Stephen King bezeichnete seinen "Friedhof der Kuscheltiere" einstmals als das einzige von seinen Büchern, das ihn wirklich geängstigt hat. Diese Gefahr besteht beim aktuellen Kino-Remake wohl eher nicht – denn die erschütternde Geschichte von Trauer, Wahnsinn und dem Zerfall einer Familie versinkt im Sumpf aus Klischees und weichgespülter Inszenierung.
Woran denkst Du, wenn Du den Titel "Friedhof der Kuscheltiere" hörst? Vermutlich an eine von den Toten zurückgekehrte Katze, einen Truck, "Sometimes dead is better", einen kleinen Jungen mit einem Skalpell und die deformierte Schwester im Dachgeschoss. Eine ziemlich gute Gruselgeschichte eben.
Im Kern ist Stephen Kings Roman aus dem Jahr 1983 aber viel mehr als nur ein einfaches Schauermärchen: nämlich das wahrhaft tragische Drama eines Mannes, der die Endgültigkeit des Todes nicht akzeptieren kann und seine ganze Familie mit in einen Abgrund aus Trauer, Schmerz und Zerstörung reißt. Wie lebst Du mit der Gewissheit, dass Du (selbst) und jeder, den Du liebst, mal sterben wird? Darum geht's wirklich im "Friedhof der Kuscheltiere", nicht um ein paar billige Schocks und maue Jumpscares.
Schade, dass die 2019-Version das offenbar nicht verstanden hat.
- Neue Gesichter, alte Figuren
- Keine Zeit für Trauer, gruselig muss es sein!
- Anders? Ja. Aber nicht unbedingt besser.
- Fazit: Begraben und vergessen
Neue Gesichter, alte Figuren
Grundlegend erzählt aber auch dieses Remake die bekannte Geschichte: Der Arzt Louis Creed (blass wie immer: Jason Clarke aus "Aufbruch zum Mond") zieht mit seiner Frau und den beiden Kindern aufs Land, wo sie schon bald ein schlimmes Unglück ereilt. Der etwas kauzige Nachbar Jud Crandall (John Lithgow, Winston Churchill aus "The Crown") weiht den trauernden Louis in ein verbotenes Geheimnis ein: Was in einem ganz bestimmten Ackerstück beerdigt wird, bleibt nicht tot, sondern kehrt zurück, aber irgendwie ... verändert. "Manchmal ist es besser, tot zu sein", lautet einer der berühmtesten Sätze des Buches – eine Erkenntnis, die für Louis Creed und seine Familie zu spät kommt.

Die erste Filmversion des Stoffes aus dem Jahr 1989 gilt als kleiner Klassiker des Genres. Und auch wenn der Streifen aus heutiger Sicht streckenweise etwas altbacken wirkt, bewies die Regisseurin Mary Lambert doch, dass sie den zutiefst menschlichen Kern dieser Horrorstory völlig korrekt identifiziert hat. Der schockierende Tod des kleinen Gage, der apokalyptische Familienstreit auf dessen Beerdigung, ein Vater, der vor Trauer buchstäblich den Verstand verliert – es waren diese beklemmenden Szenen, die den eigentlichen Terror ausgemacht haben.

Keine Zeit für Trauer, gruselig muss es sein!
Kevin Kölsch und Dennis Widmeyer, das Regie-Duo dieser Neuauflage, passen sich mit ihrem Remake hingegen dem Zeitgeist an: Statt den Protagonisten – und, viel wichtiger: uns – Zeit zu geben, Schmerz und Trauer zu verarbeiten, hecheln sie von einem Jumpscare zum nächsten. Das emotionale Trauma des unglücklichen Louis Creed ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt, doch das Drehbuch verwässert die starke Prämisse mit wenig aufregenden Klischees, die man schon dutzend- und hundertfach gesehen hat: gruselige Kinder mit Tiermasken, laute Geräusche, das scary girl. Die Wucht der Vorlage säuft ab im Kleister des Vertrauten.

Das halsbrecherische Tempo des Skripts ist der hauptsächliche Grund, dass mich die neue Version von "Friedhof der Kuscheltiere" so kalt gelassen hat. Zu keiner Zeit kann dieser Film mal atmen, wichtige Charakter-Entwicklungen werden nur angerissen, Jason Clarke und seine Schauspielpartnerin Amy Seimetz haben keinerlei Chemie miteinander. Diese Charaktere existieren nur, um von einer Gruselsequenz in die nächste zu stolpern – von der Vielschichtigkeit und der Tragik der Vorlage ist im Jahr 2019 nicht mehr viel übrig geblieben.

Anders? Ja. Aber nicht unbedingt besser.
Wer den Trailer gesehen hat, weiß um den größten Twist dieses Remakes: Diesmal ist es nicht der kleine Gage, den als Erster der Tod ereilt, sondern eine andere Figur. Puristen und Fans des ersten Films gingen prompt auf die Barrikaden. Die Macher rechtfertigten sich, ihre Änderung würde der Essenz der Buchvorlage weiterhin gerecht werden und außerdem sei es nun mal voll schwer, gewisse Szenen mit einem Kleinkind zu drehen.
Mal abgesehen davon, was für eine lahme Begründung das für so eine bedeutsame Änderung ist: Klingt auf dem Papier einleuchtend, bleibt aber, wie so vieles in dieser Version, pure Behauptung. Die Geschichte gewinnt nichts durch die Variation, im Gegenteil: Das große Finale ist so drastisch anders als in der Original-Erzählung, dass es in einer Folge der herrlich trashigen TV-Serie "Geschichten aus der Gruft" als passable Pointe durchgegangen wäre. Nur waren die nie ernst gemeint – je haarsträubender und blutiger die letzte Einstellung, umso breiter musste man grinsen.

Bei einer Geschichte, die selbst ihrem Autoren Stephen King als zu düster und nihilistisch erschien, grenzt ein derartig reißerisches, plump kalkuliertes "Boah, ist das jetzt krass!"-Endbild aber an Selbstdemontage. Und bringt mich höchstens zum Lachen, aber ganz sicher nicht zum Schauern.
Fazit: Begraben und vergessen
Das klang jetzt alles bestimmt harscher, als es tatsächlich gemeint ist; "Friedhof der Kuscheltiere" ist kein Totalausfall – alleine John Lithgow verleiht seiner Interpretation von Jud Crandall so viel dringend benötigte Wärme, dass er schnell zum heimlichen Star der Neuverfilmung wird.
Aber diese schale Nummernrevue sattsam bekannter Klischees und uninspirierter Inszenierung kann trotzdem nur als massive Enttäuschung bezeichnet werden. Zumal die Regisseure Kölsch und Widmeyer mit dem kleinen, fiesen Okkultismus-Thriller "Starry Eyes" schon vor fünf Jahren gezeigt haben, was sie können. Im besten Fall ist der 2019er-"Friedhof" solide. Im schlechtesten Fall egal.

Somit reiht sich "Friedhof der Kuscheltiere" ein in die schier endlose Riege der Remakes und Reboots, die ihr Potenzial leichtfertig verschleudert haben und schon bald vergessen sein werden. Der Kinofilm von 1989 schockierte eine ganze Generation (sprich mal jemanden in dieser Altersklasse auf Rachels kranke Schwester Zelda an ...), 30 Jahre später ist das einzig Schockierende, dass man eine so starke Geschichte auf dem Altar des öden Durchschnitts opfern kann. Die armen Creeds hätten Besseres verdient.
Somit kann ich Entwarnung geben: Keine verstohlen weggeblinzelten Tränen diesmal.