Was ist eine Dual-Kamera? Das iPhone X hat eine, das Galaxy Note 8 hat eine und das LG V30 hat auch eine. Tatsächlich gibt es gar nicht die eine Dual-Kamera, sondern der Name bezeichnet fünf verschiedene Technologien für Smartphone-Kameras. Hier erfährst Du, wie die Dual-Cams bei Smartphones funktionieren.
Tiefensensor: Für ein bisschen Bokeh
Die ersten Dual-Kamera-Systeme nutzten ihren zweiten Kamerasensor für die Ermittlung von Tiefeninformationen – ähnlich wie die beiden menschlichen Augen. Wir haben zwei davon, um die Welt dreidimensional wahrzunehmen. Jedes Auge sieht die Umgebung aus einer etwas anderen Perspektive und erkennt so räumliche Tiefe, unterschiedliche Entfernungen von Objekten im dreidimensionalen Raum. Dual-Kameras mit Tiefensensoren tun grundsätzlich dasselbe, aber viel schlechter.

Dual-Cams mit Tiefensensoren wie jene des HTC One M8 sind auch längst nicht so gut bei der Tiefenerkennung wie Profi-Kameras. DSLRs erkennen zahlreiche Ebenen und dank verschiedener Messfelder kann der Autofokus auch verschiedene Objekte ausmachen und scharf stellen. So entstehen etwa die beliebten Porträtfotos mit unscharfem Hintergrund, zum Beispiel Hochzeitsfotos. Dual-Kameras mit Tiefensensor erkennen lediglich ein Objekt im Vordergrund und wenden dann einen Unschärfeeffekt auf alles andere an.
Allerdings hat das Objekt im Vordergrund in der Regel jedoch ebenfalls eine gewisse räumliche Tiefe. Darum stellen Dual-Cams mit Tiefensensor oftmals auch Teile des Motivs unscharf. Schließlich nimmt bei einer DSLR die Unschärfe mit der Entfernung zu, während sie bei der Dual-Kamera immer gleich bleibt. Heute nutzen nur noch Einsteigergeräte wie das Honor 6X oder das Lenovo K8 Plus diese Dual-Kamera-Variante.
3D-Kamera: Schnappschuss ohne Wiederkehr

Bereits das LG Optimus 3D von 2011 und etwas später das HTC Evo 3D besaßen jeweils eine Dual-Kamera mit Tiefensensor. Die beiden Smartphones nutzten ihren Sensor insbesondere für ein Trend-Feature dieser Zeit, nämlich 3D-Fotos. Diese wurden sogar dreidimensional auf dem Smartphone-Display angezeigt – ganz ohne 3D-Brille. Letztlich scheiterte die Technik an der mangelnden Umsetzung und daran, dass sie von vielen Nutzern nur als Gimmick betrachtet wurde. Innovativ war die Technologie aber.
Monochromkamera: Pale Rider
Manche Smartphones, insbesondere Exemplare von Huawei wie das P9, das P10 und das Mate 9, setzen ihre zweite Hauptkamera für Schwarz-Weiß-Aufnahmen ein. Der jeweilige Hersteller verzichtet beim Monochrom-Sensor also auf einen Farbfilter. Darum ist die Kamera lichtempfindlicher und somit gelingen bessere Aufnahmen bei wenig Licht.

Du kannst das Monochrom-Foto mit dem Farbfoto der zweiten Kamera verrechnen lassen. Das kombinierte Foto weist etwas weniger Rauschen auf und Schärfe sowie Kontrast werden leicht verbessert. Wie jedoch unter anderem unser Test des Huawei P9 gezeigt hat, fallen die Vorteile der Monochrom-Kamera von Leica nur geringfügig aus. Es sei denn vielleicht, Du interessierst Dich für die Schwarz-Weiß-Fotografie und knipst Fotos gezielt mit der Monochrom-Kamera.
Weitwinkelkamera: Weites Land
Das LG G5 war das erste Smartphone mit einer Weitwinkel-Kamera. Die Hauptkamera löste mit 16 Megapixeln auf und die Weitwinkel-Zweitkamera mit acht Megapixeln. Dank ihrer kleineren Zwölf-Millimeter-Brennweite waren mit der Zweitkamera Aufnahmen mit einem sehr weiten Sichtfeld möglich. So lassen sich interessante Perspektiven oder eine viel größere Fläche einfangen, etwa eine Menschengruppe.

Beim LG G5 und beim LG V20 litt die Weitwinkelkamera jedoch unter einer deutlichen Tonnenverzeichnung sowie einer geringeren Bildqualität. Das soll sich ersten Berichten zufolge beim LG V30 verbessert haben.
Telebildkamera: High Noon
Die Telebildkamera ist die von Flaggschiffen wie dem Galaxy Note 8 und dem iPhone X eingesetzte Dual-Kamera-Technologie. Sie dient dem Heranzoomen des Bildes. Eigentlich tut die Telebildkamera beim Zoomen allerdings gar nichts, sondern das Smartphone schaltet von der Hauptkamera auf die Telebildkamera um, welche die doppelte Brennweite hat. Eine Telebildkamera ist also das genaue Gegenteil einer Weitwinkelkamera.
Bei einer DSLR hingegen veränderst Du tatsächlich die Brennweite von einem Zoomobjektiv, das eine "variable Brennweite" mitbringt. Aus diesem Grund haben Smartphones mit einer Telebildkamera auch nur einen "zweifachen optischen Zoom". Das heißt, sie haben eigentlich gar keinen Zoom, sondern zwei Kameras mit unterschiedlichen Brennweiten, zwischen denen Du hin- und herschaltest.

Außerdem bieten Smartphones einen "digitalen Zoom", der das Bild beschneidet. Ein digitaler Zoom ist also auch kein echter Zoom, wie Du ihn von DSLR-Zoomobjektiven kennst, sondern Bildbeschneidung via Software. Dort liegt der Hauptvorteil der Weitwinkelkamera: Beim digitalen Zoom gibt es einen großen Qualitätsverlust, der beim optischen Zoom (oder dem Umschalten auf die Weitwinkelkamera) nicht auftritt.
Dank der beiden Kameras sind zudem bessere Porträtfotos als mit nur einer Smartphone-Kamera möglich, weil eine Kamera den Hintergrund erfasst und die andere das Motiv im Vordergrund. Aktuell leiden selbst High-End-Smartphones wie das Note 8 und das iPhone X noch unter einer qualitativ etwas schwächeren Telebildkamera – aber zukünftige Flaggschiffe dürften die Qualität angleichen. Und welches iPhone hat eine Dual-Kamera? Es sind die Modelle iPhone 7 Plus, iPhone 8 Plus und iPhone X.

Zusammenfassung
Tiefensensor
- Eine Dual-Kamera mit Tiefensensor erlaubt wie die menschlichen Augen die Erfassung von räumlicher Tiefe
- Diese Dual-Kameras erkennen jedoch nur eine Fläche im Vordergrund und unterscheiden davon den gesamten Hintergrund
- Sie erzeugen im Optimalfall einen etwas besseren Bokeh-Effekt als einzelne Kameras
- Aufgrund des geringfügigen Qualitätsgewinns beim Unschärfeeffekt und da der 3D-Trend vorüber ist, werden Tiefensensor-Dual-Cams nur noch in Einsteigersmartphones verbaut
3D-Kamera
- Smartphones wie das LG Optimus 3D und das HTC Evo 3D nutzten den Tiefenschärfesensor für 3D-Fotos
- Sie brachten sogar ein 3D-Display mit, auf dem Du dreidimensionale Fotos ohne 3D-Brille betrachten konntest
- Das System scheiterte an mangelnder Umsetzung und an mangelnder Akzeptanz durch die Smartphone-Nutzer
Monochromkamera
- Eine Monochrom-Kamera verzichtet auf einen Farbfilter
- So gelangt mehr Licht an den Sensor
- Smartphones wie das Huawei P9 verrechnen die Fotos der Farbkamera mit denen der Monochromkamera
- Die Fotos werden so etwas schärfer und kontrastreicher und weisen weniger Rauschen auf
- Die Qualitätsvorteile sind eher gering
- Monochrom-Kameras eignen sich daher vor allem für Fans von Schwarz-Weiß-Aufnahmen
Weitwinkelkamera
- Weitwinkelkameras fangen einen größeren Bildausschnitt ein
- Sie haben eine kleinere Brennweite als die Hauptkamera
- Die ersten Weitwinkelkameras unter den Dual-Cams litten unter Tonnenverzeichnung und einer schlechteren Bildqualität
- Neuere Weitwinkelkameras wie jene im LG V30 sollen diese Probleme gelöst haben
Telebildkamera
- Telebildkameras haben eine größere, bei Smartphones meist doppelt so große Brennweite wie die Hauptkamera
- Beim "optischen Zoom" schalten die Smartphones von der Hauptkamera auf die Telebildkamera um
- Bei Porträtfotos sind beide Kameras aktiv und ermöglichen eine höhere Qualität