Diese Episode von "Game of Thrones" hätte auch "Sag' zum Abschied leise Servus" heißen können: Während der Nachtkönig gegen Winterfell marschiert, lassen unsere Lieblingscharaktere die guten, alten Zeiten Revue passieren, schwelgen ein letztes Mal in Erinnerungen – und bereiten sich auf ihren Tod vor. Eine fast schon besinnliche Folge, die uns Zeit zum Durchatmen gibt – bevor nächste Woche unweigerlich das große Sterben beginnt.
- Das eisige Zentrum der Welt
- Ser Brienne von Tarth
- Daenerys: Die Mutter des Zoffs
- Wer wird angesichts des Todes nachtragend sein?
- Aryas erstes (und letztes ?) Mal
- Fazit
- Noch ein paar lose Gedanken...
Zugegeben, wer darauf gehofft hat, dass die Story um den (vermeintlichen) Weltuntergang durch den Nachtkönig und seine eisige Zombiebande mit der zweiten Folge endlich an Fahrt aufnimmt, war wohl auch diese Woche wieder enttäuscht. Obwohl die achte und letzte Staffel von "Game of Thrones" nur sechs Episoden hat, lassen sich die Macher ganz schön Zeit, die Anspannung vor dem großen Endkampf ins schier Unerträgliche zu steigern. Heißt: Während die Weißen Wanderer unaufhaltsam näher rücken, zeigen sich unsere letzten verbleibenden Protagonisten von ihrer menschlichen Seite und sinnieren über ihr baldiges Ende nach.
"Ein Ritter der sieben Königslande" ist eine weitaus rundere und packendere Folge als der recht holprige Staffelauftakt vergangene Woche. Und es gab ein paar emotionale Höhepunkte, die sogar beinharten Zynikern ein kleines Tränchen der Rührung abverlangen dürften. Oder hat man jemals einen glücklicheren Menschen gesehen als die frisch zum Ritter geschlagene Brienne von Tarth ...?
Das eisige Zentrum der Welt
"Ganz Westeros blickt nach Winterfell" hatte ich das Recap in der letzten Woche überschrieben. Und das tun nun auch die Drehbuchschreiber, denn jede der 58 Minuten Lauflänge dieser Folge spielte auf dem Landsitz der Starks, in dem sich buchstäblich das Schicksal der Welt entscheiden wird. Was Cersei, Euron und die Rote Lady Melisandre gerade treiben, ist gegen die Apokalypse aus Eis und Tod erst mal nebensächlich.

Und wie korrekt vorausgesagt, ist der kaum noch menschlich agierende Bran kein Stückchen mehr sauer, dass ihn Jaime in der allerersten Folge der Serie aus dem Fenster gestoßen hat, was Brans Transformation in den Dreiäuigen Raben ja überhaupt erst auslöste. Kaum in Winterfell angekommen, muss sich Jaime für seine Taten verantworten. Sowohl Sansa als auch die Mutter der Drachen wollen Jaimes Kopf – doch Brienne springt ihrem ehemaligen Gefangenen zur Seite und verbürgt sich für seine Ehre. Jaime wird also nicht an Ort und Stelle hingerichtet, sondern darf Seite an Seite mit seinen ehemaligen Todfeinden kämpfen (und wahrscheinlich sterben).
Ser Brienne von Tarth
Und Jaime und Brienne sind es dann auch, die der Folge Herz und Menschlichkeit verleihen. Von alten und neuen Weggefährten umringt, bereiten sie sich auf die Möglichkeit ihres baldigen Todes vor. Warum Brienne denn kein Ritter sei, will der wie immer trinkfeste Tormund Riesentod wissen. Frauen können keine Ritter werden, so die resignierte Antwort, das ist nun mal Tradition. Außerdem kann ein Ritter nur vom König von Westeros ernannt werden.

Falsch, sagt Jaime – ein Ritter kann jederzeit einen anderen Ritter ernennen. Gesagt, getan – mit feuchten Augen und sichtlich überwältigt nimmt Brienne endlich die Ritterweihe entgegen und erhebt sich als "Ser Brienne von Tarth". Ein großer, wichtiger Moment für Brienne – und ein rührender für uns Zuschauer, denn es gibt wohl wenige Charaktere in "Game of Thrones", die immer so viel gegeben und so wenig gefordert haben.
Brienne, die immer Übersehene, die Hässliche, die weder Renly Baratheon noch Catelyn Stark beschützen konnte, wird endlich belohnt – nicht zuletzt dank Gwendoline Christies fantastischem Schauspiel hat diese Szene voll ins Schwarze getroffen. Diese traute Einigkeit kann nur bedeuten, dass wir uns in der nächsten Folge aller Wahrscheinlichkeit nach von Brienne oder Jaime oder beiden verabschieden müssen, aber daran wollen wir jetzt nicht denken. Es ist doch gerade so schön.
Daenerys: Die Mutter des Zoffs
Ach, wäre das Verständnis zwischen allen Charakteren nur so groß. Daenerys ist mit Tyrions Performance als ihrer Hand alles andere als zufrieden und macht ihren Missmut recht deutlich – wie kann man so dumm sein, Cersei Lannister zu vertrauen, dem, mit Verlaub, durchtriebensten Miststück in ganz Westeros? Tyrion verkneift sich den Einwand, dass sie alle, also auch Dany, seiner Schwester auf den Leim gegangen sind. Im Nachhinein große Töne zu spucken, nach dem Motto "Ich hab's ja schon immer gewusst!", ist da natürlich sehr bequem – doch Tyrion hält clevererweise einfach die Klappe, immerhin will er nicht als schmurgelndes Häufchen Asche enden. Zum Glück springt ihm Jorah Mormont zur Seite – es gibt keinen klügeren Berater als Tyrion Lannister und Daenerys sollte ihm seine Fehleinschätzungen nachsehen, so sein Appell.

Und der nächste Konflikt bahnt sich schon mit Sansa an. Da nähern sich die beiden unnachgiebigen Ladys vorsichtig an und kichern gemeinsam über Jon Snows geringe Körpergröße – und für eine Sekunde lang scheint es, als würden die beiden Frauen ihren letzten Kampf gemeinsam führen und persönliche Animositäten beiseiteschieben. Doch Sansa, mittlerweile ganz Machtmensch, will wissen, ob der Norden auch nach dem Kampf gegen den Nachtkönig frei und unabhängig bleibt – nie wieder wollen sich die Nordmänner von einem fremden König regieren lassen.
Dass es nach der nächsten Schlacht keinen Norden mehr geben könnte, das ist für die Lady Winterfells schlichtweg unvorstellbar. Sansa würde alles tun, um ihre Heimat zu beschützen – dass sie dabei nicht sonderlich diplomatisch vorgeht und ihre stärkste Verbündete dermaßen vor den Kopf stößt, ist ein großer Fehler. Sollten beide, Daenerys und Sansa, die kommende Schlacht überleben, werden die Damen einiges zu klären haben – aber meine Prognose lautet ja immer noch, dass Sansa in der nächsten Folge abtritt. Okay, das habe ich auch schon von dieser Folge gedacht, aber beim nächsten Mal ist es dann bestimmt wirklich so weit, wartet nur ab!
Wer wird angesichts des Todes nachtragend sein?
Und bis dahin freuen wir uns über das zweite Highlight dieser Episode, das Wiedersehen zwischen Sansa und Theon, der vergangenes Unrecht wiedergutmachen will. Nach dem Abschied von Asha ist Theon ganz allein; Sansa hingegen ist zwar von ihrer Familie umgeben, dieser aber entfremdet. Und Sansa, kalt und hart geworden, fällt Theon Greyjoy in die Arme – hier suchen zwei Verlorene Halt. Theon, der Verräter, und Sansa Stark, die so grausam Verratene – im Angesicht des bevorstehenden Untergangs spielt die Vergangenheit keine Rolle mehr.

Theon bietet sich dann auch gleich als Bodyguard für Bran an, der als Lebendköder den Nachtkönig anlocken soll. Ich melde allerdings leichte Zweifel an der Genialität dieses Plans an, denn selbst mit einer Handvoll Eisenmänner an seiner Seite dürfte Theon dem Herren der Eiszombies hoffnungslos unterlegen sein. Wäre es nicht schlauer, wirklich alle Kräfte zu bündeln und dem Nachtkönig einen tödlichen Hinterhalt zu bereiten, dem er nicht mehr entrinnen kann? Immerhin müssen die Lebenden nur den Nachtkönig erledigen, dann zerfallen die Weißen Wanderer zu Eis und Schnee – an dieser Hoffnung hängt das gesamte Vorgehen. Aber hey – kein Druck, Theon!
Aryas erstes (und letztes ?) Mal
Leider kommt auch diese Folge nicht ohne Arya Stark aus, deren aufgesetztes Coolness-Gehabe nach wie vor an meinen Nerven sägt. Aber bevor sie ihre große finale Kampfszene hat (ich vermute irgendwas mit parkourartigen Luftsprüngen und hol mir schon mal mein Beißholz), zerrt sie noch schnell Gendry in die Kiste – als Jungfrau will sie nicht sterben. Das soll wohl ihr letztes, verzweifeltes Streben nach ihrer fast verlorenen Menschlichkeit symbolisieren, ist dabei natürlich lupenreiner Fanservice – und lässt mich vollkommen kalt.

Meinetwegen, Arya und Gendry also. Von Dauer ist das eh nicht. Schade, dass der einstmals so faszinierende Charakter Arya Stark nur noch ein schales Abziehbild eines echten Menschen ist, das mich überhaupt nicht mehr berührt. War das die Absicht der Drehbuchschreiber? Das werden die letzten Folgen zeigen.
Und erwartungsgemäß endet die Folge mit einem fiesen Cliffhanger: Jon Snow enthüllt Daenerys seine wahre Identität als Aegon Targaryen, Dany reagiert dezent irritiert – doch bevor die Situation eskaliert, tönen Hörner durch die Nacht: Die Weißen Wanderer sind da. Das Ende hat begonnen.
Fazit: Die Schlinge zieht sich zu
Nein, so "richtig" ist es auch in dieser Woche noch nicht losgegangen, aber das allgemeine Gefühl der Beklemmung und des drohenden Untergangs steigert die Erwartungshaltung für die nächste Episode fast ins Unermessliche. Nächste Woche müssen wir von einigen geliebten Gesichtern Abschied nehmen, das steht fest. Und Winterfell wird untergehen. Das hier, die zweite Episode, ist lediglich die Ruhe vor dem (Eis-)Sturm.
Genießen wir also noch ein letztes Mal das Zusammensein mit alten Freunden und ehemaligen Feinden – nun ist der Winter endgültig hier.
Noch ein paar lose Gedanken...
- Ist den Drehbuchschreibern kein guter Text für Varys eingefallen oder warum hing er die ganze Zeit nur stumm im Hintergrund rum? Was für eine Verschwendung!
- Wäre ich Grauwurm, würde ich keine Pläne fürs Wochenende (oder ein gemeinsames Leben mit Missandei) machen.
- Tormund und Beric Dondarrion sind um die Weißen Wanderer "herumgegangen" und treffen trotzdem vor ihnen in Winterfell ein? Obwohl die Weißen Wanderer in gerader Linie Richtung Süden marschieren und niemals Pause machen, niemals langsamer werden? Okay ...
- Recht so, Samwell! Alle tun immer so, als wärst Du nur ein nerdiger, dicker Bücherwurm, dabei hast Du schon Eiszombies gekillt, als andere Charaktere noch nicht mal wussten, dass es Eiszombies überhaupt gibt. Schluss mit dem Samwell-Shaming!