"The Walking Dead", "Lost" und Co.: Aufwendig produzierte Serien sind seit Jahren der Trend in der Entertainment-Welt. In Deutschland haben wir derartige Highlights lange vergeblich gesucht. Doch diese Zeiten scheinen endlich der Vergangenheit anzugehören, wie eine aufblühende Serienlandschaft aktuell zeigt.
- Serien in Deutschland: Die Anfänge ab 2010
- Wendepunkt 2015: Deutsche Geschichte, Mystery und ein Exportschlager
- 2017: Die kleine Serien-Revolution – mit Streaminganbietern im Rücken
- "Dark": Mein persönliches Highlight des Serien-Booms
- Wie geht's jetzt weiter? Kleiner Ausblick
- Die Richtung stimmt! Mein Fazit
1999 nahm der Serien-Boom in den USA mit der Gangster-Saga "Die Sopranos" seinen Anfang. Der Pay-TV-Sender HBO zeigte eindrucksvoll, dass mit einigen Investitionen und einer ordentlichen Portion Mut Seriengeschichte geschrieben werden kann. Den Zuschauern gefiel das neue TV-Zeitalter so gut, dass auch viele andere US-Sender nachzogen – und zeitweise gefühlt Hits am Fließband lieferten. Hier nur eine kleine Auswahl:
- "Die Sopranos" (HBO, 1999-2007)
- "The Wire" (HBO, 2002-8)
- "Lost" (ABC, 2004-10)
- "Mad Men" (AMC, 2007-15)
- "Breaking Bad" (AMC, 2008-13)
- "The Walking Dead" (AMC, seit 2010)
- "Game of Thrones" (HBO, seit 2011)
- "House of Cards" (Netflix, seit 2013)
Spätestens "Game of Thrones" hat ganz neue Serienmaßstäbe gesetzt: Einzelne Episoden verschlingen die Kosten großer Hollywoodprojekte – und stehen ihnen optisch in nichts nach. Eine einzige Folge der achten und damit finalen von "Game of Thrones"-Staffel (Start wohl 2019) kostet Gerüchten zufolge 15 Millionen US-Dollar!

Serien in Deutschland: Die Anfänge ab 2010
Parallel zu den Höhenflügen der US-Studios zeichnete sich in Deutschland lange ein ganz anderes Bild ab: Originelle, aufwendige Formate gab es nur wenige, Mut bewiesen die Sender nur selten. Kein Wunder, immerhin war es bei der Fülle an Serien gar nicht so einfach, mit der internationalen (sprich US-amerikanischen) Konkurrenz mithalten zu können.
2010 deutete sich langsam ein Wandel an, als das Erste mit "Weissensee" deutsche Geschichte im Serienformat auf die TV-Bildschirme brachte – und zahlreiche Preise dafür erhielt.
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- "Dark" Staffel 2: Infos zu den Dreharbeiten
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Wendepunkt 2015: Deutsche Geschichte, Mystery und ein Exportschlager
Weitere Leuchtturm-Projekte aus Deutschland setzten sich ebenfalls oft mit der Vergangenheit auseinander. 2015 brachte RTL zum Beispiel die Spionageserie "Deutschland '83" ins Fernsehen, die mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Und mehr noch: Die Geschichte über den DDR-Grenzsoldaten, der in die Bundeswehr geschleust wird, wurde nach der Premiere auf der Berlinale 2015 von SundanceTV fürs US-amerikanische Fernsehen eingekauft. Auch in Großbritannien lief die achtteilige Serie.
Überhaupt ging es im Jahr 2015 für Serien aus Deutschland einen großen Schritt voran. Etwas unter dem Radar, aber von Kritikern in den höchsten Tönen gelobt, lief die vom Sender TNT Serie produzierte Mystery-Serie "Weinberg" mit Friedrich Mücke ("Friendship!") in der Hauptrolle. Auch hier gab es den Grimme-Preis "für die Idee und Konzeption, eine Serie als modernes Schauermärchen in der Tradition der deutschen Romantik zu erzählen".

Im gleichen Jahr schrieb auch der Privatsender Vox Geschichte, der die erste Staffel der bewegenden Dramedy-Serie "Der Club der roten Bänder" zeigte. Die Adaption, die auf einem Bestseller des spanischen Autors Albert Espinosa beruht, zog jede Woche über zwei Millionen Zuschauer zur Primetime vor den Fernseher, am Ende der zweiten Staffel waren es sogar über drei Millionen! Auch die Kritik lobte die Serie. Logische Konsequenz: Am 14. Februar 2019 soll "Der Club der roten Bänder" als Kinofilm Premiere feiern.
2017: Die kleine Serien-Revolution – mit Streaminganbietern im Rücken
Der Knoten in Sachen deutsche Serien platzte in meinen Augen jedoch erst 2017. Den Anfang machte im März Matthias Schweighöfer mit seiner Thrillerserie "You Are Wanted", die exklusiv von Amazon mitproduziert wurde. Sie erhielt so viele 5-Sterne-Bewertungen wie keine andere in Deutschland. Außerdem gehörte Staffel 1 am Wochenende nach Release in 70 Ländern zu den fünf am meisten gesehenen Serien auf Amazon Prime, wie der Streaminganbieter im vergangenen Jahr berichtete.

Doch auch die Konkurrenz schlief nicht: Die Pay-TV-Sender TNT Serie und Sky sowie Streaming-Gigant Netflix legten prompt nach und brachten ihre eigenen Serienproduktionen auf den Markt. TNT Serie beeindruckt mit der harten Gangster-Serie "4 Blocks" seit 2017 Fans, Kritiker und Jurys von renommierten Preisen.
Ähnlich Sky: Bereits im März 2016 gab es die Meldung, dass der Pay-TV-Sender rund 100 Millionen Euro in Eigenproduktionen investieren wolle. Das Ergebnis folgte ein Jahr später in Form der historischen Dramaserie "Babylon Berlin", die dem Pay-TV-Sender traumhafte Quoten bescherte: "Babylon Berlin" wurde für Sky zur zweiterfolgreichsten Serienausstrahlung nach "Game of Thrones" und wurde in 60 Länder verkauft – kostete allerdings auch über 40 Millionen Euro in der Produktion. Für Deutschland ein echtes Mammutprojekt.
"Dark": Mein persönliches Highlight des Serien-Booms
Und auch Netflix ließ sich nicht lumpen und sicherte sich mit der krassen Sci-Fi-Mystery-Serie "Dark" die erste deutsche Eigenproduktion. Ich habe die Show um die Kleinstadt Winden, in der eines Tages ein Junge verschwindet, geradezu verschlungen. "Dark" war 2017 sogar übergreifend mein Entertainment-Highlight des Jahres.
Was "Dark" so besonders macht, bringt Kelly Luegenbiehl, Vize-Präsidentin für International Originals bei Netflix, sehr schön auf den Punkt: "Als ich zum ersten Mal von 'Dark' gehört habe, wurde mir schnell klar, dass es so eine Serie weder in Deutschland noch in anderen Ländern je zuvor gegeben hat", wird sie von Blickpunkt: Film (via meedia) zitiert.
Und weiter: "Wir sind begeistert, dass sich die Zuschauer weltweit von der mysteriösen Welt Windens haben faszinieren lassen. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass außergewöhnliche Geschichten keine geografischen Grenzen kennen."

"Dark"-Regisseur und -Mitschöpfer Baran bo Odar brachte es während der Weltpremiere auf den Punkt:
"Wir waren für eine sehr lange Zeit uncool. Aber ich glaube, das ändert sich gerade."
Und die internationalen Stimmen zum deutschen Exportschlager geben ihm Recht. Laut Variety kamen sogar 90 Prozent aller Zuschauer der Serie nicht aus Deutschland – beeindruckend. Kein Wunder also, dass eine zweite Staffel – obwohl zunächst nicht geplant – direkt in Auftrag gegeben wurde.
Wie geht's jetzt weiter? Kleiner Ausblick
Zumindest für die nahe Zukunft befinden sich einige Großproduktionen aus Deutschland in der Pipeline. Nach "Dark" hat sich Netflix unter anderem noch die Gangster-Serie "Dogs of Berlin" mit "Jerks"-Star Fahri Yardim in der Hauptrolle gesichert. Ebenfalls mit dabei: Anna Maria Mühe, Hannah Herzsprung und Katrin Sass.

Anscheinend ist das für den Streamingdienst aber noch nicht genug. Wie erst kürzlich bekannt wurde, will Netflix auch "Die Welle" als Serienformat produzieren. Im kommenden Jahr dürfte es dann auch ein Wiedersehen mit Jonas Kahnwald in der zweiten "Dark"-Staffel geben.
Sky hingegen plant die Serienadaption des Filmklassikers "Das Boot" von Wolfgang Petersen aus dem Jahr 1981. Die aufwendig produzierte Eigenproduktion soll 27 Millionen Euro verschlingen und schon bereit großes Interesse im Ausland geweckt haben.
Aktuell
- "4 Blocks" (TNT Serie, seit 2017)
- "Babylon Berlin" (Sky, seit 2017)
- "Dark" (Netflix, seit 2017)
- "Jerks" (Maxdome, seit 2017)
- "You Are Wanted" (Amazon, seit 2017)
Angekündigt
- "Das Boot" (Sky)
- "Dogs of Berlin" (Netflix)
- "Die Welle" (Netflix)
Die Richtung stimmt! Mein Fazit
Noch dürfte es zwar dauern, bis Großproduktionen à la "Game of Thrones" hierzulande entwickelt und gedreht werden. Formate wie "Dark", "Babylon Berlin" oder auch "You Are Wanted" beweisen jedoch eindrucksvoll, dass sich deutsche Serienmacher nicht zu verstecken brauchen.
Mehr noch: Diese Serien zeigen, dass Deutschland seine Stärken woanders hat. Vielleicht nicht in ausgefeilten Special Effects mit viel CGI, dafür aber im Storytelling. Geschichten können wir im Land der Dichter und Denker nun mal erzählen – dafür brauchen wir keine bombastischen Effekte. Und genau auf diese Stärke sollten wir uns weiterhin konzentrieren. Dass das wunderbar funktioniert, zeigen besonders die Produktionen des vergangenen Jahres.
Und das lässt ein goldenes Zeitalter der deutschen Serienlandschaft erahnen, an dessen Anfängen wir uns vielleicht gerade erst befinden ...