Ständiges Sitzen in meist ungesunder Haltung – das ist gefühlt mein Büroalltag. Entsprechend oft habe ich Rückenschmerzen. Was kann ich dagegen tun? Bevor ich den Job wechsle, teste ich den Haltungstrainer Posture PC 100 Control von 8sense by Beurer.
- 8sense: Rückengesundheit im Nacken
- App sensibilisiert für Sitzposition
- Good Vibrations? 8sense im Alltagstest
- Rückenmobilisierung im Großraumbüro
- Office Fitness: Erschöpft bis engergiegeladen
- Biofeedback mit Schockcharakter
- Historie? Fehlanzeige!
- Fazit
Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein Sensor, der im Nackenbereich an den Kragen von Pullover, T-Shirt oder Hemd geklemmt wird. Von dort aus soll er via Körper-Scanning und mithilfe von Algorithmen selbst Mikrobewegungen erfassen. Sitze ich zu lange in einer Position, gibt das Wearable eine Vibration ab. Das gibt mir zu verstehen, dass ich die Sitzposition wechseln sollte. In der App kann ich mir genauere Messwerte anschauen.
8sense: Rückengesundheit im Nacken
Bevor ich den Sensor, den ich in diesem Test der Einfachheit halber 8sense nenne, benutzen kann, muss ich ihn aufladen. Dazu stecke ich den Haltungstrainer in den mitgelieferten USB-Ladeadapter oder verwende das USB-Verlängerungskabel. Beim Laden leuchtet die LED am 8sense orange. Erlischt das Licht, ist der Sensor aufgeladen und einsatzfähig.
Der Sensor misst 60 x 25 x 7,2 Millimeter, ist also etwa daumengroß, und wiegt 14 Gramm. Das klingt nach wenig, doch ich spüre auch dieses geringe Gewicht, nachdem ich den 8sense an den Kragen geclippt habe. Oder genau genommen an das T-Shirt unter meinem Pullover. Es ist Winter und zu kalt für ein Hemd, nur für die Fotos habe ich eines angezogen.
Da der Sensor am T-Shirt unter meinem Pullover befestigt ist, hängt er etwas tiefer. Feedback bekomme ich dennoch. Einzige Schwierigkeit: Wenn ich mich anlehne, kann sich der 8sense ausschalten, da er auf Druck reagiert. Aber das ist während des Tests nur zwei- bis dreimal passiert.
Apropos Ein- und Ausschalten: Laut Tutorial in der dazugehörigen 8sense-App muss der Sensor nur für eine Sekunde gedrückt werden, um ihn einzuschalten. Das reichte im Test jedoch nicht aus. Ich musste länger kräftig drücken, bis er sich eingeschaltet hat. Ich dachte schon, dass der Akku den Geist aufgegeben hat, als ich den Sensor nicht auf Anhieb starten konnte.
Und habe ihn prompt wieder aufgeladen. Unnötig, wie sich herausstellte. Also lange und fest drücken, und der 8sense erwacht zum Leben. Dasselbe gilt fürs Ausschalten. Den Akkustand kann ich in den Einstellungen der Hersteller-App ablesen, wie ich leider erst nach ein paar Tagen bemerkte ... Und der Akku hält locker fünf Tage durch.
App sensibilisiert für Sitzposition
Um alle Funktionen des Haltungssensors zu nutzen, ist die bereits erwähnte 8sense-App notwendig. Die Anwendung informiert zur Einführung, wie schädlich Bewegungsmangel und zu viel Sitzen sind. Und ich lerne: Sitzen ist nicht gleich Sitzen. Es ist vor allem das lange Verharren in einer Sitzposition, das dem Rücken schadet. Idealerweise wechselt man Position und Haltung häufiger und bewegt sich zwischendurch regelmäßig. Mal sehen, ob 8sense mich dazu motivieren kann. In der App gibt es zudem einen Feed namens "Besser Wissen". Er liefert hilfreiche Tutorials zum Sensor und zum Aufbau der Wirbelsäule sowie sogenannte mobilisierende Übungen zum Nachmachen.

Damit der Sensor seinen Dienst verrichtet, muss ich ihn noch kalibrieren. Dazu klemme ich den 8sense mittig an der Rückseite meines T-Shirts fest. In der App starte ich die Kalibrierung. Ich werde aufgefordert, gerade auf dem Stuhl zu sitzen, muss ein paar Sekunden stillhalten – und es ist auch schon überstanden. Die Kalibrierung muss ich jeden Tag wiederholen, damit der Sensor korrekte Messungen durchführt.
Good Vibrations? 8sense im Alltagstest
Kaum habe ich den Clip in Betrieb genommen, spüre ich die erste Vibration. 8sense vibriert fortan immer, wenn ich mich länger als zehn Minuten nicht bewegt habe. Da ich nicht recht weiß, ob es reicht, sich einfach nur etwas anders hinzusetzen, öffne ich die App. Sie gibt mir eine Handlungsempfehlung: "Zeit für Bewegung! Steh' auf und gehe ein paar Schritte." Da ich mich gerade erst an den Schreibtisch gesetzt habe, möchte ich eigentlich nicht gleich wieder aufstehen. Aber ich gehorche dem Coach und verschwinde kurz in der Küche. Der Sensor bemerkt das, nach dem kleinen Ausflug lese ich in der App: "Die Bewegung hat dir gut getan". Gut zu wissen.

Die Anwendung analysiert zudem mein Sitzverhalten. 8sense schlüsselt meine Bewegungen nach Aufrechtphasen, zurückgelehnten Phasen und zurückgelegten Schritten auf. Mein erster Insight: Es ist sehr viel mehr Bewegung beim Sitzen im Spiel als gedacht. Die zweite Einsicht: Es ist immer noch nicht genug. Bei meinem Office-Fitness-Score komme ich kaum einmal über 50 Prozent. Die App attestiert mir Erschöpfung, unter der meine Produktivität und die Rückengesundheit leiden würden. Ich hätte die Lage nicht so dramatisch eingeschätzt. Aber es motiviert mich, mir die Vorschläge der App zu Herzen zu nehmen.
Rückenmobilisierung im Großraumbüro
Und da vibriert der Sensor schon erneut. Diesmal soll ich meinen Rücken mobilisieren. Die passende Übung hat die Anwendung auch parat. Ich soll meine seitliche Rückenmuskulatur dehnen, indem ich meine Arme nach oben strecke und mich für jeweils 30 Sekunden nach links und rechts lehne. Wie gut das klappt, erfasst der Clip direkt. Was mich etwas stört: Ich musste die erwähnte Mobilisierungsübung im Großraumbüro durchführen. Die Kollegen blickten zwar nur kurz auf und widmeten sich dann wieder ihren Bildschirmen, mir war die Aktion dennoch unangenehm.
Sehr viel unauffälliger ist da die Haltungs-Challenge, die in der App angeboten wird. Die Herausforderung: wahlweise fünf, zehn oder fünfzehn Minuten aufrecht und gerade sitzen. Da ist laut App die gesündeste Haltung für den Rücken. Klingt einfach, ist es zu Anfang auch. Fünf Minuten am Stück durchzuhalten ist allerdings anstrengend. Und alle Fehltritte werden live in der App festgehalten. Unnötig zu sagen, dass ich über die fünf Minuten nicht hinausgekommen bin.
Office Fitness: Erschöpft bis engergiegeladen
Zurück zum Office-Fitness-Score: Er bewertet mein Sitzverhalten auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent. So beträgt etwa an einem Tag meine normale Fitness knapp 50 Prozent (noch im Bereich Erschöpfung), auf der Skala blau angezeigt. Durch die Nutzung von 8sense steigt meine Fitness auf 68 Prozent, die Differenz wird orange kenntlich gemacht.
Die App attestiert mir ein gutes, souveränes Sitzverhalten mit Luft nach oben. Im Laufe des Tages kann die Office Fitness steigen oder sinken – je nachdem, wie viel oder wie wenig ich mich bewege. Woran die Anwendung festmacht, wie sich 8sense auswirkt, ist nicht ganz klar. Vermutlich anhand meiner direkter körperlichen Reaktionen aufs Vibrieren und der Befolgung der Handlungsanweisungen.
Biofeedback mit Schockcharakter
Das Vibrieren ist laut Bedienungsanleitung sanft – leider eine Untertreibung. Die Vibrationen sind zum einen so laut, dass meine Kollegen in Besprechungen dachten, ich hätte mein Handy dabei. Dezent geht anders. Optisch fällt der Haltungstrainer dagegen nicht auf, da er am T-Shirt unter dem Pullover verschwindet. Die Vibrationen am Rücken haben mich meist nicht gestört, dennoch würde ich sie nicht als sanft einstufen. Die Option, die Vibrationen abzuschwächen, gibt es in der App leider nicht.
Und so reißt mich der Sensor regelmäßig aus meiner Arbeit. Zumal dem Vibrieren ein Blick aufs Smartphone folgt. Wen das auf Dauer stört, der kann dieses Biofeedback in der App deaktivieren. Ob man dann jedoch aus eigenem Antrieb regelmäßig in die Anwendung schaut und sein Sitzverhalten checkt, wage ich zu bezweifeln.
Historie? Fehlanzeige!
In der Mittagspause lasse ich den Sensor meist dran. Dass ich mich in der Pause viel bewege, belohnt 8sense: Mein Office-Fitness-Status liegt dann bei über 80 Prozent, ich bin somit energiegeladen. Das Niveau kann ich jedoch nicht lange halten. "Sitz gerade", "lehn dich zurück", "hol dir Wasser", "besuche die Kaffeemaschine" – die App hat unzählige Vorschläge, mich zu Bewegung zu inspirieren. Doch es geschieht, was mir bereits beim Test von Garmins Sitzsensor passierte: Nach ein paar Tagen beginne ich, den Sensor zu ignorieren, schaue mir vielleicht ab und an die Vorschläge in der App an, folge ihnen aber immer seltener.
Was mir zur Motivation vor allem fehlt: Ich kann mir nicht den Verlauf meiner Office Fitness ansehen. Zwar wird sie mir in Echtzeit in der App angezeigt, eine Historie oder Trends darüber, wie sie sich von Tag zu Tag oder Woche zu Woche entwickelt, gibt es jedoch nicht. Bei Garmins Sitzsensor, den ich vorletztes Jahr testete, war das anders. Und der Konkurrent hat einen weiteren Vorteil: Statt am Körper wird der Garmin-Sensor am Stuhl befestigt. Nachrichten bekommt man direkt am Bildschirm. So wird man nicht durch Vibrieren aufgeschreckt und muss nicht immer auf das Handy schielen. Beides hat mich beim Arbeiten das eine oder andere Mal aus dem Takt gebracht.
Fazit: Auf dem Papier besser als in der Praxis
Dem Haltungstrainer Posture PC 100 Control von 8sense by Beurer gelingt es tatsächlich, mit Handlungshinweisen, Übungen und Haltungs-Challenges Bewegung in den den starren Sitzalltag zu bringen. Die Nutzung von 8sense war in den ersten Tagen spannend und hat mich zu mehr Bewegung motiviert. Ob ich während des Tests weniger Rückenbeschwerden hatte, kann ich schwer einschätzen. Geschadet hat mir der Haltungssensor bestimmt nicht.
Ich fand es jedoch umständlich, den Sensor jeden Tag neu kalibrieren zu müssen. Auch haben mich die Vibrationen und der folgende Blick in die App wiederholt aus meinem Arbeitsrhythmus gerissen. Die Idee hinter 8sense finde ich gut und wichtig, aufgrund der genannten Schwächen ist der Haltungstrainer aber nicht ideal für den Arbeitsalltag. Für mich stellt Garmins Sitzsensor die bessere Alternative dar.
Das hat mir gut gefallen | Das hat mir weniger gut gefallen |
+ leicht zu bedienen | - zu starke Vibration |
+ motiviert zu mehr Bewegung | - Blick in die App lenkt ab |
+ klar strukturierte App | - keine Trends abgebildet |
+ Akku hält mindestens eine Arbeitswoche |