Öfter mal was Neues: Nach HTC, Motorola oder LG durfte nun auch Huawei mit dem Nexus 6P ein Smartphone für Google bauen. Wir haben das Phablet aus China einem ausführlichen Test unterzogen und mit dem kleinen Bruder Nexus 5X verglichen.
Google holt sich regelmäßig neue Hersteller ins Boot, wenn es um die Entwicklung seiner Nexus-Smartphones geht. Nach HTC, Samsung, LG und Motorola ist beim aktuellen Nexus 6P diesmal Huawei an der Reihe – immerhin haben die Chinesen bereits mit Mobiltelefonen wie dem Mate S oder dem P8 Lite bewiesen, dass sie durchaus gute Geräte bauen können. Wie schlägt sich also das Nexus 6P im Test?
Design und Handling: Endlich ein Nexus mit High-End-Feeling
Bereits beim ersten Griff zum Nexus 6P fällt ein Unterschied zum kleinen Bruder Nexus 5X sofort auf. Im Gegensatz zum Nexus-Smartphone von LG hat das Huawei-Phablet ein Gehäuse aus eloxiertem Aluminium. Zwar fühlt sich das Nexus 6P dadurch noch immer nicht komplett wie ein Metall-Smartphone à la iPhone 6s an, wirkt aber im Vergleich zum Nexus 5X oder Nexus 6 viel wertiger.
Vom Design her erinnert das Nexus 6P deutlich an den Bruder im Geiste, das Huawei Mate S. Als kleine Besonderheit für sein erstes Nexus-Smartphone hat sich Huawei allerdings den markanten schwarzen Glasbalken über Rückkamera und Dual-LED-Blitz ausgedacht. Das Designelement wirkt auf den ersten Blick recht ungewöhnlich, fällt im Alltag aber deutlich weniger auf als Bilder vom Gerät vielleicht vermuten lassen. Bei unserer Testversion in der Farbe "Grafit" fällt der Balken sogar fast gar nicht auf. Zudem sorgt er dafür, dass das Nexus 6P nicht kippelt, wenn es auf dem Tisch liegt. Und: Dank des Balkens dürfte beim aus der Hosentasche ziehen wohl nie die Frage aufkommen, wo denn nun unten und oben ist.
Das Nexus 6P liegt angenehm ausbalanciert in der Hand, trotz seines Gewichts von 178 Gramm werden die Arme nicht so schnell lahm. Die abgerundeten Kanten an der Unterseite sorgen für eine gute Haptik, während die Rückseite noch rau genug ist, um das Smartphone nicht zu leicht aus der Hand gleiten zu lassen. Das Huawei-Gerät ist zudem sehr gut verarbeitet, im ersten Hands-on knarzt und knirscht nichts. Spaltmaße oder wackelige Buttons sucht man ebenfalls vergeblich. Das Nexus 6P erreicht mit seinem 5,7 Zoll großen Display zwar bereits Phablet-Ausmaße, kann aber von Nutzern mit großen Pranken gerade noch so mit einer Hand bedient werden. User mit kleineren Händen müssen sich allerdings mit einer zweihändigen Bedienung abfinden.
Display und Kamera: Guter Screen, aber etwas zu dunkel
Der 5,7 Zoll große Screen des Google Nexus 6P löst mit 2560 x 1440 Pixeln auf. Das Smartphone bewegt sich somit auf dem Level von Galaxy S6 Edge+ und Galaxy Note 5, hat allerdings statt Super AMOLED "nur" ein AMOLED-Display. Dennoch werden Farben und Kontraste knackig scharf mit 518 ppi dargestellt. Wie schon beim Mate S müssen allerdings auch beim Nexus 6P ein paar Abstriche bei der Display-Helligkeit gemacht werden. Vor allem im Vergleich zum iPhone 6s oder Galaxy S6 fällt auf, dass die maximale Helligkeit des Screens beim Nexus 6P etwas niedriger ausfällt. Im Normalfall sollte das kaum stören, bei starker Sonneneinstrahlung ist das Display aber etwas schwer ablesbar.
Fotos knipst das Nexus 6P wie der kleine Bruder Nexus 5X mit einer 12,3-Megapixel-Hauptkamera. Die Frontkamera ist hingegen mit 8 Megapixeln etwas besser als beim 5X (5 Megapixel). Ein optischer Bildstabilisator fehlt, dafür sorgt ein Laserautofokus für das schnelle Scharfstellen von Motiven. Wie das Nexus 5X liefert auch das Nexus 6P bei normalem Tageslicht oder bei Kunstlicht gute Fotos ab. Bei schlechteren Lichtverhältnissen oder bei Dunkelheit nimmt die Qualität aber sichtbar ab. Videos zeichnet das Phablet mit 4K-Auflösung und 30 Bildern pro Sekunde auf.
Hardware, Software und Akku: Super Performance & sehr gute Ausdauer
Im Inneren des Nexus 6P arbeitet die aktuellste Smartphone-Technik: Huawei hat den Prozessor Snapdragon 810 verbaut, dessen acht Kerne mit 2,0 GHz getaktet sind. Unterstützt wird der Chip von 3 GB Arbeitsspeicher. An internem Speicher stehen 32 GB, 64 GB oder 128 GB zur Verfügung. Das Nexus 6P ist zudem eines der ersten Smartphones mit dem neuen USB Typ-C-Anschluss, der Daten schneller übertragt. Dank USB Typ C können sogar andere Smartphones mit dem Nexus 6P aufgeladen werden.
Eine Folge der ganzen Hardware-Power: Das Nexus 6P läuft absolut flüssig wie sonst eigentlich nur das Galaxy S6 oder iPhone 6s. Apps werden zackig geöffnet, Games laufen ruckelfrei, Surfen im Chrome-Browser ist wunderbar schnell und die Benutzeroberfläche kommt nie ins Stocken. Der Fingerabdruckscanner beim Nexus 6P arbeitet ebenfalls recht flott und zuverlässig. Leider hat Huawei für den Sensor des 6P aber Features wie die Touchpad-Funktion des Mate S nicht umgesetzt. Einen microSD-Slot für die Erweiterung des internen Speichers hat das Nexus 6P ebenfalls nicht, auch der Akku ist nur sehr schwer austauschbar.
Wie beim Nexus 5X ist auch beim Nexus 6P bereits Android 6.0 Marshmallow vorinstalliert. Google verzichtet bei seinen eigenen Smartphones bekannterweise auf irgendeine zusätzliche Benutzeroberfläche, auch beim Huawei-Phablet gibt es daher Android in Reinkultur. Das mag für manche Nutzer erfrischend puristisch sein, andere User vermissen womöglich Features von Samsungs TouchWiz-UI oder der Sense-Oberfläche von HTC. Android 6.0 bietet viele praktische neue Funktionen wie den Doze-Energiesparmodus, die wir in einem eigenen Ratgeber beleuchtet haben.
Der Akku des Nexus 6P ist ebenfalls mehr als ordentlich. Auf dem Datenblatt steht eine Kapazität von 3450 mAh – und das merkt man im Alltag auch! Das Smartphone hält bei normaler Nutzung locker einen ganzen Tag durch, bei minimaler Benutzung sind sogar bis zu zwei Tage ohne Steckdosen-Besuch drin. Dazu dürfte allerdings auch die etwas niedrige maximale Display-Helligkeit des Nexus 6P beitragen. Lobenswert: Nur zehn Minuten Aufladen reichen meist für weitere fünf bis sieben Stunden Nutzung aus.
Preis-Leistungs-Verhältnis: Das beste (und teuerste) Nexus
Google lässt sich sein neues Phablet-Flaggschiff einiges kosten: Die kleinste Speichervariante mit 32 GB kostet bereits 649 Euro, für die Top-Version mit 128 GB werden sogar 799 Euro fällig. So teuer war ein Nexus-Smartphone noch nie. Löblich: Im Gegensatz zu LG und dem Nexus 5X legt Huawei dem Nexus 6P auch ein Kabel mit USB Typ-A-Anschluss bei (auch wenn es sehr kurz ist). Somit kann das Smartphone auch mit PCs ohne zusätzlichen Adapter verbunden werden. Ein Headset findet sich im Lieferumfang aber leider nicht.
Fazit: P wie Premium
Weder Google noch Huawei verraten, wofür das "P" im Namen Nexus 6P eigentlich steht. Unser Vorschlag wäre "Premium" oder "Power". Tatsächlich ist das 6P sicherlich das beste und stärkste Nexus-Smartphone, das jemals gebaut wurde. Das Gerät ist sehr gut verarbeitet, die Performance muss sich nicht hinter Galaxy S6 oder iPhone 6s verstecken und Android 6.0 Marshmallow läuft als Betriebssystem flüssig und zumeist problemfrei. Im Vergleich zum doch arg puristischen Nexus 5X hat sich Huawei zudem etwas getraut und ungewöhnliche Designelemente wie den Glasbalken auf der Rückseite verbaut. Größter Kritikpunkt bleibt somit der hohe Preis, der in Deutschland aufgrund des Euro-Zuschlags eigentlich fast schon die Schmerzgrenze überschreitet. Für deutlich weniger Geld bekommt man beispielsweise das LG G4, das zwar eine schlechtere Performance, dafür aber eine bessere Kamera und einen erweiterbaren Speicher bietet.