Das Huawei P30 Pro schlägt mit seiner Kamera alle anderen Smartphones. Doch wie schneidet es im Vergleich mit einer High-End-Kompaktkamera wie der Sony RX100 Mark VI ab?
- Huawei P30 Pro vs. Sony RX100: Der Zoom
- Huawei P30 Pro vs. Sony RX100: Bokeh-Fotos
- Huawei P30 Pro vs. Sony RX100: Nachtfotos
- Fazit: Smartphones haben Kompaktkameras endgültig eingeholt
Das Huawei P30 Pro hat derzeit zweifellos die beeindruckendste Smartphone-Kamera der Welt an Bord. Vier Sensoren und drei Linsen decken eine gewaltige Bandbreite an Kamera-Setups ab und die Technologien, die der Hersteller in seinem Flaggschiff verbaut, sind teilweise wegweisend.
Während Premium-Smartphones bei Standardfotos im Tageslicht schon seit einigen Jahren selbst mit sehr guten Kompaktkameras mithalten können, greift Huawei mit dem P30 Pro auch einige der letzten Bastionen an, in denen sich klassische Fotoapparate zuletzt noch vor Smartphone-Kameras verteidigen konnten: Zoom, Nachtfotos und Bokeh-Fotos.
Wir wollten das P30 Pro deshalb keinem klassischen Smartphone-Kameravergleich unterziehen, sondern einmal schauen, wie sich das Flaggschiff aus dem Hause Huawei im Vergleich zu einer wirklich guten Kompaktkamera mit Zoom-Optik schlägt. Unser Gegenkandidat: die Sony Cybershot RX100 VI, die hier stellvertretend für die Gerätekategorie der Kompaktkameras antritt.
Fotografiert haben wir dabei jeweils in den verschiedenen Automatik-Modi, die Huawei P30 Pro und Sony RX100 für die unterschiedlichen Situationen zur Verfügung stellen.

Die aktuelle Mark VI ist das neueste Modell der RX100-Reihe von Sony und gilt unter den Kompaktkameras als absolutes Flaggschiff. Ausgestattet mit einem Zoomobjektiv, das seine Brennweite zwischen 24 und 200 Millimetern verändern kann, schafft die kleine Knipse eine 8,3-fache Vergrößerung.
Dank des sehr lichtempfindlichen Sensors mit ISO 12.800 gelingen zudem Aufnahmen bei Dunkelheit überdurchschnittlich gut. Mit einer UVP von 1.299 Euro ist die RX100 VI zwar kein Schnäppchen, aber das ist das Huawei P30 Pro mit 999 Euro (UVP) ja ebenfalls nicht.
Huawei P30 Pro vs. Sony RX100: Der Zoom
Was den Bereich Zoom angeht, sind sowohl das Huawei P30 Pro als auch die RX 100 Mark VI die Meister ihrer jeweiligen Klasse. Als erstes Smartphone bietet das P30 einen fünffachen optischen Zoom und einen zehnfachen Hybridzoom – Werte, die für Smartphone-Kameras lange Zeit völlig unerreichbar wirkten.
Einen echten Quantensprung hat jedoch auch Sony mit der sechsten Generation seiner beliebten Kompaktkamera hingelegt. Mit einer maximalen Brennweite von 200 Millimetern ist die Kamera in der Lage, Teleaufnahmen mit einer maximalen Vergrößerung um den Faktor 8,3 zu erstellen.
Betrachtet man das Endergebnis, so liegen beide Optiken bei gezoomten Fotos erstaunlich nahe beieinander. Vor allem die fünffache Zoomstufe zeigt, dass sich das Huawei P30 Pro nicht vor einer starken Kompaktkamera zu verstecken braucht.

Um einen fünffachen optischen Zoom in einem Smartphone zu ermöglichen, musste sich Huawei beim P30 Pro etwas vollkommen Neues einfallen lassen: Für die Brennweite von maximal 125 Millimetern hat der Hersteller die Periskop-Optik mit einem 90-Grad-Knick in das Gehäuse des Smartphones eingebaut.
Die Bildinformationen treffen also auf die Linse, werden dann über ein Prisma um 90 Grad gedreht und durch fünf weitere Linsen ins Innere des Smartphones auf den eigentlichen Sensor umgeleitet. Mithilfe dieser Technik realisiert Huwei einen fünffachen optischen Zoom. Der verlustfreie zehnfache Hybrid-Zoom wird schließlich durch ein Zusammenwirken des Periskop-Objektivs und des 40-Megapixel-Hauptsensors realisiert.
Huawei P30 Pro vs. Sony RX100: Bokeh-Fotos
Bokeh-Fotos sind eine Disziplin, die Smartphone-Kameras bereits seit einigen Jahren beherrschen. Huawei war dabei mit dem P9 im Jahr 2016 sogar der Vorreiter bei der Einführung der Technologie. Beim P30 Pro verwendet der Hersteller erstmals einen sogenannten Time-of-Flight-Sensor, der mehr Tiefeninformationen einfangen kann als herkömmliche Kammerasensoren. Dadurch sollten Bokeh- und Portrait-Aufnahmen noch sauberer dargestellt werden als bisher mit einem Smartphone möglich.

Der größte Unterschied, der bei Bokeh-Fotos im Portraitmodus sichtbar wird, ist der deutlich stärkere Unschärfeeffekt beim P30 Pro. Außerdem legt die Kamera-Software von Huawei eine Art Beauty-Filter über das Gesicht, was sicherlich nicht Jedermanns Sache ist. Für sich genommen sieht das Bild aber auch auf dem Smartphone ungemein beeindruckend aus und alle Kanten werden dank des ToF-Sensors sauber vom Hintergrund getrennt.
Der Time-of-Flight (ToF)-Sensor des Huawei P30 Pro nutzt die Geschwindigkeit des Lichts, um zu ermitteln, wie weit einzelne Objekte von der Kamera entfernt sind. Dabei werden für das menschliche Auge unsichtbare Infrarotstrahlen ausgesandt, von den Objekten im Kamera-Fokus reflektiert und an den Sensor zurückgestrahlt.
Aus der Zeit, die das Licht für diese Strecke braucht, berechnet eine Software millimetergenau die Entfernung der einzelnen Objekte. ToF-Sensoren kommen in der professionellen Fotografie schon länger zum Einsatz, ihr Einsatz in Smartphones ist technisch jedoch erst seit kurzem möglich.
Huawei P30 Pro vs. Sony RX100: Nachtfotos
Ja, die Sony RX100 ist auch bei schwachen Lichtverhältnissen einigermaßen stark und kann aus spärlich beleuchteten Szenarien noch einiges an Stimmung und Details herausholen. Erst bei echter Dunkelheit geht dem Sensor allmählich die Puste aus.
Nachtfotos sind aber trotzdem der Bereich, in dem das Huawei P30 Pro jeder Kompaktkamera und jedem anderen Smartphone zeigt, wo momentan der Hammer hängt. Vergleicht man die Aufnahmen von RX100 Mark VI und P30 Pro bei Dunkelheit, so ist das Ergebnis nicht einmal annähernd knapp.
Was Huawei hier hilft, ist natürlich eine clever programmierte Software, die so viele Bildinformationen auf verschiedenen kurz nacheinander aufgenommenen Schnappschüssen verarbeitet, dass am Ende ein beeindruckendes Bild herauskommt. Doch es ist auch der spezielle Sensor, der bis zu 40 Prozent mehr Licht einfängt als jeder vergleichbare Sensor. Die Chinesen verwenden nämlich zum ersten Mal überhaupt einen sogenannten RYB-Filter anstelle eines RGB-Filters und erreichen damit einen ISO-Wert von 409.600. Der ISO-Wert von 12.800 der RX100 Mark VI wirkt im Vergleich dazu nahezu lächerlich.
Das Ergebnis beim P30 Pro ist aber nicht in jeder Situation unbedingt besser. Bei genauerem Hinsehen sieht man den Bildern immer an, dass hier eine Software im Hintergrund die eigentliche Arbeit leistet. Gerade in halbdunklen Innenräumen wirken die Bilder der RX100 immer noch atmosphärischer. Wenn es aber darum geht, in richtiger Dunkelheit überhaupt ein Bild zu zeigen und nicht nur blanke Dunkelheit, spielt das P30 Pro in einer völlig anderen Liga.

In so ziemlich allen Digitalkameras der letzten Jahre kommt ein sogenannter Bayer-Filter zum Einsatz. Dieser besteht aus roten, grünen und blauen Subpixeln, woraus sich die Abkürzung RGB ergibt. Aus diesen drei Grundfarben lassen sich alle anderen Farben mischen.
Um viel mehr Licht einfangen zu können, hat sich Huawei beim P30 Pro erstmals vom RGB-Filter verabschiedet und nutzt einen RYB-Filter. Die Grundfarbe Grün wird dabei durch Gelb (Yellow) ersetzt. Was zunächst nur nach einer kleineren Änderung klingt, hat es in sich. Durch den Austausch einer Grundfarbe ändert sich das Mischverhältnis aller Farben grundlegend. Zur Verwendung eines RYB-Sensors musste Huawei die Bildverarbeitung digitaler Fotografie deshalb von Grund auf neu denken.
Fazit: Smartphones haben Kompaktkameras endgültig eingeholt
Hier und da mag die Sony RX100 Mark VI noch einen leichten Vorteil gegenüber dem Smartphone haben. Unterm Strich lässt sich jedoch festhalten, dass sich ein Smartphone wie das Huawei P30 Pro auch in komplexen Fotosituationen endgültig auf Augenhöhe mit hochwertigen Kompaktkameras bewegt.
Natürlich stellt das P30 Pro aktuell die Speerspitze unter den Smartphone-Kameras dar, aber das gleiche gilt auch für die RX100 Mark VI in ihrem Segment. Stellt man beide gegenüber, so lassen sich zwar noch Unterschiede ausmachen, aber diese sind weniger qualitativer als vielmehr stilistischer Natur.
Rechnet man dann noch typische Smartphone-Features wie das Bearbeiten von Bildern mit Apps oder die Möglichkeit zum Teilen hinzu, so sind Mobiltelefone schon längst die flexibleren und letztlich für die meisten Nutzer auch besseren Kameras. Noch beeindruckender erscheint das Ganze, wenn man sich vor Augen hält, welche technologischen und qualitativen Sprünge Smartphone-Kameras in den letzten Jahren vollführt haben. Dem gegenüber entwickeln sich Kompaktkameras nur noch im Schneckentempo weiter.
Ganz geschlagen ist das klassische Kamerasegment aber trotzdem noch nicht: Wie das Video zeigt, sind hochwertige Systemkameras für professionelle Fotografie auch weiterhin unschlagbar.