Apple, warum ist mein wasserdichtes iPhone nicht wasserdicht?

Etwas Wasser hält das iPhone 7 Plus in der Theorie locker aus, in der Praxis aber mitunter nicht immer.
Etwas Wasser hält das iPhone 7 Plus in der Theorie locker aus, in der Praxis aber mitunter nicht immer. Bild: © picture alliance / dpa Themendienst 2018

Wasserdichte Smartphones gehören vor allem im Premium-Segment längst zum guten Ton. Apple präsentierte 2016 mit dem iPhone 7 sein erstes Mobiltelefon mit IP67-Zertifizierung. Doch im Urlaub verabschiedete sich mein iPhone 7 Plus bereits nach etwas Wasserkontakt ins Nirvana. Warum nur, Apple?

Smartphones wie das iPhone X, das Galaxy Note 9 oder das Xperia XZ2 haben alle eines gemeinsam: Sie alle sind gemäß IP67 oder IP68 gegen Wasser geschützt – zumindest auf dem Papier und unter idealsten Laborbedingungen. Falls jemand auf die Idee kommen sollte, dem Werbeversprechen Glauben zu schenken, tut er das aber auf eigenes Risiko. Denn: Alle Hersteller schließen Schäden durch Wasser in ihren Garantiebedingungen kategorisch aus. Wer sich von den wohlklingenden Marketingaussagen einlullen lässt, wird am Ende tatsächlich im Regen stehen gelassen.

Vorweg: Seit 2008 – also seit mittlerweile zehn Jahren – nutze ich stets ein iPhone. Angefangen habe ich mit dem iPhone 3G, als an Wasserdichtheit bei Smartphones noch nicht im Entferntesten zu denken war. Mittlerweile bin ich beim iPhone 7 Plus angekommen. Auch knapp zwei Jahre nach Release handelt es sich dabei immer noch um ein Top-Smartphone, das im Alltag für die meisten Anwendungen mehr als ausreichend schnell ist.

IP67-Zertifizierung nur auf dem Papier

In den Spezifikationen zum iPhone 7 Plus heißt es auf der Seite von Apple: "Nach IEC Norm 60529 unter IP67 klassifiziert". Wer weiter runter scrollt, findet noch den Hinweis auf den Ausschluss der Garantie. Ferner sei der Schutz vor Spritzwasser "nicht dauerhaft" und könne zudem "als Resultat von normaler Abnutzung geringer werden". Übersetzt: Lass' lieber die Finger vom Wasser-Test. Zwar pries Marketing-Chef Phil Schiller damals auf der Keynote das Feature an und zeigte sogar ein Bild eines Mannes, der mit seinem iPhone 7 einen Ausflug in den Pool gemacht hat. Doch ausprobieren solltest Du das lieber nicht.

Ich habe ebenfalls nicht viel auf diese Werbeaussagen gegeben, und habe fast zwei Jahre aufgepasst, dass mein iPhone 7 Plus nie mit Wasser in Berührung kommt. Im Sommerurlaub auf Mallorca habe ich einen wasserdichten Beutel genutzt, in dem ich das Handy verstaut habe, wenn ich im Meer geschwommen bin. Übrigens nicht das erste Mal, sondern bereits seit vielen, vielen Jahren ohne Probleme. Und selbst wenn das Smartphone minimal Wasser abbekommen sollte, dachte ich mir immer: So schlimm wird's wohl nicht sein, es ist ja schließlich wasserdicht oder zumindest gegen Spritzwasser geschützt.

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Ein hübsches Werbebild zeigt ein iPhone 7, dem ein bisschen Wasser nichts anzuhaben scheint. Bild: © Apple 2017

Schon ein bisschen Wasser kann den KO bedeuten

Beim Öffnen und Schließen des wasserdichten Beutels lässt sich natürlich nie ganz vermeiden, dass doch einmal ein wenig Wasser in die Tasche gelangt. Als sich einmal am Boden des Beutels ein wenig Wasser sammelte und das iPhone erfasste, habe ich mir noch nichts Schlimmes gedacht. Schließlich lässt die IP67-Klassifizierung ja ein Eintauchen in 1 Meter Tiefe bis zu 30 Minuten zu – und das Wasser im Beutel, das den Boden nicht einmal zu 1 Zentimeter bedeckte, war keine halbe Stunde drin. Zunächst bemerkte ich daher nicht einmal, dass eventuell Wasser in das Innere des Smartphones eingedrungen sein könnte. Erst als ich ein Video aufnehmen wollte, fiel mir das schlechte Bild auf dem Bildschirm auf. Ein Blick auf die rückseitige Dual-Kamera zeigte bereits eine beschlagene Linse.

Natürlich habe ich mir gleich die Tipps im Netz dazu durchgelesen, was man bei Kontakt mit Wasser tun sollte: Ausschalten, einige Stunden nicht laden, im Reis trocknen (wobei auch das umstritten ist) und, und, und. Das habe ich getan, doch nach einigen Tagen zeigten sich erste Beschädigungen: Das Display flackerte und der Touchscreen reagierte nicht wie gewohnt. Das Trocknen mithilfe einer leistungsstarken Klimaanlage änderte an dieser Problematik nichts. Und so kam es, wie es wohl kommen musste: Eines Abends schaltete sich das iPhone 7 Plus einfach ab – und konnte auch durch diverse Hard-Resets und andere Maßnahmen nicht wieder zum Leben erweckt werden.

Hersteller kennen bei Wasserschäden keine Kulanz

Zusammen mit dem augenscheinlich defekten iPhone 7 Plus habe ich mich in einen Apple Store begeben, in der Hoffnung, noch etwas retten zu können – schließlich befand sich das Smartphone noch innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist. Da ich mich vorab informiert habe, hatte ich jedoch wenig Hoffnung. Zudem kursiert ja seit längerer Zeit ein geleaktes und Apple-internes Dokument im Netz, in dem penibel aufgelistet ist, wann und in welchen Fällen der Hersteller eine kostenlose Reparatur oder auch einen kostenlosen Austausch vornimmt. Für sämtliche Wasserschäden war selbstredend keinerlei Kulanz vorgesehen.

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Trotz IP67 und IP68 machen Wasserschäden einen ordentlichen Anteil an allen Defekten aus. Bild: © clickrepair 2018

Dass Apple Wasserschäden leicht erkennen kann, war mir bewusst: Schließlich werden Feuchtigkeitssensoren schon seit vielen Jahren in iPhones verbaut. Kommt der Sensor mit Wasser in Kontakt, färbt er sich rot ein – das Zeichen für Apple, dass hier Wasser in das Gerät eingedrungen ist. Schon vorab habe ich den Sensor, der übrigens nicht ganz leicht zu finden ist, auf die gefürchtete Färbung kontrolliert. Das Ergebnis war leider eindeutig, obwohl das iPhone 7 Plus kaum Wasser abbekommen haben dürfte. Auch sonst war das Gerät optisch nahezu einwandfrei und wies nur einige kleinere Kratzer am Gehäuse auf, weswegen ich mir bis heute nicht erklären kann, wie angeblich so viel Wasser in das Handy gelangt sein soll, dass dieses wenige Tage später den Geist aufgibt.

Keine Ersatzteile, dafür aber Ersatz-iPhone

Apple bot mir schließlich ein Austauschgerät für etwas weniger als 400 Euro an. Dass man den Kunden in solchen und anderen Fällen ein Austauschgerät erheblich günstiger zur Verfügung stellt, ist grundsätzlich erst einmal gut. Dass Apple aber, wohl bis auf Display, Akku und Co., keinerlei Ersatzteile hat, ist weniger gut – wenngleich ein gängiges Problem in der Technik-Branche. Echte Reparaturen gibt es nur noch selten, stattdessen muss häufig gleich das ganze Gerät ausgetauscht werden. Da Apples Einsatz für Nachhaltigkeit bekannt ist, bot man mir auch freundlicherweise an, mein iPhone 7 Plus kostenfrei zu recyceln. Ob wirkliche Reparaturen auf Dauer nicht umweltfreundlicher wären, vermag ich nicht zu beurteilen.

Die alles entscheidende Frage bleibt aber: Warum, Apple, ist mein vermeintlich wasserdichtes iPhone eigentlich nicht wasserdicht? Mag es in den einzelnen Begrifflichkeiten, ob nun wasserdicht, -fest oder auch -abweisend, kleinere Unterschiede geben. Wenn sich Hersteller mit einer IP-Zertifizierung rühmen, sollte man sich als Kunde doch auf diese Aussagen verlassen können. Doch sobald es darum geht, die beworbenen Features einmal wirklich zu nutzen, kann es schnell teuer werden. Garantie gibt natürlich kein Unternehmen.

Wasserdichte Smartphones sind Augenwischerei

Klar ist auch: Wasser und Elektronik sind zwei Dinge, die in der Regel nie gut zusammenpassen. Dann aber sollten Apple, Samsung und Co. auch so ehrlich sein und die Einschränkungen klar kommunizieren, anstatt sie im Kleingedruckten zu verstecken. Das würde nicht nur enttäuschte Gesichter verhindern, sondern auch das Vertrauen der Kunden in die eigenen Produkte nachhaltig stärken.

Sollte Apple also tatsächlich irgendwann einmal ein iPhone mit IP68-Zertifizierung vorstellen – wie es nicht nur Konkurrent Samsung seit Jahren anbietet – würde ich mich darüber nicht freuen, sondern es einfach nur hinnehmen. Denn im Ernstfall wollen Apple und die anderen Hersteller davon leider sowieso nichts mehr wissen. Und so bleibt das Smartphone letztendlich nur in der Theorie wasserdicht, und in der Praxis höchstens mit einer gehörigen Portion Glück.

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