Es gibt Shooter, die sind schnell. Es gibt Games, die sehen unmissverständlich wie Games aus. Und dann gibt es "Doom Eternal", das ich auf der Gamescom 2019 erstmals in einer Demoversion anspielen konnte. "Doom Eternal" ist halsbrecherisch und es ist so eindeutig ein Videospiel, dass es schon fast albern wirkt. Aber vielleicht ist das nur konsequent.
Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als „Doom“ aus dem Jahr 2016 für mich "klickte". Kurz nach dem Tutorial-Areal steigt mein Doom Slayer in einen Aufzug, der ihn aus den Tiefen einer Forschungsbasis an die Oberfläche bringt. Die Tür öffnet sich, der Slayer hebt seine Shotgun und lädt durch – exakt im Takt mit einem dieser brachialen "Doom"-Gitarrenriffs. Eine ikonische Szene und die perfekte audiovisuelle Eröffnung für die daran anschließende, heillos überzogene Sci-Fi-Gewaltorgie.

Neu bei "Doom": Haken-Hangelei
Auch die Gamescom-Demo von "Doom Eternal" hatte für mich einen solchen Einbrenn-Moment. Die Musik spielte diesmal keine Rolle, dafür aber ein neues Gadget: die Greifhaken-Shotgun. Die sammle ich, ebenfalls kurz nach dem Start, auf einem schwebenden Felsbrocken auf, auf den ich zuvor mithilfe von Doppelsprüngen und Vorwärtssprints gelangt bin. Der nächste Abgrund ist zu breit zum Drüberspringen also tue ich, was mir das Spiel nahelegt: Ich ziele auf das Monster am anderen "Ufer" und drücke die rechte Maustaste.
Der Greifhaken bohrt sich in den Dämon, ich sause durch die Luft, pulverisiere ihn im Anflug mit einem wohlgezielten Schuss, lande in seiner Blutpfütze und hechte gleich weiter in den nächsten Kampf. Die Aktion ist überzogen, krass, blitzschnell vorbei – und damit "Doom Eternal" in Reinkultur.
Alles auf Elf
"Doom Eternal" greift das irre Tempo, das saftige, zugleich völlig unkomplizierte Waffenhandling und die Nonstop-Action des Vorgängers auf und dreht alles daran auf Elf. Hier tänzle ich durch Horden blutrünstiger Feinde, verteile Schrotflinten-Ladungen und Maschinengewehr-Salven, zertrümmere Monsterschädel im Vorbeihüpfen mit den berühmten Glory-Kills und setze für ziemlich eklig inszenierte Nahkampf-Massaker die Kettensäge an. Und das ist noch nicht alles: Auf dem Rücken trägt mein Slayer auch noch einen Flammenwerfer und einen Granatwerfer, die bei Benutzung von schräg oben in die Ego-Perspektive hineinragen.

Ziemlich viele Optionen also für das simple Ziel, möglichst viele Monstrositäten möglichst effizient zu zerlegen. Für den Anfang sogar fast zu viele: Sobald die blutgetränkte Achterbahnfahrt durch Dämonenhorden losgeht, wünsche ich mir kurz, im Tutorial mal etwas besser aufgepasst zu haben, mit welcher Taste ich denn nun grille, mit welcher ich sprenge und mit welcher ich säge. Ganz unwichtig ist es nämlich nicht, auf welche Weise ich die Dämonen massakriere: Jeder Slayer-Gadget-Kill bringt mir Items wie Ausdauer oder Munition ein, die je nach Gadget variieren. Je nachdem, welche Ressource ich gerade brauche, muss ich also ein bisschen planen.
Höllischer Geschwindigkeitsrausch
Doch Gewöhnung stellt sich schnell ein, ebenso wie der "Doom"-typische Rausch. Mit der Leistung der von Bethesda bereitgestellten Hochleistungs-Messerechner im Hintergrund gleitet mein Slayer im Höllentempo durch die Levels. Ich bemerke, wie ich in Sekundenbruchteilen kleine Strategien schmiede: Einen Dämon nehme ich als Anker für den Greifhaken, sprinte von seinem (ehemaligen) Standort aus weiter, um aus der Luft zwei wohlplatzierte Shotgun-Schüsse auf den nächsten zu landen. Den dritten lasse ich knapp am Leben, um einen Glory-Kill aus nächster Nähe anzubringen und den letzten erwischt die Säge. Das Ganze dauert maximal 15 Sekunden und setzt Unmengen an Adrenalin frei.

Spiele-Klischees im Dienste der Lesbarkeit
Bei so viel Tempo entpuppt sich eine zunächst gewöhnungsbedürftige Änderung im Vergleich zum Vorgänger als Segen: das HUD- und Item-Design. Während "Doom" sich bei Anzeigen und Gegenständen eher spartanisch bis realistisch präsentierte, schreit "Doom Eternal" in jeder Einstellung "Ich bin ein Videospiel!"
Lebensenergie und Munition blinken in schrillem Neon, aggressive Warnanzeigen weisen auf kritische Zustände hin und wenn die Dämonen Ausdauer, Munition oder Lebensenergie fallenlassen, werden die Items als grelle Symbole dargestellt – trotz moderner Grafik klebt das Game designtechnisch an Jahrzehnte alten Videospiel-Klischees. Dafür gab es auch bereits vor Monaten Kritik von Fans, die sich einen "erwachseneren" Look wünschen. Für die Lesbarkeit des Geschehens ist die Holzhammer-Optik aber tatsächlich mehr als sinnvoll. In "Doom Eternal" ist nämlich schlicht keine Zeit um zwei Mal hinzuschauen.

Stumpfe Action ohne Kompromisse
Dass mir von der Anspiel-Session in erster Linie der Geschwindigkeitsrausch in Erinnerung bleibt, sagt natürlich indirekt auch schon einiges über die „Handlung“ von "Doom Eternal" aus. Die ist nämlich nach allem, was ich bisher dazu sagen kann, vollkommen hanebüchen und reichlich unwichtig. Glaubwürdigkeit, Nuancen oder "Realismus" in irgendeiner der zahlreichen Bedeutungen des Begriffes spielen hier einfach keine Rolle.
Hemmungslos stumpfe Highspeed-Unterhaltung mit viel Pixelblut muss man nicht mögen. Aber wenn man sie mag, ist man bei "Doom Eternal" allem Anschein nach an der absolut richtigen Adresse. Fraglich ist jetzt nur, ob der extreme Geschwindigkeitsrausch der Gamescom-Demo tatsächlich repräsentativ für das gesamte Spiel ist – und natürlich, ob diese audiovisuelle Vollbedienung über eine mehrstündige Kampagne hinweg funktionieren kann.