Mit dem Honor 10 ist ein neuer Flaggschiff-Herausforderer für 400 Euro erhältlich. Auf dem Papier braucht sich das Smartphone nicht vor dem Huawei P20 für 650 Euro zu verstecken. Wir haben im Test geprüft, ob das Honor 10 wirklich an das Huawei P20 heranreicht.
- Design und Verarbeitung: Glas und Metall auf P20-Niveau
- Ausstattung und Leistung: Nahe dran...
- Kameras und Audio: Schlechter und besser
- Fazit: Preiswertes Smartphone der oberen Mittelklasse
Design und Verarbeitung: Glas und Metall auf P20-Niveau
Das Honor 10 sieht dem Vorbild Huawei P20 vom Schwesterunternehmen sehr ähnlich. Auf der Vorderseite ist die "Notch" mit Selfie-Kamera oben ins Display eingelassen, während der Rahmen unterhalb des Displays den Fingerabdrucksensor beherbergt. Ungewöhnlich: Der Fingerabdrucksensor, der auch als Home-Button dient, steckt unter dem Displayglas. Vermutlich funktioniert die Erkennung darum etwas langsamer als bei der Konkurrenz.
Der Rahmen des Honor 10 besteht aus Aluminium und die Rückseite aus Glas. Honor verzichtet dabei auf das bekannte Schutzglas Gorilla Glass für Vorder- und Rückseite und setzt stattdessen auf ein anderes, ähnlich gebautes Schutzglas, das zu den Seiten hin leicht gewölbt ist ("2,5D"). Die Glasrückseite unseres Testgeräts mit der Farbe "Phantom Blue" erstrahlt je nach Blickwinkel und Lichteinfall in verschiedenen Farben zwischen Hellblau und Violett. Das Farbenspiel ist ein echter Blickfang und sieht fantastisch aus.

Im Gegensatz zum Huawei P20 sind Dual-Kamera und Schriftzüge auf der Rückseite horizontal angeordnet und nicht vertikal. Welche Anordnung dem Nutzer besser gefällt, ist Geschmackssache. Mono-Lautsprecher, USB-C-2.0-Port und Kopfhöreranschluss sind unten angebracht, während der Dual-SIM-Kartenslot links sitzt. Oben ist ein selten gewordener Infrarot-Sender anzutreffen, den das Huawei P20 nicht an Bord hat. Damit lässt sich das Smartphone auch als Fernbedienung für den TV nutzen. Auf der rechten Seite hat Honor den Power-Button und die Lautstärkewippe untergebracht.
Urteil: Design und Verarbeitung befinden sich auf Flaggschiff-Niveau und ähneln jenen des Huawei P20.
Ausstattung und Leistung: Nahe dran...
Auf dem Papier sehen sich das Huawei P20, das immerhin 250 Euro mehr kostet, und das Honor 10 sehr ähnlich. Unsere Erfahrung mit Honor-Smartphones hat uns jedoch gelehrt, dass man genauer hinsehen muss. Zum Beispiel verbaut Honor in der Regel einen langsameren internen Speicher der eMMC-Sorte in seinen Smartphones. Im Honor 10 hingegen steckt tatsächlich ein blitzschneller UFS-2.1-Speicher, der sich auch in rasanten App-Ladezeiten bemerkbar macht. Unser Testmodell für 450 Euro bietet sogar einen 128 GB großen UFS-2.1-Speicher. Das ist für den Preis bemerkenswert.
Für die Leistung sorgt, wie beim Huawei P20, der hauseigene Kirin 970 nebst 4 GB Arbeitsspeicher. In der Praxis sind die Smartphones ungefähr gleich schnell: Apps und Spiele laden rasant, der Seitenaufbau klappt schneller als bei der 400-Euro-Konkurrenz und nur die anspruchsvollsten Games wie "PUBG Mobile" könnten in den höchsten Einstellungen noch mehr Grafikpower vertragen. Einen Nachteil gibt es gegenüber dem Huawei P20 aber: Das Smartphone erhitzt sich bei längeren Gaming-Einsätzen spürbar und leidet dann auch unter einer Drosselung der Leistung.
Mit unseren Adleraugen haben wir aber eine Ausstattungs-Lücke im Vergleich zum Huawei P20 entdecken können. So begnügt sich das Honor 10 mit einem langsameren USB-C-2.0-Port im Unterschied zu USB-C 3.1 Gen 1 des P20. Andererseits hat das Honor 10 dem Huawei P20 einen Klinkenanschluss und einen Infrarot-Port voraus. Dann wäre da jedoch die Akkulaufzeit: Mit dem Honor 10 kommt man gut über den Tag, aber das Huawei P20 läuft noch ein paar Stunden länger.

Adleraugen sind nicht nötig, um den wohl größten Vorzug des Huawei P20 erkennen zu können: Dessen LTPS-Display reicht mit seinen leuchtenden Farben, dem hohen Kontrast und der guten Ablesbarkeit bei Sonnenlicht fast an OLED-Qualitäten heran. Das 5,84 Zoll große IPS-Display des Honor 10 liefert zwar eine ordentliche Qualität, aber kann da nicht mithalten. Unter der Sonne wäre eine höhere Helligkeit wünschenswert gewesen und auch der Kontrast ist nicht auf dem hohen P20-Niveau angesiedelt.
Urteil: Die Unterschiede zwischen dem Honor 10 und dem Huawei P20 bei Ausstattung und Leistung sind eher geringfügig und so liegt das Honor 10 auch hier auf Flaggschiff-Niveau. Nur das P20-Display ist erkennbar (noch) besser.
Kameras und Audio: Schlechter und besser
Die Kameras des Honor 10 stammen nicht von Leica – und sie erreichen auch nicht das Niveau der sehr guten Huawei-P20-Kameras. Das Honor 10 bietet eine Dual-Cam mit einem 16-Megapixel-Farbsensor und einem 24-Megapixel-Monochromsensor, der außerdem für die Tiefenschärfe zuständig ist. Davon abgesehen blickt der Nutzer vorne in eine hochauflösende 24-Megapixel-Selfie-Kamera.

Eine optische Bildstabilisierung wurde beim Honor 10, wie beim Huawei P20, leider nicht verbaut, sondern die Smartphones verlassen sich auf eine digitale Stabilisierung, die Verwacklungen nicht so effektiv entgegenwirken kann. Bei Fotos wirkt sich der Mangel generell weniger dramatisch aus, mit einer Ausnahme: Der Nachtmodus, der Fotos besonders lange belichtet, ist beim Honor 10 schlicht nutzlos. Das Problem besteht darin, dass der Nutzer das Smartphone in diesem Modus mehrere Sekunden ruhig halten muss. Das klappt beim Huawei P20 Pro mit seiner aufwendigen optischen Bildstabilisierung gut, aber beim Honor 10 wird dies niemandem gelingen, der keine unbewegliche Wachsfigur ist.
Zum Glück erreichen Nachtaufnahmen auch ohne den Nachtmodus ein für Smartphone-Verhältnisse gutes Niveau. Das trifft auf Tageslichtaufnahmen umso mehr zu. Insgesamt lässt sich die Tageslicht-Fotoqualität mit jener des Nokia 7 Plus für ebenfalls 400 Euro vergleichen, wobei die Honor-10-Fotos etwas dunkler ausfallen. Im Vergleich zum Huawei P20 wird das Motiv im Vordergrund bei Bokeh-Aufnahmen nicht so häufig scharf getroffen. Dafür überzeugt, wie schon beim P20, die sehr gute Software-Simulation unterschiedlicher Blendenwerte. Sie sorgen für die künstlerisch anmutenden Unschärfe-Effekte.
Auch erreichen die Schwarz-Weiß-Aufnahmen nicht denselben Dynamikumfang wie beim Huawei-Vorbild. Die Selfie-Kamera neigt, wie Selfie-Kameras das leider häufig tun, zur Überbelichtung. Achtet der Nutzer darauf, profitiert er von sehr detaillierten Porträts. Die Videos mit der Dual-Kamera leiden derweil stärker als die Fotos unter der fehlenden optischen Bildstabilisierung. Davon abgesehen sehen die Clips mit bis zu 4K-Auflösung bei 30 FPS gut aus, wenn auch nicht so gut wie die Fotos, und auch die Audio-Aufnahmequalität überzeugt. Das Nokia 7 Plus bleibt bei der Audio-Aufnahmequalität aber Vorreiter.
Es bleibt die Frage, ob und wie die Künstliche Intelligenz des Smartphones die Bildqualität verbessern kann. In der Praxis scheint sie vor allem die Sättigung der Bilder zu erhöhen, sodass die Farben knalliger wirken. So fallen die Fotos in den sozialen Medien mehr auf. Weitere Vorteile erkenne ich leider nicht. Kollege Patrick Schulze schätzt die KI-Verbesserung von Fotos hingegen optimistischer ein.

Der einzelne Lautsprecher ist leider unten am Gehäuse angebracht, weshalb er leicht mit den Fingern verdeckt werden kann. Vermeidet der Nutzer das, wird er mit einem kräftigen und dynamischen Klang belohnt. Auch der Klang via Klinkenanschluss überzeugt, reicht aber nicht an jenen des referenzverdächtigen Moto G6 Plus heran. Die Audioqualität via Kopfhörer am Klinkenanschluss lässt sich bei Smartphones nicht am Preis ablesen, worüber sich die Kollegen von GSM Arena mit ihrem professionellen Audio-Messgeräten schon seit Jahren wundern.
Urteil: Kameras und Audioqualität via (nicht mitgeliefertem) Kopfhörer und Lautsprecher überzeugen für die gehobene Mittelklasse.
Fazit: Preiswertes Smartphone der oberen Mittelklasse

Das Honor 10 ist ein preiswertes Smartphone der oberen Mittelklasse. Leistung, Design und Ausstattung borgt es sich teils sogar von Flaggschiffen wie dem in vielerlei Hinsicht ähnlichen Huawei P20. Die nur guten Kameras, das nur gute IPS-Display und die nur ordentliche Akkulaufzeit holen das Smartphone aber wieder in die Mittelklasse zurück. Im Preisbereich bis zu 400 Euro wischt das Honor 10 allerdings mit der Konkurrenz den Boden auf.
Das hat uns gefallen | Das hat uns weniger gut gefallen |
+ Flaggschiff-Leistung + Flaggschiff-Design + Sehr gute Ausstattung + Gute Kameras + Sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis |
- Kameras ohne optische Bildstabilisierung - Akkulaufzeit nur in Ordnung - Kein Headset im Lieferumfang |