Als alle Welt über Googles Einstieg in den Cloud-Gaming-Markt sprach, war Nvidias Streaming-Dienst GeForce Now bereits lange in der Beta-Phase. Nun startet das Angebot für alle Nutzer und geht die Konkurrenz dabei aggressiv an: Das Geschäftsmodell von GeForce Now lässt Stadia überflüssig erscheinen. Google sollte seine Produktpolitik dringend überdenken.
Technisch ähneln sich viele Cloud-Gaming-Dienste. Kein Wunder, denn das Versprechen ist grundsätzlich gleich: Du loggst Dich ein und ein Server schickt das Spiel auf einen Bildschirm Deiner Wahl. Spezielle Hardware wird zum Spielen nicht benötigt, Du nutzt einen vorhandenen Controller oder Maus und Tastatur – wenn die Internetleitung hält. Lange Download-Zeiten und störende Updates gehören der Vergangenheit an.
Die Geschäftsmodelle der Anbieter unterscheiden sich dagegen deutlich: Nvidia hat nun das Preismodell seines Angebotes GeForce Now verkündet – und das lässt Google Stadia schon drei Monate nach dem Start alt aussehen.

Nvidia GeForce Now befindet sich seit 2017 im Beta-Test und startet nun für alle Spieler: Die Founders-Mitgliedschaft ist drei Monate kostenfrei, danach kostet sie bis Ende des Jahres 5,49 Euro monatlich – ein Kampfpreis.
Zum Vergleich: Wer sich das Founders- oder Premiere-Paket von Google Stadia für etwa 130 Euro gekauft hat, darf drei Monate lang eine Handvoll Games spielen – danach sind 10 Euro monatlich fällig, weitere Spiele kosten separat. Die kostenfreie Alternative Stadia Base, mit maximal HD-Auflösung und ohne enthaltene Games, soll im Laufe des Jahres starten, wann genau ist unbekannt. Auch angekündigte Funktionen, wie die spezielle Youtube-Integration und die kabellose Nutzung am Smartphone, fehlen bisher und lassen den Launch wie einen "teuren Beta-Test" erscheinen, wie Vice schreibt.
GeForce Now ist günstiger und unterstützt bei Steam gekaufte Spiele
In GeForce Now sind 30 kostenlose Games enthalten, der eigentliche Clou ist aber ein anderer: Nutzer können auf ihre vorhandene Steam-Bibliothek und auf Spiele bei Uplay, Origin, Epic Games Store oder Battle.net zugreifen, die sie bereits besitzen. Entsprechende Games lassen sich mit Nvidias RTX-Features, allen voran Raytracing, nutzen.
Dazu gibt es einen Gratis-Zugang: Spiele-Sitzungen sind hier auf jeweils eine Stunde begrenzt, danach musst Du Dich neu einloggen und Dein Game neu starten. Außerdem sind RTX-Features kostenfrei nicht verfügbar.
- Nutzbar auf: PC, Mac, Android, Shield TV, demnächst Chromebook (alle Hardware-Anforderungen findest Du hier)
- Über 30 kostenlose Spiele im Premium-Abo enthalten, Zugriff auf Steam, Uplay, Origin, Epic Games Store oder Battle.net
- Internetanforderungen: 15 Mbit/s für 720p bei 60 FPS, 25 Mbit/s für 1080p bei 60 FPS
- Premium-Mitgliedschaft: Vorrangiger Zugang zu GeForce-Now-Servern, RTX-Features, sechsstündige Spiele-Sitzungen, 3 Monate gratis, danach 5,49 Euro monatlich (Sonderangebot 2020)
- Gratis-Mitgliedschaft: Beliebig viele einstündige Spiele-Sitzungen
Für Kunden, die bisher weder Konsole noch PC besitzen, mag Stadia noch immer wie ein attraktives Komplettpaket aussehen – immerhin gibt es im Starter-Pack einen schönen Controller dazu. Das Geschäftsmodell von Google bleibt aber seine Achillesferse. Windows Central stellte fest, dass Microsofts Project xCloud mit einem Update seiner Spiele-Bibliothek Stadia praktisch ad absurdum geführt hat: Langfristig attraktive Stadia-Spiele ohne Zusatzkosten sind dort rar. Falls xCloud zum offiziellen Launch mit der Xbox-Game-Pass-Bibliothek kombiniert wird, muss Google sein Geschäftsmodell spätestens korrigieren.
Content is King: Es ist noch nicht alles verloren
Gründe, ein Premium-Abonnement für Google Stadia abzuschließen, sind mit dem Start von GeForce Now noch schwerer auszumachen als zuvor. Es gibt aber durchaus Wege, neue Nutzer auf eine Plattform zu spülen. Ein gutes Beispiel ist etwa der Epic Games Store, der sich aggressiv ein Stück vom Quasi-Monopol der digitalen Vertriebsplattform Steam erkämpft hat: Vor allem kostenlose und exklusive Inhalte locken immer mehr Spieler an. Ohne ihre Exklusivtitel wären auch PlayStation 4 und Nintendo Switch längst nicht so erfolgreich, einige beliebte Games gibt es eben nur für die entsprechende Konsole.
Google lässt eigene Entwickler daher neue Spiele für Stadia produzieren. Bisher gibt es mit dem Adventure "Gylt" aber lediglich ein Spiel exklusiv für die Cloud-Plattform. "Viele" neue Spiele sollen noch dieses Jahr folgen. Noch ist aber nicht bekannt, welche das sein werden.
Google läuft die Zeit davon
Nicht nur GeForce Now greift an, auch die restliche Konkurrenz wartet nicht: Microsofts xCloud soll noch 2020 weltweit an den Start gehen. Sony hat seinen Cloud-Gaming-Service PlayStation Now überarbeitet und in Stellung gebracht – es ist zu erwarten, dass mit dem Release der PS5 noch mehr Verbesserungen folgen. Weitere Dienste, wie der Cloud-PC Shadow, bauen sich derweil einen stabilen Kundenstamm auf und Big-Player wie Amazon und Facebook arbeiten angeblich im Verborgenen an eigenen Cloud-Gaming-Angeboten.
Immerhin: Ubisofts Spiele-Abonnement Uplay+ soll in diesem Jahr für Stadia verfügbar werden. Außerdem könnte gerüchteweise auch die Steam-Bibliothek mit der Cloud-Gaming-Plattform nutzbar werden. In Kombination mit Stadia Base und den versprochenen Youtube-Features wären das wichtige Schritte um zu verhindern, dass GeForce Now das Google-Angebot aus dem Stand links überholt.
Denn auch, wenn das Interesse der Nutzer sich bisher in Grenzen hält: Gratis-Angebote und stabiles Internet in Ballungsräumen werden die Attraktivität der Cloud in den kommenden Jahren erhöhen. PCWorld beschreibt Google Stadia in seiner Review als "Blick in eine Zukunft, die wahrscheinlich ein anderes Unternehmen perfektionieren wird". Wer weiß, vielleicht ist Nvidia ja dieses Unternehmen.