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Die Xbox Series S hat keinen Charme – braucht sie auch nicht

Macht einfach Spaß: die Xbox Series S.
Macht einfach Spaß: die Xbox Series S. Bild: © Xbox Press 2020

Futuristische Optik, gewagtes Design, spektakuläre Features? Nicht mit der Xbox Series S: Microsofts kleine Next-Gen-Konsole umgibt der Charme eines biederen Gebrauchsgeräts. Langweilig? Vielleicht – aber die Kiste hat es trotzdem in sich!

Als die Xbox Series S vorgestellt wurde, ließen die Memes nicht lange auf sich warten. So, wie die Series X zuvor mit einem Kühlschrank verglichen wurde, bekam auch die Budget-Variante gleich ihr Fett weg. Manche erinnerte sie an einen Lautsprecher, andere sahen in ihr eine Gegensprechanlage beim Fast-Food-Restaurant, oder eine Kochplatte. Keine sonderlich schmeichelhaften Referenzen, aber nach ausgiebigem Testen der neuen Konsole muss ich sagen: Sie passen – auf unerwartete Art.

Nicht spannend, aber gut

Bleiben wir mal bei der Kochplatte. Kochplatten sind praktisch. Kochplatten sind nützlich. Sie tun, was sie sollen. Aber sie sind nicht spektakulär, nicht originell, nicht interessant, nicht sexy, kurz: eigentlich ziemlich langweilige Technik. Das gilt auf den ersten Blick auch für die Xbox Series S: PlayStation 5 und Xbox Series X protzen mit Power, Gewicht, ungewöhnlichem Design und üppigen Maßen.

Die kleine Series S hingegen sieht mit ihrem übergroßen schwarzen Luftauslass auf schnödem weißem Plastik zusammengeschustert aus und eifert der Series X bei den Features stumpf nach. Nur mit weniger Speicher, ohne native 4K-Grafik und ohne Laufwerk, dafür aber zum günstigen Preis. Nein, die Xbox Series S ist kein Next-Gen-Charmebolzen. Sie ist ein unscheinbares Gebrauchsgerät, das einfach nur den Job erledigt, für den es gebaut wurde. Genau dafür mag ich sie.

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Ungleiches Paar: Xbox Series X und Xbox Series S. Bild: © Microsoft 2020

Während die Xbox Series X an einen 4K-Fernseher gehört, hat die S einen Platz auf meinem Schreibtisch und an meinem HD-Monitor gefunden – in direkter Nachbarschaft zum Gaming-PC. Und obwohl ich alle Spiele, die dafür erscheinen, auch auf dem Rechner spielen kann, nutze ich sie tatsächlich regelmäßig. Die Xbox Series S ist vollgepackt mit Spielen aus dem Xbox Game Pass, die ich ohne nennenswerte Ladezeiten spielen und dank Quick Resume nahtlos durchwechseln kann. Sie ist flüsterleise und nimmt nicht viel Platz weg. Sie lässt mich Media-Apps nutzen, ohne dass ich dafür den PC hochfahren müsste. Und sie gibt mir das Gefühl, für die nächsten Gaming-Jahre gut gerüstet zu sein.

Zukunftssicher auf kleinen Monitoren

Microsoft verspricht für die Xbox Series S die gleiche Leistung, die auch die Series X bringt – nur eben für niedrigere Auflösungen. Der gewaltige Teraflop-Unterschied zwischen beiden Konsolen ist dadurch zu erklären, dass 4K-Auflösung ein Vielfaches an Rechenleistung braucht. 60 FPS, Raytracing oder blitzschnelles Laden – all das beherrscht die Konsole auch. Nachdem ich schon vor länger überzeugt von diesem Konzept war, kann ich nach dem Ausprobieren nun sagen: Basierend auf dem, was ich schon testen konnte, hält die Xbox Series S ihr Versprechen. Das, was ich bei der Xbox Series X an 4K-Monitoren gut fand, macht auf der S am kleineren Bildschirm genauso viel Spaß.

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Das Launch-Line-up der neuen Xbox werde ich auf der Series S genießen. Bild: © Ubisoft/Wired Interactive/Koch Media 2020

Die Zukunft muss zeigen, wie gut die Series S wirklich ist

Ein bisschen Skepsis habe ich trotzdem. Der interne Speicher ist nur 512 GB groß und dadurch schnell voll – aber auch leicht erweiterbar.  Langfristig möglicherweise folgenschwerer: Die Series S hat weniger Arbeitsspeicher als die Series X. Entwickler müssen Games also zusätzlich für die Series S optimieren. Bei den typischerweise knappen Produktionsplänen in der Spieleindustrie könnte es sein, dass da künftig gespart wird und Spiele eben doch mit weniger Features erscheinen, die über eine reine Reduktion der Auflösung hinausgehen. Bei "Devil May Cry 5" und "Fortnite" ist das bereits angekündigt – "DMC 5" verzichtet auf Raytracing, "Fortnite" spart bei den Effekten.

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"Fortnite" speckt auf der Xbox Series S ab – nicht nur bei der Auflösung. Bild: © Epic Games 2020

Ein weiteres Manko: Lade ich Xbox-One-Spiele auf die Konsole, bekommt die Series S automatisch die Versionen für die Xbox One S. Bei denen ist aber häufig eine Framerate-Limitierung auf 30 Bilder pro Sekunde (FPS) eingebaut. Ich bin mir sicher, die Series S kann "Hellblade: Senua's Sacrifice" locker in 1080p-Auflösung mit 60 FPS wiedergeben. Derzeit bekomme ich aber nur die auf 30 Bilder limitierte Variante für die One S. Hier müssten die Entwickler aktiv werden und die Grenze herausnehmen – ob das passiert, hängt wohl an der Nachfrage für das jeweilige Spiel.

Ja, Gaming darf nach Alltag aussehen

Die Kritikpunkte vermiesen mir den Spaß an der Xbox Series S aber bisher nicht. Ich bin zuversichtlich, dass einige dieser Probleme mit der Zeit gelöst werden. Im schlimmsten Fall spiele ich Next-Gen-Games in einer etwas weniger schönen Form – Kompromisse mache ich durch die Auflösung ja eh schon. Der niedrige Preis spricht einfach für sich.

Es hat noch einen weiteren, persönlichen Grund, dass mir die Xbox Series S mit ihrem sympathisch-unaufdringlichen Understatement so gut gefällt: Ich mochte verspielte, futuristische Konsolen-Designs noch nie. Sich eine Xbox Series X oder PS5 ins Wohnzimmer zu stellen, ist ein Statement, mit dem man sich fast unweigerlich einer Gruppe von Hardcore-Spielefans zuordnet. Daran ist nichts falsch, wir alle wissen aber: Gaming ist kein Nischenphänomen mehr, sondern Mainstream, regelrecht gewöhnlich. Das ist toll, denn es zeigt, wie viele Menschen Spiele mittlerweile als Hobby entdeckt haben.

Gaming ist für alle da. Und ich finde: Durch nichts lässt sich das besser symbolisieren als durch eine Konsole, die so hemmungslos alltäglich und zweckmäßig ist.

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