GoPro meldet sich 2017 mit der Hero 6 Black zurück. Die Unterschiede zum Vorgängermodell sind auf den ersten Blick nicht sichtbar, aber vorhanden – das zeigte unser Test der jüngsten Action-Cam-Generation. Die inneren Werte entscheiden.
4K60: Dieser Schriftzug sorgte schon vor dem Launch der GoPro Hero 6 auf einem Leak-Bild für Aufsehen. Die Nachfolgerin der Hero 5 aus dem letzten Jahr sollte also Ultra-HD-Aufnahmen mit mehr als flüssigen 60 Bildern pro Sekunde aufnehmen können. Und wie sich Ende September herausstellte, hatte der Leak wirklich recht. Der 4K60-Modus ist jedoch nicht die einzige Neuerung der Action-Cam. Um weitere Updates zu entdecken, reicht ein flüchtiger Blick jedoch nicht aus.
Design & Handling: Optisch ganz die Alte
Denn rein optisch unterscheidet sich die GoPro Hero 6 Black quasi nicht von ihrer Vorgängerin – befinden sich beide in ihrer mitgelieferten Rahmenhalterung, sogar überhaupt nicht. Nur ein kleiner "Hero 6"-Schriftzug an der Gehäuseseite entlarvt das neue Modell. Die Abmessungen sind mit 62 x 45 x 33 Millimetern identisch geblieben, das Gewicht fällt mit 114 Gramm nur minimal geringer aus. Das gummierte Gehäuse ist weiterhin bis zehn Meter Tiefe wasserdicht und auch das Zubehör für die 5er bleibt natürlich mit der 6er kompatibel.
Aufgrund des unveränderten Designs bleibt auch das Handling nahezu identisch. Die Sprachbedienung, die mit der Hero 5 eingeführt wurde, funktioniert bei der Hero 6 Black noch ein wenig besser. Deutlicher zu spüren sind jedoch die Verbesserungen am Touchscreen, der jetzt schneller reagiert und eine flüssigere Interaktion ermöglicht. Zwar ist das Menü mitunter noch immer etwas fummelig. Aufgrund der Vielzahl an Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten möchte man die Touchscreen-Bedienung jedoch nicht mehr missen. Das Steuern allein über die Knöpfe funktioniert zwar, ist mittlerweile aber extrem umständlich.
Das Herzstück: Der neue GP1-Prozessor
Äußerlich ganz die Alte ist die GoPro Hero 6 im Inneren quasi generalüberholt. Herzstück ist nämlich ein neuer Prozessor, der nicht mehr von Ambarella stammt – einer Firma, die auch viele Konkurrenzprodukte mit Chips ausstattet. Der neue GP1 hingegen wurde über mehrere Jahre genau auf GoPro-Bedürfnisse zugeschneidert und macht so etwas wie den neuen 4K60-Modus erst möglich. Bei der Entwicklung wurde aber nicht nur an der Schnelligkeit gefeilt. Der GP1-Chip verspricht auch eine bessere Bildqualität. Zudem wurde sein volles Potenzial laut GoPro-CEO Nick Woodman noch gar nicht ausgeschöpft.
Butterweiche 4K-Aufnahmen und hochauflösende Zeitlupen
Natürlich sind 4K-Videos mit 60 fps eine schicke Sache – vorausgesetzt, man hat die entsprechenden Möglichkeiten, so hochauflösendes Material zu bearbeiten und wiederzugeben. Für mich persönlich sind daher andere Auflösungen und Neuheiten der GoPro Hero 6 noch interessanter. Zum Beispiel kann die Action-Cam jetzt Full-HD-Aufnahmen mit bis zu 240 Bildern pro Sekunde aufnehmen, die Hero 5 konnte bei 1080p-Auflösung "nur" 120 fps. Damit kannst Du beeindruckende Zeitlupen drehen, denn die Full-HD-Videos lassen sich 8-fach verlangsamt abspielen und wirken immer noch flüssig.
Darüber hinaus hat GoPro am elektronischen Bildstabilisator gefeilt. Der steht neuerdings auch im 4K30-Modus zur Verfügung, nur bei 4K60 und 1080p240 – die aufgrund der ansonsten riesigen Datenmengen übrigens auf den neuen Codec H.265 HEVC setzen – muss auf die Software-Hilfe verzichtet werden. Obwohl GoPro hier weiterhin auf eine elektronische und nicht wie Konkurrent Sony auf eine optische Lösung setzt, sind die Ergebnisse beeindruckend. Besonders, da es bislang keine einfache Möglichkeit gab, GoPro-Material mit der hauseigenen Software nachträglich zu stabilisieren, ist es toll, dass das neue Modell hier direkt beim Filmen nachhilft. Und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen, zum Beispiel beim Fahrradfahren mit der am Helm befestigten GoPro.
Wo sich der neue Prozessor auch ordentlich bemerkbar macht, ist bei schwierigen Lichtverhältnissen. Die GoPro Hero 6 bietet nicht nur einen größeren Dynamikumfang und fängt bei schwachem Licht mehr Details ein als die Hero 5. Sie reagiert beim Filmen auch schneller auf Lichtwechsel und passt die Belichtung automatisch an. Fährst Du mit einem älteren Modell mit dem Fahrrad aus dem Schatten ins Licht, werden die ersten Sekunden nach dem Übergang sehr wahrscheinlich hoffnungslos überbelichtet sein. Die Hero 6 passt sich nun deutlich schneller an, wie etwa bei der Fahrradfahrt durch die Allee deutlich wird.
Darüber hinaus bietet Dir das neue Modell größere Freiheiten, was den Bildausschnitt und den Ton angeht. So kannst Du den Ausschnitt in vielen Videomodi jetzt mittels Zoomregler bestimmen, zuvor gab es nur die Wahl zwischen "Medium" und "Weit". Der Sound wird von drei Mikrofonen aufgenommen, wobei jeweils das benutzt wird, das nicht im Wind steht. Im ProTune-Modus erstellt die GoPro hingegen drei separate Tonspuren und lässt Dich in der Post Production selber aussuchen, von welchem Mikrofon der Sound an welcher Stelle kommen soll.
Tolle Fotos dank HDR & neuem Chip
Zwar liegt der Fokus von Action-Cams auf ihren Videofunktionen. Dennoch lassen sich insbesondere wegen des Fisheye-Objektivs auch interessante Fotos schießen. Daher legt sich GoPro natürlich ins Zeug, die Fotoqualitäten seiner Modelle von Generation zu Generation ein wenig zu schärfen. Auch die sechste Generation wird keiner DSLR Konkurrenz machen, aber für Schnappschüsse ist die Action-Cam mehr als tauglich.
Zudem hat sie einen riesigen Vorteil auf ihrer Seite: Dank ihrer Kompakt- und Robustheit ist sie an Orten einsetzbar, an die kein Mensch jemals eine Spiegelreflexkamera gebracht hat. Um ein Foto von der atemberaubenden Unterwasserwelt der Karibik anzufertigen, wird die von sich aus wasserdichte Cam einfach zum Schnorcheln mitgenommen, beim Ski-, Fahrrad- oder Motorradfahren wird sie dann am Körper des Sportlers oder an seiner Ausrüstung befestigt.
Die Qualität der Fotos hat auf dem Weg von der 5er zur 6er noch einmal einen Sprung gemacht. Das liegt unter anderem daran, dass GoPro jetzt eine echte HDR-Funktion integriert hat, die kurz nacheinander drei unterschiedlich belichtete Fotos anfertigt und diese zusammensetzt. Neu ist auch die Möglichkeit von Langzeitbelichtungen über einen Zeitraum von bis zu 30 Sekunden. Das erhöht den Spielraum bei Nachtaufnahmen. Praktisch ist zudem, dass man seit der fünften Generation zwischen "Linear" und "Weit" wählen kann und den früher obligatorischen Fisheye-Effekt damit fast vollständig vermeiden kann.
Bildbearbeitung mit GoPro und GoPro Quik
Etwas gewöhnungsbedürftig finde ich nach wie vor das Handling des GoPro-Materials, vor allem die Kombination der unterschiedlichen GoPro-Apps. Fürs Smartphone bietet der Hersteller die kostenlosen Apps GoPro (ehemals Capture) und GoPro Quik. Erstere benutzt Du, um die Action-Cam via WLAN zu steuern und um Material aufs Handy herunterzuladen. Willst Du etwas mit den Fotos oder Videos anstellen, wechselst Du in die GoPro-Quik-App. Mitunter passiert das auch unbemerkt – etwa, wenn das Smartphone Dir mitteilt, dass Dateien heruntergeladen wurden und Du die Meldung anklickst. In der Quik-App kannst Du dann einfache Bearbeitungen vornehmen oder Dir sogar ganz automatisch ein Highlight-Video erstellen lassen.
Willst Du nur an das Material und die GoPro nicht über das Smartphone steuern, reicht auch das Starten der Quik-App. Per Bluetooth verbindet sich die App mit der GoPro und wechselt dann in deren WLAN, wenn Du Videos und Fotos von der Kamera herunterladen willst. Alles in allem funktioniert das zwar gut, ist in der Praxis jedoch etwas verwirrend.
Quik gibt es übrigens auch als Desktop-Version, die GoPro Studio für den Rechner abgelöst hat. Auch damit lassen sich einfache Bearbeitungen vornehmen, an ein professionelles Schnittprogramm reicht der Funktionsumfang aber bei Weitem nicht heran. Dafür ist es relativ einfach, schnelle Highlight-Videos zu erstellen und sie mit Musik und/oder Messdaten zu unterlegen.
Akkulaufzeit: Wie ihre Vorgängerin
Die Akkulaufzeit der GoPro Hero 6 ist mit der ihrer Vorgängerin vergleichbar – zumindest beim Nutzen der identischen Modi. Das liegt daran, dass GoPro den Akku der 5er auch in der 6er verwendet. Am meisten Energie frisst natürlich das Filmen in 4K60, das hält die Action-Cam nicht ganz eine Stunde lang durch. Je länger das Display an ist und je häufiger Du Dich durch die Menüs klickst, desto schneller will die Kamera wieder geladen werden. Das funktioniert per USB-C, also etwa auch unterwegs per Powerbank. Etwas schade ist nur, dass Hero 5 und Hero 6 nicht mehr in ihre Rahmenhalterung passen – Du kannst sie beim Laden also nirgends befestigen.
Fazit: Die beste GoPro bislang
Klar sollte es das Ziel eines Herstellers sein, Produkte mit jeder Modellgeneration weiter zu verbessern. Nur gelingt das nicht immer. Und gerade, wenn man wie GoPro einen so großen Schritt wagt, auf einen komplett neuen Prozessor zu setzen, besteht die Gefahr von Rückschritten. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die GoPro Hero 6 liefert die bisher beste Video- und Fotoqualität, die ich von einer Action-Cam kenne.
Nicht nur der 4K60-Modus ist ein super Verkaufsargument, für mich sind es vielmehr auch die weiteren Neuerungen – die Möglichkeit, 240 fps in Full HD aufzunehmen, der verbesserte Bildstabilisator oder die neue HDR-Funktion für Fotos etwa. So viel Power in so einem kleinen Gehäuse macht die Hero 6 zu einem sehr interessanten Gesamtpaket, das mit einem Preis von 569 Euro zwar nicht gerade günstig, aber dennoch zu empfehlen ist. Daumen hoch für den Mut, neue Wege mit einem neuen Prozessor zu gehen!