Mit "Assassin's Creed: Origins" will Hersteller Ubisoft der etwas in die Jahre gekommenen, einst so erfolgreichen Spiele-Marke eine radikale Frischpixelkur verpassen und alles ändern: Der neue Held Bayek, eine neue offene Welt und ein nagelneues generalüberholtes Kampfsystem machen neugierig darauf, ob der Neustart gelingt.
- Bayek von Siwa: Ein Dorfpolizist gegen den Geheimbund
- Erst Skepsis wegen Wüstenlandschaft, dann aber Staunen über die Welt
- Gebäude wie in Handarbeit gebaut & tolles Wasser
- Hauptquest erzählt die Geschichte von Bayeks Familie
- Steuerung ist samtweich und besser als je zuvor
- Gegner sind nicht zu dumm & nicht zu schlau
- Fazit: Neustart gelungen, bester Teil der Serie
In Sachen "Assassin's Creed: Origins" waren die Ubisoft-Bosse zuletzt ziemlich bescheiden: Vor einigen Wochen dämpfte man die Erwartungen in Sachen Verkauf und sagte schlechtere Verkaufszahlen voraus, als bei "Assassin's Creed: Unity". Um es gleich klar zu sagen: Was die Spielqualität betrifft, waren diese Befürchtungen absolut überflüssig. Der Titel – wir hatten die PC-Version im Test – ist nämlich ziemlich großartig geworden. Aber der Reihe nach.
Bayek von Siwa: Ein Dorfpolizist gegen den Geheimbund
Bayek ist sowas wie der Dorfpolizist des Ortes Siwa. Ein Medjai, die es im alten Ägypten wirklich gab, und die für die Sicherheit der Dorfbewohner sorgten. Nach und nach aber gerät Ägypten und auch Bayeks Dorf unter die Herrschaft eines mysteriösen Geheimbundes: dem Rat der Ältesten. Mit Soldaten und Priestern besetzen sie Tempel und vertreiben die Bevölkerung. Mit brutalen Methoden werden die Menschen unterjocht, ausgeplündert und gefoltert. Die Verbrecher sind auf der Suche nach uralten Geheimnissen – und schrecken dabei vor nichts zurück. Leider auch nicht vor Bayek von Siwa und dessen Familie.
Natürlich gibt es auch in "Assassin's Creed: Origins" wieder den Animus, mit dem die Erinnerungen von Bayek lebendig gemacht werden. Aber die Firma Abstergo und ihre seltsamen Methoden und Ideen, die in den vorherigen Teilen in der Story ein ziemlich zentrales und mitunter auch verwirrendes Element waren, sind in den Hintergrund getreten. Man bekommt zwar mit, dass eine Forscherin Bayek "steuert", aber eher nur am Rande. Meistens geht es um die großartige ägyptische Welt, die Ubisoft für das Spiel erschaffen hat.
Erst Skepsis wegen Wüstenlandschaft, dann aber Staunen über die Welt
Zu Beginn entsteht erstmal Skepsis: Die staubige und sandige Wüstenlandschaft, ein etwas merkwürdiger Kampf, dunkle Höhlen mit komisch gläsernen Reflexionen – die Begeisterung hält sich in Grenzen. Mit dem ersten Blick auf Siwa wird das schon viel besser und nach und nach erfasst man mit Staunen, wie unglaublich detailliert und lebendig dieses Ägypten gelungen ist. In den Zwischensequenzen gibt es zwar nach wie vor die zu sehr glänzend gerenderten Gesichter – aber das sieht man zurzeit in fast jedem Spiel. Auch die Kollisionsabfrage führt beim Reiten und schnellen Laufen gelegentlich zu Slapstick-Einlagen der weghechtenden Passanten. Und natürlich steckt so mancher Kopf eines niedergestreckten Gegners plötzlich in einer Wand. Unterm Strich aber wirkt die Welt authentisch und ist vor allem riesig.
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Man kann, anders als etwa in "Mittelerde: Schatten des Krieges", viele Gebäude betreten und findet meistens etwas zum mopsen wie ein paar Goldstücke. Man kann mit Gegenständen und Bewohnern interagieren, es gibt ein schönes Tag- und Nacht-System – beeindruckend ist daneben aber vor allem die Größe in allen Richtungen. Nicht nur die pure horizontale Ausdehnung ist gigantisch, sondern vor allem auch die Höhen und die Tiefen der Spielwelt. Es gibt schwindlige Türme und abgründige Höhlen und Keller, sodass auch in der vertikalen Richtung der Abwechslungsreichtum groß ist.
Gebäude wie in Handarbeit gebaut & tolles Wasser
Die Gebäude wirken alle anders, wie einzeln in Handarbeit gebaut, es gibt lebendiges Leben auf den Straßen und vor allem die Stadt Alexandria, mit der berühmten verbrannten Bibliothek und dem ebenso berühmten Leuchtturm am Hafen, ist eine Augenweide. Man hat das Gefühl, wirklich durch die antike Metropole zu streifen – auch wenn vereinzelte Sperrgebiete oder Banditenlager mitten in der Stadt natürlich dem Gameplay geschuldet sind. Und noch ein Highlight: das Wasser. Früher galten Spiele ja schon dann gelungen, wenn das Wasser gut aussah. Seit einiger Zeit tut sich da nicht mehr viel, aber in "Assassin's Creed: Origins" sehen die Seen und Flüsse wirklich auch unter der Oberfläche ungemein gut und echt aus.
Echt und vor allem viel weniger langweilig als in früheren Teilen der Reihe fühlen sich die Aufgaben an, die übrigens auch immer gut in die Welt passen. Manchmal muss Bayek rätselhaften Morden nachgehen, Banditen verjagen, ein Totenbuch eines alten Mannes suchen oder auch die Kinder eines befreundeten Priesters wiederfinden. Mitunter haben die Quests auch interessante Twists: Als Bayek einen Trunkenbold von einem Felsen vor Krokodilen rettet, entpuppt sich dessen Frau als geldgierige Hyäne, die den armen mit Hilfe ihrer Brüder um die Ecke bringen will.
Hauptquest erzählt die Geschichte von Bayeks Familie
Und da ist auch noch die Hauptkampagne, die die dramatische Geschichte von Bayeks Familie erzählt: Sehr spannend, durchaus emotional und mit einem Hauch von Romantik treibt die Hauptquest die Story prima voran. Unterm Strich wirken die Storys alle sehr filmisch und fühlen sich authentisch an, auch wenn man ab und zu mal eine öde Laufquest absolvieren muss. Aber es gibt ja frei verfügbare Reittiere, überall.
Ebenfalls aus einem Guss wirkt das Kampfsystem. Abgespeckt und vereinfacht gegenüber den Vorgängern wirkt es keinesfalls langweilig, sondern wird im Spielverlauf richtig komplex – wenn es etwa darum geht, Schildblockaden zu durchbrechen und dabei Spezialwaffen einzusetzen. Zuerst nimmt man per Druck auf den Stick einen Gegner ins Fadenkreuz und lässt dann die Schläge prasseln. Jede Waffe fühlt sich dabei anders an, mit einem großen Kloben in der Hand reicht zum Beispiel manchmal schon ein Hieb, einen Kontrahenten ins Reich von Isis und Osiris zu befördern. Der Wechsel zwischen Nah- und Fernkampf per Bogen ist sehr flüssig, ebenso wie das Anschleichen und lautloses Meucheln.
Steuerung ist samtweich und besser als je zuvor
Unterstützt wird das Kämpfen von einer samtweichen Steuerung, die man per Tutorial zu Beginn lernt und die schnell in Fleisch und Blut übergeht. Besser als in "Origins" war das nie in der Reihe – großes Lob, da auch Anfänger sehr schnell reinkommen und Erfolge erzielen können. Wer allerdings die PC-Version per Tastatur spielen will, könnte sich bald beim Handchirurgen wiederfinden. Definitiv ist auch Computerbesitzern die Nutzung eines Gamepads dringend zu empfehlen. Wer eine Konsole herumstehen hat, sollte die Controller etwa der PS4 problemlos auch mit dem PC verbinden können.
Zusätzlich zum Kämpfen bietet auch die Jagd jede Menge Action, denn neben Hyänen und Panthern sind auch Krokodile und Geier tierisch ernst zu nehmende Kontrahenten. Nach einem Sieg lässt sich etwa das Leder eines Tieres verwerten. Bayek kann etliche Rüstungsgegenstände und Waffenzubehör selber herstellen und seine Panzerung verbessern. Gejagt wird meist mit Pfeil und Bogen, was nicht einfach ist, da die Tiere eine gewisse Scheu an den Tag legen.
Aber Bayek rückt Tieren im Spiel nicht nur auf den Pelz, sondern hat mit Adler Senu auch einen treuen gefiederten Gefährten. Senu ist in der Lage, vor einem Kampf die Lage auszukundschaften. Er spürt alle Kämpfer in einem Lager auf, kann Ziele markieren und den besten Weg finden helfen. Das ist nicht nur praktisch, der Blick durch die Augen der intelligenten tierischen Aufklärungsdrohne sieht auch noch interessant aus.

Gegner sind nicht zu dumm & nicht zu schlau
Ja, mit der künstlichen Intelligenz der Gegner ist es immer so eine Sache. Sind die Kontrahenten strunzdumm, kann man ihnen auf der Nase herumtanzen, was unecht wirkt und die Immersion stört. Zu kluge Feinde dagegen machen einem das Leben teils rattig schwer und der Frust lässt ein Spiel schnell auf der Festplatte Staub ansetzen. Um es kurz zu machen: Bei "Assassin's Creed: Origins" gibt es beide Momente, insgesamt verhalten sich die Feinde aber in gesundem Maße feindlich, ohne dabei Superman mit Röntgenblick zu sein. Damit lässt sich leben. Das gilt übrigens auch insgesamt für den Schwierigkeitsgrad, von dem es erstmalig drei Stufen gibt. Auf "Normal" war das Spiel in der PC-Version einen Hauch zu leicht, dürfte aber gerade für Gelegenheitsspieler angenehm herausfordernd sein.
Gut abgestimmt wirkt in jedem Fall die Stärke der Kontrahenten und der laufende Level-Fortschritt von Bayek. Man kann den Kämpfer mit Punkten in drei sich überlappenden Klassen aufskillen. Es gibt Jäger, Kämpfer und Seher, jeweils mit entsprechenden Eigenschaften und Fähigkeiten. Dazu kommen Waffen und Rüstungen, die Bayek zusätzliche Durchschlagskraft verleihen. Alles ist zwar vielfältig, dabei aber nicht zu komplex, sodass man gut und schnell klar kommt, ohne dass das Spiel zu einer Menü-Materialschlacht wird. Vieles lässt sich zwar per Lootbox gegen Bares schneller erledigen, aber: Ubisoft hat davon Abstand genommen, das Ganze irgendwie nervig zu gestalten. Beim Test sind praktisch keine Loot-Nags aufgefallen – prima!

Fazit: Neustart gelungen, bester Teil der Serie
Ein rundum gelungener Neustart, der sicher sogar der beste Teil der Serie ist. Ubisoft hat viele alte Zöpfe abgeschnitten, und das tut dem Spiel sehr gut. Die offene Welt funktioniert und lebt, die Rollenspielelemente sind stimmig und alles baut gut aufeinander auf. Der Start ist zwar etwas verwirrend, aber "Assassin's Creed: Origins" nimmt schnell Fahrt auf. Die Spielzeit wird der riesigen Welt mit bestimmt an die 100 Stunden gerecht. Okay, manche Quests wiederholen sich, wie etwa die Angriffe auf feindliche Lager. Aber auch durch die flüssige Steuerung ist das nie wirklich nervig. Die Gegner-KI ist in Ordnung und der Skillbaum angenehm übersichtlich, ohne aber nutzlos zu sein. Das Ergebnis ist rundherum stimmig. Wer auf Solo-Story mit viel Action, Rollenspiel und eine offene Welt steht, ist bei "Assassin's Creed: Origins" goldrichtig.