Das HTC U Ultra hat im Test mit sehr ungewöhnlichen Qualitäten überrascht. Welche das sind und ob diese ausreichen, um im Flaggschiff-Wettkampf der Smartphone-Hersteller zu bestehen, klären wir im folgenden Check.
Für HTC markiert das U Ultra in gewisser Weise einen Neuanfang. Nachdem der taiwanesische Hersteller jahrelang für mittelgroße Smartphones im Aluminium-Gewandt bekannt war, ist das Ultra das erste Flaggschiff, das aus diesem Design-Korsett ausbricht. Doch auch in manch anderer Hinsicht weiß das Phablet zu überraschen.
Das Design: Wie ein großer Diamant
Das HTC U Ultra ist ein großes Smartphone – sogar für ein 5,7-Zoll-Gerät. Wo andere Hersteller mit einem beinahe rahmenlosen Design experimentieren und Ecken möglichst abrunden, gibt es hier einen recht großen Geräte-Grundriss. Doch nicht nur aufgrund der Größe sticht das Ultra heraus, sondern auch das Design an sich zieht die Blicke auf sich. Die komplett gläserne und leicht geschwungene Rückseite des Smartphones wurde nämlich konsequent auf Hochglanz poliert – alles glänzt, schillert, spiegelt. HTC nennt diese Optik Liquid Design und verwendet dazu mehrlagig verklebtes Glas, um dem Smartphone nicht nur eine einzigartige Optik zu verpassen, sondern auch um gleichzeitig die Stabilität zu erhöhen.
Bilder können die Optik des HTC U Ultra dabei nur schlecht transportieren. In natura erinnert das Smartphone tatsächlich beinahe an einen riesigen Handy-förmigen Diamanten. Keine Frage, wer in der Öffentlichkeit ein U Ultra zückt, wird auffallen. Ob das allerdings den Geschmack aller Kunden trifft, steht auf einem anderen Blatt. Für so manchen Nutzer mag das sicherlich ein Tick zu viel sein. Hinzu kommt, dass die gläserne Rückseite natürlich auch Fingerabdrücke magisch anzieht, was den optischen Gesamteindruck dann doch ein wenig trübt. Das rechteckige Kamera-Design ähnelt stark dem der aktuellen Samsung-Geräte und der ziemlich üppige Kamera-Buckel weckt Erinnerungen an das Galaxy S6.
Das Display und das andere Display
Frontal wirkt das HTC U Ulta hingegen schon fast schlicht. Der schwarze Rahmen um das Display fällt sowohl an den Seiten als auch oben und unten recht üppig aus. Zumindest oben hat das jedoch einen Grund. Dort sitzt nämlich ähnlich wie beim LG V10 ein zweites Sekundär-Display. Doch kommen wir zunächst zum Hauptbildschirm: Der hat eine Diagonale von 5,7 Zoll und löst mit 2560 x 1440 Pixeln auf. Helligkeit und Kontrast können sich für ein IPS-LCD-Panel dabei durchaus sehen lassen. Wählt man ein schwarzes Wallpaper, scheint der Bildschirm beinahe übergangslos mit dem Rahmen zu verschmelzen.

Das Zweit-Display verfügt über eine Auflösung von 1040 x 160 Pixeln und sitzt wie beim LG V10 rechts über dem Hauptscreen. Hier lassen sich Shortlinks zu Apps, Einstellungen oder Kontakten ablegen, auf Wunsch auch das aktuelle Wetter oder Termine und Erinnerungen. Ist das Hauptdisplay ausgeschaltet, können auf dem Sekundär-Screen trotzdem jederzeit Datum und Uhrzeit abgelesen werden. Es handelt sich zwar nicht um ein Always-On-Display, aber der zweite Screen springt an, sobald das Smartphone zur Hand genommen wird. Insgesamt bleibt das Zweit-Display trotzdem eher ein Gimmick, denn die meisten der Funktionen lassen sich in Form von Shortcuts ohne großen Aufwand auch auf dem Hauptscreen platzieren.
Starke Technik für Top-Performance
Das Herz des HTC U Ultra ist ein Snapdragon 821-Prozessor, wie ihn auch das aktuelle LG G6 oder das Google Pixel XL besitzen. Dieser gehört nach wie vor zur Top-Klasse, wenn es um Smartphone-Chips geht und sorgt im Alltag dafür, dass das Ultra mit einer hervorragenden Arbeitsgeschwindigkeit aufwartet. Für Multitasking-Freunde verbaut HTC zusätzlich 4 GB RAM, was ebenfalls mehr als ausreichend ist. Wenn wir meckern wollten, könnten wir jetzt anmerken, dass der Snapdragon 821 nicht mehr der allerschnellste Prozessor aus dem Hause Qualcomm ist und erst kürzlich vom Snapdragon 835 im Samsung Galaxy S8 abgelöst wurde. Das wäre allerdings nur motzen auf sehr hohem Niveau, da Nutzer im Alltag keinerlei Einschränkungen feststellen werden.

Beim Speicher bietet HTC übrigens üppige 64 GB an, gemeinsam mit der Möglichkeit, diesen per microSD-Karte um maximal 256 GB zu erweitern – aber das erwarten wir auch von einem Smartphone dieser Preisklasse.
Software: Konkurrenz für Google Now?
Als Software-Basis dient dem HTC U Ultra Android 7.0 Nougat mit der Sense-Oberfläche des Herstellers. Diese fällt glücklicherweise sehr schlank aus und verzichtet fast vollkommen auf überflüssige Bloatware. Eine neue App, die HTC erstmals auf den Smartphones der U-Reihe anbietet, ist der Sense Companion. Das ist eine Art digitaler Assistent, der das Nutzungsverhalten des Besitzers analysieren soll und diesem dann verschiedene Infos und Dienste anbieten soll. In der Praxis sind das vor allem Infos zu Wetter, Verkehr und Orten. Außerdem ist der Schrittzähler des Smartphones in den Companion integriert. Wunder sollten Nutzer hier nicht erwarten, denn de facto kopiert das Programm einfach viele Funktionen, die Google Now ohnehin ebenfalls liefert. Eine Sprachsteuerung gibt es für den Sense Companion nicht.
Die Kamera: Der Buckel lohnt sich
Früher galten die Kameras als eine der großen Schwächen von HTC-Smartphones, doch mittlerweile können sie getrost als Stärke angesehen werden. Das ist auch beim HTC U Ultra so, das in unserem Test in den meisten Situationen sehr gute und natürliche Bilder ablieferte. Lediglich in einigen Situationen wirkten Bildausschnitte überbelichtet oder die Farben zu blass.
Insgesamt macht die 12-Megapixel-Optik mit der f/1.8-Linse jedoch einen guten Job und auch die Ultrapixel-Frontkamera weiß zu überzeugen. Für Selfie-Fans könnte der 16-Megapixel-Sensor eine wahre Freude sein. Videos filmt das U Ultra wahlweise in 4K mit maximal 30 Bildern pro Sekunde, in Full-HD mit maximalen 60 Bildern oder in 720p mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde.
Akku und Fingerabdruckscanner überzeugen
Der Akku des HTC U Ultra besitzt ein Fassungsvermögen von 3000 mAh und hätte nach unserem Geschmack für ein Smartphone dieser Größe gerne noch etwas üppiger ausfallen dürfen. Allerdings müssen wir auch festhalten, dass der Batteriespeicher für den Alltag durchaus brauchbar ist und wir bei sehr moderater Nutzung durchaus bis zu zwei Tage Laufzeit aus dem Gerät herauskitzeln konnten. Vollständig aufgeladen ist der Akku dank Schnellladetechnik in weniger als anderthalb Stunden.
Ebenfalls nichts zu meckern gibt es beim Fingerabdrucksensor, der sich wie schon beim HTC 10 unter einem Touch-Feld auf der Vorderseite befindet. Das Feld dient gleichzeitig als Homebutton und liefert beim Drücken ein haptisches Feedback. So elegant, wie die Taptik-Engine des iPhone 7 ist das aber nicht gelöst. Auch die sonstigen Bildschirmtasten von Android sind beim HTC U Ultra nicht auf dem Screen selbst untergebracht, sondern als Touch-Buttons rechts und links neben dem Home-Button in den Rahmen integriert.
Die Frage nach dem Kopfhöreranschluss
Ein echtes Ärgernis ist das Fehlen eines Kopfhöreranschlusses. Nach Apple und Motorola ist HTC bereits der dritte Hersteller, der in einem High-End-Smartphone auf den 3,5-Millimeter-Klinkenanschluss verzichtet. Kopfhörer lassen sich demnach nur über den USB-Type-C-Port oder via Bluetooth mit dem Smartphone verbinden. Begründet wird diese Entscheidung vom Hersteller durch das Design, bei dem der extrem schmale Metallrahmen um das Smartphone herum schlicht nicht genug Platz für einen Kopfhöreranschluss biete.

Kritisieren kann man die Entscheidung natürlich dennoch, zumal HTC einen taktischen Fehler begeht: Wo Apple und Motorola ihren Smartphones einen Adapter von USB Type-C auf Klinke beilegen, packt HTC lediglich ein paar Kopfhörer mit USB Type-C mit dazu. Der mag im ersten Moment besser klingen, sorgt aber dafür, dass Nutzer ihre eigenen Kopfhörer mit Klinkenstecker gar nicht mehr an das HTC U Ultra anschließen können – es sein denn, sie besorgen sich aus anderer Quelle einen Adapter.
Fazit: Ein gutes, aber sehr spezielles Smartphone
Eine abschließende Wertung zum HTC U Ultra zu finden, fällt gar nicht so leicht. Unterm Strich bietet das Smartphone ein edles Design und eine Top-Ausstattung für einen stolzen Preis. Allerdings dürften die teilweise mutigen Design-Entscheidungen von HTC sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen. Ja, das Smartphone ist ein Hingucker, allerdings zieht die Rückseite auch Fingerabdrücke wie ein Magnet an. Ja, das zweite Display ist nett, aber kein essenzielles Feature und ja, die Verarbeitung ist sehr hochwertig, der fehlende Kopfhöreranschluss jedoch ein klares Manko.
Am Ende wird wohl vor allem die auffällige Optik den Ausschlag dafür geben, ob jemand das HTC U Ultra für den Preis von 699 Euro kaufen möchte oder nicht. Die Konkurrenz ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern. Für ein paar Euro weniger gibt es beispielsweise auch ein Huawei Mate 9, das zwar kein Sekundär-Display hat, dafür aber eine Dual-Kamera und einen Kopfhöreranschluss.