"His Dark Materials"-Recap #3 und #4: Gebt diesem Bären eine Rüstung!

Merke: Ein Panzerbär ist niemals ein Sklave!
Merke: Ein Panzerbär ist niemals ein Sklave! Bild: © YouTube/HBO 2019

Zugegeben: Unser Recap zu Folge 3 von "His Dark Materials" ließ ganz schön auf sich warten. Aber wie heißt es so schön? Besser spät als nie! Deshalb gibt es in dieser Woche einen Doppel-Recap zu Episode 3 und 4. Passenderweise verpassten uns die Serienmacher in Letzterer ebenfalls einen bärenstarken Doppelschlag.

Achtung, Spoiler!
Du hast es Dir möglicherweise bereits gedacht: Wir gehen im Folgenden ausführlich auf die Handlung von Folge 3 und 4 von "His Dark Materials" ein. Solltest Du die neuesten Episoden noch nicht gesehen haben, liest Du auf eigene Gefahr weiter.

Die ersten zwei Folgen von "His Dark Materials" dienten der Serie als Prolog: Sie erklärten den Nicht-Lesern die Welt, die Autor Philip Pullman erschaffen hat, und brachten die wichtigsten Spielfiguren in Position. Episode 3 rundet diese etwas zu langsame, langatmige Einführung ab: Nach einer schockierenden Enthüllung geht es auf in den Norden, wo es in Folge 4 endlich mit Spaß und Action zur Sache geht. Für mich ist Episode 4 ganz klar die bislang beste Folge von "His Dark Materials"! Aber bevor wir zu Aeronauten und Panzerbären kommen, müssen wir über eine unbequeme Wahrheit sprechen.

Die Mama-Bombe platzt

His Dark Materials Ruth Wilson als Marisa Coulter fullscreen
Manno, ich war doch eine gute Mama – na ja, fast. Bild: © © Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and related channels and service marks are the property of Home Box Office, Inc. 2019

In Folge 3 sucht Marisa Coulter verzweifelt und vor Zorn rasend nach der geflohenen Lyra. Sie betrinkt sich, entsendet gegen alle Regeln des Magisteriums verbotene fliegende Spione und wütet im Jordan College wie ein menschlicher Tsunami. Ein wildes Verhalten, das selbst in ihren eigenen Reihen für reichlich Missbilligung sorgt und an ihrer Machtposition sägt.

In der Zwischenzeit retten die Gypter Lyra vor den Gobblern und verstecken sie vor dem Magisterium – weise Ratschläge von Ma Costa inklusive. "Du wirst sein, wer immer du sein möchtest. Denn dein Weg ist deine Entscheidung. Deine ganz allein", erklärt sie der verwirrten Lyra. Deutlicher hätten die Showrunner die mütterliche Gypterin nicht als Gegenstück zur kontrollwütigen Mrs. Coulter inszenieren können, die ständig davon spricht, Lyra nach ihren Vorstellungen "zu formen".

Ma Costa ist es dann auch (anders als im Buch), die die große Mama-Bombe platzen lässt: Als Lyra verzweifelt wissen will, warum Mrs. Coulter so energisch nach ihr sucht, verrät die Gypterin, dass die Chefin der Gobbler in Wahrheit Lyras leibliche Mutter ist.

Sie sei eine verheiratete Frau gewesen, als sie eine Affäre mit Asriel begann. Ihr rachsüchtiger Ehemann habe Asriel nach Lyras Geburt zum Kampf gefordert – und verloren. Lyra kam nach Jordan College, Asriel wurde als Strafe sein Vermögen genommen und Mrs. Coulter wurde durch den Skandal zur Geächteten – laut Ma Costa die Erklärung für ihr heutiges Verhalten. Aber mal ehrlich: Die gesellschaftliche Ächtung erklärt vielleicht ihr Streben nach Macht, aber noch lange nicht den Drang, Kinder zu entführen und mit ihnen zu experimentieren! Lyra ist ebenso wenig begeistert wie ich.

Der neue Lee Scoresby

Womit wir bei Folge 4 wären, der Episode, in der "His Dark Materials" sich an seine bislang größte und mutigste Abweichung von der Buchvorlage wagt: der Neuerfindung des von Fans geliebten Aeronauten Lee Scoresby. Statt eines rauen, wortkargen Ballonfahrers aus Texas treffen wir gleich zu Beginn der Folge auf eine trällernde Frohnatur – eine unvermeidliche und extrem offensichtliche Anspielung auf die neue Besetzung: Lin-Manuel Miranda, Komponist des preisgekrönten Broadway-Musicals "Hamilton". Miranda spielt Lee Scoresby als notorischen Unruhestifter und Taschendieb mit einem ständigen Augenzwinkern und bildet damit einen krassen Kontrast zu Sam Elliotts originalgetreuem zähen Charakter aus der Verfilmung von 2007.

Diese gewaltige Veränderung eines waschechten Fanlieblings kann man nur hassen oder lieben – mir gefällt sie. Lin-Manuel Miranda sorgt für die gewisse Leichtigkeit und die lustigen Momente, die die Serie bisher schmerzlich vermissen ließ. Besonders die Kneipenschlägerei und das Geplänkel mit Lyra machen schlichtweg Spaß! Und am Ende tut Lee alles nur für seinen Freund: Iorek Byrnison.

Wer braucht schon Schattenwölfe?

Der zweite wichtige Neuzugang in Folge 4 lässt mich prompt an "Game of Thrones" denken. Weißt Du noch, dass die Showrunner beschlossen haben, den Schattenwölfen der Starks nur eine kleinere Rolle einzuräumen, weil ihnen der CGI-Aufwand für die animierten Kreaturen zu teuer war? Tja, "His Dark Materials" scheut diese Kosten offenbar nicht: Die Serie hat einen riesigen CGI-Bären – Pardon, CGI-Panzerbären! Und der kann sich wirklich sehen lassen.

Kaum hat Lyra ihm mithilfe des Alethiometers den Aufenthaltsort seiner gestohlenen, unersetzlichen Rüstung verraten, stürmt Iorek los. Der Panzerbär walzt die halbe Stadt nieder, wirft die austauschbaren Männer des Magisteriums durch die Luft und tanzt dem jämmerlichen Gouverneur der Stadt schließlich wortwörtlich in voller Montur auf dem Kopf herum. Mit Abstand meine bisherige Lieblingsszene in der TV-Serie! Ich freue mich jetzt schon auf die kommenden Schlachten.

Verliebt in eine Hexe

Humor? Check. Action? Check. Fehlen nur noch die großen Emotionen. Geliefert werden sie von Farder Coram. Der alte Gypter erzählt Lyra seine tragische Geschichte: Einst liebte er die Hexe Serafina Pekkala, sie hatten sogar einen Sohn. Doch als der durch eine Seuche ums Leben kam, trennten sich die Wege der Liebenden – seitdem haben sie sich nicht mehr gesehen.

Umso berührender erscheint der Moment, in dem der Dæmon der Hexe, Kaisa, auftaucht. Allein – die Dæmonen von Hexen können sich weit von ihnen entfernen. Farder Coram hat Tränen in den Augen. Und ich? Gänsehaut!

His Dark Materials James Cosmo als Farder Coram fullscreen
James Cosmos Farder Coram muss man einfach mögen! Bild: © © Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and related channels and service marks are the property of Home Box Office, Inc. 2019

War noch was? Achja, die Bösen.

Bei all den Neuen auf der Seite der Guten, könnte man fast vergessen, dass es ja auch noch die andere Seite gibt. Aber eben nur fast.

Mrs. Coulter wird ins Magisterium zitiert, wo der Kardinal sie als Strafe für ihr eigenmächtiges Vorgehen ausbooten will. Aber Marisa Coulter wäre nicht Marisa Coulter, wenn sie nicht noch ein Ass im Ärmel hätte: Sie hat dafür gesorgt, dass die Panzerbären in Svalbard Lord Asriel gefangen nehmen, deren König Iofur Raknison manipuliert sie geschickt. Einmal mehr hat plötzlich die Grande Dame der Oblationsbehörde alle Karten in der Hand. Und die ach so mächtigen Männer? Die können sie nur mit offenem Mund anstarren.

Vom Alethiometer-Beauftragten des Magisteriums will Mrs. Coulter nur eine Frage beantwortet haben: "Wer ist Lyra Belacqua?" Offenbar ahnt sie, dass ihrer Tochter ein weitaus größeres Schicksal vorherbestimmt ist. Eine Erkenntnis, zu der auch John Faa und Farder Coram unterdessen kommen.

Fazit: Endlich geht es richtig los!

Ein Hoch auf Iorek Byrnison und Lee Scoresby! Endlich ist der etwas langatmige Prolog der ersten drei Folgen von "His Dark Materials" abgeschlossen. In Folge 4 gibt es humorvolle Dialoge, tolle Actionszenen und vielversprechende Ansätze für weitere Plot-Entwicklungen. Jetzt heißt es: auf nach Bolvangar, das "Land des Bösen" und Stützpunkt der Gobbler!

Gedanken, die mir noch im Kopf herumschwirren

  • Ein wenig enttäuscht war ich von der Versammlung der Gypter in Folge 3. Im Buch zerreißt John Faa den Gypter Raymond mit Worten in der Luft, als der einwendet, dass Lyra nicht einmal eine von ihnen ist. Mit Verweis auf ihren treuen Verbündeten Lord Asriel weist John Faa ihn darin zurecht: "Seine kleine Tochter befindet sich hier in unserer Obhut, und Raymond van Gerrit will sie für ein wenig Ruhe und Frieden den Behörden übergeben. Stimmt das, Raymond? Steh auf und antworte, Mann." Das Ergebnis: "Aber Raymond van Gerrit war auf seinen Platz gesunken und nichts hätte ihn dazu bringen können, wieder aufzustehen." Diese Stärke und Bestimmtheit lässt der Serien-Faa hier eindeutig vermissen. Schade!
  • Jaja, wir haben es verstanden: Lord Boreal sucht noch immer nach dem, was Grumman entdeckt hat. Damit wir das auch ja nicht vergessen, gibt es in Folge 4 noch einmal den Wink mit dem Zaunpfahl.

TURN ON-Score: 4/5

Sendehinweis
Die neueste "His Dark Materials"-Folge wird jeden Montag auf Sky Atlantic HD ausgestrahlt und ist parallel via Sky Ticket, Sky Go und über Sky Q abrufbar. Zudem steht jede Episode wöchentlich bei folgenden Anbietern zum digitalen Download zur Verfügung: Amazon Prime Video, iTunes, Google Play, Maxdome Store, Videoload, PlayStation Store, Microsoft Store und Chili.
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