Gute Fotos bei schlechten Lichtverhältnissen aufzunehmen, das ist die Königsdisziplin aktueller High-End-Smartphones. Daher stellen wir den Kamera-Nachtmodus von iPhone 11 Pro Max, Pixel 4, Galaxy Note 10 und OnePlus 7T Pro auf den Prüfstand. Welches Smartphone liefert die besten Bilder im Dunkeln? Unser Test gibt die Antwort.
- Nachts ist alles anders
- Selfies bei Nacht: Google Pixel 4
- Wechselhaft: OnePlus 7T Pro
- Profi bei Nacht: iPhone 11 Pro Max
- Kann viel: Galaxy Note 10
- Fazit: Der Pro gewinnt
Nachts ist alles anders
Es ist gerade einmal ein Jahr her, da war Nachtfotografie bei Smartphones praktisch kein Thema. Sobald Tageslicht rar ist, brauchte es bis dato eine halbwegs vernünftige Digitalkamera mit einem entsprechend großen Bildsensor, um noch genügend Licht einzufangen. Die kleinen Smartphone-Sensoren reichten dafür nicht aus. Dann kam der Nachtmodus des Pixel 3. "Computergestützte Fotografie" ist seitdem die Zauberformel, mit der Smartphone-Hersteller ihre Kameras bewerben und der Nachtmodus ist ein Highlight bei jeder Produktpräsentation.
Kein Wunder also, dass mir für diesen Test gleich vier der Top-Smartphones von 2019 vorliegen. Pixel 4, OnePlus 7T Pro, iPhone 11 Pro Max und Galaxy Note 10 besitzen alle einen ausgewiesenen Nachtmodus, der Fotos mithilfe von Software optimiert. Während die Namen für diese Technik und die konkrete Umsetzung sich je nach Hersteller unterscheidet, basieren sie alle auf dem gleichen Konzept: Schon bevor der Nutzer auf den Auslöser drückt, sammeln die Kameras Bilddaten im Zwischenspeicher. Nach dem Auslösen schießen die Kameras mehrere Fotos im Hintergrund und stellen aus den gesammelten Daten das bestmögliche Bild zusammen. Bei allen Smartphones in diesem Vergleich sorgte das Einschalten des Nachtmodus für eine Verbesserung der Bilder.
Doch welche Kamera überzeugt in der Praxis am meisten? Das gilt es nun herauszufinden. Also auf die Nacht gewartet, zwei Smartphones in die linke und zwei Smartphones in die rechte Jackentasche gesteckt und los geht's!
Selfies bei Nacht: Google Pixel 4

Hauptkamera
12,2 Megapixel, Weitwinkel (f/1.7)
16 Megapixel, Teleobjektiv (f/2.4)
Frontkamera
8 Megapixel, Weitwinkel (f/2.0)
Das Pixel 4 ist das einzige Smartphone in diesem Vergleich, das lediglich über zwei Objektive auf der Rückseite verfügt. Auf den sonst üblichen Ultraweitwinkel muss ich also verzichten. Als großen Verlust empfinde ich das nicht, zumal ich vor allem auf die Software-Leistung des Pixel 4 gespannt bin. Selbst für Astrofotografie soll das Smartphone geeignet sein. Bis zu 16 Fotos schießt das Pixel während der Belichtung, um einen Sternenhimmel einzufangen. Spannend!
Auf meiner abendlichen Foto-Safari muss ich jedoch erst einmal eine kleine Enttäuschung hinnehmen. Nur das Weitwinkel-Objektiv und die Frontlinse bieten beim Pixel 4 den Nachtmodus. Mit dem neuen Teleobjektiv kann ich nur konventionell fotografieren. Porträts können also nicht von Googles ausgeklügelten Algorithmen profitieren. Stattdessen mache ich den ersten Selfie-Test. Wo andere Kameras auf ihren Blitz verweisen müssen, holt das Pixel 4 ohne zusätzliche Lichtquelle noch einiges heraus. Ich bin begeistert und auf die Fotos mit der Hauptkamera umso gespannter! Auch die enttäuschen nicht. Die Farben wirken intensiv, der Kontrast gut. Selbst dunkle Objekte, die in einiger Entfernung liegen, werden vom Pixel 4 noch gut aufgehellt.
Völlig ohne Bildrauschen kommen die Bilder allerdings nicht aus. Die Artefakte sind aber erst am großen Bildschirm oder beim Vergrößern des Fotos deutlich zu erkennen. Störend fällt mir gelegentlich ein leichter Rotstich auf, in den das Pixel 4 dunkle Regenwolken färbt. Im Allgemeinen sind Stadtlichter für das Google-Phone aber kein Problem. Also auf zur nächsten Schwierigkeitsstufe: Kerzenlicht. Auch hier leistet die Kamera gute Arbeit, wenngleich die Farbgebung der Szene für meinen Geschmack etwas zu kalt wirkt. Die Stoffstruktur des abgebildeten Motivs arbeitet das Pixel 4 aber gut heraus. Ungewollte Unschärfen zeigen sich erst beim Hineinzoomen in das Bild, allerdings bieten andere Smartphones in diesem Vergleich mehr Detailschärfe als das Pixel 4.
Von der zugegeben naiven Idee, ohne Stativ einen glitzernden Sternenhimmel einzufangen, muss ich mich bei meiner Nachtwanderung allerdings verabschieden. Zaubern können Googles Algorithmen nämlich nicht. Mit entsprechender Ausrüstung und in einer lichtverschmutzungsfreien Zone sind anderen Testern jedoch durchaus beeindruckende Bilder gelungen. In der Handhabe lässt die Kamera-App des Pixel 4 grundsätzlich keine Wünsche offen. Einstellungen sind leicht zu erreichen und intuitiv zu finden. Hier macht Google alles richtig!
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ Nachtmodus bei Weitwinkel-Objektiv und Frontkamera | - keine Ultraweitwinkel-Kamera |
+ RAW-Unterstützung | - Teleobjektiv bietet keinen Nachtmodus |
- leichter Rotstich bei Grautönen |
Zu den Testfotos in Originalgröße.
Google Pixel 4 bei SATURN kaufen
Wechselhaft: OnePlus 7T Pro

Hauptkamera
48 Megapixel, Weitwinkel (f/1.6)
16 Megapixel, Ultraweitwinkel (f/2.2)
8 Megapixel, Teleobjektiv (f/2.4)
Frontkamera
16 Megapixel, (f/2.0)
Technischer Ausreißer in meinem Vergleich ist das OnePlus 7T Pro. Als einziger Hersteller setzt OnePlus auf eine ausfahrbare Frontkamera und auf das sogenannte Pixel-Binning. Dabei werden vier benachbarte Pixel zu einem einzigen verbunden, wodurch die einzelnen Bildpunkte eine längere Kantenlänge bekommen und so mehr Licht einfangen sollen. Theoretisch ist das ein Vorteil bei schlechten Lichtverhältnissen. Bei meinem nächtlichen Ausflug zeigt sich jedoch, dass das Kameramodul des 7T Pro nicht mit der Konkurrenz mithalten kann. Aber fangen wir bei den positiven Dingen an.
Im Gegensatz zum Pixel 4 steht mir beim OnePlus-Smartphone neben Weitwinkel- und Tele- auch ein Ultraweitwinkel-Objektiv zur Verfügung. Da ich mich bei meinem Ausflug vor allem durch Hamburgs nächtliche HafenCity bewege, ist der weite Blickwinkel ein Vorteil. Architektur und Gebäudestrukturen kommen besser zur Geltung und die zusätzliche Perspektive macht Spaß beim Fotografieren. Zumal glücklicherweise auch dieses Objektiv auf den Nachtmodus des 7T Pro zugreifen kann. Telelinse und auch die Selfie-Cam bieten hingegen keine Nachtsicht.
Trotz der vielversprechenden Hardware hängt die Qualität der Bilder beim OnePlus-Phone zu sehr von den vorherrschenden Lichtverhältnissen ab. Mal fängt das 7T Pro die Atmosphäre genauso gut oder subjektiv besser ein als das Pixel 4. Im Vergleich fällt das Bildrauschen jedoch zu oft störend auf. Darüber hinaus ist der Rotstich, der beim Google-Phone nur zu erahnen ist, beim 7T Pro dominanter. Je weniger Licht vorhanden ist, desto roter wird das Bild. Bei Kerzenlicht mangelt es den Fotos zudem deutlich an Farbe. Schade, besonders da das Pixel-Binning in der Regel für gute Detailschärfe sorgt.
An der Bedienfreundlichkeit der App lässt sich hingegen nichts aussetzen. Alle Funktionen sind leicht zugänglich. Ein kleiner Wermutstropfen: RAW wird vom OnePlus 7T Pro nicht unterstützt.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ ist ausreichend Licht vorhanden, sind farbintensive und atmosphärische Aufnahmen möglich | - Frontkamera und Teleobjektiv ohne Nachtmodus |
+ gute Detailschärfe | - je dunkler, desto roter werden Fotos |
- keine RAW-Unterstützung |
Zu den Testfotos in Originalgröße.
Profi bei Nacht: iPhone 11 Pro Max

Hauptkamera
12 Megapixel, Weitwinkel (f/1.8)
12 Megapixel, Teleobjektiv (f/2.0)
12 Megapixel, Ultraweitwinkel (f/2.4)
Frontkamera
12 Megapixel, (f/2.2)
Optisch gefällt das Kameramodul des iPhone 11 Pro Max nicht jedem. Technisch bietet es jedoch einen deutlichen Mehrwert. Schließlich ist neben Tele- und Weitwinkelobjektiv auch ein Ultraweitwinkel integriert. Während der Produktpräsentation rührte Apple außerdem ordentlich die Werbetrommel für seine neue Software "Deep Fusion". Ich bin also sehr gespannt, ob das neue iPhone bei Nacht mit dem Pixel 4 mithalten kann.
Grundsätzlich sind die Töne auf dem iPhone intensiver und der Kontrast höher. Gegen einige Bilder, die ich mit dem iPhone aufgenommen haben, wirken die gleichen Motive mit dem Pixel 4 direkt milchig. Die Farbinterpretation der Apple-Software ist Geschmackssache – mir gefällt sie! Qualitätsunterschiede finden sich hingegen vor allem im Detail. Während sich beispielsweise bei der Testaufnahme bei Kerzenlicht oberflächlich gesehen nur die Farbgebung unterscheidet, zeigt sich beim Reinzoomen am großen Bildschirm, dass das iPhone die Details der Texturen besser erhält. Das Pixel 4 kann da nicht mithalten. Und auch das allgemeine Bildrauschen fällt beim Apple-Phone noch ein wenig geringer aus als bei der Konkurrenz.
Was das iPhone jedoch nicht bietet, ist ein Nachtmodus für die Selfie-Kamera, die Tele- oder Ultraweitwinkel-Linse. Nur die Hauptkamera bietet Nachtsicht. Schade, vor allem da Samsung es zum Beispiel schafft, den Nachtmodus für alle Kameras bereitzustellen. Selfies bei Nacht gelingen auf dem Pixel 4 also definitiv besser, da hilft dem iPhone auch das Plus an Megapixeln bei der Frontlinse nicht!
Das Handling in der Kamera-App gefiel mir allerdings wiederum beim iPhone am besten. Zum einen stellt sich der Nachtmodus automatisch ein und ich muss ihn nicht extra anwählen, zum anderen zählt die App runter, wie viele Sekunden ich das Smartphone still halten muss. Auch in RAW lassen sich Nachtaufnahmen speichern. Apples Kamera-App bekommt daher ein Extra-Sternchen von mir für besondere Benutzerfreundlichkeit.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ Farbintensität und Kontrast der Bilder überzeugen | - kein Nachtmodus für Frontkamera und Ultraweitwinkel |
+ Benutzerfreundliche App | |
+ weniger Bildrauschen als bei der Konkurrenz |
Zu den Testfotos in Originalgröße.
iPhone 11 Pro Max bei SATURN kaufen
Kann viel: Galaxy Note 10

Hauptkamera
12 Megapixel, Weitwinkel (f/1.5-2.4)
12 Megapixel, Teleobjektiv (f/2.1)
16 Megapixel, Ultraweitwinkel (f/2.2)
Frontkamera
10 Megapixel, (f/2.2)
Das Galaxy Note 10 ist das einzige Smartphone in diesem Vergleich, bei dem ausnahmslos alle Objektive den Nachtmodus anbieten. Ein großer Pluspunkt für die Vielfalt geht also an Samsung! Allerdings entpuppt sich das Note 10 bei meiner Nachtwanderung als besonders schwerer Fall.
Manche Landschaftsaufnahmen von Stadtlichtern treffen die Atmosphäre einer Szene genauso gut oder sogar besser als Pixel 4 und iPhone 11 Pro Max. Die Farben stimmen, das Bild bietet gute Kontraste und das Bildrauschen ist vernachlässigbar. Allerdings ist diese gute Leistung nicht kontinuierlich. Bei Kerzenlicht beispielsweise fängt das Note 10 zwar ähnlich viele Details wie das iPhone ein, dafür leidet aber die Farbechtheit.
Selfies hellt das Note 10 zwar wie das Pixel 4 ausreichend auf und bekommt auch das vordergründige Motiv einigermaßen scharf, der Hintergrund allerdings bleibt matschig. So sehr, dass ich mir die Frage stelle, ob ein verunglückter Bokeh-Effekt hier sein Unwesen treibt. Auch ein leichter Rotstich ist hier und da in den Grautönen zu finden, allerdings bewegt er sich auf einem Niveau mit dem Pixel 4 und ist daher nicht wirklich störend. Speziell im direkten Vergleich mit identischen Bildern auf dem iPhone fällt beim Galaxy Note 10 hin und wieder das Bildrauschen stärker ins Auge. Ärgerlich, zumal zwischendurch immer wieder das Potenzial von Samsungs Nachtmodus aufblitzt.
Schade ist auch, dass Samsungs Kamera-App mich nicht darüber informiert, wie lange ich das Smartphone für eine Aufnahme stillhalten muss. Wo das iPhone einen Countdown anbietet und Google und OnePlus immerhin die Zeit mit einem Kreis symbolisieren, werde ich vom Note 10 im Dunkeln gelassen. Das Ergebnis: Mitunter nehme ich das Smartphone zu schnell runter und sorge so unfreiwillig dafür, dass eine Aufnahme misslingt. Samsung muss also speziell in Sachen Software bei seinen kommenden 2020er-Modellen noch einiges aufholen. RAW-Unterstützung ist aber gegeben.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ alle Objektive bieten einen Nachtmodus | - Nachtmodus der Frontkamera enttäuscht |
+ farbintensive und detailreiche Bilder | - leichter Rotstich bei Grautönen, gelegentlich leidet die Farbechtheit |
- App weist nicht darauf hin, wie lange ich beim Fotografieren stillhalten muss |
Zu den Testfotos in Originalgröße.
Samsung Galaxy Note 10 bei SATURN kaufen
Fazit: Der Pro gewinnt
Auch wenn sich iPhone 11 Pro Max, Galaxy Note 10, Pixel 4 und seltener auch das OnePlus 7T Pro bei manchen Aufnahmen ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern und die Farbinterpretation der Algorithmen Geschmacksache ist, für mich ist der Nachtmodus des iPhone 11 Pro (Max) der eindeutige Testsieger. Bei keinem anderen Smartphone in diesem Vergleich fiel das Bildrauschen so gering und die Farbintensität, Kontraststärke und Detailtiefe so konsequent gut aus.
Dass nur Weitwinkel- und Teleobjektiv des iPhones den Nachtmodus bieten, ist zwar ein Nachteil im Vergleich zur Konkurrenz, leider konnte das Plus an Perspektiven speziell bei Samsung jedoch nicht an der guten Qualität der Apple-Fotos vorbeihelfen. Nichtsdestotrotz hat auch Apple in Sachen Nachtmodus noch Arbeit vor sich. Es gilt, das gute Zusammenspiel zwischen Hard- und Software für alle Objektive anzubieten. Samsung kann das schon.