- Was unterscheidet "Destiny" von anderen Shootern?
- Die Story: Nicht viel, aber schön
- Der Multiplayer: Endlos Koop & PvP
- Gameplay: "Diablo" oder "WoW" als sehr guter Shooter
- Zum Release genug zu tun – aber reicht das?
- Was ist besser: "Destiny 2" für PC oder für Konsole?
- Fazit: Brillianter Shooter mit Zeitproblem
Shared-World-Shooter im Test: In"Destiny 2" dürfen sich erstmals auch PC-Spieler als Hüter im Dienste des Reisenden gefährlichen Feinden wie Kabalen oder Gefallenen entgegenstellen. Im Test haben wir sowohl die Konsolen- als auch die Desktop-Version des Shooters gespielt. Wir zeigen, ob es Bungie schafft, sowohl Veteranen als auch Neueinsteiger zu begeistern.
Die "Halo"-Macher von Bungie haben mit "Destiny 2" das Sequel zum Erfolgstitel aus dem Jahr 2014 abgeliefert – im Gegensatz zum Vorgänger diesmal auch für den PC. Im Test wird nicht nur deutlich, wie unterschiedlich sich der Shooter auf den verschiedenen Plattformen spielt, es wird auch klar, in welchem Grad sich "Destiny 2" vom Vorgänger unterscheidet. Haben die Entwickler das perfekte Gleichgewicht zwischen einer anspruchsvollen Fortsetzung für erfahrene Fans und dem leichten Einstieg für die PC-Gamer gefunden? Im Test habe ich versucht, eine Antwort zu finden.
Was unterscheidet "Destiny" von anderen Shootern?
Im Gegensatz zu Platzhirschen wie "Call of Duty" oder "Battlefield" verwirklichte Bungie mit dem ersten "Destiny" eine andere Vision von Multiplayer-Shootern. Die Entwickler setzten auf ein Shared-World-System mit starken MMO-Einflüssen. Der Schwerpunkt des Spiels wurde zudem auf das "Looten & Leveln" gelegt, wie es etwa aus Spielen der "Diablo"-Reihe bekannt ist. Stell Dir einfach eine Art Science-Fiction-"World of Warcraft" als Ego-Shooter vor, das kommt dem Gameplay relativ nahe. Eine Einzelspieler-Kampagne wurde im ersten Teil passenderweise fast ausgespart. Mit "Destiny 2" versprach Bungie, nach Beschwerden vieler Spieler, auch in diesem Bereich aufzurüsten und setzte hierzu gleich an einigen Punkten an.
Die Story: Nicht viel, aber schön
All zu viel Tiefe sollte man sich von der Grundhandlung von "Destiny 2" jedoch nicht versprechen. Ohne große Spoiler darf verraten werden, dass die Hüter nach einem Großangriff der außerirdischen Kabale auf die Menschheit in die Enge gedrängt werden. Als Spieler rettet man dann allerdings die letzten Jedi, äh, Hüter vor der Auslöschung und führt sie schlussendlich zum Sieg gegen den Oberbösewicht Ghaul und seine Schergen der Rotlegion. Das Ganze ist nicht nur kurz erzählt, sondern auch zügig durchgezockt: Die Singleplayer-Kampagne führt in erster Linie in die Spielmechaniken ein, was nach etwa zehn Stunden, mit Level 20 – der Maximalstufe – abgeschlossen ist. Dafür ist das Ganze aber vor allem auf PC sehr schön anzusehen. Danach geht "Destiny 2" aber erst richtig los: Im Endgame geht es vor allem darum, durch eine Vielzahl an Aktivitäten das Power-Level unseres Charakters durch verbesserte Ausrüstung in die Höhe zu treiben. Das geht am besten mit anderen Spielern, aber auch alleine kann man mit "Destiny 2" Spaß haben.
Der Multiplayer: Endlos Koop & PvP
Davon komplett abgetrennt ist der PvP-Bereich, in dem wir gegen andere "Destiny 2"-Spieler antreten können. Im "Schmelztigel" werden Level- und Waffen-Vorteile im Regelfall abgestellt, zentrales Element ist der sportliche Wettstreit. Allerdings: Bungie hat in Interviews geäußert, "Destiny 2" nicht als eSport-Titel entwickelt zu haben. Dementsprechend fehlt ein Privatmatch-Modus, der es erlaubt, nur bestimmte Spieler gegeneinander antreten zu lassen. Ebenso wollten die Entwickler zum PC-Launch nicht auf die Zielhilfe für Controller verzichten, die einigen Spielern während der Beta zu unfair eingestellt schien. Im ersten Teil des Spiels, ermöglichte Bungie erst nach Jahren das Erstellen von privaten Multiplayer-Partien, schon jetzt gibt es Hinweise darauf, dass für "Destiny 2" ähnliches geplant ist – dann hoffentlich auch ohne Auto-Aim.
Gameplay: "Diablo" oder "WoW" als sehr guter Shooter
Im Spiel sind wir meist auf einem der vorerst vier verfügbaren Planeten unterwegs und können an unterschiedlichen Aktivitäten teilnehmen. Bis auf die ersten Story-Missionen kann fast alles sowohl alleine oder im Koop in Angriff genommen werden, was den Spaß immens steigert. Die Shared-World bietet an sich schon einige unterschiedliche Aktivitäten:
Shared-World-Aktivitäten | |
Abenteuer | In sich geschlossene Quests |
Patrouillen | Sammel-Missionen |
Verlorene Sektoren | Versteckte Mini-Dungeons |
Öffentliche Events | Dynamische Ereignisse für alle Spieler |
Zusätzlich gibt es in "Destiny 2", wie schon im ersten Teil, Strikes – längere Missionen, die man zu Dritt bestreitet und an deren Ende ein mächtiger Endboss zu schlagen ist. Hat man keine befreundeten Hüter zur Hand, sucht das Spiel automatisch einen passenden Trupp zusammen. Alternativ findet der wöchentlich wechselnde Dämmerungsstrike statt, der schwerer ist und unter wechselnden Bedingungen – beispielsweise einem strikten Zeitlimit – stattfindet.
Die Königsdisziplin in "Destiny 2" ist der Raid – eine feste Questreihe, die in Sechser-Teams bestritten werden muss und neben harten Bossen auch schwierige Rätsel und verschiedene Prüfungen bereithält. Das funktioniert nicht ohne Übung sowie Kommunikation zwischen den Spielern und war schon im ersten Spiel ein Highlight. Bisher gibt es den ersten Raid auf Konsolen in zwei Schwierigkeitsstufen, für "Destiny" hatte Bungie nach und nach insgesamt vier verschiedene Raids veröffentlicht. Die PC-Version von "Destiny 2" erhält erst in Kürze Zugriff auf Raids.
Zum Release genug zu tun – aber reicht das?
Bereits nach kurzer Zeit äußerten Hardcore-Spieler die Befürchtung, dass es in "Destiny 2" nicht genügend zu tun geben könnte. Im ersten Teil war die Langzeitmotivation zumindest durch die Jagd auf seltene exotische Ausrüstung oder Zufalls-Eigenschaften bei neuen Waffen recht hoch. Gerade diese Gameplay-Elemente haben die Entwickler nun aber einsteigerfreundlicher gestaltet. Wer viel und regelmäßig spielt, stößt daher schneller an die Grenzen des Spiels als noch beim Vorgänger. Ob Bungie den Kern der "Destiny 2"-Community mit diesen Maßnahmen vergrault, wird stark davon abhängig sein, wie zügig Content-Erweiterungen folgen.
Meinem Eindruck nach hatten sich die Entwickler hierzu im Vorfeld eigentlich einen durchdachten Plan zurechtgelegt: Größere Aktivitäten werden gestaffelt freigeschaltet, wie etwa das fortgeschrittene PvP-Event "Prüfungen der Neun". Im Dezember soll der erste DLC "Curse of Osiris" inklusive neuem Planeten erscheinen und Bungie hat für das erste Jahr vier Seasons mit neuen Inhalten angekündigt. Geht man vom Update-Zyklus des ersten Teils aus, ist eine Haupt-Erweiterung im Herbst 2018 zu erwarten. Für "Destiny" wurden zum Beispiel mit dem großen Addon "König der Besessenen" viele neue Spielmechaniken eingeführt, die das Game stark verbesserten.
Jedoch: Ein Glitch im Spiel hat schon jetzt den Rythmus des "Destiny 2"-Update-Plans durcheinander gebracht, Bungie musste die Prüfungen der Neun vorerst auf Eis legen. Noch dazu hat man das Tempo, in dem Veteranen die vorhandenen Inhalte abgrasen offenbar unterschätzt. Bleibt zu hoffen, dass die Entwickler hier schnell genug reagieren.
Was ist besser: "Destiny 2" für PC oder für Konsole?
Zum Release gab sich Activision jede erdenkliche Mühe deutlich zu machen, dass die PC-Version von "Destiny 2" mehr als eine simple Portierung ist – zu groß der vermeintliche Graben zwischen PC-Master-Race und Konsoleros. Vor allem auf der PS4 war der erste Teil recht erfolgreich, die Spieler tummelten sich sehr lange auf den Servern. Neben besserer Grafik lockt vor allem die Shooter-Steuerung mit Tastatur und Maus auf den Desktop-Computer. Im direkten Vergleich kam mir "Destiny 2" persönlich ohne Controller etwas einfacher vor, dagegen bringt das Feedback durch Vibration einen höheren Grad an Immersion.
Klare Abstriche muss man auf Konsole natürlich bei der Grafik machen, die auf dem PC auf Wunsch ohne FPS-Limit und mit teils atemberaubenden Details aufwartet. Gespannt bin ich darauf, wie "Destiny 2" sich auf der Xbox One X macht, auch wenn das fehlende Cross-Save-Feature bedeutet, dass ich dafür nach PS4 und PC ein drittes Mal von Beginn anfangen muss.
Fazit: Brillianter Shooter mit Zeitproblem
Wer bereits den ersten Teil gespielt hat, wird schnell merken, dass "Destiny 2" vor allem mehr vom Gleichen ist, an vielen Stellschrauben und Details hat Bungie allerdings stark gedreht. Was aber für Hardcore-Spieler – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – nicht nur positiv ist, wenn es um die Langzeit-Motivation geht. Die Singleplayer-Kampagne ist dabei nur wenig mehr als ein Alibi-Feature, das als gute Einführung ins Spiel dient. Dennoch ist "Destiny 2" ein hervorragendes Spiel mit toller Optik, ausgefeiltem Balancing und vorzüglichem Level- sowie Questdesign. Bungie hat viele Lehren aus dem Werdegang des Vorgängers gezogen und versucht Kanten auszubügeln – nicht, ohne dabei auf neue Unwegsamkeiten zu stoßen. Es bleibt zu hoffen, dass diese mit stetigen Updates schnell ausgebügelt werden. Aus Erfahrung kann man schon jetzt sagen: Wenn das Geld reicht, ist der Kauf inklusive Expansion-Pass zu empfehlen.