten Sound freuen: Apple hat dem iPad Pro nämlich ganze vier Lautsprecher spendiert. Egal wie rum das Tablet gehalten wird, immer zeichnen sich die beiden oberen Lautsprecher automatisch für die Höhen und Mitten verantwortlich. Satte Bässe darf man naturgemäß zwar nicht erwarten, doch der Soundgenuss wurde erheblich verbessert und ist für ein Tablet außerordentlich gut.
Als Arbeitsmaschine geeignet – aber nicht für Jedermann
Doch was bringt der riesige Screen im Alltag konkret für einen Nutzen, abseits vom Konsumieren von Medieninhalten? Zu nennen ist hier vor allem die Split View-Funktion. Auf dem iPad Pro kann man bequem zwei Apps gleichzeitig nebeneinander in einem eigenen Fenster laufen lassen – was den Workflow ordentlich verbessern kann. So kann man einerseits gleichzeitig E-Mails in einem Fenster beantworten und in dem anderen kann beispielsweise in Safari nach Infos gesurft werden. Dass die Inhalte zu klein in dem Fenster dargestellt werden, davor muss wahrlich niemand Angst haben. Der fast 13 Zoll große Retina-Bildschirm leistet ganze Arbeit.
Doch nun zum Kernpunkt: Eignet sich das iPad Pro wirklich, wie es die Bezeichnung unmissverständlich suggeriert, für den professionellen Einsatz? Leider stand uns zum Testzeitpunkt weder der neue Eingabestift Pencil noch die Tastatur Smart Keyboard zur Verfügung. Deswegen können wir das optional erhältliche Zubehör an dieser Stelle nicht bewerten. Zunächst muss einmal festgehalten werden: Mit dem iPad Pro lässt sich hervorragend arbeiten – zumindest bis zu einem gewissen Umfang. Mails, Text- und in gewisser Weise Bildverarbeitung – all das erledigt das iPad Pro mühelos und zufriedenstellend. Doch ein Alleinstellungsmerkmal hat das Apple-Gerät damit nicht, denn auch schon die Vorgängermodelle lieferten in diesen Disziplinen hervorragende Dienste.
Das iPad Pro ist kein Ersatz für den Computer
Doch einen PC oder ein Notebook wirklich ersetzen, das kann das iPad Pro beileibe nicht, jedenfalls nicht für die breite Masse. Dafür allein ist iOS 9 – ohne Frage ein tolles Betriebssystem – aktuell gar nicht ausgelegt. Zwar gibt es für fast jedes Einsatzgebiet diverse Apps, welche die gestellten Aufgaben oftmals zufriedenstellend meistern. Doch wer wirklich hauptsächlich professionell mit dem iPad Pro arbeiten möchte, dürfte mit einem normalen Laptop oder MacBook besser bedient sein. Allein die Anschlussmöglichkeiten sind beim iPad Pro doch zu stark begrenzt. Keine Speicherkarten, kein USB-Anschluss – für Profis häufig bereits ein K.O.-Kriterium.
iOS 9 genial als mobiles System, aber kein vollwertiges OS
Zudem ist iOS 9 nach wie vor ein mobiles Betriebssystem, aus gutem Grund läuft auf den MacBooks ein richtiges OS. Die beste Power und Hardware bringt schließlich rein gar nichts, wenn die Software dieses Potenzial nicht ausschöpfen kann. Apple müsste iOS noch viel mehr für ein Profi-Tablet optimieren oder noch besser, wie es Windows mit seiner Surface-Produktfamilie macht, ein vollwertiges Betriebssystem auf dem Tablet installieren. Nur so könne es wirklich zu einer echten Alternative für Profis werden. Die passenden Anschlüsse natürlich nicht zu vergessen. Und eine vernünftige Dateiverwaltung ist ohnehin Grundlage, um ordentlich und produktiv an einem Gerät zu arbeiten.
Akkumäßig kein High-Performer, aber ordentliche Dauer
Die Akkukapazität beträgt 10.307 mAh. Was erstmal nach sehr viel klingt, relativiert sich vor dem Hintergrund des großen Displays, der hohen Auflösung und der schieren Power, über die das iPad Pro verfügt. Apple selbst gibt für die Batterielaufzeit eine Dauer von bis zu zehn Stunden an. Das ist ein ordentlicher, aber kein überragender Wert. Bei sehr intensiver Nutzung geht der Akku des iPad Pro ohnehin schon deutlich früher in die Knie. Das ist allerdings Klagen auf einem doch recht hohen Niveau. Für einen normalen Arbeitsalltag reicht die Laufzeit allemal. Dafür nimmt der Ladevorgang wieder einige Zeit in Anspruch: Ist der Akku vollständig leergesaugt, benötigt man bis zur vollständigen Ladung doch einige Stunden.
iPad Pro: Für Profis nur bedingt geeignet
Das iPad Pro ist ein ausgezeichnetes Tablet. Ersetzt es den PC? Nein, auf keinen Fall. Display, Verarbeitung, Leistung, Software – die Liste der positiven Merkmale ließe sich noch weiter fortsetzen. Aber wirklich innovativ oder gar revolutionär, das ist das iPad Pro ganz sicher nicht. Im Grunde ist es einfach nur größer, iOS 9 wurde geringfügig an das iPad Pro angepasst, aber sonst? Mit Zubehör wie dem Pencil oder dem Smart Keyboard kann man das iPad Pro noch etwas mehr zur Arbeitsmaschine werden lassen. Und gewiss, für viele dürfte das iPad Pro hervorragende Dienste erweisen, wobei es letztendlich doch immer auf die Einsatzgebiete ankommt. Was für den einen völlig ausreicht, kann für den nächsten wiederum völlig unzureichend sein.
Für Multimedia-Enthusiasten dürfte das iPad Pro indes die erste Wahl sein. Nur wenige Tablets liefern ein derart umfassendes Multimedia-Erlebnis wie Apples neuestes iPad-Modell. Doch aufgrund der Größe dürfte es für den mobilen Einsatz ein wenig überdimensioniert sein. Da dürfte man mit dem iPad Air 2 deutlich glücklicher werden. Zu Hause auf der Couch allerdings macht die Benutzung sehr viel Spaß, wenngleich es auf Dauer doch etwas schwer und unhandlich ist. Legt man das Tablet aber ab oder nutzt ein Cover zum Abstützen, dann bereitet einem das Gerät viel Freude.
Lieferengpässe für das Zubehör zum Release
Können Profis zugreifen? Eine allgemein verbindliche Antwort auf diese Frage lässt sich nicht geben. Das hängt viel zu sehr von den gewünschten Einsatzgebieten ab. Wer bislang mit iOS gut arbeiten konnte, wird es mit dem iPad Pro noch besser können. Wer allerdings von einem Surface Pro oder einem Laptop auf das iPad Pro wechseln will, sollte sich diesen Schritt genauestens überlegen – und nicht zuletzt das iPad Pro vorab ausgiebig testen. Denn iOS bleibt nach wie vor iOS – daran ändert kein noch so gut ausgestattetes Gerät etwas.
Die Preise sind keine Überraschung und bewegen sich in dem für Apple üblichen Rahmen. Das günstigste Modell mit 32 GB Speicher und ohne LTE kostet 899 Euro, das teuerste iPad mit LTE und 128 GB Speicher schlägt mit 1229 Euro zu Buche. Der Pencil kostet 109 Euro, das Smart Keyboard mit QWERTY-Layout 179 Euro. Zum Start müssen sich die Fans aber gedulden, wenn sie das Zubehör erwerben möchten. Die Lieferzeiten betragen mehrere Wochen.