Ein hauseigener Prozessor, KI-optimierte Fotos und ein 120-Hertz-Display. Das Google Pixel 6 Pro überzeugt in meinem Test als zeitgemäßes Flaggschiff – aber trotz Tensor-Chip ist es eher eine Evolution als Revolution. Und nicht alle smarten Funktionen wirken ausgereift.
- Design: Einfallsreich und rutschig
- Display: Großes AMOLED-Display mit 120 Hertz
- Technik & Ausstattung: Flaggschiff-würdig
- Smarte Funktionen: Teils unausgereift
- Kameras & Sound: Zaubershow
- Fazit & Alternativen: Gelungenes High-End-Handy
Design: Einfallsreich und rutschig

Das Pixel 6 Pro setzt sich stilvoll von der Smartphone-Masse ab. Dafür sorgt ein eigenständiges Design, eine Verwechslungsgefahr mit einem Allerwelts-Handy besteht sicher nicht. Auf der Rückseite aus stabilem Gorilla-Glas Victus trennt ein großer schwarzer Kamerastreifen die Ober- und Unterseite, die verschiedene Farbtöne aufweisen. Bei unserem "Sorta Sunny"-Modell sind es Hellgelb unten und ein Hautton oben.
Ansonsten gibt sich die Rückseite minimalistisch mit "G"-Logo in der Mitte. Der Rahmen ist aus Metall gefertigt und passt farblich zur Rückseite. Das Display ist an den Seiten sehr leicht gekrümmt, ähnlich wie bei meinem Samsung Galaxy Note 9. Im Gegensatz zu stärkeren Krümmungen stört diese nicht bei der Bedienung. Die Selfie-Kamera steckt in einem Loch im Display oben – Geschmacksache.
Eines stört aber doch: Das Smartphone ist mit seiner Glasrückseite äußerst rutschig. Es empfiehlt sich nicht, es ohne Hülle zu verwenden. Und mit Hülle leidet die Optik. Das Problem haben aber viele moderne Smartphones. Immerhin ist das Pixel 6 Pro nach IP68 wasserdicht, hält Regenschauern also locker stand. Software-seitig ist es dank Android 12 möglich, die Farben der Einstellungen und Icons an die Farben des Wallpapers anzupassen. Das sieht schick aus. Ein riesiger Schritt im Vergleich zu Drittanbieter-Themes ist es nicht.

Display: Großes AMOLED-Display mit 120 Hertz
Das Pixel 6 Pro bietet ein 6,71 Zoll großes Display mit einer scharfen QHD+-Auflösung von 3.120 x 1.440 Pixeln. Inhalte wie Texte, Bilder und Videos sehen wunderbar scharf aus auf dem Screen. Dazu kommen die kontrastreiche AMOLED-Technik mit pixelgenauer Beleuchtung sowie eine dynamische Bildwiederholrate von bis zu 120 Hertz. Das heißt, dass sie bei bestimmten Inhalten automatisch von 60 auf 120 Bilder pro Sekunde erhöht wird.

Ich probierte die 120 Hertz beim Scrollen durch Websites in Chrome aus, daneben mein Samsung Galaxy Note 9 mit einem 60-Hertz-AMOLED-Screen. Auf dem Google Pixel 6 Pro scrollt es sich viel geschmeidiger und schärfer durch die Seiten. 120 Hertz sind eine Funktion, mit der man erst eine Weile im Alltag unterwegs gewesen sein muss, bis man weiß, dass man sie haben möchte. Und dann will man nie mehr zu 60 Hertz zurück. Alleine dieser Vorzug ist für mich aber trotzdem noch kein Grund für einen Wechsel auf ein neues Smartphone.
Beim Betrachten eines HDR-Testvideos auf YouTube fällt auf, dass der Bildschirm des Pixel 6 Pro noch etwas mehr Eindruck schindet als der meines Note 9. Grund ist die höhere Maximalhelligkeit. Daher kann das neue Google-Smartphone HDR-Highlights wie das Sonnenlicht noch einmal intensiver darstellen – überhaupt profitieren Hochkontrastbilder, wie der Name schon sagt, von einem hohen Kontrast, und die höhere Helligkeit des Pixel-Screens schafft hier mehr Spielraum.

Technik & Ausstattung: Flaggschiff-würdig
Googles Tensor-Chip sorgt für eine Leistung, die sich ungefähr auf dem Niveau anderer aktueller Android-Flaggschiffe ansiedelt. Im Alltag starten Apps schnell, Spiele laden rasant und laufen rund. Den Speed-Unterschied zu meinem Note 9 bemerke ich, den zum ZenFone 8 mit seinem Snapdragon 888 aus meinem letzten Smartphone-Test weniger. In Benchmarks zeigt sich nur das Apple iPhone 13 auffallend schneller, entsprechende synthetische Tests lassen sich in vielen Reviews wie jenem von GSMArena nachschlagen. Wie das 120-Hertz-Display wäre auch die höhere Leistung für mich noch kein Grund, auf ein neues Smartphone umzusatteln. Ein wenig lästig ist zudem der etwas langsame optische Fingerabdrucksensor, der obendrein weniger sicher ist als der kapazitive meines Note 9.
Zusätzlich zum Tensor-Chip gibt es üppige 12 GB Arbeitsspeicher für flüssiges Multitasking. Neben dem aktuellen Bluetooth 5.2 für eine stabile kabellose Verbindung werden auch Ultrabreitband für das Auffinden von verlorenen Dingen und das neue Wi-Fi 6E geboten. Der Akku hat eine Kapazität von 5003 mAh, was für die Größe normal ist, doch Schnellladen klappt nur mit 30 Watt. Das Xiaomi 11T Pro ist schon bei 120 Watt angelangt.

Ein Netzteil wird im Sinne der Nachhaltigkeit nicht mitgeliefert und da die meisten Leute schon eines haben, wahrscheinlich aber kein 30-Watt-Netzteil. Die Akkulaufzeit habe ich als durchaus ordentlich empfunden und als vergleichbar mit der meines Note 9, als es noch neu war. Für einen Tag sollte der Saft ausreichen. Aktuelle Flaggschiffe wie das Samsung Galaxy S21 Ultra 5G und das iPhone 13 Pro Max bieten aber eine längere Laufzeit. Der fehlende Kopfhöreranschluss ist bereits Standard, den fehlenden microSD-Port darf ich aber noch bemängeln.
Smarte Funktionen: Teils unausgereift
Das Pixel 6 Pro bringt eine Reihe von schlauen Funktionen mit. Smartphone-Fans kennen sie wohl schon ansatzweise von Drittanbieter-Apps und anderen Smartphones, doch das Google-Handy möchte sie perfektionieren. Dazu zählt die Funktion "Now Playing", die Musik erkennt, die in der Nähe des Handys abgespielt wird, und den jeweiligen Titel auf dem Sperrbildschirm anzeigt. Das funktioniert sehr gut, auch meine kryptische Punk-Musik wie Titel der Band Masked Intruder erkannte das Pixel 6 Pro – wenn auch erst nach Such-Aufforderung via Tippen auf die entsprechende Option. Einige Titel erkennt das Google-Handy automatisch.
Vom Erfolg zum Fehlschlag: Die Funktion "Automatische Untertitel" funktioniert in meinem Test schlecht – richtig schlecht. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass das Kauderwelsch, was das Handy als Untertitel bei YouTube-Videos angibt, falsch bis unverständlich ist und die Funktion unbrauchbar. Kollege Patrick hat allerdings die verwandte Funktion "Untertitel für Anrufe" getestet und ist der Auffassung, dass diese weit besser ihren Dienst leistet und wirklich nützlich ist. Die "Automatische Transkription", die Gesprochenes als Text anzeigt, funktioniert besser, aber hat auch ihre Macken. Sie beharrte zum Beispiel vehement darauf, dass das Google Pixel 6 Pro" vielmehr "Google Pixel Sex Pro" heißen soll, die Zeichensetzung klappt auch nicht gerade zuverlässig.
Unter "Sicherheit & Notfälle" können die Anwender medizinische Informationen wie ihre Blutgruppe eintragen, sowie Notfallkontakte und Notfall-SOS einrichten. Außerdem gibt es eine Katastrophenwarnung und eine Autounfallerkennung. Ich war so frei, diese nicht zu testen, aber das klingt nach nützlichen und verantwortungsbewussten Funktionen. Interessant auch die Funktion "Geräuschbenachrichtigungen", die auf ungewöhnliche Geräusche zu Hause wie einen Rauchmelder und ein weinendes Baby mit einer Benachrichtigung hinweist, etwa auf einem Wearable. Ich habe allerdings keinen Brand ausgelöst oder ein Baby ausgeborgt, um es zu testen.
Kameras & Sound: Zaubershow
Die Fotos zählen stets zu den spannendsten Aspekten von Google-Smartphones. Das liegt weniger an der Hardware als an der leistungsstarken Bildverarbeitung. Pixel-Handys sind dafür bekannt, in praktisch jeder Situation ansehnliche Fotos zu zaubern, selbst bei wenig Licht. Das Pixel 6 Pro bietet endlich auch frische Hardware, neben dem Tensor-Chip neue Kamerasensoren, was in Kombination mit der Software vielversprechend klingt.
Die neuen Sensoren umfassen eine optisch stabilisierte 50-Megapixel-Hauptkamera, ein optisch stabilisiertes 48-Megapixel-Teleobjektiv und eine Weitwinkellinse mit 12-Megapixel-Auflösung. Die Selfie-Cam löst mit 11,1 Megapixeln auf und setzt auf ein 94-Grad-Sichtfeld, um auch mehrere Personen auf das Bild zu bekommen.

Die Fotos der Hauptkamera und des Teleobjektivs lösen tatsächlich jedoch mit rund 12 Megapixeln auf. Grund ist ein Pixel-Binning-Verfahren, das mehrere Pixel für eine bessere Lichtausbeute zusammenlegt. Es gibt keinen Modus, um mit voller 50- beziehungsweise 48-Megapixel-Auflösung Bilder zu machen. Das ist schade, denn in mehreren Handytests wie jenem des ZTE Axon 10 Pro und des Honor View 20 habe ich bei Pixel-Binning-Kameras schon festgestellt, dass die volle Auflösung Vorzüge für bestimmte Zwecke haben kann. Dank der Telefoto-Kamera ist ein bis zu 4-facher optischer Zoom für Fotos in guter Qualität möglich.
Die Fotos des Pixel 6 Pro lassen sich generell mit einem Begriff gut auf den Punkt bringen: Showeffekt. Die automatische HDR-Technologie verstärkt den Kontrast, auch wirken Bilder stärker gesättigt, als ich die Motive mit bloßem Auge wahrnehme. Der im Herbst ohnehin überwältigend schöne Hayns Park in Hamburg bekam vom Pixel 6 Pro noch einen zusätzlichen magischen Glanz verliehen. Natürlich sieht das nicht aus, aber der HDR-Bombast macht einiges her. Bei Detailreichtum und Schärfe gibt es nichts zu meckern.
Die Nacht macht das Google Pixel 6 Pro zum Tag. Selbst Motive, die man mit bloßem Auge nicht mehr sieht, sind auf den Fotos zu erkennen. Puristen könnten sich daran allerdings stören, denn: Die Nacht ist kein Tag. Die Nacht ist die Nacht. Und eine hochwertige Profi-Kamera würde die Nacht naturgetreu, scharf und ohne Rauschen einfangen. Zum Teilen von Fotos der nächtlichen Party in den sozialen Medien ist Googles Lösung aber vermutlich besser.
Schließlich hat Google einige von Handykameras schon lange bekannte Kniffe weiterentwickelt. Etwa die Langzeitbelichtung. Über eine solche Funktion hatte ich schon 2017 in einem meiner ersten Smartphone-Tests für TURN ON geschrieben. Beim Huawei P10 hieß der Effekt damals "Lichtmalerei". Das Pixel 6 Pro beherrscht die Langzeitbelichtung jedoch viel besser. Dabei wird ein sich bewegendes Motiv unscharf angezeigt, der Hintergrund scharf. "Action-Foto mit Schwenkeffekt" tut das Gegenteil.
Auch um den "Magischen Radiergummi" des Pixel 6 Pro wurde einiges Aufhebens gemacht. Das Gedächtnis ist kurz – es gibt schon lange zahlreiche Radiergummi-Apps für die Entfernung von unerwünschten Objekten in Fotos für Smartphones. Das Pixel 6 Pro macht das nur einfacher, schneller und besser. Allerdings lange nicht perfekt. Auf den zweiten Blick sieht man fast immer, dass der Ort, wo vorher die Objekte waren, irgendwie falsch aussieht.
Insgesamt ist die Fotoqualität des Google Pixel 6 Pro eines Flaggschiffes würdig. Sie ist aber keine Revolution, sondern liegt schlicht auf dem üblichen Smartphone-Flaggschiff-Niveau. Ich persönlich warte noch auf den Moment, wenn ich Handyfotos nicht mehr als solche erkennen kann und sie eher an Fotos aus meiner DSLR erinnern. Auch die Fotoqualität motiviert mich jedenfalls nicht, von meinem Note 9 auf ein Pixel 6 Pro umzusatteln.
Für einen Stresstest der verbauten Stereolautsprecher habe ich mir das Metal-Cover von "Skyrim - Age of Aggression & Oppression" von Skar Productions und Jonathan Young auf dem Pixel 6 Pro und auf dem Galaxy Note 9 angehört. Das ist ein Song, der alles von Mittelklasse-Smartphone-Speakern bis hin zu Einsteiger-Stereoanlagen schreddern könnte. Das Note 9 kommt sehr gut mit dem harten Metal zurecht, er wird deutlich wiedergegeben und auch Bass ist zu vernehmen. Das Pixel 6 Pro toppt das Note 9 zwar bei der Lautstärke und bei der Räumlichkeit, allerdings klingen Mitten und Höhen bei hoher Lautstärke etwas blechern. Trotzdem eine insgesamt gute Leistung.
Fazit & Alternativen: Gelungenes High-End-Handy

Das Google Pixel 6 Pro ist ein gelungenes Flaggschiff-Smartphone. Es bietet eine Verarbeitung aus hochwertigen Materialien, ein originelles Design, ein großes Display, lässt sich im Alltag rasant bedienen und die Kameras liefern Fotos auf hohem Niveau. Die Akkulaufzeit geht in Ordnung, wenn sie auch kein Highlight darstellt.
Smarte Funktionen entwickelt das Gerät einen Schritt weiter, auch wenn nicht alle ausgereift sind. Die große Revolution ermöglicht der Tensor-Chip nach aktuellem Stand aber nicht, das Pixel 6 Pro liegt schlicht ungefähr auf dem Niveau anderer aktueller Flaggschiff-Handys wie dem Samsung Galaxy S21 Ultra 5G. Und auch der Neupreis von rund 900 Euro für das 128-GB-Modell geht für das Gebotene in Ordnung, ohne ein überwältigendes Angebot darzustellen. Für mich sehe ich keinen hinreichenden Grund, von meinem Samsung Galaxy Note 9 auf das Pixel 6 Pro umzusteigen oder auf ein anderes aktuelles High-End-Handy. Dafür müsste der Entwicklungsschritt noch größer ausfallen.
Beim regulären Pixel 6 ohne den Pro-Zusatz ist das Preis-Leistungsverhältnis besser. Dieses bietet einen mit 6,4 Zoll auch recht großen AMOLED-Bildschirm mit 90 statt 120 Hertz. Es gibt keine Telefotokamera und die Selfie-Cam löst nur mit 8 Megapixeln auf. Der Arbeitsspeicher beträgt 8 statt 12 GB, was aber ziemlich egal ist. Die übrige Ausstattung teilt sich das Pixel 6 mit dem Pixel 6 Pro. Dafür kostet es mit rund 600 Euro ganze 300 Euro weniger.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ Individuelles Design | - Rutschige Rückseite |
+ Großes, helles Display | - Akkulaufzeit nur Durchschnitt |
+ Gute Kameras mit praktischen Funktionen | - Kameras "nur" auf üblichem Flaggschiff-Niveau |
+ Smarte Funktionen | - "Automatische Untertitel" sind unausgereift |