Es zählte zu den Stars des diesjährigen MWC in Barcelona: Das Huawei MateBook ist das erste Convertible aus dem Hause Huawei und soll es mit dem Microsoft Surface Pro 4 ebenso aufnehmen wie mit dem iPad Pro. Warum das nicht klappt und wieso Samsung davon profitieren könnte, erklären wir im Test.
Kurze Info vorab: Dieser Testbericht wurde komplett auf dem Huawei MateBook geschrieben. Sollten nach dem Lektorat noch Tippfehler enthalten sein, dann ist das wohl dem wabbeligen Tastaturerlebnis geschuldet.
Huawei MateBook: Basisversion + Tastatur für 899 Euro
Auf dem Mobile World Congress 2016 hat Huawei kein neues Smartphone vorgestellt. Stattdessen feierte das erste Convertible des Herstellers seine viel beachtete Premiere. Für Aufsehen sorgte der Hybrid aus Tablet und PC nicht nur mit seinem Design, das auf den ersten Blick schon sehr ans große iPad Pro erinnert. Auch das Zubehör in Form von Tastaturhülle, Stylus und Dock mit schickem Etui in Lederoptik steigerte die Vorfreude auf den Release. Jetzt ist das Huawei MateBook offiziell in Deutschland erhältlich, der Stylus und das Dock aber leider noch nicht.
Für 899 Euro gibt es also zunächst nur das Bundle aus Huawei MateBook und Tastaturhülle, Ersteres in der Basisversion. Heißt: Intel Core m3 mit maximal 1,5 GHz, 4 GB RAM und 128 GB internem Speicher. Mit Core m5, 8 GB RAM und 256 GB Speicher werden schon 1172 Euro für das Paket mit Tastatur fällig. Günstiger als das Surface Pro 4, das bei Microsoft immer noch mindestens 999 Euro kostet, ist das Huawei-Tablet dennoch. Das iPad Pro startet mit gut 800 Euro etwas günstiger, allerdings müssen die Tastaturen bei Apple und Microsoft separat gekauft werden.
Design: Das iPad Pro aus China
Wer in der Kategorie Convertible antritt, muss sich zwangsläufig dem Vergleich mit Surface Pro 4 und iPad Pro stellen. Rein optisch ist sofort klar, welchen Weg Huawei mit dem MateBook einschlägt. Das edle Design ist zweifelsohne vom Apple-Tablet "inspiriert", mit dem Microsoft-Modell hat das Huawei-Convertible kaum etwas gemein. Und das ist durchaus positiv zu bewerten: Das Aluminiumgehäuse des MateBook fällt nämlich äußerst schlank aus, mit rund 640 Gramm ist es zudem spürbar leichter als das Surface, das je nach Variante gut 100 bis 150 Gramm mehr auf die Waage bringt. Die reine Nutzung als Tablet macht das natürlich angenehmer. Abgerundet wird das edle Design des MateBook von schön schmalen Displayrändern, Apple-like abgerundeten Kanten und einem matten Metallfinish auf der Rückseite – je nach Version in Gold oder Grau.
Display: Gut mit kleiner Schwäche
In die schmalen weißen Ränder der Vorderseite ist ein 12-Zoll-Display im 3:2-Format eingefasst. Das Huawei MateBook fällt also etwas kleiner aus als die Konkurrenz, die Auflösung weiß mit 2160 x 1440 Pixeln aber ebenso zu begeistern. Der LCD-Screen ist im Regelfall ausreichend hell, Arbeiten bei seitlichem oder von hinten kommendem Lichteinfall wird jedoch durch etwas zu starke Spiegelungen erschwert. Kontrast und Farben können insgesamt überzeugen, dem Samsung Galaxy Tab Pro S mit seinem AMOLED-Display kann das Huawei MateBook aber nicht das Wasser reichen. Toucheingaben, auch die unterstützten Multitouch-Gesten, erkannte das Gerät im Test einwandfrei und schnell.
Hard- & Software: An der PC-Nutzung hapert's
Softwareseitig geht Apple ja bekanntlich seinen eigenen Weg. Hier macht es Huawei daher wie Microsoft und bietet das MateBook wahlweise mit Windows 10 Home oder Windows 10 Pro an. Damit hebt es sich auch von den reinen Tablets aus dem Hause Huawei wie dem MediaPad M2 ab. Das MateBook will eben nicht nur Tablet sein, sondern auch als Notebook genutzt werden. Unter diesem Gesichtspunkt war der Hersteller aber überraschend sparsam beim Verteilen der Anschlüsse. Außer einem USB Typ-C-Port und einem Standard-Kopfhöreranschluss gibt es nichts zum Anschließen von Peripheriegeräten. Kabellos können Daten immerhin noch via WLAN oder Bluetooth 4.1 übertragen werden. Äußerst ärgerlich aber: Das Huawei MateBook wird über den einzigen USB Typ-C-Anschluss auch geladen. Wer kein Dock mit weiteren Anschlüssen besitzt, kann das Convertible also nicht laden und gleichzeitig eine Maus oder einen Monitor nutzen.
Angetrieben wird das Testgerät von einem Intel Core m3, einem Dual-Core-Prozessor mit einer maximalen Taktfrequenz von 1,5 GHz. Großer Vorteil der Core m-Chips in Convertibles: Sie brauchen keine Lüfter, ermöglichen daher eine schlanke Gerätebauweise und eine geräuscharme Nutzung. Allerdings sind sie auch nicht so flott wie die Intel Core i-Prozessoren, die in den teureren Surface Pro 4-Varianten zum Einsatz kommen. Außerdem wird die Metallrückseite des Huawei MateBook beim Arbeiten sehr warm. Wer das Hybrid-Modell stark fordert, wird es früher oder später an seine Grenzen bringen.
So sparsam Huawei beim Verteilen mit Anschlüssen war – mit einem Ausstattungsdetail kann sich das MateBook gegenüber der Konkurrenz profilieren: dem Fingerabdrucksensor. Dieser arbeitet schnell und präzise und ist damit eine wirklich praktische Alternative zum Entsperren per PIN oder Kennwort. Auch die beiden Lautsprecher an der Oberseite können beeindrucken. Drückenden Bass darf man aufgrund der schlanken Bauweise zwar nicht erwarten. Mitten und Höhen gibt das MateBook aber erstaunlich klar wieder, selbst auf der höchsten Lautstärkestufe. Sparsamer war Huawei wiederum in Sachen Kamera. Davon bringt das Convertible nämlich nur eine mit. Die Auflösung der 5-Megapixel-Frontkamera ist für Videotelefonie ausreichend. Und dass man aufgrund der fehlenden Rückkamera niemanden mit dem MateBook auf Sightseeing-Tour fotografieren sehen wird, kann ja auch ein Segen sein...
Tastatur: Enttäuscht auf ganzer Linie
Wirklich grausig wird die Nutzung als PC aber durch die im Bundle enthaltene Tastaturhülle. Die mag in ihrem Lederlook (nein, kein echtes Leder wie beim LG G4) vielleicht ganz schick aussehen und das MateBook beim Transport gut schützen. Auch bieten die Tasten immerhin 1,4 Millimeter Druckweg und das Touchpad fällt schön groß aus. Das war es dann allerdings auch mit den Pluspunkten.
Dass die Tastatur gutes und produktives Arbeiten nicht wirklich zulässt, liegt vor allem daran, dass der Klappmechanismus, der als Ständer für das Tablet dienen soll, wirklich schlecht konzipiert ist. Theoretisch soll das Aufstellen in zwei Winkeln möglich sein, praktisch ist fast nur ein Winkel zu nutzen – und dieser ist viel zu steil für das Arbeiten an einem Schreibtisch. In der zweiten Position hält das MateBook nur, wenn man sehr vorsichtig ist. Die Magneten in der Hülle sind nämlich zu schwach, um es zuverlässig gegen das Umfallen zu schützen. Unterwegs oder mit Tablet auf dem Schoß in dieser Position zu arbeiten, ist daher nahezu unmöglich.
Im Vergleich zur Tastatur des Surface Pro 4 ist das MateBook-Keyboard außerdem viel weicher, gibt bereits bei leichtem Druck nach und war schon nach dem ersten Auspacken leicht durchgebogen. Auch lässt es sich nicht anwinkeln und vermittelt so insgesamt ein furchtbar wabbeliges Tippgefühl. Die Tasten kommen zwar mit Hintergrundbeleuchtung. Diese ist aber nicht nur sehr ungleichmäßig und schwer abzulesen (helles Tastatur-Layout plus helles Licht), sie scheint auch nach Belieben an- und auszugehen. Das stört mehr, als dass es nutzt.
Akkulaufzeit: Arbeitstauglich? Nur bei Teilzeitbeschäftigung
Doch selbst wenn man sich mit dem Keyboard arrangieren kann oder eine andere Tastatur anschließt, kann das Huawei MateBook nicht als Arbeitsgerät überzeugen. Einer der größten Knackpunkte ist nämlich die Akkulaufzeit. Während der Hersteller von neun Stunden Videowiedergabe spricht, wollte das Convertible im Test nach ziemlich genau vier Stunden wieder an den Strom. Dabei haben wir weder rechenaufwendige Grafikprogramme noch die höchste Stufe der Display-Helligkeit genutzt. Die Tastatur leuchtete erst nach drei Stunden hin und wieder mal auf, kann also ebenfalls nicht stark am 4430-mAh-Akku gesaugt haben. Einfache Textbearbeitung, ein Chat-Programm, zwei Browser-Fenster mit einigen Tabs und zwei, drei YouTube-Videos haben gereicht, um sämtliche Energie des MateBook zu fressen. Über einen Arbeitstag dürfte damit also niemand kommen, sofern er keine 20-Stunden-Woche oder weniger hat.
Fazit: So viele Kompromisse...
Mit seinem ersten Convertible sorgte Huawei für viel Aufsehen – und macht auch einiges richtig. Aber längst noch nicht alles. Das schicke Design, der schnelle Fingerabdrucksensor und das ordentliche Display stehen der dürftigen Ausstattung mit wenigen Anschlüssen, der schlecht konzipierten Tastaturhülle und der miesen Akkulaufzeit gegenüber. Nachteile, die sich vor allem bei der Nutzung als PC bemerkbar machen. Einen "New Style of Business" wird Huawei damit nicht etablieren – zumindest noch nicht.
Vielleicht ist es ja wie bei den Smartphones: Erst versuchte Huawei zu kopieren, bevor man die eigene Linie fand und diese mittlerweile erfolgreich aufgestellt hat. Bis dahin sollten sich Convertible-Interessierte lieber anderswo umsehen. Das Surface Pro 4 und das iPad Pro sind zwar etwas teurer, aber auch besser. Als sehr ähnliche Alternative kommt zudem das Samsung Galaxy Tab Pro S infrage, das vom Nutzer deutlich weniger Kompromisse verlangt als das noch unausgereifte Huawei MateBook.