"God of War" ist das von Kritikern bisher am besten bewertete PS4-Spiel überhaupt. Viele Details fügen sich hier zum Meisterwerk – und ein Element bringt Tiefe der Story, lebendiges Setting und fantastische Grafik zusammen: Die innovative Kameraführung macht "God of War" für mich zum heißen Kandidaten für das Spiel des Jahres.
Trotz des überschwänglichen Hypes um "God of War" steht fest: Mit echten Innovationen tut sich das PS4-Exklusivspiel im Grunde schwer und viele der ausgezeichnet präsentierten Gameplay-Elemente waren zuvor schon in anderen Spielen zu sehen. Hier werden sie aber zu einer glänzenden Komposition zusammengefügt – und der Kleber, der das durchdachte Kampf- und Fortschrittssystem, die atemberaubende Grafik, den tollen Soundtrack und die Tiefe im Storytelling zusammenbringt, ist in erster Linie die innovative Kamera.
Die Entwickler von "God of War", allen voran Game-Director Cory Barlog, haben mit der Single-Shot-Perspektive ein mutiges Element in ihr Spiel integriert. Das gesamte Game wird von Anfang bis Ende ohne Schnitt gezeigt. Einzige Ausnahmen: Kratos stirbt im Spiel oder der Spieler wechselt in die Menü-Bildschirme. Der Aufwand der hierfür betrieben wurde ist immens, wie Dori Arazi, Kameramann beim Entwickler Sony Santa Monica im Video erklärt. Als Barlog dem Studio die Idee präsentierte, ohne Kameraschnitte zu arbeiten, reagierten die meisten der Designer daher zuerst ablehnend.
Entwickler wollten von der Idee zuerst nichts wissen
Seine Idee wollte der "God of War"-Chefentwickler bereits in "Tomb Raider" einbauen, an dem er zuvor mitarbeitete. Bei Crystal Dynamics hielt man allerdings nicht viel davon. Und auch im kalifornischen Sony-Studio musste das Team den Effekt erst selber sehen, bevor es verstand, was er bewirken kann. Durch diese Perspektive ist der Spieler nämlich immer ganz nah an Held Kratos und seinem Sohn Atreus dran. Man fühlt sich als Teil der Geschichte, da man die Ereignisse in der Spielwelt wahrnimmt, als sei man selbst wirklich mit dabei.
Die besten technologischen Innovationen sind oft die, die einem im Gebrauch nicht ständig auffallen. Und so ist es auch in "God of War": Immer wieder vergesse ich beim Spielen, dass hier etwas fundamental anders gemacht wurde. Trotzdem rückt erst die Kamera die Monstrositäten, denen ich im Spiel begegne, in die richtige Perspektive – ein gigantischer Drache oder ein hünenhafter Troll wirken eben umso größer, wenn ich sie nicht aus der schwebenden Totalen sehe, während die Spielfigur am Boden herumwimmelt (wie es in älteren "God of War"-Spielen oft der Fall war). Stattdessen stehe ich den Untiern quasi neben Kratos und Atreus von Angesicht zu Angesicht gegenüber.

Die Kamera zwingt mich zur Anteilnahme – auch wenn es hart wird
Aber auch die sensiblen Momente im Spiel haben eine stärkere Wirkung, wenn ich gefühlt direkt an Gesprächen zwischen Vater und Sohn teilnehme. Durch die fehlenden Schnitte steigt die Immersion, das Eintauchen in die Realität des Spiels, um ein Vielfaches. Die Kamera zwingt mich förmlich, Anteil zu nehmen – an allen Gefühlen, die die hervorragend geschriebene Story den Spielfiguren abverlangt. Eine der größten Errungenschaften von "God of War" auf der PS4 ist nämlich, dass man sich den komplex gezeichneten Helden verbunden fühlt, wohingegen die älteren Teile Kratos eher als leere Hülle inmitten fantastischer Gewaltorgien präsentierten.
So schafft es dieses subtile Element, meine Perspektive in "God of War" so zu verschieben, dass das Spiel als Ganzes nicht nur lebensecht aussieht, sondern mich auch komplett mitreißt. Die Atmosphäre, die von Grafik, Soundtrack und Handlung vermittelt wird, trifft durch diese besondere Kameraperspektive im optimalen Winkel auf meine Wahrnehmung und macht "God of War" zu einem ganzheitlichen Erlebnis.