Sony hat es nicht leicht. Auf dem Markt für Action-Cams sind die Modelle des japanischen Herstellers allenfalls zweite Wahl. Mit der FDR-X1000V hat Sony jetzt aber einen neuen 4K-Konkurrenten zur GoPro Hero 4 Black Edition im Programm – und mit der HDR-AS200V eine günstige Alternative. Können die beiden Action-Cams den GoPro-Modellen das Wasser reichen?
FDR-X1000V und HDR-AS200V: Sonys Kampfansage an GoPro
Auf Sportveranstaltungen rund um den Globus dürfen sie nicht fehlen: Action-Cams. Meist prangt auf ihnen der Schriftzug GoPro, denn die US-amerikanische Marke ist seit Jahren unangefochtener Marktführer auf diesem Gebiet. Doch auch andere Hersteller haben in den vergangenen Jahren konkurrenzfähige Geräte auf den Markt gebracht – ganz vorne mit dabei: Sony. Deren HDR-AS100V überzeugte mit hoher Bildqualität, der optionalen Livebild-Fernbedienung fürs Handgelenk und einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Daran soll nun ihr Nachfolgemodell, die HDR-AS200V, anknüpfen. Technisch ist sie am ehesten mit der GoPro Hero 4 Silver Edition vergleichbar.
Doch auch auf die Black Edition, das Topmodell der aktuellen GoPro-Generation, hat es Sony abgesehen. Die FDR-X1000V will der Hero 4 Black Edition nicht nur das Wasser reichen. Mit einer maximalen Bitrate von 100 Mbps stellt Sony noch höhere Ansprüche an seine Action-Cam-Speerspitze. Ein weiterer Trumpf des japanischen Herstellers: ein elektronischer Bildstabilisator, der sowohl in der FDR-X100V als auch in der günstigeren HDR-AS200V zum Einsatz kommt. Wir schauen uns im Test beide Modelle an und ziehen Vergleiche zur GoPro Hero 4 – einfach weil sie die naheliegendste und etablierteste Alternative ist.
Design & Handling: Größe versus Bedienkomfort
Beim Design seiner Action-Cams geht Sony einen anderen Weg als GoPro. Während die US-Amerikaner kleine Quader bauen, erinnern die Modelle der Japaner eher an Shotguns im Mini-Format. Sie sind länglich aufgebaut, die Linse sitzt an der schmalen Seite. Die Entscheidung für die eine oder andere Bauweise sollte aber nicht nur aus rein optischen Gesichtspunkten getroffen werden. Denn natürlich wirkt sich die Gestaltung auch auf das Handling aus. Während sich Sonys Modelle gut für eine seitliche Befestigung an Helmen, Fahrradrahmen und Co. eignen, wirkt eine Montage vor der Brust eher sperrig. Zudem erscheinen sie mit ihrer runden Form nicht sonderlich standfest.
Aber auch Sony-intern fallen bedeutende Unterschiede auf, die Du bei einer Kaufentscheidung berücksichtigen solltest. So fällt die Sony HDR-AS200V kleiner und leichter aus. Sie wiegt inklusive Akku nur 93 Gramm, die FDR-X1000V bringt es auf 114 Gramm, im mitgelieferten Gehäuse sind es rund 200 Gramm. Dafür hat sich Sony bei seinem Topmodell etwas Neues einfallen lassen und die Knöpfe versetzt. Die beiden seitlichen Bedienknöpfe fallen bei der X1000V etwas größer aus und sind auch im Unterwassergehäuse einfacher zu betätigen. Entscheidender ist aber die Position des Rec-Buttons. Dieser sitzt bei der AS200V wie beim Vorgängermodell an der schmalen Geräterückseite. Bei der neuen FDR-X1000V ist er auf die Oberseite gewandert, was das Filmen mit einer Hand deutlich erleichtert.
Die Bedienung der Action-Cam selbst gestaltet sich aber bei beiden Modellen recht fummelig. Eingeschaltet werden die kompakten Kameras über eine der drei Tasten. Navigiert wird dann mittels Vor- und Zurück-Knopf, zum Bestätigen drückst Du die Rec-Taste. Allerdings ist das Aufrufen der zahlreichen Untermenüs auf diese Weise nicht nur umständlich. Es ist auch nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, um welches Menü es sich handelt. Im kleinen Display an der Seite werden mitunter recht kryptische Abkürzungen angezeigt – etwa "AESFT" oder "TC/UB". Sehr viel einfacher ist die Bedienung via Smartphone-App oder Live View Remote. Die PlayMemories Mobile-App von Sony gibt es kostenlos für Android und für iOS. Die Fernbedienung fürs Handgelenk ist optional beim Hersteller verfügbar oder bereits im Kit enthalten, zum Beispiel bei der FDR-X1000VR oder der HDR-AS200VB. Diese Modellvarianten lagen uns für diesen Test vor.
Allerdings offenbart auch die Bedienung via Live View Remote im Test so ihre Tücken. Zwar ist es grundsätzlich praktisch, zusätzlich zur Action-Cam einen Bildschirm zu haben, auf dem man sieht, was man filmt. Und es ist ebenso praktisch, das Display unabhängig von der Kamera nutzen zu können. Befestigt man die Fernbedienung an einem Arm, benötigt man den anderen zum Bedienen. Beim Filmen von sportlichen Aktivitäten ist dann nur noch ein Arm frei. Daher gilt auch für Sonys Action-Cam: Einstellungen besser vorher treffen, Kamera befestigen, ausrichten, per Blick aufs Display kontrollieren, Aufnahme starten und erst dann losfahren/-surfen/-skaten...
Austtattung & Hardware: Technik versus Ökosystem
Technisch liegt die Sony FDR-X1000V etwa auf dem Niveau der GoPro Hero 4 Black Edition. Beide Action-Cams besitzen einen ähnlich großen CMOS-Sensor, eine f/2.8-Blende und einen 4K-Videomodus. Die maximale Videoauflösung bei Sonys Modell beträgt 3840 x 2160 bei 24, 25 oder 30 fps. Im 4K-Modus speichert die Kamera das Material in Sonys XAVC S-Format mit bis zu 100 Mbps – so viel schafft die GoPro nicht. Allerdings sind dafür auch besondere Micro-SD- oder Memory Stick Micro-Karten nötig.
Die kleinere und günstigere Sony HDR-AS200V ist technisch eher mit der GoPro Hero 4 Silver Edition oder der Hero 3 Black Edition vergleichbar. Sie besitzt wie das Sony-Topmodell einen 1/2,3-Zoll-CMOS-Sensor und eine Optik von Carl Zeiss, ist aber nicht 4K-fähig. Im Full-HD-Modus nimmt die AS200V dafür wahlweise 24, 25, 30, 50 oder 60 Bilder pro Sekunde auf. Zudem ist sie wie die X1000V mit einem elektronischen Bildstabilisator sowie einer Windgeräuschunterdrückung ausgestattet – zwei Merkmale, mit denen Sony seine Action-Cams von GoPro abgrenzt. Darüber hinaus sind beide Modelle aus Japan schon ohne ihr Gehäuse spritzwassergeschützt. Im mitgelieferten Unterwassergehäuse lässt es sich mit der kleinen fünf und mit der großen Kamera zehn Meter tief tauchen.
Während Sony technisch sogar hauchdünn die Nase vorn hat, sieht das beim Action-Cam-Ökosystem anders aus. Das für die GoPro erhältliche Zubehör fällt nicht nur üppiger aus, es ist mitunter auch intuitiver zu nutzen. Schon das Verpacken der Kamera im Unterwassergehäuse geht beim US-amerikanischen Modell viel leichter von der Hand. Bei Sonys aktuellen Kameras stört zudem die Wölbung vor der Linse. Daran sammeln sich einzelne Tropfen viel leichter als an der ebenen Abdeckung vor der GoPro.
Bei der getesteten Fahrradbefestigung der Sony HDR-AS200VB fiel außerdem auf: Wirklich fest halten die Schrauben nicht – zumindest wenn die etwas schwerere FDR-X1000V am Lenker festgemacht wird. Bei Fahrten über Kopfsteinpflaster und durch Schlaglöcher ruckelte sich die Kamera immer wieder lose und verstellte sich in der Neigung. Ob das an der Befestigung am Lenker lag, lässt sich schwer sagen. Womöglich sitzt die Action-Cam am Fahrradrahmen oder aber am Helm deutlich besser.
Bildqualität:
Die Videos, die beide Sony-Kameras abliefern, liegen auf hohem Niveau. In Sachen Farbwiedergabe und Detailschärfe lassen Sonys Modelle das aktuelle GoPro-Spitzengerät sogar leicht hinter sich, beim Dynamikumfang wiederum hat die US-Kamera die Nase vorn. Einen sichtbaren Unterschied kann der Bildstabilisator machen.
Allerdings sind von ihm auch keine Wunder zu erwarten – zumal es sich nur um einen elektronischen Bildstabilisator handelt. Laut Sony soll er sich besonders gut eignen, um kleine schnelle Bewegungen – etwa die einer Drohne im Flug – auszugleichen. Wie bei unserem Test deutlich wurde, ist er mit Schlaglöchern und Schotterpisten beim Fahrradfahren überfordert. Hier sind dann unschöne Verwaschungen und Artefakte erkennbar. Zudem ist der Bildstabilisator nicht im 4K-Modus oder beim Filmen mit 170-Grad-Ultra-Weitwinkel verfügbar. Dafür zeigt das Testmaterial, dass sich die Sony FDR-X1000V recht schnell auf wechselnde Lichtverhältnisse einstellt.
Da uns für unseren Test keine Micro-SD-Karte zur Verfügung stand, die 100 Mbps speichert, konnten wir den 4K-Modus des Topmodells leider nicht selbst testen. Bei YouTube hochgeladenes Videomaterial unterstreicht jedoch die guten Filmqualitäten der FDR-X1000V.
Zwar müssen sich Action-Cams hauptsächlich an ihrer Videoqualität messen lassen. Doch auch beim Fotografieren machen FDR-X1000V und HDR-AS200V eine gute Figur. Die Bilder, die sich wie die Videos mit 120- oder 170-Grad-Blickwinkel aufnehmen lassen, sind scharf, detailreich und punkten mit satten Farben. Angesichts der kleinen Bauweise ist es zudem beachtenswert, wie gut die Kameras noch mit schlechten Lichtverhältnissen klarkommen. Ganz ohne Rauschen geht es natürlich nicht. Insgesamt entstehen jedoch ansehnliche 8,8-Megapixel-Fotos, deren Qualität fürs Internet oder Social Media allemal ausreicht.
Akkuleistung: Besser als der Marktführer
Die Akkuleistung ist die Achillesferse der GoPro – zumindest seit sie WiFi an Bord hat. Dementsprechend kann Sony hier auftrumpfen. Obwohl FDR-X1000V und HDR-AS200V sowohl WiFi als auch GPS mitbringen, halten die beiden Action-Cams länger durch als die Kameras des Marktführers. Ihre 1240-mAh-Akkus schaffen rund eine Stunde im 4K-Modus und knapp zwei Stunden Dauerfilmen in Full HD. Geladen werden sie per Micro-USB-Kabel. Einen Nachteil haben die Sony-Akkus gegenüber dem 1160-mAh-Energiespeicher der GoPro Hero 4 Black Edition dann aber doch: Sie sind teurer. Wer für längere Filmabenteuer immer einen Ersatzakku dabei haben will, muss also mehr Geld investieren. Alternativ lässt sich natürlich auch ein externes USB Battery Pack zum Nachladen unterwegs verwenden.
Fazit: Ein großer Schritt in die richtige Richtung
Neue Action-Cams müssen sich fast zwangsläufig mit dem Marktführer messen lassen. Und dabei kommen Sonys neue Modelle gar nicht mal so schlecht weg. Technisch liegen die kleinen Kameras sehr dicht beieinander. Was daher den entscheidenden Unterschied machen könnte, sind zum einen das Ökosystem des Herstellers, zum anderen der Preis. Und auch dieser Vergleich geht unentschieden aus. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei Sony minimal besser, die FDR-X1000V startet bei 449 Euro. Für die GoPro Hero 4 Black Edition verlangt der Hersteller mindestens 529,99 Euro. Die Sony HDR-AS200V liegt im Kit mit der Live Remote preislich bei 399 Euro, die Hero 4 Silver Edition kostet 429,99 Euro.
Dafür hat GoPro einen entscheidenden Vorteil auf seiner Seite: die Marktführerschaft. Daher gibt es nicht nur vom Hersteller mehr Zubehör für die Action-Cams zu kaufen, sondern auch von Drittanbietern. Wer mit dem System vertraut ist, für den wirkt alles intuitiv. Mit einer Sony-Cam auf dem Kopf kann man sicher noch mehr Aufsehen erregen – und muss sich noch mehr damit beschäftigen. Das muss ja aber nicht unbedingt schlecht sein.