Mit dem Slogan "Alles wird anders" bewirbt EA einen großen Umbruch bei "Battlefield 5" – dabei konzentriert sich der Weltkriegs-Shooter auf die bewährten Stärken der Reihe und bessert an den richtigen Stellen nach. Im Test erklären wir, warum das Spiel dennoch mit einem prekären Spagat zu kämpfen hat.
- Gameplay-Fokus auf Teamwork: Dein Trupp kommt zuerst!
- Spektakuläres Gunplay: Endlich kein Zufalls-Rückstoß mehr
- Der klassische Singleplayer lebt: Kriegsgeschichten in "Battlefield 5"
- Der Seiltanz um den Realismus eines Weltkriegs-Shooters
- Du stehst auf Teamwork? Kauf "Battlefield 5" – in ein paar Monaten
Mit voller Power arbeitet das Entwickler-Studio Dice seit Jahren an "Battlefield 5". Was während des geschlossenen Alpha-Tests schon vielversprechend aussah, hat zum Release allerdings noch mit einigen Glitches und Bugs in der getesteten PC-Version zu kämpfen. Dahinter und abseits einiger Modi, die erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgeliefert werden sollen, schlummert jedoch ein hervorragender Shooter, dessen Glanz in den kommenden Wochen und Monaten hoffentlich von den Entwicklern vollends freigelegt werden wird.
So zappeln verstorbene Spielfiguren vereinzelt noch unkontrolliert herum ("Ragdoll"-Effekt) oder Spielelemente sind einfach völlig verschwunden, von Verbindungsproblemen zu den Servern mal ganz abgesehen. Der Battle-Royale-Modus, Abschnitte der Singleplayer-Kampagne oder das Season-System mit dem Titel "Tides of War" kommen zudem erst nach dem Launch, zum Start müssen acht verfügbare Maps genügen. Gleichzeitig war der eigentliche Release-Termin von "Battlefield 5" durch verschiedene Early-Access-Modelle einigermaßen zerfasert, frei nach dem Motto: Wer weniger zahlen will, darf auch erst später ins Spiel einsteigen, je nach Edition fand der Launch zwischen dem 15. und 20. November statt.

Gameplay-Fokus auf Teamwork: Dein Trupp kommt zuerst!
Aber Dice weiß um die Stärken der traditionsreichen Shooter-Reihe und baut klug auf diesen auf. Das bekannte 64-Spieler-Modell in Schlachten, die sich oft spannend und groß anfühlen, wird durch eine Vielzahl von Fortschrittssystemen und interessanten Modi aufgebohrt. Und auch im Gameplay haben die Entwickler einige interessante Tweaks untergebracht, die vor allem bei Veteranen gut ankommen werden.
So tut "Battlefield 5" einiges dafür, den Zusammenhalt einzelner Trupps im Spiel zu stärken. Das Wiederbeleben ist nun zum Beispiel nicht mehr nur der Sanitäter-Klasse vorbehalten, sondern darf von jedem Mitglied innerhalb eines Squads vorgenommen werden (auch wenn der Sani dabei weitaus schneller ist und Soldaten außerhalb des Trupps heilen kann).
Das Spotten von Gegnern auf der Map wurde in "Battlefield 5" dagegen auf die Aufklärer-Klasse beschränkt, nur diese kann Soldaten aus der Ferne für andere markieren, was den Aufklärer für seine Kameraden wichtig macht. "Battlefield"-Veteranen werden noch einige weitere Änderungen auffallen, die alle ein Ziel verfolgen: dem Teamplay mehr Gewicht zu verleihen und vor allem die Zusammenarbeit in Trupps zu belohnen.
Gemeinsam sammelt man durch Erfüllung laufender Ziele Anforderungspunkte, mit denen der Truppführer dann Verstärkungen anfordern kann und die Mitglieder der eigenen Gruppe werden im Spiel auch optisch hervorgehoben. "Battlefield 5" erschafft auf diese Weise ein echtes Gruppengefühl innerhalb der großen Schlacht, die um mich und meine Kameraden herum tobt. Dieses System funktioniert hervorragend und steigert den Spielspaß deutlich.
Andere Neuerungen fühlen sich teils noch etwas hakelig an, bieten aber Potenzial für kommende Updates. Zum Beispiel können sämtliche Klassen nun an dafür vorgesehenen Punkten auf der jeweiligen Map Barrikaden errichten, wenn sie ihr Bauwerkzeug ausrüsten. Die Idee scheint "Fortnite" entliehen zu sein, auch wenn sie etwas simpler umgesetzt ist. Mit etwas Liebe der Entwickler, könnte daraus aber ein spannendes Gameplay-Element werden, das die Spieler dann kreativ nutzen könnten.

Spektakuläres Gunplay: Endlich kein Zufalls-Rückstoß mehr
Die vielen verschiedenen Schusswaffen in "Battlefield 5" fühlen sich fantastisch an und Dice tat gut daran, den Rückstoß im Gegensatz zum Vorgängerspiel für jede Waffe vorhersehbar zu gestalten. Zuvor verzogen die Schüsse einfach zufällig in unterschiedliche Richtungen, jetzt lernt man durch Erfahrung, wie sich ein bestimmtes Gewehr oder eine spezielle Pistole anfühlt. Die vielen Möglichkeiten, das Loadout und die Rollen seiner Spielfiguren zu gestalten, erlauben es zudem, unterschiedliche Spielstile zu entwickeln und an diesen zu feilen.
Jede Waffe kann wiederum einzeln aufgelevelt und umgestaltet werden. Weiterhin lassen sich mit Spezialisierungen Tweaks an ihnen vornehmen, deren Wirkung mir allerdings eher mäßig beeindruckend vorkam. Anders sieht es da bei den verfügbaren Fahrzeugen aus, deren Spezialisierungen weitaus wirkungsvoller sind – etwa durch automatische Minenräumung oder einem Rauchvorhang für Jagdflugzeuge.
Der klassische Singleplayer lebt: Kriegsgeschichten in "Battlefield 5"
Mit den Kriegsgeschichten, etwa zweistündigen Episoden um fiktive Figuren mit realen Hintergründen aus dem Zweiten Weltkrieg, besitzt "Battlefield 5" auch einen kompletten Singleplayer-Modus. Über den Sinn oder Unsinn einer Einzelspieler-Kampagne in Shootern wurde zuletzt viel diskutiert. Ich hatte ein wenig die Befürchtung, dass Dice diese lediglich als medienwirksames aber oberflächliches Beiwerk behalten würde.
Dennoch fühlen sich die Kriegsgeschichten meiner Meinung nach durchaus bedeutungsvoll an und bringen, neben Spaß, ein wenig das Gefühl klassischer Egoshooter mit Story zurück. Und dadurch, dass in jeder der Storys eigene Herausforderungen und Sammelobjekte versteckt sind und nach dem ersten Durchspielen einzelne Abschnitte erneut begonnen werden können, steigt der Wiederspielwert enorm.
Was mich allerdings verblüfft: Die Kriegsgeschichten von "Battlefield 5" sind in erster Linie Stealth-Kampagnen, die viele Elemente vernachlässigen, die den Multiplayer von "Battlefield 5" so gut machen. Große Explosionen, Gunplay oder Fahrzeugkampf fallen im Singleplayer nicht wirklich ins Gewicht. Stattdessen schleiche ich in Run-and-Gun-Manier von einem Questmarker zum nächsten, bis ich mich in eine weitere Cutscene rette. Trotzdem: Ich hatte viel Spaß mit den Kampagnen und bin gespannt, was da an Content nachgeliefert wird.
Hätte man die Kriegsgeschichten also weglassen können? Vielleicht. Allerdings versucht "Battlefield 5" noch immer, die Kulisse des unvorstellbar schrecklichen Krieges zumindest im Ansatz mitschwingen zu lassen. Darauf zahlen die Kriegsgeschichten ein und geben dem endlosen Multiplayer-Geballer zumindest ein wenig Kontext – auch wenn beispielsweise die erste Kampagne nicht ganz auf "schwarzen Humor" verzichten will, was dann auf mich wieder etwas inkonsequent wirkt.
Der Seiltanz um den Realismus eines Weltkriegs-Shooters
Mit einer gewissen Schere in Bezug auf Realismus hat "Battlefield 5" ohnehin zu kämpfen: Einerseits muss der Multiplayer langfristig Spaß bringen – Freunde wollen sich schließlich allabendlich im Game treffen und gemeinsam ballern. Andererseits soll offenbar der Anschein gewahrt werden, "Battlefield 5" erfülle einen gewissen "Bildungsauftrag". Ob beides in einem Paket ohne Kompromisse funktionieren kann, sei dahingestellt.
Allerdings ist die seit der Enthüllung geführte Online-Diskussion über zu wenig Realismus in "Battlefield 5" – etwa darüber, ob Frauen, mechanische Prothesen oder verschiedene Ethnien im Game erlaubt sein sollten – völlig albern. Schließlich ist und bleibt "Battlefield 5" ein Spiel, und zwar ein gutes. Auch das Argument, das Spiel würde nicht "respektvoll" mit dem Krieg umgehen, ist unsinnig – kein Shooter, der Spaß bringen soll, kann das.
Du stehst auf Teamwork? Kauf "Battlefield 5" – in ein paar Monaten
Es fühlt sich ein wenig eigenartig an, "Battlefield 5" zu bewerten, bevor so viele der angekündigten Features ins Spiel integriert wurden. Allerdings ist das die allgemeine Entwicklung in der Spieleindustrie und "Battlefield 5" ist ein servicebasierendes Game, das ohnehin auf mittelfristigen Content-Nachschub setzt. Das heißt, dass sich das Gameplay teils noch grundlegend ändern kann – und, dass man nicht unbedingt gleich zum Release zugreifen muss.
Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich aber definitiv sagen, dass der neue Teil grundsätzlich eine Verbesserung zum Vorgänger darstellt. "Battlefield 5" schafft es außerdem – je nach Spielmodus – hervorragend das Feeling einer großen, hin und her wogenden Schlacht heraufzubeschwören. Noch dazu konnte Dice mit einigen Optimierungen das Zusammenspiel im Team weiter in den Vordergrund stellen.
Wer also einen Shooter mit tollem Gunplay sucht, dessen Fokus eindeutig auf Teamplay mit anderen liegt, sollte sich "Battlefield 5" unbedingt ansehen.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
Schwerpunkt auf Teamwork | Wirkt zum Release noch unfertig |
Sehr gutes Gunplay | Undurchsichtiges Editions-Wirrwar |
Singleplayer besser als gedacht |