Wenn sich Horrorvisionär Guillermo del Toro eines märchenhaften Stoffes wie "Pinocchio" annimmt, wird daraus bestimmt kein fröhliches Disneyabenteuer mit viel Gesang und niedlichen Tierchen als Sidekicks. Das machte der Regisseur jetzt ein für alle Mal deutlich.
"Es ist kein 'Pinocchio' für die ganze Familie", stellte del Toro im Interview mit Hollywood Reporter klar.
Politischer Film auf den Spuren von Frankensteins Monster
Stattdessen sei sein "Pinocchio", der im Stop-Motion-Verfahren entwickelt wird, ein politischer Film. "Natürlich [ist er das]. 'Pinocchio' während des Aufstiegs von Mussolini, rechne es dir selber aus", so del Toro. Seine Version des Kinderbuchklassikers von Carlo Collodi spielt nämlich im Italien der 1930er-Jahre, in der sich die Titelfigur als "unschuldige Seele mit einem gefühllosen Vater" in eine Welt verirrt, "die für ihn nicht greifbar ist".
Die Holzpuppe vergleicht del Toro dabei mit einer anderen Schreckgestalt aus Film und Literatur: Frankensteins Monster. "Er ist eine Kreatur, die auf unnatürliche Weise von einem Vater geschaffen wurde, der sich dann distanziert. Er muss Versagen, Schmerz und Einsamkeit erfahren", zieht der Filmemacher die Parallele.
Nach "Pinocchio"-Remake zu Marvel?
Del Toro plante schon lange, seine eigene düstere Vision des Stoffes umzusetzen, konnte jedoch erst jetzt vor Kurzem bei Netflix ein Zuhause für sein Stop-Motion-Abenteuer finden. Hier wird del Toro "Pinocchio" mit Unterstützung der Jim Henson Company zum Leben erwecken. Den Regieposten teilt sich der Mexikaner mit dem Stop-Motion-Experten Mark Gustafson ("Der fantastische Mr. Fox").
Im Interview ließ del Toro übrigens durchblicken, dass er auch für Marvel- und andere Superheldenfilme weiterhin offen wäre – und das, obwohl ein von ihm entwickeltes Skript zu "Justice League" nie das Licht der Welt erblickte. Zu düster vielleicht? "Ich interessiere mich nicht für Superhelden, die keine Monster sind", scherzt der Horror-Experte.