Das Huawei P20 Pro ist das erste Smartphone mit drei Kameras auf der Rückseite. Eine davon löst mit satten 40 Megapixeln auf und bietet einen größeren Sensor als die Konkurrenten. Im Test haben wir geprüft, wie gut sich die Triple-Kamera schlägt und was das P20 Pro sonst noch zu bieten hat.
Design und Verarbeitung: Hohes Niveau
Das Huawei P20 Pro bietet eine glänzende Glasrückseite in verschiedenen Farben und einen Metallrahmen. Die Verarbeitung überzeugt, das Smartphone wirkt sehr solide und liegt in diesem Bereich beinahe auf iPhone-X-Niveau. Nur Kleinigkeiten wie die Plastik-Knöpfe an der Seite und die deutlich aus dem Gehäuse herausragenden Kameras halten es zurück. Die "Notch" im Display, eine Kerbe für Selfie-Kamera und Blitz, ist Geschmacksache. Wer sie nicht mag, kann sie durch schwarze Balken verbergen.
Der Fingerabdrucksensor ist unter dem Display auf der Vorderseite angebracht. Da er sich direkt unter den Navigationsbuttons befindet, muss der Nutzer aufpassen, diese nicht versehentlich zu berühren. Auf einen Klinkenanschluss hat Huawei im Gegensatz zum Galaxy S9 leider verzichtet und das Gerät ist nur nach IP67 und nicht nach IP68 wasserdicht, also ist die Tiefe auf bis zu einen Meter begrenzt. Gut hingegen: Das P20 Pro verzichtet auf das unpraktische Dual-Edge-Design des Galaxy S9 und lässt sich somit einfacher bedienen, ohne dass der Nutzer versehentlich den Bildschirm berührt.

Ausstattung und Leistung: Galaxy S9 liegt vorne
Der interne Speicher des P20 Pro beträgt üppige 128 GB, ist aber nicht mit einer microSD-Karte erweiterbar. Das Galaxy S9 bietet derweil nur 64 GB und dafür einen microSD-Karteneingang. Immerhin unterstützt das P20 Pro Dual-SIM. Das 6,1 Zoll große OLED-Display von Huaweis Flaggschiff löst mit 2240 x 1080 Pixeln auf, was allerdings vom Galaxy S9 Plus mit seinem schärferen 6,2 Zoll großen Display, das mit 2960 x 1440 Pixeln auflöst, überboten wird.
Insgesamt wirkte das OLED-Display des Galaxy S9 beeindruckender. Das könnte aber auch am (noch) mangelnden HDR-Support der YouTube-App auf dem P20 Pro liegen. So konnten wir die theoretisch gegebene HDR-Unterstützung nicht testen. Das Display des P20 Pro wird zwar ziemlich hell, aber das Galaxy S9 und das iPhone X lassen sich bei direkter Sonneneinstrahlung leichter ablesen. Auf Iris-Scanner und Pulsmesser müssen die P20-Pro-Käufer verzichten, dafür hat das Smartphone jedoch einen Infrarot-Port, der das Gerät zur Ersatzfernbedienung für Geräte wie TVs und AV-Receiver macht.

Dank 6 GB Arbeitsspeicher liegt das P20 Pro in diesem Bereich auf dem Niveau des Galaxy S9 Plus, nicht aber bei der Prozessor- und Grafikleistung. Geräte wie das Xperia XZ2 und das Galaxy S9 sind in Benchmarks um ein gutes Drittel schneller, das iPhone X rechnet streckenweise sogar doppelt so schnell (etwa in GeekBench 4.1). In der Praxis wirkt sich das etwa bei den Ladezeiten von aufwändigeren Apps wie Spielen aus, die beim Galaxy S9 und vor allem iPhone X deutlich kürzer ausfallen. Im Alltag lässt sich das P20 Pro aber sehr flüssig bedienen.
Dafür hält der große 4000-mAh-Akku lange durch. An Ausdauer-Königen wie dem Xperia XZ1 Compact und dem Huawei Mate 10 Pro zieht das P20 Pro zwar nicht vorbei, aber das Galaxy S9 wird deutlich abgehängt. In der Praxis muss das Smartphone erst spät am zweiten Nutzungstag aufgeladen werden, was mit dem in der Box enthaltenen SuperCharger in 90 Minuten erledigt ist. Wireless Charging wird leider nicht unterstützt.
Audio: Kein Klinkenanschluss, mächtige Lautsprecher

Auf einen 3,5-Millimeter-Kopfhöreranschluss verzichtet das Huawei P20 Pro, hier bleibt das Galaxy S9 (Plus) vorbildlich. Auch erschaffen die Stereolautsprecher des Samsung-Konkurrenten eine eindrucksvollere Soundkulisse. Der Grund: Die Lautsprecher sind beim P20 Pro beide an der Unterseite angebracht, was dem Stereo-Effekt im Weg steht. Sie werden dafür sehr laut. Die mitgelieferten USB-C-In-Ears sind leider nichts Besonderes, da liegt das Galaxy S9 dank AKG-Kopfhörern weit vorne.
Kameras: Der nächste Schritt
Das eigentliche Highlight des P20 Pro ist die innovative Triple-Kamera. Da es sich ansonsten nicht von anderen Flaggschiffen absetzen kann, steht und fällt Huaweis Vorzeigemodell mit dieser Kamera. Und um es vorwegzunehmen: es steht. Das P20 Pro bietet die aktuell beste Smartphone-Knipse auf dem Markt.
Allerdings: Vergleiche mit DSLRs, die Huawei leider bemüht, übersteht das Gerät nicht. Klar: Für ein Smartphone ist der 1/1,7-Zoll-Sensor der 40-Megapixel-Kamera sehr groß, so begnügen sich das Galaxy S9 und das Google Pixel 2 mit einem 1/2,6-Zoll-Sensor. Aber bereits der 1-Zoll-Sensor in Kompaktkameras wie der Canon PowerShot G9 X Mark II ist erheblich größer, fängt somit mehr Licht ein und ermöglicht weitaus bessere Fotos. DSLRs haben derweil mindestens APS-C-Sensoren und spielen in einer ganz anderen Liga. Daran gibt es nichts zu rütteln. Also Hype und Übertreibungen beiseite: Es ist noch immer eine Handy-Kamera.
Abgesehen vom 40-Megapixel-Sensor des P20 Pro sind hinten auch eine 8-MP-Weitwinkel-Kamera sowie eine 20-MP-Monochrom-Kamera für Schwarz-Weiß-Aufnahmen angebracht. Die Selfie-Kamera löst mit 24 Megapixeln auf, verzichtet jedoch auf einen Autofokus. Laut iFixit bieten alle drei Hauptkameras des P20 Pro optische Bildstabilisierung und wirken so zitternden Händen entgegen. Tatsächlich überzeugt die Bildstabilisierung in der Praxis, verwackelten Aufnahmen begegneten wir relativ selten.
Der vielleicht größte Vorteil der üppigen Kamera-Ausstattung: Bis hin zum fünffachen Zoom bleiben die Bilder bei einer Auflösung von bis zu 10 Megapixeln scharf. Das schafft kein Konkurrent. Es lassen sich auch Fotos mit vollständiger 40-Megapixel-Auflösung knipsen, aus denen nachträglich hochwertige Motive herausgeschnitten werden können. Im "Blenden"-Modus kann der Blendenwert von f/0,95 bis hin zu f/16 beliebig angepasst werden. Dabei handelt es sich zwar nur um eine Software-Simulation, aber diese funktioniert erstaunlich gut. So gelingen Nahaufnahmen vor sehr unscharfem Hintergrund, der die Motive opulent in Szene setzt.
Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen überzeugen, wie schon beim Huawei P10, mit einem großen Kontrastumfang und vielen Details. Der Modus "Nachtaufnahmen" erhöht die Belichtungszeit um einige Sekunden, wobei die Kamera derweil möglichst still gehalten werden muss und auch das Motiv darf sich nicht bewegen. Ergebnis sind besser belichtete Fotos bei schwierigen Lichtverhältnissen. Trotzdem darf man keine Wunder erwarten, denn unsere Testaufnahmen zeigen, dass auch das P20 Pro bei Nacht schnell an seine Grenzen stößt und in der Dunkelheit Rauschen sowie Detailarmut die Fotos bestimmen.
Die Porträtfotos profitieren von den iPhone-X-inspirierten Beleuchtungsmodi und der Bokeh-Effekt übertrifft jenen des Huawei P10 deutlich. Obwohl kein Autofokus an Bord ist, gelingen so ansprechende Selfies. Auch das P20 Pro unterstützt die "Superzeitlupe" mit 960p, allerdings ohne die Software-Unterstützung des Galaxy S9. Videos können bis zu 4K bei 30 FPS aufgenommen werden – das Galaxy S9 erreicht hier 60 FPS. Die Videostabilisierung funktioniert nur bei Full-HD-Aufnahmen mit 30 FPS, dies klappt aber immerhin sehr gut. Insgesamt weiß das Galaxy S9 bei den Videoaufnahmen aber mehr zu überzeugen.
Fazit: Solides Flaggschiff mit toller Kamera
Das Huawei P20 Pro ist insgesamt ein ordentliches Flaggschiff-Smartphone, dessen Triple-Kamera die Handy-Fotografie einen Schritt weiter bringt. Ein weiteres Highlight ist die lange Akkulaufzeit. Der Prozessor rechnet allerdings langsamer als bei Konkurrenten wie dem Samsung Galaxy S9 oder dem Sony Xperia XZ2 und befindet sich eher auf hohem Vorjahres-Niveau.

Weitere kleine Mängel wie der Verzicht auf einen Kopfhöreranschluss, der nicht erweiterbare Speicher und die geringere Displayauflösung sorgen dafür, dass das Huawei P20 Pro insgesamt nicht am Galaxy S9 vorbeiziehen kann. Wer sein Smartphone allerdings vor allem als Kamera verwendet, für den ist das P20 Pro die erste Wahl.
Das hat uns gefallen | Das hat uns weniger gut gefallen |
+ Die bislang beste Smartphone-Kamera + 128 GB interner Speicher + Lange Akkulaufzeit + Sehr gute Verarbeitung |
- Kein Kopfhöreranschluss - Speicher nicht erweiterbar - Kirin-970-Prozessor unter aktuellem Flaggschiff-Niveau - Geringere Displayauflösung als das Galaxy S9 |