Michael Myers geht wieder um! 40 Jahre nach John Carpenters genreprägendem Slasher-Film "Halloween" reaktiviert Hollywood den maskierten Kultkiller – und das Franchise. Kann das funktionieren? Unsere Filmkritik zu "Halloween" (2018) gibt Auskunft.
Wiedersehen mit einem Psycho: Die Story
1978: Psychokiller Michael Myers ermordet im Städtchen Haddonfield, Illinois scheinbar grundlos mehrere Menschen. Nur die 17-jährige Laurie Strode (Jamie Lee Curtis in ihrer Paraderolle) kann ihm entkommen. Myers wird noch in derselben Nacht gefasst und kommt in einer Anstalt hinter Schloss und Riegel. Ein Wort spricht er nie.
2018: Laurie hat sich in den 40 Jahren seit ihrer traumatischen Begegnung mit Michael Myers vor allem auf eins konzentriert – das Wiedersehen. In ihrem abgeschiedenen Haus hortet sie unzählige Waffen und Fallvorrichtungen. Ihre mittlerweile erwachsene Tochter Karen (klasse: Judy Greer) ist auf Distanz zu Laurie gegangen. Sie hat trotz oder gerade wegen ihrer Indoktrinierung durch Mutter Laurie nie an Myers, den "Schwarzen Mann", geglaubt.
Doch das dürfte sich ändern: Am Vorabend des 40. Jahrestags der Haddonfield-Morde verunglückt der Bus, in dem Michael Myers zu einer neuen Anstalt gebracht werden soll. Das Böse ist zurück – und Laurie Strode macht sich bereit ...
40 Jahre fade Sequels und Remakes - bis heute!
Obwohl nicht der allererste Slasher-Film der Geschichte, führte "Halloween" das Genre 1978 in den Mainstream. Schier unendlich viele Nachahmerfilme sollten folgen, im Gedächtnis hängen geblieben sind Franchises wie "Freitag der 13." aus den 1980ern oder "Scream" aus den 1990ern. Die insgesamt neun nachfolgenden "Halloween"-Filme schafften es jedoch selten, echten Eindruck zu hinterlassen.
Der neue Teil der Serie ist der rechnerisch elfte. Doch inhaltlich radieren Regisseur David Gordon Green ("Stronger") und sein Team alle anderen Filme einfach weg. Nur das Original von John Carpenter wird beachtet. Eine goldrichtige Entscheidung: Die zahllosen Sequels fügten der Hintergrundgeschichte von Michael Myers und Laurie Strode unnötig viele Details hinzu und verwässerten so den Mythos.

Michael Myers vs. Laurie Strode: Zurück zum Archetyp
Im neuen "Halloween" sind beide wieder zu Archetypen geworden. Michael Myers verkörpert das Unmenschliche, Übernatürliche, "das pure Böse", wie es sein Arzt Doktor Loomis im Originalfilm einst nannte. Die Kaltblütigkeit des stillen Killers schockt heute noch genauso wie einst. Myers tötet ohne Logik, ohne erkennbare Muster, unaufhaltsam, unzerstörbar. Grauenhaft.
Laurie indes ist durch ihr schreckliches Trauma von der naiven Teenagerin von einst zur Waffennärrin à la Sarah Connor aus "Terminator 2" geworden. In puncto Entschlossenheit kann sie es durchaus mit ihrem höllischen Erzfeind aufnehmen. Jamie Lee Curtis, die durch diese Rolle einst als "Scream Queen" berühmt wurde, wirft alles in die Waagschale und liefert eine mitreißende Performance ab. Als Zuschauer drückt man ihrer von Schicksalsschlägen geplagten Figur von Anfang an die Daumen.

"Remix" für Fans und Newcomer zugleich
Newcomer, für die dies der erste "Halloween"-Film im Kino ist, lernen Michael Myers vor den Credits durch die Augen eines Journalistenduos kennen, das – ganz modern – einen True-Crime-Podcast zu den Morden vor 40 Jahren aufnehmen möchte.
Das Drehbuch mischt der grausigen Essenz des Originals einige weitere moderne Zutaten bei, die "Halloween" zu einer Art Remix werden lassen. Fans holt der Film mit beliebten Merkmalen des Slasher-Genres und gelungenen Zitaten ab – überrascht aber immer wieder rechtzeitig durch unvorhergesehene, innovative Twists. Pacing und Inszenierung sind bis auf einen Story-Durchhänger in der Mitte des Films an moderne Sehgewohnheiten angepasst.
Hin und wieder wird "Halloween", ebenfalls sehr zeitgemäß, wirklich lustig. Keine Überraschung eigentlich, haben Regisseur David Gordon Green und Co-Autor Danny McBride vor einigen Jahren doch zusammen an der kultigen Comedy-Serie "Eastbound & Down" gearbeitet. Der Humor in "Halloween" wirkt nie aufgesetzt, sondern hilft dem Zuschauer ganz im Gegenteil über Momente von Brutalität und konzentrierter Spannung hinweg.

Für gelungenen Horror essenziell: Der Soundtrack
Die musikalische Untermalung, mitkomponiert von Altmeister John Carpenter selbst, bringt den Mix aus Alt und Neu akustisch wunderbar auf den Punkt. Immer wieder erklingen Variationen des ikonischen "Halloween"-Themas. In besonders hitzigen Situationen schalten sich klickige Hi-hats und eine kratzende Snare ein. Zusätzlich pumpt eine Bassdrum mit, die den sowieso schon erhöhten Herzschlag des Zuschauers noch weiter anspornt.
Die regelmäßig eingestreuten Retro-Synthesizer erinnern gleichermaßen an Zombiefilme auf VHS wie an moderne Popsongs oder den Score von "Stranger Things". Kurz: Dieser Soundtrack ist genial!
Fazit: "Halloween" ist und bleibt das Original
Die "Halloween"-Reihe holt sich mit diesem Sequel ihren Platz als erste Adresse des Slasher-Films zurück. "Halloween" (2018) ist zeitgemäß, geradlinig, schockierend, brutal und zwischendurch wirklich lustig. Die Spannung bleibt bis auf den etwas schlurfenden Mittelteil konstant hoch, der geniale Soundtrack veredelt die dichte Atmosphäre und lässt "Halloween" so zum Pflichttermin nicht nur für Horrorfreunde werden. Im Gruselmonat Oktober gibt es kaum eine klarere Empfehlung: Ab ins Kino!