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Feststoff, Graphen und Co: Kommt eine Akku-Revolution?

Neue Akkutechnologien könnten E-Autos zu deutlich längerer Reichweite verhelfen.
Neue Akkutechnologien könnten E-Autos zu deutlich längerer Reichweite verhelfen. Bild: © Tesla 2019

Die in E-Autos und Smartphones verbauten Lithium-Ionen-Akkus haben Nachteile. So wünschen sich viele Verbraucher eine höhere Kapazität und schnelleres Laden – innovative Akkutechnologien wie Feststoff und Graphen sollen es richten. Wir erklären, an welchen neuen Ansätzen geforscht wird und ob wirklich eine Akku-Revolution bevorsteht.

Neue Akku-Technologien drehen sich alle um eines: Den Einsatz von anderen Materialien. Aufbau und Funktionsweise der Akkus bleiben hingegen grundsätzlich wie gehabt: Eine Lithium-Ionen-Batterie hat zwei Elektroden, die Kathode und die Anode an den beiden Seiten. Sie werden durch einen "Separator" getrennt, der Ionen, nicht aber Elektronen durchlässt.

Lädt der Akku, wandern die Ionen von der Kathode zu der Anode. Wenn der Akku zum Beispiel ein Smartphone mit Strom versorgt, dann wandern die Ionen von der Anode zu der Kathode. An dieser prinzipiellen Funktionsweise ändern die neuen Akkus gar nichts – doch dank neuer Werkstoffe könnten sie trotzdem erhebliche Vorteile bieten.

Graphen: Kürzere Ladezeit, größere Kapazität

Graphen mit mehr als zehn Lagen ist den meisten Menschen bekannt. Dann nennt man den Werkstoff nämlich Grafit – ein auch natürlich vorkommendes Mineral. Du kennst es vielleicht aus Bleistiftminen. Graphen selbst lässt sich vielleicht am verständlichsten als sehr dünne Kohlenstofffolie beschreiben. Sie hat nicht so viele Lagen wie Grafit. Und im Gegensatz zu Grafit muss Graphen künstlich erzeugt werden.

Die Herstellung könnte sich aber lohnen. Das bei einer Lage nur ein Atom dünne Graphen ist nämlich stärker als Stahl, härter als Diamant und dabei trotzdem flexibel und beinahe durchsichtig. Hitze und Elektrizität leitet der Werkstoff sehr gut. Obwohl Graphen schon Anfang des 20. Jahrhunderts chemisch beschrieben wurde, steht die Forschung zu den praktischen Anwendungsmöglichkeiten und auch zu den gesundheitlichen Folgen noch relativ am Anfang. Im Jahr 2013 hat die Europäische Union eine Milliarde Euro Forschungsgelder für potenzielle Graphen-Anwendungen bereitgestellt, um die Entwicklung zu beschleunigen.

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Samsungs Graphen-Kugeln für den kommenden Graphen-Handyakku. Bild: © Samsung 2019

Graphen hat theoretisch ein großes Potenzial und es gibt auch schon einige Produkte, die Graphen enthalten: So werden manche hochwertige Tennisschläger, Helme, Ski-Equipment und andere Sportausrüstung mit Graphen verstärkt. Das Huawei Mate X ist das erste Smartphone mit Graphen – das hier aber nur in der Kühlung genutzt wird.

Samsung arbeitet bereits an einem "Graphen-Akku" für Smartphones. Dabei handelt es sich grundsätzlich um einen Lithium-Akku, bei dem aber Kugeln aus Graphen und Siliziumdioxid als Beschichtung für die beiden Pole dienen. Das Graphen soll laut Samsung die Ladezeit deutlich verkürzen und die Kapazität erhöhen. Laut Informationen des Leakers Evan Blass soll das erste Handy mit Graphen-Akku schon 2020 oder 2021 auf den Markt kommen.

Feststoffakkus: Lassen sich sehr schnell laden

"Es läuft alles auf die Feststoffbatterie zu", glaubt Akira Yoshino, der Erfinder des Lithium-Ionen-Akkus, laut einem Interview mit der Welt. Ein großer Vorteil von Feststoffakkus  oder "Festkörperakkumulatoren" soll darin liegen, dass sie theoretisch viel schneller geladen werden können – angeblich wäre ein E-Auto laut Yoshino schon in fünf Minuten voll geladen und würde so einen großen Nachteil im Vergleich zum Benziner verlieren. Außerdem haben diese Akkus theoretisch bei der Sicherheit Vorzüge. Schließlich verzichten sie auf brennbare Flüssigkeiten.

Und wie funktioniert das? In Lithium-Ionen-Akkus bewegen sich die Lithium-Ionen durch eine Flüssigkeit. In Feststoffakkus hingegen durch einen – richtig geraten – festen Stoff, zum Beispiel Glas oder Keramikschichten. Herausforderungen sind im Vergleich zu Lithium-Ionen-Akkus unter anderem die geringere Leistungsdichte und die hohen Herstellungspreise. Die hohe Energiedichte dieser Akkus bedeutet, dass Festkörperbatterien viel Energie speichern können – aufgrund der geringeren Leistungsdichte können sie diese Energie aber nur langsam abgeben.

Der praktische Vorteil der hohen Energiedichte: Statt 400 Kilometer könnten E-Autos mit Feststoffakkus einst "700 bis 800 Kilometer weit fahren", so Mareike Wolter, beim Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS für den Bereich Mobile Energiespeicher und Elektrochemie zuständig, gegenüber der Automobilwoche (via Ecomento). Wann die Feststoffakkus jedoch wirklich in E-Autos und Co. zum Einsatz kommen, ist völlig unklar. 

Natrium-Ionen-Akkus: Salz-Speicher für große Strommengen

Statt Lithium lässt sich auch Natrium als Material für Akkus einsetzen. Die Technik ist schon weit fortgeschritten, leider ist die Energiedichte solcher Akkus aber gering. Sie sollen daher vor allem als riesige Stromspeicher für ganze Regionen zum Einsatz kommen, aber nicht in Autos oder Handys. Aktuell wird in der chinesischen Provinz Dalian ein solcher Stromspeicher mit Natrium-Ionen-Technik entwickelt, wie Energy Storage News schreibt. Er dient dazu, den Strom aus Solarkraftwerken zu sichern. Für die Energiewende könnten solche Akkus also von Interesse sein.

Sonstige: Magnesium, Eisen und Kupfer

Die Forschung an Magnesium-Akkus ist noch längst nicht so weit fortgeschritten – schade, denn das günstige und leicht wiederverwertbare Magnesium gibt es im Überfluss. Zudem hat es eine hohe Speicherkapazität. Schwefel könnte für die Kathode zum Einsatz kommen und die Magnesium-Ionen würden durch einen salzhaltigen Elektrolyten fließen.

Schwefel ist wie Magnesium leicht zu finden, so wird es etwa neben Entschwefelungsanlagen aufbewahrt. Die günstige Verfügbarkeit von Magnesium und Schwefel in rauen Mengen ist dann auch der Grund, warum Magnesium-Ionen-Akkus ein wirtschaftlich rentabler Nachfolger der Lithium-Ionen-Akkus werden könnten. Doch bislang gibt es noch ungeklärte Fragen in der Forschung, wie Reinhard Breuer in "Das Ringen um die Super-Batterie" in Bild der Wissenschaft 7/2019 schreibt. Bis zum fertigen Produkt kann es daher noch viele Jahre dauern.

Schließlich könnten herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus mit neuen Materialien aufgemöbelt werden. Daran arbeiten laut Bild der Wissenschaft unter anderem US-Chemiker am Georgia Institute of Technology. Es geht vor allem darum, Kobalt und Nickel in den Kathoden zu ersetzen. Im Labor funktioniert das mit Kupfer- und Eisenfluoriden. Dabei steigt die gespeicherte Energie pro Volumen um das Doppelte – allerdings brauchen solche Akkus noch 20 Stunden, bis sie aufgeladen sind.

Fazit: Die Revolution muss warten

Neue Akkutechnologien haben viel Potenzial. So versprechen sie eine höhere Reichweite für E-Autos, eine längere Laufzeit für Smartphones, Aufladen in wenigen Sekunden und den wirtschaftlichen und nachhaltigeren Einsatz von leichter verfügbaren Materialien.

Auf der anderen Seite stehen oftmals noch ungelöste Probleme in der Forschung, zumindest anfänglich hohe Kosten und technische Nachteile, welche die Vorteile begleiten. Wie groß der Schritt jeweils wirklich ist, müssen die ersten Produkte mit den neuen Akkus zeigen, etwa Samsungs Handy mit Graphen-Akku oder E-Autos mit Festkörperbatterien.

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