Das Versprechen könnte größer kaum sein: Als "Fitness-Superwatch" wird die Fitbit Surge vollmundig vom Hersteller angepriesen. Der Blick aufs Datenblatt scheint das zu bestätigen. Doch wie schlägt sich der Mix aus Fitness-Tracker, Smartwatch und GPS-Laufuhr im Alltag? Ist die Surge wirklich so super, wie Fitbit uns weiß machen will? Das klären wir im Test.
Der Mix macht's: Fitbit Surge passt in keine Gerätekategorie
Sie ist weder bei Fitness-Trackern noch bei Smartwatches noch bei GPS-Laufuhren eindeutig zu verorten. Denn die Fitbit Surge kombiniert Eigenschaften und Features all dieser Gerätekategorien. Der Hersteller verkauft sie daher als wahres Multitalent – allein ist Fitbit damit allerdings nicht mehr. Modelle wie die Basis Peak, das Microsoft Band, die Garmin Vivoactive oder das für November angekündigte Sony SmartBand 2 wollen ebenfalls mehr, als nur Schritte zählen und Schlaf überwachen. Wie gut ist Fitbits am besten ausgestattetes und teuerstes Modell für den Konkurrenzkampf gerüstet?
Design: Nicht auf Höhe der Zeit
Rein optisch zieht die Fitbit Surge in den meisten Vergleichen schon einmal den Kürzeren. Das Design wirkt altbacken wie bei einer Digitaluhr aus den späten 80ern, vielleicht noch aus den 90ern. Immerhin hat der Kunde die Wahl zwischen drei verschiedenen Armbandfarben: Schwarz, Blau oder Orangerot. Allerdings sollte man sich beim Kauf auch sicher sein, was die Farbwahl angeht. Austauschen lassen sich die Armbänder nämlich nicht.
Komfort: Klobig, im Alltag aber angenehm zu tragen
Unauffällig und dezent ist selbst die schwarze Variante der Fitbit Surge nicht. Das liegt daran, dass der Hersteller seine "Fitness-Superwatch" mit so viel Technik vollgestopft hat, dass die Uhr nicht gerade schlank ausfällt. Das Fitbit-Topmodell trägt deutlich am Handgelenk auf und zeichnet sich unter langärmliger Kleidung unschön ab. Handelt es sich dabei um leicht fusselnde Pullover, hinterlässt das auch auf der Fitness-Watch Spuren – die Fitbit Surge ist aufgrund des Silikonarmbands ein ziemlicher Fussel- und Staubmagnet.
Nichtsdestotrotz: So unangenehm zu tragen, wie es die klobige Optik des Fitness-Trackers vermuten lässt, ist die Fitbit Surge gar nicht. Zumindest tagsüber ist die Uhr im Alltag schnell vergessen – sofern man sie nicht gerade enger schnallt für die genauere Pulserfassung beim Sport. Als störend erwies sich das Fitbit-Modell allerdings im Schlaf. Da wirkt es sich definitiv als Nachteil aus, dass die Uhr so viel Technik mitbringt und deshalb so groß ausfällt. Die meisten anderen Fitness- und Schlaf-Tracker haben hier einen Vorteil gegenüber der Surge.
Display: Armbanduhrersatz dank Always-on-Modus
Für einen Fitness-Tracker ist ein Display nicht selbstverständlich, für eine GPS-Laufuhr hingegen schon und für eine Smartwatch sowieso. Deswegen bringt auch die Fitbit Surge einen kleinen, in der Diagonale 3,2 Zentimeter messenden LCD-Touchscreen mit. Dieser stellt nur Schwarz-Weiß dar, ist aber immer angeschaltet. Damit lässt sich das Multitalent praktischerweise auch als klassische Armbanduhr nutzen. Im Hellen ist das Display in den meisten Situationen gut abzulesen, im Dunkeln lässt sich eine Hintergrundbeleuchtung aktivieren. Bei eingeschaltetem Automatikmodus tut sie das natürlich von allein.
Handling: Selbsterklärende Bedienung
Angelegt ist die Fitbit Surge ganz schnell und einfach. Dank klassischer Uhrenschließe gibt es keine Frickelei à la Jawbone Up3. Aufgrund der Verschlusswahl muss der Käufer auch keine Angst haben, die teure Fitness-Begleitung vom Handgelenk zu verlieren, wie es des Öfteren von älteren Fitness-Trackern der Marke Fitbit berichtet wurde.
Bedient wird die Uhr über drei physische Knöpfe und den kleinen Touchscreen. Das funktioniert – bis auf wenige Ausnahmen – einwandfrei und ist für jeden Smartphone-Besitzer selbsterklärend. Die wenigen Ausnahmen, in denen die Surge Wischgesten nicht richtig zu erkennen scheint, sind vermutlich der kleinen Größe des Bereichs geschuldet, über den sich wischen lässt.
Aktivitätstracking: Schwierigkeiten bei der Pulsmessung
Als messender und mahnender Begleiter im Alltag zählt die Fitbit Surge Schritte, errechnet die zurückgelegte Distanz und die bisher verbrannten Kilokalorien, informiert über die absolvierten Etagen, die aktiven Minuten und – sofern eingeschaltet – die momentane Herzfrequenz. Dafür ist das Modell mit insgesamt acht Sensoren ausgestattet, darunter einem digitalen Kompass, einem Höhenmesser und einem optischen Herzfrequenzmonitor. Die Genauigkeit der Schrittzählung bewegt sich auf dem guten Niveau anderer Fitbit-Modelle, die tendenziell ein klein wenig zu großzügig zählen.

Wer sich die Fitbit Surge kauft, will damit vermutlich aber auch Sport machen. Fürs Laufen, Radfahren und Co. hat Fitbit der Surge nämlich nicht nur den Pulssensor zur dauerhaften Herzfrequenzmessung, sondern auch GPS spendiert. Das Signal wurde im Test schnell gefunden und die Laufrunde exakt mitgeloggt. Während des Trainings sieht man die bereits zurückgelegte Distanz sowie die absolvierte Zeit auf der Uhr, per Wischgesten gelangt man zu anderen Werten: der aktuellen Rundenzeit, der durchschnittlichen Rundenzeit, dem Puls, den verbrannten Kalorien, den absolvierten Schritten oder der Uhrzeit. Beim Laufen lenkt das aber eher ab.
Interessanter ist die Auswertung im Nachhinein via Fitbit-App. Hier werden alle Trainings und Läufe noch einmal übersichtlich zusammengefasst. Erfassen lassen sich übrigens unterschiedliche Sportarten – zum Beispiel auch Yoga, Krafttraining oder Kickboxen. Dabei beschränkt sich das Tracking allerdings auf Zeit, Herzfrequenz und Kalorienverbrauch. Beim richtigen Kickboxen könnte man die Fitbit Surge abseits des Sandsacktrainings aufgrund ihrer Größe aber ohnehin nur schlecht tragen.
Beim Vergleich der Herzfrequenzdaten mit der nahezu EKG-genauen Mio Fuse fiel zudem auf: Die Fitbit Surge scheint Probleme damit zu haben, den Puls bei Aktivitäten genau zu erfassen. Während die Werte beider Tracker im Ruhezustand übereinstimmen, stimmt in aktiven Phasen nur noch die Tendenz überein. Die tatsächlichen Werte liegen bei der Fitbit Surge immer rund 10 bis 20 Herzschläge unter dem Messergebnis der Mio Fuse.
Schlaftracking: Verzichtbares Feature

Das Schlafen mit der Fitbit Surge ist keine Freude. Eine Nacht für den Test – das musste reichen. Einmal mit eingeschlafener Hand aufzuwachen, sollte genug gewesen sein. Die Auswertung der Schlafdaten ist ohnehin wenig aussagekräftig. Die Fitnessuhr unterscheidet lediglich zwischen Schlaf- und Wachzustand sowie unruhigen Phasen. Eine Unterteilung in Leicht-, Tief- und REM-Schlaf wie beim Up3 von Jawbone gibt es nicht. Darüber hinaus passiert nichts weiter mit den Daten. Dass 5 Stunden und 56 Minuten Schlaf etwas wenig sind? Ist der Fitbit-App egal.
Smartwatch-Features: Nicht wirklich nützlich
Die Smartwatch-Funktionen der Fitbit Surge fallen ebenfalls übersichtlich aus. Sie beschränken sich auf das Anzeigen von Textnachrichten und Anrufen sowie das Steuern von Musik. Letzteres allerdings ist mit dem im Test verbundenen Smartphone, einem Samsung Galaxy S5, nicht möglich. Laut der von Fitbit veröffentlichten Kompatibilitätsliste ist das keines der aufgeführten Android-Geräte. Nur iPhones kommen derzeit dafür infrage. Und auch bei der Anzeige von Nachrichten stellte sich das Testgerät zickig an. Dieses Feature funktioniert nämlich nur, wenn Handy und Uhr sich in unmittelbarer Nähe befinden, aber gerade kein Synchronisierungsvorgang stattfindet. In der Praxis sind die Smartwatch-Funktionen für die meisten Menschen daher kaum von Nutzen.
Akklaufzeit: Mehr als 5 Tage sind nicht drin

Viele Sensoren benötigen viel Energie. Wer die Pulsmessung dauerhaft aktiviert lässt und alle paar Tage das GPS für eine 30-Minuten-Laufrunde aktiviert, muss die Fitbit Surge spätestens nach fünf Tagen wieder aufladen. Während Smartwatches noch häufiger nach Energienachschub verlangen, halten viele Fitness-Tracker deutlich länger durch. Ein Tipp: Wer die Surge zum Schlafen ohnehin ablegt, sollte die Herzfrequenzmessung auf "Automatisch" stellen. Dann wird zumindest nachts Strom gespart.
Fazit: In keiner Kategorie wirklich überzeugend
Als Smartwatch-Alternative taugt die Fitbit Surge nicht. Als GPS-Laufuhr hingegen ist sie immerhin einen Blick wert. Als Laufbegleiter machte sie sich im Test gut. Dass kein Brustgurt zum Messen der Herzfrequenz nötig ist, ist in dieser Kategorie ein großer Pluspunkt. Auf der Negativseite stehen allerdings die Genauigkeit der Pulsmessung sowie der Preis. Die UVP beträgt 249,95 Euro. Wer eine Laufuhr sucht, bekommt spezialisierte Modelle aber schon für weniger Geld. Dasselbe gilt für Menschen auf der Suche nach einem Schlaf- und Fitness-Tracker. Hier gibt es kleinere, bequemere, hübschere und günstigere Modelle – sogar von Fitbit.
Für wen ist die Fitbit Surge also die ideale Wahl? Das ist schwierig zu sagen. Vielleicht für Unentschlossene. Wer seine Nutzungszwecke genauer eingrenzen kann, findet für weniger Geld spezialisiertere Alternativen. Moment! Einen überzeugten Surge-Träger gibt es doch: US-Präsident Barack Obama. Der Lebensalltag des wohl mächtigsten Mannes der Welt dürfte allerdings etwas anders aussehen als der der meisten Fitnessarmband-Käufer.