Xbox-Chef Phil Spencer wünscht sich für die kommende Xbox Scarlett höhere Framerates. Das würde ein flüssigeres, weniger zähes Spielerlebnis bedeuten. Mit einer besseren Abstimmung von Prozessor und Grafikkarte könnte die nächste Xbox endlich ein Problem lösen, unter dem Konsolen seit Generationen leiden.
- Niedrige Framerates sind der Schandfleck der Konsolengeschichte
- Darum sind auch die Framerates der Xbox One X eher bescheiden
- So könnte die Xbox Scarlett das FPS-Problem lösen
- Die Xbox Scarlett soll endlich eine höhere Framerate liefern
Xbox-Chef Phil Spencer erwähnte gegen Ende der Microsoft-Pressekonferenz auf der E3 2018 die Entwicklung der nächsten Xbox-Spielkonsole. Da brach bei mir zunächst keine enthusiastische Stimmung aus. "Was kann die denn?", dachte ich. "Kommt jetzt 'Minecraft' in 8K, nachdem Microsoft auf der letzten E3 damit warb, dass die Xbox One X 'Minecraft' in 4K verwirklichen konnte?"
Das kommt der Krux eines alten Konsolen-Problems auch schon nahe: Die hübschere Grafik, welche die neuen Konsolengenerationen bislang für Spiele lieferten, hat keinen bedeutenden Einfluss auf das Gameplay. Und im Kern zählt bei Spielen für mich das Gameplay. Zum Glück soll die nächste Xbox mit dem Codenamen "Scarlett" gerade in diesem wichtigen Bereich neue Möglichkeiten eröffnen.

Nach der E3-Konferenz sagte Spencer in einem Interview zunächst, dass er die Konsole angekündigt hatte, um den Menschen zu versichern, dass Konsolen für Microsoft weiterhin wichtig sind. Anschließend wurde er jedoch spezifischer: So hofft der Xbox-Chef, dass die nächste Xbox "höhere Framerates" bieten kann, wobei er auch hofft, dass das Team eine Xbox auf die Beine stellt, die den Games-Start beschleunigt.
Mit einer höheren Framerate würde die Xbox Scarlett tatsächlich einen bedeutenden Schritt weitergehen und sich in einem wichtigen Aspekt von einer finsteren Konsolentradition lösen.
Niedrige Framerates sind der Schandfleck der Konsolengeschichte
"Das sieht super aus! Aber sollen die sich so langsam bewegen?" Das dachte ich, als ich das Prügelspiel "Tekken 3" im Jahr 1998 auf der PlayStation 1 zockte. Im Vergleich zu "Tekken 2" hatte Namco die Grafik erheblich aufhübschen können, das Spiel war für die damaligen Verhältnisse ein Augenschmaus. Dennoch ruckelte es mit viel zu wenigen Bildern in der Sekunde über den Röhrenbildschirm.
Ich wusste damals noch nicht viel über Konsolentechnik. Aber ich wusste, dass ein Beat 'em up flüssiger und dynamischer ablaufen sollte und dass sich das Schneckentempo von "Tekken 3" wie ein Bug anfühlte. Auch Kampfsport-Profis können ihre Gegner schließlich nicht in Zeitlupe vermöbeln.

Unglaublich, aber wahr: Noch heute, 20 Jahre später, begnügen sich selbst Vorzeige-Konsolenspiele wie "Forza Horizon 3" und "Uncharted 4" mit 30 Bildern in der Sekunde. Statt auf ein flüssiges, schnelles Gameplay konzentrieren sich die Hersteller und Entwickler von Konsolen-Games vordergründig auf Grafik-Optimierungen wie nun 4K-Auflösung und HDR.
Klar, das sieht toll aus. Aber auch ein Ferrari mit nur 90 PS sieht von außen toll aus. Wie Sportwagen vor allem in der Lage sein sollten, schnell zu beschleunigen und schnell zu fahren, so sollten Spiele zunächst einmal flüssig laufen – erst baut man ein gut funktionierendes Produkt, dann kommt die Hochglanz-Politur.

30 FPS sorgen nicht nur für ein lahmes Spielgefühl, sondern haben weitere Nachteile für das Gameplay. 60 FPS bedeuten eine doppelt so schnelle Umsetzung von Eingabebefehlen als 30 FPS. Wenn Du auf dem Controller auf einen Knopf drückst, findet die entsprechende Aktion auf dem Fernseher schneller statt.
Außerdem verbessern 60 FPS im Vergleich zu 30 FPS die Bildschärfe bei Bewegungen. Ein 4K-Standbild ist hübsch anzusehen, aber in Spielen dreht sich alles um Bewegtbilder. Die Unschärfe fällt besonders bei schnelleren Bewegungen im Spiel bei einer sich verändernden Kameraperspektive auf. 30 FPS stellen das Bild in einem solchen Fall verschwommen dar und verdecken Details.
Darum sind auch die Framerates der Xbox One X eher bescheiden
Warum bietet nicht bereits die Xbox One X, die laut Microsoft "leistungsstärkste Konsole der Welt", standardmäßig wenigstens 60 FPS? Die Xbox One X hat eine relativ mächtige Grafikkarte, wird aber durch ihren Prozessor ausgebremst – das ist im Kern derselbe AMD-Jaguar-Chip mit Mobile-Design, der in der PlayStation 4 und in der Xbox One S steckt, nur mit höherer Taktung. Aus diesem Grund laufen die meisten grafisch aufwändigen Games auch auf der "leistungsfähigsten Spielekonsole" mit nur 30 Bildern in der Sekunde.

Vielleicht fällt das einigen Konsolenspielern nicht auf, denn 30 FPS sind bei Games-Konsolen schon seit Generationen der Standard. PC-Gamer werden hingegen schon lange mit weit höheren Bildwiederholraten verwöhnt. Die 30 FPS bremsen nicht zuletzt im schnellen Shooter "Destiny 2" sowie im Rennspiel "Forza Horizon 3" das Gameplay aus. Auch "Assassin's Creed: Origins" begnügt sich mit 30 FPS. Bei einigen Spielen, wie dem kommenden "Shadow of the Tomb Raider", müssen sich die Gamer entscheiden: 4K-Auflösung bei 30 FPS oder eine weit niedrigere Full-HD-Auflösung bei 60 FPS.
Hinzu kommt, dass Spieler mit einer Xbox One X in Online-Spielen mit Besitzern der ursprünglichen Xbox One aus dem Jahr 2013 in einen Topf geworfen werden. Damit im gemeinsamen Spiel für alle die gleichen Chancen herrschen, muss die neuere Konsole in Sachen Bildwiederholrate wohl oder übel weiter ausgebremst werden – schließlich sind beide Geräte trotz unterschiedlicher Leistung Teil der gleichen Konsolen-Generation.
So könnte die Xbox Scarlett das FPS-Problem lösen
Microsoft müsste für mehr FPS einen Prozessor in die Xbox Scarlett einbauen, der die Grafikkarte nicht ausbremst – eine überragend hohe Rechenleistung braucht die neue Xbox nicht, schließlich müssen keine 4K-Filme mit Konsolen geschnitten oder wissenschaftliche Berechnungen durchgeführt werden.
Zum Glück ist Phil Spencer offenbar bewusst, dass der Jaguar-Chip ein "Flaschenhals" für die Framerates ist, die Spiele dank des Prozessors also langsamer als nötig über den Bildschirm flimmern. Spencer wies im Giant-Bomb-Interview nämlich selbst darauf hin, "dass die Balance zwischen CPU und GPU auf Konsolen aktuell 'aus dem Gleichgewicht' ist", verglichen mit dem PC.

An der Stelle erblickte ich einen Streifen Hoffnung am Horizont. Würde die Xbox Scarlett etwa Spiele mit flüssigen 60 FPS über den Bildschirm laufen lassen? Ich verlange keineswegs PC-Leistungen wie über 140 FPS, passend zu den 144-Hz-Monitoren, die für PC-Gamer angeboten werden.
Schließlich gibt es keine 144-Hz-Fernseher, aber immer mehr TVs mit 100 bis 120 Hertz (günstigere Geräte laufen immerhin mit 50 Hz). Schon 60 FPS wären für Konsolen ein längst überfälliger Fortschritt. Aber brechen wir nicht in voreilige Vorfreude aus. Hat Spencer das wirklich so gesagt? Ich habe mir vorsichtshalber das originale GiantBomb-Interview angesehen.
Die Xbox Scarlett soll endlich eine höhere Framerate liefern
Und ja, Xbox-Chef Phil Spencer hat höhere Framerates für die Xbox Scarlett tatsächlich in Aussicht gestellt. Vorher in dem Interview weist er sogar explizit darauf hin, dass er bedauert, manchmal neue Features zu früh anzukündigen. Demnach hat er das in diesem Fall wohl nicht getan. Und er beantwortete mit dem Wunsch nach höheren Framerates die Frage, was eine Next-Gen-Konsole unbedingt (!) können müsse.

Es sieht also ganz danach aus, als würde die Xbox Scarlett endlich mit einer finsteren, alten Konsolentradition brechen: Den niedrigen Framerates, die das Gameplay verzögern und so auch den Spielspaß reduzieren.
Falls die Konsole diesen Durchbruch schafft, dann kaufe ich sie mir wahrscheinlich. Höhere Framerates wünsche ich mir schon seit PlayStation-One-Tagen und dank der Xbox Scarlett könnte das Konsolen-Gameplay endlich einen Schritt in die richtige Richtung gehen, wenn nicht sogar rennen.