Mit Daydream View bringt Google seine erste eigene VR-Brille für Android-Smartphones auf den Markt. In unserem Test haben wir das Headset nicht nur mit Cardboard und Gear VR verglichen, sondern uns auch die Frage gestellt, ob Virtual Reality nun endlich der Durchbruch gelingen könnte.
VR-Lösungen für Smartphones gab es bislang schon einige. Angefangen bei Google Cardboard, konnte in den vergangenen Jahren vor allem die Samsung Gear VR mit einem eigenen App Store zahlreiche User für sich begeistern. Nun steht mit Daydream View die neueste Virtual Reality-Brille für Smartphones in den Startlöchern. Sie kommt direkt von Google und bietet erstmals eine direkte Anbindung an den Play Store und wird zudem mit einem speziellen VR-Controller ausgeliefert. Kann Daydream View damit im VR-Rennen punkten?
Die bislang schönste VR-Brille
Alle VR-Headsets, die wir bislang in der Hand hatten, waren Plastikbomber und damit wenig edel – logisch, denn ein Metallgehäuse wäre viel zu schwer, um es dauerhaft mit einem Stirnband befestigt vorm Gesicht zu tragen. Google hat für Daydream View dennoch einen Weg gefunden, den Kunststoff-Look zu vermeiden, ohne an Gewicht zuzulegen. Durch ihren grauen Stoffbezug wirkt die Daydream View nämlich so gar nicht "billig" und weist auch nicht den typischen nerdigen Look auf, der bislang alle VR-Brillen auszeichnet. Auch haptisch gibt sich das Headset deutlich wertiger als etwa die Gear VR.
Welche Smartphones unterstützen Daydream?
Die Samsung Gear VR funktioniert mit diversen Smartphones der Galaxy S- und der Galaxy Note-Reihe, wodurch es bereits einige Millionen kompatible Geräte da draußen gibt. Hier hat es Daydream View natürlich schwerer, denn das neue Headset von Google benötigt eine völlig neue Generation von kompatiblen Smartphones. Die ersten Geräte, die mit Daydream VR funktionieren, sind die beiden Pixel-Phones von Google selbst, das Moto Z, das Huawei Mate 9 Pro und das Asus Zenfone AR.
Ob weitere Smartphones per Update für Daydream fit gemacht werden, ist bislang noch nicht so ganz klar. In den kommenden Monaten sollen jedoch weitere Smartphones erscheinen, die Daydream VR unterstützen. Wahrscheinlich wird sich darunter auch das Galaxy S8 von Samsung befinden.
Kinderleichte Einrichtung
Nachdem wir hier bei TURN ON bereits einige VR-Systeme getestet haben, bereitete uns die Einrichtung natürlich besondere Sorgen. Mit Grauen erinnern wir uns an die Kabelungetüme PlayStation VR und HTC Vive zurück. Hier hebt sich Daydream View glücklicherweise positiv von der Konkurrenz ab. Einfach die Daydream-App auf dem Smartphone starten, den Anweisungen auf dem Display folgen, das Smartphone in das Headset einlegen und schon geht es los. Die Verknüpfung der Fernbedienung funktioniert während dieses Vorgangs kinderleicht über einen einfachen Tastendruck.
Überraschend guter Tragekomfort
Beim ersten Aufsetzen mutet das Daydream-Headset etwas unbequem an. Da das Trageband relativ weit oben am Headset angebracht ist, lastet praktisch das gesamte Gewicht der Brille auf der Stirn des Trägers und wird nicht, wie bei anderen VR-Brillen, an das Gesicht herangezogen.
Das ist allerdings nur im ersten Moment ungewohnt, denn schon nach wenigen Minuten stellt sich ein Tragekomfort ein, den andere VR-Headsets aktuell nicht bieten können. Man fragt sich unweigerlich, warum andere Hersteller diverser No-Name-Headsets hieran bislang gescheitert sind. Zwar hatten wir beim Tragen der Brille mehrfach die Befürchtung, diese könnte zu locker sitzen und herunterrutschen – aber das passierte nicht. Richtig aufgesetzt, sitzt Daydream View bombenfest – nichts wackelt und verrutscht.

So geht eine gute VR-Steuerung
Neben dem Tragekomfort überzeugt aber auch der Bedienkomfort. Hier macht sich bemerkbar, wie wichtig ein passendes Bedienelement für ein überzeugendes VR-Erlebnis eigentlich ist. Die kleine Fernbedienung ähnelt stark jener Bedienung, die mit der Oculus Rift ausgeliefert wird. Es gibt ein Trackpad zur Richtungssteuerung, das sich zudem wie eine Taste drücken lässt. Zudem bietet die kleine Daydream Remote einen weiteren Button für In-App-Aktionen und einen Home-Button. An der Seite befindet sich zudem ein Schalter für die Lautstärkeregelung.
Innerhalb der Daydream-App und anderen kompatiblen Apps funktioniert die Fernbedienung wie ein Pointer, mit dem sich Dinge auswählen, anfassen oder bewegen lassen. Im Vergleich zur Samsung Gear VR, der ein ähnlicher Controller fehlt, ist dies ein riesiger Fortschritt. Aber selbst PlayStation VR wirkt mit der klassischen Controller-Steuerung weniger intuitiv als die Google-Lösung.

Das VR-Erlebnis mit Daydream View
Das VR-Erlebnis, das Daydream View in Kombination mit der Daydream-App liefert, ist überraschend gut. Dabei profitiert das Gesamterlebnis sowohl vom guten Tragekomfort der Brille und von der durchdachten Steuerung als auch von der Qualität der grafischen Darstellung, die zumindest auf dem Pixel XL mit seinem 2560 x 1440-Pixel-Display recht hoch ist.
Das Interface selbst erinnert sehr stark an das, was wir schon von der Oculus Rift kennen. Wir befinden uns in einem Wald und sehen verschiedene Menüs vor uns, auf denen wir die mit Daydream kompatiblen Apps und Medien auf dem Smartphone starten können. Zusätzlich steht uns der Zugang zum Google Play Store offen. Dort werden uns jedoch nur Apps angezeigt, die mit Daydream kompatibel sind.
Bislang ist die Auswahl noch eingeschränkt aber zum Launch dennoch ganz ordentlich. Zudem wirken viele der Applikationen schon jetzt durchdachter als der überwiegende Großteil der bisherigen VR-Apps für Smartphones. Was die einzelnen Anwendungen und Spiele bieten, haben wir in einem separaten Artikel zusammengefasst, insgesamt bietet Daydream mit seinen Inhalten aus unserer Sicht jedoch ein durchaus befriedigendes VR-Erlebnis.
Fazit: Daydream ist ein cooles Gimmick
Daydream ist ganz klar die bislang beste VR-Lösung für Smartphones. Im Vergleich zu den holprigen Anfängen, die Virtual Reality auf mobilen Plattformen gemacht hat, wirkt hier endlich alles durchdacht. Zum ersten Mal bekommt Android mit der Daydream-App ein echtes VR-Interface, mit dem sich erstaunlich einfach durch die Menüs und Inhalte navigieren lässt. Ein weiterer Pluspunkt ist die Fernbedienung, die es dem User erstmals ermöglicht, auch mit der Virtuellen Realität zu interagieren. Mit Google Cardboard und Samsung Gear VR war beides bislang nur sehr eingeschränkt oder über Umwege möglich.
Letztlich wirken auch die Apps und Inhalte durchdacht. VR-Spiele wie "Mekorama VR", "VR Karts Sprint" oder "Hunters Gate" sind keine Killer-Apps im eigentlichen Sinne, sie lassen das VR-Erlebnis aber zu einer spaßigen Angelegenheit werden und erlauben es auch, längere Zeit in der Virtuellen Realität zu verweilen.

Problematisch ist nur das bislang noch sehr schmale App-Angebot. Hier fragen wir uns ernsthaft, warum nicht mehr App-Entwickler eine fertige VR-Anwendung zum Start von Daydream parat haben. Doch was nicht ist, kann ja noch werden und wenn die zukünftigen Apps eine ähnliche Qualität und eine ähnlich sorgsame Anpassung an die VR-Welt bieten wie das Startangebot, dann könnte Daydream tatsächlich ein Erfolgsmodell werden.
Eines sollte bei all dem Lob aber klar sein: Virtual Reality für Smartphones bleibt auch mit Daydream vorerst nur ein Gimmick – aber ein sehr Cooles.