Ein Fahrradhelm, der beim Abbiegen blinkt? Das ist smart! Gerade in den düsteren Wintermonaten sind Handzeichen für andere Verkehrsteilnehmer kaum zu erkennen. Der Livall BH51M Neo soll sogar noch weitere clevere Funktionen bieten. Ob das Gadget hält, was es verspricht, erfährst Du in unserem Test.
Es ist nass, es ist dunkel, es ist Winter in Hamburg. Das Fahrrad ist für mich dennoch die sinnvollste Art der Fortbewegung. Aber der Berufsverkehr ist für die tägliche Radtour ein gefährliches Pflaster – da kann es gar nicht genug blinken und leuchten. Der Fahrradhelm BH51M Neo von Hersteller Livall soll auf smarte Weise für mehr Sicherheit sorgen und somit "perfekt für alle Urbanisten" sein – das bin dann wohl ich.
- Sieht aus, wie ein gewöhnlicher Fahrradhelm
- Bling Bling ist nicht alles!
- Die Hand bleibt am Lenker – Blinken mit dem BH51M Neo
- Bremslicht, Verlustmeldung & Co.: Einiges geht ...
- ... einiges nicht
- Am Ziel vorbei: Die App
- Fazit
Sieht aus, wie ein gewöhnlicher Fahrradhelm
Beim Auspacken fällt mir das moderate Gewicht des BH51M Neo auf, er wiegt etwa 480 Gramm. Allerdings wirkt er auch weniger stabil als mein robuster Fahrradhelm der Marke Bern – der ist aber auch nicht smart. Extravagant wirkt der BH51M Neo auf den ersten Blick nicht: Die LED-Leisten an der Hinterseite des Helms fallen im ausgeschalteten Zustand kaum auf, die Leuchtdioden an der Vorderseite sind sogar praktisch unsichtbar. Die Lautsprecher und Mikrofone, mit denen der Helm ausgestattet ist, sind dezent an den Seiten über den Ohren angebracht. Kurzum: Ausgeschaltet sieht der smarte Livall wie ein gewöhnlicher Fahrradhelm aus.
Im Karton finde ich Ladekabel, Fernbedienung und Anleitung – drei Dinge, von denen ich nie dachte, sie zum Fahrradfahren zu benötigen. Zusätzlich installiere ich die Smartphone-App Livall Riding: Um erweiterte Funktionen des BH51M Neo nutzen zu können, müssen Helm, Fernbedienung und App einmalig miteinander gekoppelt werden. Soll der Helm lediglich blinken, sind Smartphone und App nicht nötig. Der Helm muss manuell ein- und ausgeschaltet werden, die Fernbedienung ist ständig an. Ihre Knopfbatterie soll bis zu zwei Jahre lang halten.
Bling Bling ist nicht alles!
Der Livall BH51M Neo verspricht eine ganze Menge an smarten Funktionen:
- LED-Beleuchtung hinten und vorn
- Lichtsensor erkennt benötigte Leuchtstärke
- Blinken nach links oder rechts
- Rücklicht leuchtet beim Bremsvorgang auf
- Bei einem Sturz wird eine SMS an Notfallkontakte versandt
- Warnton bei Verlust des Smartphones
- Telefonieren und Musikhören über in den Helm integrierte Lautsprecher und Mikrofone
- Talkback-Funktion zur Kommunikationen mit anderen Trägern des Livall-Helms
- Steuerung über die Fernbedienung
Übrigens: Wenn Du Dich vor allem aufgrund der Blink-Funktion für den Livall-Helm interessierst, solltest Du Dir das Modell BH51T Neo ansehen. Es sich handelt sich im Grunde um den gleichen Helm, der aber außer LED-Blinken und SOS-Funktion keine smarten Funktionen bietet. Er kostet rund 130 und ist damit etwa 40 Euro günstiger als der BH51M Neo.
Die Hand bleibt am Lenker – Blinken mit dem BH51M Neo
Mich hat an dem Helm vor allem die Blinker-Funktion gereizt. Auch für E-Scooter, bei denen man Richtungswechsel nicht per Hand anzeigen kann, erscheint mir das als sehr gute Lösung.
Nachdem die Fernbedienung per Gummispanner am Lenker befestigt ist, kann ich beim Fahren per Knopfdruck die Richtung anzeigen. Eine pulsierende LED-Animation hinten am Helm zeigt anderen Verkehrsteilnehmern dann an, wohin ich fahren möchte. Vorn blinkt ein orangenes Licht. Da ich beides selbst nicht sehen kann, höre ich während des Blinkens links oder rechts ein Piepen.

In der Praxis funktioniert das nicht perfekt. Das Blinken hält für meinen Geschmack deutlich zu lange an – oft bin ich schon 30 Meter hinter der Kurve. Die Dauer lässt sich leider nicht in der App verändern. Dazu kommt: Befinde ich mich im Straßenverkehr direkt neben einem Auto, wird das Audiosignal schnell übertönt, und ich bin unsicher, ob es mit dem Blinken geklappt hat. Hin und wieder scheint die Fernbedienung nämlich die Verbindung zum Helm zu verlieren – oder selbsttätig zu kappen, um Energie zu sparen. Es kommt also vor, dass ich trotz Knopfdruck nicht blinke oder zweimal drücken muss. Nähere Infos dazu finde ich in der Anleitung nicht.
In unregelmäßigen Abständen ertönt zudem ein penetrant lautes Piepen – ich kann nicht sagen, was es bedeutet. Zwar lässt sich in der App einstellen, dass nach einem bestimmten Zeitraum oder einer absolvierten Strecke ein Audiosignal erklingt, aber ich habe alle Töne deaktiviert. Es könnte sein, dass der Helm mir mit dem Piepen den Verbindungsverlust zur Fernbedienung mitteilen möchte, einen Beleg dafür finde ich in der Anleitung aber nicht.
Bremslicht, Verlustmeldung & Co.: Einiges geht ...

Das integrierte Bremslicht leistet, was es soll: Halte ich abrupt an, fängt der BH 51M Neo an zu leuchten wie ein Weihnachtsbaum. Dann ist da noch der Anti-Loss-Alarm: Entfernen sich das gekoppelte Smartphone und der Helm voneinander, piept und blinkt es am Kopf. Auch die Freisprech- und Lautsprecherfunktion funktioniert soweit. Es kann allerdings jeder um mich herum mithören – und wer einen Funken Liebe für die Kunst in sich trägt, wird es ohnehin kaum aushalten, auf den quäkenden 0,5-Watt-Lautsprechern Musik zu hören.
Die eingebaute Talkback-Funktion könnte für Radfahrer, die regelmäßig in der Gruppe unterwegs sind, interessant sein: Alle Besitzer eines entsprechenden Livall-Helmes können über Fernbedienung und Helm-Mikrofon miteinander in Sprachkontakt treten – zumindest, wenn ihre Smartphones mobilen Internetempfang haben. Aus Mangel an weiteren Smart-Helmen konnte ich diese Funktion allerdings nicht testen.
... einiges nicht
Um die Notfall-Funktion auszuprobieren, habe ich den Helm mehrfach aus etwa zwei Metern Höhe fallen lassen. Er fängt dann an, das Morse-SOS per Audio- und Lichtsignal abzugeben. Die versprochene SMS an die zuvor festgelegten Notfallkontakte ist aber bisher noch nicht eingetroffen.

Der Akku des Livall BH51M Neo hält vier bis fünf Tage, bei Kälte sinkt die Zeitspanne deutlich. Zum Laden wird zwingend das beiliegende Kabel mit Magnet-Clip und speziellem Anschluss benötigt. Wer das unterwegs nicht dabei hat, muss bei leerem Akku auf sämtliche Zusatzfunktionen des Helms verzichten. Sollte das Kabel mal verloren- oder kaputtgehen, ist ein Ersatzteil vom Hersteller erforderlich. Warum kein herkömmlicher USB-Anschluss verbaut wurde, ist mir schleierhaft.
Der Livall-Helm entspricht der Prüfnorm EN 1078 für Fahrradhelme, eine Zertifizierung der Wasserdichtigkeit konnte ich allerdings nicht feststellen. Da die Elektronik durchaus Feuchtigkeit ausgesetzt ist, rät der Hersteller in der Anleitung von "langen Regenfahrten" ab.
Am Ziel vorbei: Die App
Von einer App zum smarten Fahrradhelm erwarte ich in erster Linie Einstellmöglichkeiten, vielleicht noch einige Fitnesstracking-Funktionen. Die Anwendung erfasst zwar die gefahrene Strecke, aber das können viele Gratis-Apps auch – ohne teuren Helm und teilweise besser.
Die Livall-App setzt vor allem auf soziale Features: In soll mich über ein soziales Netzwerk, eine Art abgespecktes Instagram, mit anderen Fahrradfahrern vernetzen, Likes verteilen und Kommentare schreiben.
Die App zum BH51M Neo wirkt überladen und unausgegoren. Statt Selfies und Streckendaten zu posten, würde ich lieber die Helligkeit der LEDs und die Dauer der Blinkvorgänge individuell einstellen und das nervtötende Piepen ausschalten. Aber es gibt nur grundlegende Einstellmöglichkeiten, zum Beispiel drei verschiedene Lichtmuster.

Weitere Schwachpunkte: Die Funktionen sind teilweise nicht oder nur unzureichend aus dem Chinesischen oder Englischen übersetzt, Bedienungshinweise gibt es nur auf Englisch, und die Menüführung ist nicht auf der Höhe der Zeit. Schade, da wäre mehr gegangen.
Fazit: Gute Idee, unzureichende Umsetzung
Die Verarbeitungsqualität des Livall BH51M Neo wirkt bestenfalls mittelmäßig – für einen Preis von etwa 170 Euro erwarte ich deutlich mehr. Wahrscheinlich ist die smarte Elektronik der wichtigste Kostenfaktor. Umso ärgerlicher, dass die nicht immer verlässlich funktioniert. Die Benutzerfreundlichkeit ist wegen der dürftigen Einstellmöglichkeiten und des proprietären Ladekabels ebenfalls mau.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ Dezentes Design | - Blinker-Funktion nicht zuverlässig genug |
+ Viele gute Ideen | - Spezielles Ladekabel nötig |
- Überladene App |