Vergiss Marvel. Vergiss Actionfilme. Vergiss Blockbuster. "Holy Motors" ist pures, ungefiltertes Kino, rätselhaft, hypnotisch und absolut einzigartig. So einen Film hast Du garantiert noch niemals gesehen – versprochen!
- Nicht-Wissen ist Macht
- Warum Du "Holy Motors" gucken solltest – ultrakurz und 100 % spoilerfrei
- Warum Du "Holy Motors" gucken solltest – etwas länger und 80 % spoilerfrei
- "Holy Motors" ist mir heilig
Nicht-Wissen ist Macht
Mit den Geheimtipps bei TURN ON ist das immer so eine Sache. Auf der einen Seite mache ich fast nichts lieber, als Dich mit meinen kruden Filmempfehlungen zu nerven. "Musst Du Dir angucken!", damit labere ich meinen Mitmenschen gerne eine Bulette ans Ohr, bis sie endlich kapitulieren und meine Tipps auschecken – und mir dann oftmals, ich darf das so unbescheiden sagen, auch Recht geben. Der beste Lieblingsfilm ist ein geteilter Lieblingsfilm .
Andererseits gehöre ich zu jenen Sonderlingen, die am liebsten so wenig wie möglich über einen Film wissen, bevor sie den Play-Knopf drücken. Ich hasse Spoiler, auch die die kleinen. Mit Leuten, die sich vor dem Filmgenuss die komplette Handlung auf Wikipedia durchlesen, damit sie "wissen, was passiert", stimmt etwas nicht, etwas ganz Grundsätzliches. Der Weg ist das Ziel, so'n Bullshit. Das Ziel ist das Ziel.

Und "Holy Motors" von Leos Carax ist so ein Film, der auch ein Ziel hat, nämlich Hirn und Herz eines jeden Filmfans. Und der einen völlig unvorbereitet treffen sollte. Weil ich jetzt aber nicht erwarten kann, dass Ihr nur auf diese vage Andeutung hin sofort den Stream anschmeißt, machen wir es diesmal etwas anders: die Empfehlung in der Ultrakurz-Variante für Spoiler-Allergiker und in der Etwas-länger-Variante für die, die zumindest ganz grob wissen wollen, worauf sie sich da einlassen.
Warum Du "Holy Motors" gucken solltest – ultrakurz und 100 % spoilerfrei
"Holy Motors" ist eine Ode an das Kino, ans Geschichtenerzählen, an die Kunst der Performance. Hier geht es nicht um eine klar definierte Story, hier ist alles eine Aufführung, alles Schauspiel. Wenn Du diesen Film schaust, erinnerst Du Dich daran, warum Du Dich in Filme verliebt hast – ein wildes, unerklärliches, unendliches faszinierendes Tribut an die Macht der Fantasie, der Vorstellungskraft und der Kunst an sich.

Warum Du "Holy Motors" gucken solltest – etwas länger und 80 % spoilerfrei
In "Holy Motors" begleiten wir den mysteriösen Mr. Oscar (Denis Lavant), der sich in einer weißen Limousine durch Paris chauffieren lässt. Vielleicht ist er ein Schauspieler, das wird nie ganz klar. Er hat überall in der Stadt Termine, bis spät in die Nacht.
Bei jedem dieser Termine schlüpft er in eine andere Rolle, mal ist er eine alte Bettlerin, mal ein Auftragskiller, mal der irre Monsieur Merde. Und er spielt diese Rollen nicht nur, er lebt sie. Mr. Oscar wandelt seine Gestalt, verschwindet in anderen Figuren, anderen Geschichten, anderen Leben. Er spielt für ein unsichtbares Publikum. Oder für uns. Oder die Kunst an sich. Spielt vielleicht auch keine Rolle.

Wir sind mittendrin in einem surrealen Bildersturm, der wild und ohne Rücksicht auf die Erwartungen der Zuschauer die Genres und Stimmungen wechselt, der eine tiefere Bedeutungsebene immer wieder andeutet, sich aber einer klaren Interpretation verweigert. In diesem Film ist wirklich alles möglich. Eine Familie besteht aus Affen. Kylie Minogue taucht auf und singt. Und Autos können sprechen.
"Holy Motors" ist mir heilig
Ich weiß, es ist immer gefährlich, obskure Liebhaberfilme in den Himmel zu hypen. Gerade bei einem gnadenlos sperrigen, eigensinnigen und kaum zu entschlüsselnden Arthousefilm ist die Gefahr extrem hoch, komplettes Unverständnis bis hin zu abgrundtiefem Entsetzen über diese "Kunstkacke" zu ernten. Nun, das Risiko gehe ich ein. Vielleicht kannst Du mit "Holy Motors" so gar nichts anfangen und schimpfst mich nach der abgebrochenen Sichtung einen Hipster. Ist mir egal.
Denn dieser Film hat sich mir wirklich tief ins Hirn eingebrannt, als ich ihn vor Jahren zum ersten Mal gesehen habe. Ich habe ihn seitdem noch ein paar Mal geguckt und ich reagiere immer gleich: Ich bin rettungslos verliebt. Das ist nichts Rationales, das ist etwas Emotionales wie immer bei der Liebe. Ich verstehe nichts an diesem Film und gleichzeitig verstehe ich ihn komplett. Vielleicht gibt es da draußen eine kraftvollere, mutigere und vollkommenere Liebeserklärung an das Kino, aber dann habe ich sie noch nicht gesehen.

"Holy Motors" ist mir heilig.