Schon die Garmin Vivoactive konnte im Test als echtes Allround-Talent überzeugen. Und spätestens mit dem neuen Herzfrequenzsensor hat sich der Fitness-Tracker die Auszeichnung "eierlegende Wollmilchsau" verdient. Wir haben die Sportschuhe geschnürt und uns auf die Suche nach Kritikpunkten bei der Multisport-Uhr begeben.
Garmin Vivoactive HR bietet ein bisschen von allem
Wer den Markt für Wearables unübersichtlich findet, der sollte sich besser nicht im Shop von Garmin umsehen. Insgesamt 26 aktuelle Modelle hat der Navi-Hersteller derzeit in seiner Wearables-Übersicht gelistet. Viele davon sind speziell auf eine Sportart zugeschnitten, die Forerunner-Modelle zum Beispiel aufs Laufen, die Approach-Serie richtet sich speziell an Golfer. Die Vivoactive HR fällt wie ihre Vorgängerin weniger spezialisiert aus, sie bietet ein bisschen von allem. Typische Tracking-Funktionen wie Schrittzähler und Schlafüberwachung für den Alltag sowie Multisport-Features wie Herzfrequenzmesser und GPS fürs Training. Smarte Funktionen wie das Anzeigen von Smartphone-Benachrichtigungen, eine Musiksteuerung fürs Handy und Wetterprognosen machen das umfangreiche Feature-Paket komplett. Aber kann die Vivoactive HR wirklich in allen diesen Bereichen überzeugen? Wir haben sie uns für einen Test umgeschnallt.
Design & Komfort: Anders ist nicht immer besser
Die quadratische Garmin Vivoactive war sehr ungewöhnlich designt – und gefiel vielleicht gerade deshalb dem einen oder anderen Fitness-Fan. Das Nachfolgemodell, die Garmin Vivoactive HR, fällt nun wieder deutlich dezenter, aber insgesamt auch noch geschmackloser aus. Der durch den Herzfrequenzsensor bedingt klobige Tracker wird auch dadurch nicht ansehnlicher, dass sich Garmin offensichtlich betont zurückgehalten hat. Der Look wirkt altbacken und wenig ansprechend für ein Wearable, das man im Alltag ununterbrochen tragen kann – und sollte.
Da die Multisport-Uhr zur Schlafüberwachung und Rund-um-die-Uhr-Pulsmessung auch nachts relativ eng am Handgelenk sitzen muss, ist es ratsam, die Vivoactive HR vor dem Kauf anzuprobieren. Zwar schmiegt sich das Armband aus Silikon recht bequem um den Arm, die klobige Tracker-Einheit wirkt aber insbesondere an schmalen Frauenhandgelenken etwas deplatziert. Dass das strukturierte Armband recht schnell Staub anzieht, kann das Wearable dadurch wieder wettmachen, dass es bis 5 ATM wasserdicht ist. Einmal mit geduscht und es ist wieder sauber.
Tracking im Alltag: Jederzeit alles im Blick
Die Garmin Vivoactive HR unterstützt nicht nur viele Sportarten, sondern bietet auch mehr praktische Alltagsfunktionen als viele andere Fitness-Tracker. Das Wearable zählt Schritte, misst zurückgelegte Distanzen und absolvierte Etagen, überwacht die Herzfrequenz rund um die Uhr, errechnet verbrauchte Kalorien, erfasst Intensitätsminuten, weist auf längere Zeiten der Inaktivität hin und trackt den Schlaf. Nicht zu vergessen: Dank des Farbdisplays kann die Multisport-Uhr natürlich auch zur Zeit- und Datumsanzeige genutzt werden. Die Bedienung erfolgt sehr intuitiv über den Touchscreen, einen Menü- und einen Zurück-Knopf.
Wer vom Startbildschirm aus nach oben durch die verschiedenen Anzeigen wischt, erhält eine Zusammenfassung der bisherigen Tagesbilanz, Schritte, Aktivitäten, Intensitätsminuten und den Verlauf der Herzfrequenz angezeigt. Ein Tipp führt dann jeweils zu weiteren Detailwerten. Eine clevere Idee von Garmin: Je länger man sich nicht bewegt, desto länger wird ein Inaktivitätsbalken auf dem Startbildschirm. So lässt sich schon früh gegensteuern, indem man sich etwas bewegt, wenn es gerade passt. Denn seien wir mal ehrlich: Vibriert ein Fitness-Tracker nach einer bestimmten Zeit, um einen zur Bewegung aufzufordern, dann passt es im Arbeitsalltag meist nicht.
Sehr hilfreich ist die 24-Stunden-Pulsmessung, um die Entwicklung des eigenen Fitnessstands zu verfolgen. Wer die eigene Herzfrequenz wirklich dauerhaft überwacht und analysiert, wird auch Rückschlüsse auf Übertraining, Stress oder Krankheitssymptome ziehen können. Von der Schlafüberwachung hätten wir uns durch das Hinzukommen des Pulssensors bei der Vivoactive HR allerdings mehr erhofft. Im Test erhielten wir jedoch nach wie vor recht grobe Übersichten, die sich weitestgehend an den im Profil hinterlegten Schlafenszeiten orientieren.
Zum wahrhaften Alltags-Allrounder wird die Garmin-Uhr dann schließlich durch die Bluetooth-Verbindung zum Smartphone. Wer will, wird von seinem Wearable über eingehende Anrufe, E-Mails und sonstige Nachrichten informiert. Eine Interaktion ist zwar nicht möglich. Aber häufig reicht ja der Blick auf die Uhr, um zu erfahren, ob es sich lohnt, das Handy aus der Tasche zu holen. Auch wie das Wetter bei der nächsten Laufrunde wird, kann ein Blick auf die Vivoactive HR verraten. Die passende Musik kommt dann ebenfalls per Uhr auf die Ohren.
Tracking beim Sport: In vielen Disziplinen am Start
Das Tracken einer Trainingseinheit ist denkbar einfach: Menüknopf drücken, eine der vielen unterstützten Sportarten oder "Sonstige" auswählen, sich für oder gegen GPS entscheiden und per Menüknopf starten. Während des Workouts werden individuell anpassbare Datenseiten angezeigt, die sportartspezifische Informationen liefern – Zeiten, Distanzen, Pace, Herzfrequenz, Kalorien und Co. Eine Stärke der Vivoactive HR ist ihr großes Portfolio an vorinstallierten Sportarten. Schließlich will man beim Golfen andere Daten sammeln und auswerten als beim Schwimmen. So können sich Golfer beispielsweise Karten von Golfplätzen auf die Uhr laden, Schwimmer ihre Bahnen in unterschiedlichen Schwimmstilen analysieren lassen und Läufer einen Pace-Alarm aktivieren. Zudem ist die Multisport-Uhr mit vielen weiteren Sensoren kompatibel, um etwa beim Fahrradfahren auch Daten zur Trittfrequenz sammeln zu können.
Diese Vielfalt hat allerdings auch einen Haken: Die Vivoactive HR ist kein Spezialist. Dafür gibt es bei Garmin andere Modelle. Das Allround-Wearable bietet also nicht so viele Lauffunktionen wie die Forerunner-Geräte oder so viele Schwimm-Features wie die Garmin Swim. Die Vivoactive HR ist also weniger für Cracks in einer bestimmten Sportart gedacht als für den Hobby-Läufer, der am Wochenende gerne mal den Golfschläger schwingt oder mit der Familie auf Wandertour geht. Auch Triathleten sind – zumindest abseits des Alltags – mit anderen Modellen besser beraten. Die Vivoactive-Nachfolgerin unterstützt nämlich keinen Wechsel zwischen verschiedenen Disziplinen. Für alle anderen ist das Allround-Modell auch deshalb empfehlenswert, weil es zumindest bei eher konstanten Belastungen vergleichsweise verlässliche Herzfrequenzwerte liefert. Wer es aber ganz genau wissen will, sollte nach wie vor einen Brustgurt zur Pulsmessung verwenden.
Garmin Connect Mobile: Datenauswertung per App
Für Detailanalysen, Statistiken, Entwicklungsverläufe und mehr braucht man die Garmin Connect Mobile App. Fitness-Uhr und Smartphone kommunizieren via Bluetooth, was gerade unter Android aber manchmal mehrere Anläufe braucht. Eine Stärke der Garmin-App ist ihre umfangreiche Datenaufbereitung, eine Schwäche die Übersichtlichkeit. Im Endeffekt findet man alles – man muss nur erst einmal lernen, wo. Die Übersichtsseiten lassen sich zum Glück individualisieren und wer möchte, kann auch Daten mit anderen Fitness- und Gesundheits-Apps wie MyFitnessPal oder Strava austauschen. Zudem besteht die Möglichkeit, sich der Garmin-Community anzuschließen und an Challenges teilzunehmen. Viele Tipps und Verbesserungsvorschläge in Bezug auf die Lebensgewohnheiten oder das Training gibt es von der App allerdings nicht.
Akkulaufzeit: Der stille Gewinner
Die Vivoactive HR ist nicht das erste Garmin-Modell, das uns im Test auch hinsichtlich seiner Akkulaufzeit überzeugt. Selbst mit der dauerhaften Herzfrequenzmessung und mehreren Trainingseinheiten mit aktiviertem GPS kamen wir noch gut über eine ganze Woche. Der Hersteller selbst gibt für sein Wearable eine Akkulaufzeit von bis zu 8 Tagen ohne und 13 Stunden mit GPS an. Somit lassen sich auch Hiking-Touren über einen ganzen Tag komplett aufzeichnen. Geladen wird die Multisport-Uhr über ein eigenes Lade-Dock, das im Lieferumfang enthalten ist.
Fazit: Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt

Der Garmin Vivoactive HR gelingt etwas, das nicht jedes Wearable schafft: Sie meistert den Spagat zwischen Fitness-Tracker, Smartwatch und Multisport-Uhr. In allen diesen Bereichen kann das GPS-Modell insgesamt überzeugen. Als große Schwäche bleibt allein das Design, bei dem Garmin im Vergleich zut Vorgängerversion nicht wirklich Fortschritte gemacht hat. Als kleinere Schwächen könnte man noch die Schlafüberwachung anführen, die andere Modelle nach wie vor besser beherrschen, sowie die anfangs etwas unübersichtliche App. Das ist allerdings Meckern auf hohem Niveau. Wer weiß, worauf er sich einlässt und der App eine kurze Zeit der Eingewöhnung einräumt, bekommt mit der Vivoactive HR eines der aktuell überzeugendsten und funktionsreichsten Wearables. Die UVP von 269,99 Euro ist dem Funktionsumfang durchaus angemessen. Die mittlerweile etwas betagtere und im Test deutlich schlechter bewertete Fitbit Surge kostet beim Hersteller immer noch 249,99 Euro. Im Preis-Leistungs-Verhältnis weiß der Allrounder von Garmin daher deutlich mehr zu überzeugen.