Nicht zuletzt dank Tesla ist autonomes Fahren auch in Deutschland in aller Munde. Doch was sagt unser Gesetz eigentlich dazu? Sind selbstfahrende Autos in Deutschland schon heute möglich? Wir haben alle Fragen und Antworten.
Füße hoch, Film an – und entspannt von A nach B reisen – und das mit dem eigenen PKW. Geht es nach der Autoindustrie, soll genau das künftig der Standard werden. Raffinierte und ausgeklügelte Systeme sollen die Sicherheit im Straßenverkehr deutlich erhöhen. Maschinen reagieren schließlich schneller, werden nie müde und sind generell verlässlicher als der Unsicherheitsfaktor Mensch.
Autonomes Fahren in Deutschland: Das sagt das Gesetz
Doch ob selbstfahrende Autos auch alsbald deutsche Straßen prägen werden, darüber entscheidet letztendlich der Gesetzgeber. Ein entsprechendes Gesetz, das autonomes Fahren in Deutschland regelt, wurde im März 2017 vom Deutschen Bundestag verabschiedet und im Mai 2017 vom Deutschen Bundesrat abgesegnet.
Ein Freifahrtschein für selbstfahrende Autos ist das neue Gesetz freilich nicht, stattdessen müssen Fahrzeughalter mit einigen Einschränkungen leben. Ohnehin dürfte das Gesetz derzeit vorrangig Autobauer begünstigen, die für Testfahrten mit autonomen Fahrzeugen nicht mehr ins Ausland wechseln müssen, sondern diese auf deutschen Kraftfahrstraßen absolvieren können.
Fahrer muss jederzeit bereit sein, das Steuer zu übernehmen
Der Gesetzgeber erlaubt somit Autos mit hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen. Konkret sind damit das Lenken, Beschleunigen und Bremsen mit eingeschlossen – mehr als das, was die meisten heutigen Systeme zu leisten imstande sind. Eine permanente Überwachung durch den Fahrer ist somit nicht mehr zwingend notwendig. Nach wie vor muss aber stets ein Mensch aus Fleisch und Blut hinter dem Steuer Platz nehmen, um im Ernstfall das Ruder übernehmen zu können.
Grundsätzlich könne sich der Fahrer im automatisierten Modus "vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden". Das setzt aber voraus, dass die Technik auch nur in genau definierten Einsatzgebieten zum Einsatz kommt. Heißt: Ein Modus, der ausdrücklich nur für Autobahnen konzipiert wurde, darf unter keinen Umständen auf Landstraßen verwendet werden.

Inwiefern sich der Fahrer vom Straßenverkehr ablenken darf, klärt der Gesetzgeber nicht genau. Ein Nickerchen sollte man sich indes lieber verkneifen. Schließlich muss der Fahrer nach Aufforderung durch das System innerhalb einer "ausreichenden Zeitreserve" in der Lage sein, die Kontrolle über das Lenkrad zu übernehmen.
Eingreifen muss der Fahrer außerdem, wenn erkennbar ist, dass die Voraussetzungen für eine bestimmungsgemäße Verwendung der hoch- oder vollautomatisierten Fahrfunktionen nicht mehr vorliegen. Sämtliche automatischen Fahrfunktionen müssen also auch künftig durch den Fahrer gesteuert werden können.
Die Haftungsfrage: Wer ist für Unfälle verantwortlich?
Kritisch wird es vor allem bei der Frage nach der Haftung. Galt im Straßenverkehr bislang stets das Prinzip der Halterhaftung, so geht diese bei autonomen Fahrzeugen auf den Autohersteller über – allerdings nur, wenn es keine stichhaltigen Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Fahrers gibt. Versagen etwa die Sensoren und der Wagen verursacht aus diesem Grund einen Unfall, kann der Fahrer weder straf- noch zivilrechtlich belangt werden.
Zunächst ist zu klären, ob das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls im automatisierten Modus unterwegs war. Wenn ja, muss geprüft werden, ob die Technik bestimmungsgemäß eingesetzt wurde oder ob – wie eben geschrieben – die Voraussetzungen dafür nicht (mehr) vorlagen und der Fahrer die Fahrzeugsteuerung nicht wie vorgeschrieben unverzüglich übernommen hat. Dennoch muss der Schaden stets vom Halter an die Versicherung gemeldet werden, die sich zwecks Schadensregulierung wiederum mit dem Autobauer in Verbindung setzt. Die Gefahr ist groß, dass dadurch auch die Versicherungsbeiträge ansteigen werden.

Wie wird die Haftungsfrage geklärt?
Damit die Schuldfrage im Zweifel überhaupt geklärt werden kann, muss in selbstfahrenden Autos ein Datenschreiber installiert sein, der genau protokolliert, wer zu welchem Zeitpunkt den Wagen überhaupt steuerte – ähnlich einer Blackbox in Flugzeugen. Die Speicherung der Daten rief jedoch schnell Datenschützer auf den Plan, die insbesondere die ursprüngliche Dauer von drei Jahren kritisierten, die das Verkehrsministerium eigentlich vorgesehen hatte. Der Gesetzgeber hatte sich schließlich auf eine Datenspeicherung von sechs Monaten festgelegt.
Kritiker bemängeln ohnehin die teilweise vagen Formulierungen im Gesetz, wenn etwa von "unverzüglich" oder einer "ausreichenden Zeitreserve" die Rede ist. Dass dieses Gesetz nicht für die Ewigkeit gedacht sein dürfte, lässt sich angesichts der rasanten Entwicklung in diesem Bereich erahnen. Bis selbstfahrende Autos tatsächlich das deutsche Straßenbild prägen werden, dürfte aber noch einige Zeit vergehen.
Zusammenfassung
- Der Bundestag hat 2017 ein Gesetz verabschiedet, welches hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen regelt
- Dennoch muss stets ein Mensch hinter dem Steuer sitzen, der notfalls eingreifen und das System übersteuern kann
- Der Straßenverkehr muss im automatisierten Modus nicht permanent vom Fahrer überwacht werden
- Die Technik darf jedoch nur in definierten Einsatzgebieten genutzt werden
- Nach Warnung durch das System muss der Fahrer nach "ausreichender Zeitreserve" Steuer übernehmen
- Die Haftung bei Unfällen geht auf den Autobauer über, wenn es keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzung durch den Fahrer gibt
- Ein Fahrtenschreiber im Auto sorgt für lückenlose Dokumentation, wann durch wen das Fahrzeug gesteuert wurde
- Die Daten des Fahrtenschreibers werden sechs Monate lang gespeichert
- Unfälle müssen nach wie vor vom Fahrzeughalter an die Versicherung gemeldet werden
- Die Versicherung setzt sich gegebenenfalls mit dem Autobauer zwecks Schadensregulierung zusammen