"Dogs of Berlin": Ein Satz mit X ...

"Dogs of Berlin" läuft derzeit auf Netflix.
"Dogs of Berlin" läuft derzeit auf Netflix. Bild: © Netflix / Katja Kuhl 2018

"Dark", "Babylon Berlin" und "4 Blocks": Deutschland holt langsam auf, was selbst produzierte und qualitativ hochwertige Serien angeht. Seit Anfang Dezember gibt es auf Netflix mit "Dogs of Berlin" eine weitere Show "made in Germany" zu sehen und was soll ich sagen: Ja, auch Netflix kann mal gehörig daneben greifen. Warum? Lies am besten selbst ...

Keine Frage: Als die Ankündigung zu "Dogs of Berlin" kam, war ich direkt Feuer und Flamme. Zwei Polizisten, die dem Mord an einem deutsch-türkischen Fußballnationalspieler auf den Grund gehen und dabei tief in die kriminellen Abgründe Berlins eintauchen? Das wollte ich nicht verpassen. Und dann auch noch mit Fahri Yardim in einer der Hauptrollen – Volltreffer! Es erinnerte mich sofort an die ersten beiden "4 Blocks"-Staffeln und von der Serie bin ich ziemlich begeistert.

Dialoge für Doofe

Schauspielerisch machen die beiden ihre Sache gut ... fullscreen
Schauspielerisch machen die beiden ihre Sache gut ... Bild: © Stefan Erhard/Netflix 2018

Doch was am Ende wirklich auf Netflix zu sehen war, war eine ziemliche Enttäuschung. Das Niveau, das man bisher von anderen deutschen Serien gewohnt war, war wie weggeblasen. Das zeigte sich direkt schon an den Dialogen, die zum Teil bis ins kleinste Detail ausformuliert waren, damit auch wirklich jeder Zuschauer versteht, worum es gerade geht. Achso, Späti ist Buchmacher? Wer hätte das gedacht, wenn er in einem solchen Etablissement zugegen ist sowie Wetten und entsprechend viel Geld entgegennimmt ...

Solche Dialoge spielen sich immer wieder ab und ließen in mir die Frage aufkommen: Traut uns Regisseur Christian Alvart, der auch für die Til-Schweiger-Tatorte verantwortlich zeichnet, denn gar nichts zu? Als Serienschöpfer darf man ruhig auch einmal mutig sein und davon ausgehen, dass die Zuschauer sich gewisse Dinge aus dem Kontext erschließen können. Bei "Dark" hat es schließlich auch funktioniert – und da war es aufgrund der unterschiedlichen Zeitebenen teilweise wirklich schwer zu folgen. Doch auch dort hatte man irgendwann den Bogen raus ...

Fragwürdige "Spezialeffekte"

Was mich aber fast noch mehr gestört hat, war die teils schlechte Inszenierung, wie zum Beispiel die Fußballszenen im Berliner Olympiastadion. Aufgrund der Tatsache, dass hinter "Dogs of Berlin" Netflix steckt, dürfte das Budget für die Serie nicht gerade gering ausgefallen sein. Umso mehr drängt sich mir die Frage auf: Warum gab es dann so unfassbar schlechte Blue- bzw. Greenscreen-Szenen zu sehen? Wäre es so viel teurer gewesen, direkt im Stadion zu drehen, anstatt diese schlecht animierten Fußballszenen abzuliefern?

Auch optisch hat "Dogs of Berlin" noch Luft nach oben. fullscreen
Auch optisch hat "Dogs of Berlin" noch Luft nach oben. Bild: © Sergio Belinchon/Netflix 2018

In einer der letzten Folgen gab es eine ähnlich schlechte Szene, die mich ins Staunen versetzte – und zwar nicht im positiven Sinne. Darin wird Erol Birkan von einem aggressiven Hund überrascht, mit dem er sich kurz anlegt. Er nimmt ihn in den Schwitzkasten, würgt ihn und bricht ihm das Genick. Doch statt diese Tat anzudeuten, hält die Kamera voll drauf. Schockiert bin ich nicht von der Szene selbst, sondern von der Tatsache, dass dort absolut auffällig Fahri Yardim mit einem Kuscheltier kämpft. Natürlich darf kein echter Hund verwendet werden. Das steht außer Frage. Aber wenn schon die Entscheidung fällt, den Kampf zu zeigen, dann sollte auch der Eindruck vermittelt werden, dass das Tier mehr als 300 Gramm wiegt ...

Zu viele Handlungsstränge

Darüber hinaus krankt "Dogs of Berlin" an viel zu vielen Storylines. Ein paar Beispiele? Der ehemalige spielsüchtige Polizist Kurt Grimmer, der seine Frau Paula mit einer anderen Dame namens Bine Ludar (echt jetzt?) betrügt und auf eine Nazivergangenheit zurückblickt; der homosexuelle und türkischstämmige Ermittler Erol Birkan, der deswegen im Clinch mit seinem Vater liegt; Paula, die ein eigenes Business auf die Beine stellen will, von ihrer vorbestraften Mitarbeiterin überfallen wird, ein Alkoholproblem und später selbst eine Affäre hat; die arbeitslose und alleinerziehende Bine, die sich ihre Sozialhilfe mit Sextelefonaten aufbessert ...

Jeder Charakter in "Dogs of Berin" hat seine eigene, endlos lange Hintergrundgeschichte. fullscreen
Jeder Charakter in "Dogs of Berin" hat seine eigene, endlos lange Hintergrundgeschichte. Bild: © Sergio Belinchon/Netflix 2018

Sorry, wenn das jetzt etwas konfus und überladen klingt – doch genau das ist es. Klar, auch im echten Leben hat jeder Mensch sein Päckchen zu tragen. Aber in "Dogs of Berlin" wird es wahrlich auf die Spitze getrieben. Jeder Charakter ist in gewisser Weise ein Fass ohne Boden.

Zudem dauert es auch einfach viel zu lange, bis die Story so richtig in Fahrt kommt. Der Trailer hat etwas ganz anderes vermittelt: Darin bekam man das Gefühl, dass die beiden Polizisten sehr schnell als Duo agieren müssen. In Wahrheit dauerte es allerdings beinahe die halbe Staffel – und auch dann entwickelte sich keine wirklich spannende Dynamik zwischen den beiden.

Fazit: Man kann nicht immer einen Volltreffer landen

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Ey, was guckst du? Bild: © Sergio Belinchon/Netflix 2018

Dass Netflix mit seinen filmischen Originalen nicht immer den richtigen Ton trifft, konnte man bisher gut verschmerzen, da die meisten selbst produzierten Serien wirklich überragend waren. Nach dem großen Erfolg von "Dark" dachte ich eigentlich, dass auch "Dogs of Berlin" auf ganzer Linie überzeugen kann. Falsch gedacht, auch Netflix kann offenbar gehörig daneben greifen!

Zu viele Charaktere mit zu vielen Problemen, schlechte Dialoge und unrunde "Spezialeffekte" machen "Dogs of Berlin" leider zu keinem wirklichen Highlight. Wer eine Story über die kriminellen Abgründe in Berlin sucht, in der sich die Polizei mit Familienclans anlegt, sollte definitiv lieber bei "4 Blocks" einschalten.

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