Einfach einsteigen, sich zur Arbeit fahren lassen und nebenbei schon die wichtigsten Mails checken oder gemütlich Kaffee trinken – autonomes Fahren lockt nicht nur mit einer Erleichterung für gestresste Autofahrer. Doch wenn ich mit meinem "normalen" Auto unterwegs bin, frage ich mich manchmal: Wollen wir das eigentlich?
- Autonomes Fahren: Auf welchem Level stehen wir?
- Die Versprechen der selbstfahrenden Autos
- Aber?
- Wo bleibt der Fahrspaß?
- Fahrspaß versus Vernunft
- Wie wird autonomes Fahren sexy?
- Mehr Mut für abgefahrene Ideen!
Man bekommt schnell den Eindruck, dass andere Nationen bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge bereits viel weiter sind als wir. Teslas Elektroautos lassen sich auf Wunsch mit einem Autopiloten ausstatten und auf einigen amerikanischen Straßen wird autonomes Fahren schon getestet. Vorne mit dabei: Software-Konzerne wie Google und Uber, aber nicht Audi, Mercedes, VW und Co. Warum eigentlich? Wo stehen wir in Sachen autonomes Fahren aktuell? Und wo wollen wir damit hin?
Autonomes Fahren: Auf welchem Level stehen wir?

Autonomes Fahren wird von der Society of Automotive Engineers (SAE) in sechs Level oder Stufen unterteilt – von keiner Automation bis hin zum vollständig autonomen Fahren. Wir haben mittlerweile Level 2 erreicht, bei dem mehrere Assistenzsysteme miteinander kombiniert werden, damit der Fahrer in bestimmten Situationen die Hände vom Steuer nehmen kann. Allerdings muss er zu jeder Zeit aufmerksam bleiben und für Verkehrsverstöße und Schäden selber haften. Was aber, wenn das irgendwann nicht mehr der Fall ist?
Die Versprechen der selbstfahrenden Autos

Ist die letzte Stufe erreicht und Autos fahren vollkommen autonom, können Fahrzeuge neu gedacht werden. Dann braucht es kein Lenkrad und keine Pedale mehr, auch die Insassen können anders sitzen – warum nicht sogar liegen und schlafen? Der Innenraum könnte viel mehr auf Unterhaltung ausgerichtet und mit TV-Screens oder Ähnlichem ausgestattet werden. Jeder könnte plötzlich Auto fahren, auch Kinder oder körperlich eingeschränkte Menschen. Niemand müsste mehr einen Führerschein machen, wenn das Auto und seine Systeme die Verantwortung tragen.
Das vielleicht bedeutendste Versprechen des autonomen Fahrens ist jedoch die größere Sicherheit. Denn die größte Fehlerquelle beim regulären Autofahren ist der Mensch – er kann betrunken, unter Drogeneinfluss oder übermüdet hinterm Steuer sitzen, unaufmerksam oder kurz abgelenkt sein. Damit gefährdet er nicht nur sich, sondern auch andere.
Vorausgesetzt, die Systeme selbstfahrender Autos sind zuverlässig und die Infrastruktur für die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen steht, kann die Zahl der Unfälle sinken und die Effizienz dürfte steigen. Man käme schneller, stressfreier, günstiger und auch sicherer von A nach B.
Aber?

Solange wir jedoch noch nicht auf dem höchsten Level des autonomen Fahrens angekommen sind, klingt das alles nach recht schräger Zukunftsmusik. Die futuristischen Konzeptstudien der Fahrzeughersteller schinden zwar Eindruck – haben aber nur wenig mit den Autos zu tun, die tatsächlich schon ohne Fahrer getestet werden. Sie verkaufen eine Vision von der Zukunft, die einfach (noch) nicht realistisch ist. Sie haben zwar durchaus ihre Berechtigung, aber solche Autos werden wohl nicht allzu schnell auf der Straße zu sehen sein.
Und selbst wenn es irgendwann so weit ist, gibt es ein paar Nachteile, die im Zuge des autonomen Fahrens immer wieder erwähnt werden. Zum einen ist auch Technik fehleranfällig. Die Sensoren, die benötigt werden, leiden eventuell unter Wettereinflüssen und die Software selbstfahrender Autos könnte anfällig für Hacker sein. Autonomes Fahren setzt zudem das Sammeln und Auswerten unzähliger Daten voraus – das wiederum löst Bedenken in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre aus.
Auch bleibt die Frage des Übergangs: Werden selbstfahrende Autos eingeführt, während noch gewöhnliche Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind? Und falls ja: Sollten dann nicht zumindest alle Fahrzeuge miteinander kommunizieren können? Denn gerade in der Anfangszeit dürften autonome Autos sehr teuer sein und damit nicht für jeden finanzierbar.
Noch schwieriger zu beantworten sind ethische Fragen. Sollten Computer so programmiert werden, dass sie bei unvermeidlichen Unfällen immer den Weg des geringsten Schadens wählen? Wäre es richtig, wenn sie das Leben einzelner Menschen opfern, um eine größere Gruppe zu retten?
In diesem Licht wird mir ganz mulmig, wenn ich an einen Unfall denke, den ich vor kurzer Zeit erlebt habe. Mir ist ein Lkw beim Spurwechsel in die Seite meines kleinen MX-5 gefahren. Möglicherweise käme es zu so einem Unfall gar nicht mehr, wenn alle Autos autonom unterwegs wären.
Aber vielleicht würden die smarten Systeme auch mein Leben aufs Spiel setzen, wenn der Lkw beispielsweise mit mehreren Personen besetzt wäre oder teure Ladung an Bord hätte. Wüssten die Fahrzeuge, dass ich schwanger und damit quasi zu zweit bin? Ich hätte so eine Entscheidung jedenfalls nicht mehr in der Hand.
Wo bleibt der Fahrspaß?

Und was wird aus "Freude am Fahren" (BMW), "auto emoción" (Seat) oder "Zoom-Zoom" (Mazda), wenn man nicht mehr selbst hinter dem Steuer sitzt und Autofahren rein auf Effizienz ausgelegt sein wird? Klar, hinter diesen Sprüchen stecken nur die Werbeslogans einer Branche, die möglichst viele Autos verkaufen will. Dass sie damit aber tatsächlich den Nerv vieler Deutscher trifft, zeigt eine repräsentative Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2017, die im Auftrag von Cosmos Direkt durchgeführt wurde. So sind fast zwei Drittel der Bevölkerung (63 Prozent) der Meinung, dass ihnen selbstfahrende Autos den Fahrspaß nehmen würden.
Und das ist kein Phänomen, das sich auf ältere und vielleicht konservativere Autofahrer zurückführen lässt. Insbesondere die jüngeren Befragten im Alter von 18 bis 29 und 30 bis 44 Jahren gaben an, lieber selber am Steuer sitzen zu wollen. Dennoch sind es vor allem die Jüngeren, für die autonomes Fahren immerhin infrage käme – 50 Prozent stimmten dieser Aussage zu, im Vergleich zu 31 Prozent der Über-60-Jährigen. Kaum einer möchte jedoch, dass seine Fahrtwege für Dritte nachvollziehbar sind. Darum sorgen sich 73 Prozent der Befragten.
Fahrspaß versus Vernunft
Ich nehme mich da gar nicht aus. Wenn man in einer Kleinstadt oder auf dem Dorf aufwächst und selber an Autos schraubt, dann entwickelt man eine ganz besondere Beziehung zu seinem fahrbaren Untersatz. Seit mehr als zehn Jahren fahre ich jetzt ein "Spaßauto" – erst war es ein Mazda MX-5 NA, anschließend ein NB, aktuell ist es der NC. Immer Cabrio, immer mehr als 100 PS.
Ein Vernunftauto ist der kleine Flitzer nicht. Aber: Ich fahre immer noch gerne Auto, auch noch nach vielen Jahren des Pendelns zwischen Arbeit und Zuhause. Für die ersten autonom fahrenden Autos à la Google Car hatte ich bislang nur ein müdes Lächeln übrig. So soll die Zukunft aussehen? Ich werde das Landleben immer dem Leben in der Großstadt vorziehen – und wohl auch immer auf ein Auto angewiesen sein. Vorzugsweise auf eines, das ich selbst fahren kann.
Wie wird autonomes Fahren sexy?

So wie mir geht es bestimmt vielen Autofahrern. E-Autos gegenüber sind sie aufgeschlossen, dem autonomen Fahren gegenüber eher noch nicht. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass die bisherigen Schritte in Sachen selbstfahrender Autos wenig sexy wirken. Wer würde wirklich etwas besitzen wollen, das aussieht wie ein lächelnder Koala? Und was meinen die deutschen Autohersteller zur Zukunft des Fahrens?
"Ein Porsche-Sportwagen wird eines der letzten Automobile mit Lenkrad sein", sagte Lutz Meschke, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Vorstand für Finanzen und IT, 2017 in einem Interview mit dem Unternehmen zur Zukunft Porsches. Aber auch: "Autonomes Fahren wird die Effizienz der Fahrzeugnutzung dramatisch verändern." Selbst Sportwagenbauer befassen sich also mit dem Thema, das früher oder später immer wichtiger werden wird. Vielleicht sogar unausweichlich.
Mehr Mut für abgefahrene Ideen!

Meiner Meinung nach denken wir einfach noch nicht weit genug, wenn es um autonomes Fahren geht. Wer sagt denn, dass Autos dann noch wie Autos aussehen müssen? Die Vorstellung eines gewöhnlichen Fahrzeugs, das bloß kein Lenkrad und keine Pedale mehr besitzt, finde ich ziemlich langweilig.
Vielleicht sollten wir Mobilität gleich völlig neu denken, wenn sich das bisherige Konzept ohnehin komplett auf den Kopf stellt. Wie das aussehen könnte? Mobile Yogastudios zum Beispiel, die Dich während des Sonnengrußes zum Shoppen fahren. Oder Coffee Shops, die Dich mit einem Latte Macchiato und einem Bagel in der Hand bei der Arbeit abliefern. Oder fahrende Gaming-Rooms mit PlayStation 7 und dem passenden Xbox-Pendant an Bord.
Wenn spätere Generationen das Fahren direkt anders kennenlernen werden als wir, dann werden sie dem vermutlich auch ganz anders gegenüberstehen. Ihnen wird es hoffentlich leichtfallen, die Vorteile daran zu schätzen. Wer Fahrspaß gar nicht mehr wirklich erlebt, wird ihn wohl auch nicht vermissen. Und so richtig an Autos schrauben kann man schon heute nicht mehr.
Die große Herausforderung wird wahrscheinlich der Übergang zum autonomen Fahren bleiben. Aber genau dafür braucht es die ausgefallenen Ideen kreativer Menschen und den Mut für Neues. Auf allen Seiten – auf Seiten der "Fahrer" und auf Seiten der Autobauer.