Für Technik-Fans gibt es Smartwatches, für Sportler spezielle GPS-Laufuhren und für Vermessungsfreunde eine Vielzahl an Fitness-Trackern. Die Garmin Vivoactive will all das in einem Gerät vereinen. Unser Test zeigt: Mit wenigen Abstrichen klappt das auch richtig gut.
Sport & Alltag: Ein Wearable für alles
Der Markt für Wearables wächst und wächst – und bringt eine stetig wachsende Modellvielfalt hervor. Da gibt es neben Smartwatches wie der Apple Watch, die auch einfache Fitnessfunktionen mitbringen, mittlerweile unzählige Fitness-Tracker von Jawbone, Fitbit und Co. Diese sind aber vor allem dafür gedacht, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren. Ernstzunehmende Trainingsanalysen sind von ihnen meist nicht zu erwarten. Sportler greifen daher nach wie vor häufig zur GPS-Laufuhr, um ihre Aktivitäten aufzuzeichnen und auszuwerten. Diese sind aber meist nicht nur teuer, sondern auch weniger für den Alltag gedacht.
Hier kommen Hybrid-Modelle wie die Fitbit Surge oder eben die Garmin Vivoactive ins Spiel. Sie fallen größer aus als der 08/15-Fitness-Tracker, bringen aber auch viel mehr Funktionen mit. Diese sollen sie zum perfekten Begleiter für den Sport und den Alltag machen. Kann die Vivoactive dieses Versprechen einlösen?
Design: Old Casio-Revival
Zumindest optisch dürfte die GPS-Sportuhr die Gemüter spalten. Während sich einige vielleicht wohlwollend an die rechteckigen Casio-Modelle aus den 80er-Jahren erinnern mögen, werden andere wohl weniger optimistisch von langweilig oder altbacken sprechen. Mit Abmessungen von 43,8 x 38,5 Millimetern fällt die Garmin Vivoactive fast quadratisch aus, zwei Bedienknöpfe und ein schlichtes Silikonarmband runden das nicht sonderlich spektakuläre Design-Paket ab. Immerhin: Die Armbänder lassen sich gegen andere Farb- und Materialvarianten austauschen, das Gehäuse ist in Schwarz oder Weiß erhältlich.
Komfort: So schlank trotz GPS
Im Vergleich zu Fitness-Trackern, die wie beispielsweise das Up2 von Jawbone mittlerweile echt klein ausfallen, zieht die Vivoactive aufgrund ihres Feature-Sets zwar den Kürzeren. Dafür fällt die GPS-Sportuhr mit 1,38-Zoll-Display erstaunlich schlank aus – viel dünner als die meisten dezidierten Laufuhren. Deshalb stört das Garmin-Modell auch nicht im Alltag. Über Smartwatches lässt sich das ebenfalls nicht immer sagen. Das Silikonarmband ist darüber hinaus auch beim Sport noch angenehm zu tragen und kein so extremer Fusselmagnet wie das der Fitbit Surge.
Display: Always-On & schön hell
Im Gegensatz zu den meisten Fitness-Trackern besitzt die Garmin Vivoactive einen LCD-Touchscreen, der mit 205 x 148 Pixeln zwar keine wahnsinnig hohe Auflösung zu bieten hat, aber immer gut ablesbar ist – selbst bei direkter Sonneneinstrahlung. Für Sport an der frischen Luft kein zu unterschätzendes Kriterium. Dank Always-On-Modus kann der Träger jederzeit die Uhrzeit ablesen, in dunklen Umgebungen lässt sich eine Hintergrundbeleuchtung per Druck auf den linken Knopf aktivieren. Einen Automatikmodus dafür gibt es nicht, vermutlich aus Energiespargründen.
Handling: Wischen, Touchen, Drücken
Wer eine Smartwatch sein will, braucht natürlich ein Betriebssystem. Das ist im Falle der Garmin Vivoactive nicht Android Wear, sondern eine herstellereigene Lösung. Die Bedienung ist dennoch intuitiv. Per Wischgeste zur Seite lässt sich durch verschiedene Bildschirme scrollen: Nachrichten, Kalender, Musik-Kontrollzentrum, Wetter und Tagesziel-Übersicht. Zurück zum Startbildschirm geht es per On-Screen-Pfeiltaste, das zweite Touch-Feld auf dem Display führt in Menüs. Links an der Uhr sitzt der Power-Button, der bei kurzem Druck die Hintergrundbeleuchtung ein- und ausschaltet. Der rechte Knopf öffnet den App-Drawer und startet/beendet Trainingseinheiten. Das klappte im Test alles problemlos und flüssig.
Tägliches Aktivitätstracking mit der Garmin Vivoactive
Der moderne Mensch lässt Schritte zählen – von Smartphones, Fitness-Trackern oder Smartwatches. Die Garmin Vivoactive bringt dieses Feature selbstverständlich auch mit und arbeitet dabei sogar ziemlich genau. Das Tagesziel ist bei der Sportuhr nicht starr auf 10.000 Schritte festgelegt. Neben der manuellen Auswahl besteht auch die Möglichkeit, automatische Tagesziele basierend auf dem erreichten Wert des Vortags festlegen zu lassen.
In einer weiteren typischen Fitness-Tracker-Disziplin kann die Vivoactive allerdings weniger punkten: der Schlafaufzeichnung. Erkennen Modelle wie das Jawbone Up3 den Schlaf mittlerweile automatisch, benötigt die GPS-Sportuhr die Info vom Nutzer, wann er üblicherweise ins Bett geht und wieder aufsteht. Ruht die Uhr dann für längere Zeit, wird das als Schlaf interpretiert. Aus einer nachts abgelegten Uhr machte die App im Test dann 7:41 Stunden Tiefschlaf. Nachts getragen versucht sie hingegen, Tief- und Leichtschlafphasen anhand der Bewegung auseinanderzuhalten. Das ist leider wenig genau.
Sportliche Aktivitäten per GPS tracken
Neben ihrem schlanken Design bietet die Garmin Vivoactive ein weiteres Killer-Feature für Sportler: einen integrierten GPS-Sensor. Sportliche Aktivitäten wie Laufen und Radfahren, aber zum Beispiel auch Schwimmen oder Golf können so aufgezeichnet und hinterher sehr detailliert ausgewertet werden. Einfache Fitness-Tracker stoßen hingegen schon beim Fahrradfahren an ihre Grenzen, weil sich das Bewegungsmuster stark von den alltäglichen Schritten unterscheidet.
Vorinstalliert sind verschiedene Apps für Laufen, Radfahren, Schwimmen, Golf, Gehen sowie drei Indoor-Modi für Running, Cycling und Walking, bei denen optional die Herzfrequenz, aber keine GPS-Strecke aufgezeichnet wird. In der Connect-App können zudem noch weitere Aktivitäten ausgewählt werden. Den Puls messen kann die Vivoactive allerdings nicht selber. Dafür bietet Hersteller Garmin seine Sportuhr aber im Bundle mit einem Pulsgurt an. Genau das haben wir uns für den Test vorgeknöpft.
Das Workout-Mitloggen ist ganz einfach. Dass unsere Laufrunde nicht als Runde erfasst wurde, ist einzig auf unseren Fehler zurückzuführen, dass wir nicht abgewartet haben, bis das GPS-Signal gefunden wurde. So lief die Trainingszeit bereits, als die Uhr begann, mit den Satelliten zu kommunizieren. Das Tracking erfolgt sehr präzise, keine abgerundeten oder verwaschenen Streckenverläufe zu erkennen – aber das war vom Navihersteller auch nicht anders zu erwarten. Probleme bereitete uns lediglich das Indoor-Training mit dem Pulsgurt, was allerdings an der nicht ganz passenden Weite des Herzfrequenzmessers lag. Beim Umstieg auf ein ANT+-fähiges Pulsarmband klappte alles sofort auf Anhieb.
Vernetzung & Smartwatch-Funktionen
Das war so ohne Weiteres möglich, weil sich die Garmin Vivoactive sehr verträglich mit anderen Geräten zeigt. Via Bluetooth wird das Smartphone gekoppelt, via ANT+ können Daten mit anderen Sensoren ausgetauscht oder beispielsweise die Action-Cam Garmin VIRB bedient werden. Zum Synchronisieren der Vivoactive-Daten ist die Connect-App von Garmin nötig. Auch das klappte im Test problemlos. Sofort nach dem Start der App wurden die Daten bei aktiviertem Bluetooth auf den neusten Stand gebracht. Die Erfahrung zeigt, dass das leider nicht bei allen Fitness-Trackern und Fitness-Apps der Fall ist.
Als vollwertige Smartwatch geht die Garmin Vivoactive allerdings nicht durch. Mit dem Smartphone via Bluetooth verbunden ist sie zwar in der Lage, über SMS, WhatsApp-Nachrichten, Tweets, Anrufe, Kalendereinträge oder E-Mails zu informieren. Zudem bezieht sie über die Internetverbindung des Handys aktuelle Wetterdaten und erlaubt die Bedienung der Standard-Musik-App auf dem Smartphone. Das große Manko: Eine Interaktion mit den Nachrichten ist nicht möglich. Wer antworten will, muss nach wie vor zum Handy greifen.
Gut gefallen hat hingegen der Garmin Connect IQ Shop, in dem Apps, Widgets und Watch Faces zum Herunterladen angeboten werden. Das klappte ohne Probleme. Daher schaute uns im Test dann Homer Simpson vom Startbildschirm der Uhr an – wenn er nicht gerade den immer wieder auftauchenden Sekundenzeiger in Form eines Donuts anstarrte.
Akkulaufzeit: So lange kann sonst keine
Einige Fitness-Tracker schaffen mitunter mehrere Monate, manch eine Smartwatch hält nicht mal einen Tag durch. Und die Garmin Vivoactive? Nach fünf Tagen Test mit drei etwa halbstündigen Sporteinheiten war der Akku noch etwa zu zwei Dritteln voll. Laut Hersteller sind sogar bis zu drei Wochen drin, bei dauerhaft aktiviertem GPS immerhin noch bis zu 10 Stunden. So viel schaffen die meisten GPS-Laufuhren nicht. Das Aufladen erfolgt über eine mitgelieferte Ladeschale.
Fazit: Smarte Wahl für Sportler
Wollen Wearables in möglichst vielen Kategorien antreten, geht das nicht immer gut. Im Endeffekt können sie dann in keinem Bereich Bestleistungen erzielen – wie das Beispiel der Fitbit Surge zeigt. Der Spagat zwischen Fitness-Tracker, Smartwatch und GPS-Uhr gelingt Garmin da schon deutlich besser. Zwar ist die Vivoactive ebenfalls nicht als vollwertige Smartwatch anzusehen. Und auch das Schlaf-Tracking zählt nicht zu Stärken der Uhr. Im Großen und Ganzen ist sie aber das beste Hybrid-Wearable, das wir bislang getestet haben. Die Multisport-Uhr ist trotz der vielen Features extrem schlank, hält vergleichsweise lange durch, das GPS arbeitet sehr genau und erlaubt präzise Trainingsanalysen. Obendrein macht sie einfach Spaß.