Seit mittlerweile drei Jahren versucht Microsoft, die Idee eines Tablet-PC-Hybriden zu verkaufen. Gelingt es dem neuen Surface Pro 4, diese Brücke zu schlagen? Mit Windows 10 als Betriebssystem stehen die Chancen immerhin besser denn je. Warum unsere Meinung zum Convertible aber immer noch gespalten ist, zeigt der Test.
- So falsch kann Microsoft nicht liegen
- Design & Handling: Optisch ganz der Vorgänger
- Display & Hardware: Viel Leistung für viel Geld
- Surface Pen & Type Cover: Finger, Stift oder Maus und Tastatur?
- Software & Akkulaufzeit: Windows 10 für alle
- Fazit: Sinnvolle Weiterentwicklung für Überzeugte
So falsch kann Microsoft nicht liegen
Noch vor drei Jahren machte sich die Tech-Welt – allen voran Apple – über Microsoft lustig. Die Idee eines Tablets mit Stylus, an das sich Tastatur und Maus anschließen lassen? Dafür sah man anscheinend keinen Markt. Heute ist das anders. Auf der Apple-Keynote 2015 im September stellte der Microsoft-Konkurrent das iPad Pro vor, ein 12,9-Zoll-Tablet, für das Stylus und Tastatur – pardon, Apple Pencil und Smart Keyboard – separat erhältlich sind. So kann es gehen.
Microsoft ist Apple nun aber bereits drei Schritte voraus. Im November brachte der Konzern aus Redmond mit dem Surface Pro 4 die mittlerweile vierte Gerätegeneration seiner Tablet-PC-Hybrid-Reihe auf den Markt. Und hatte somit drei Jahre und drei Surface Pro-Generationen Zeit, Kinderkrankheiten und sonstige Schwachstellen auszubessern. Wie gut ist das gelungen?
Design & Handling: Optisch ganz der Vorgänger
Rein optisch fällt der Schritt vom Surface Pro 3 zum Surface Pro 4 aber denkbar klein aus. Das neue Convertible bleibt dem grundlegenden Design der Surface-Reihe treu. Die Magnesium-Rückseite wird nach wie vor vom chromfarbenen Windows-Logo geziert, die Front wird vom Schwarz des Displays und seiner Ränder dominiert. Nur das weiße Windows-Logo am unteren Displayrand, das beim Vorgänger noch als Home-Button fungierte, ist beim Surface Pro 4 verschwunden. Unter Windows 10 wird er nicht mehr gebraucht.
Neu ist auch der magnetische Rahmen. Er hält den mitgelieferten Surface Pen jetzt wie von Zauberhand fest. Damit sind die Tage der unpraktischen Stiftschlaufe gezählt. Allerdings hält der Stylus nur an der linken Gehäuseseite wirklich gut, denn an der rechten Seite sitzen die meisten Ports des Surface. Rechtshänder könnte das stören. In unserem Test hielt die magnetische Verbindung gut, beim Transport in der Tasche kann man aber sicherlich nicht immer darauf vertrauen.
Mit Abmessungen von 292,10 x 201,42 x 8,45 Millimetern und einem Gewicht von 766 oder 786 Gramm je nach Ausstattung ist das Microsoft-Convertible natürlich gut zu transportieren – besser als ein Laptop, aber schlechter als ein Tablet. Einen Handling-Vorteil gegenüber reinen Tablet-PCs bringt der Kickstand, der sich stufenlos einstellen lässt und den eingestellten Winkel zuverlässig hält.
Auch wenn das aktuelle Modell minimal leichter ausfällt als sein Vorgänger – für eine dauerhafte Nutzung als Tablet ist das Surface Pro 4 immer noch ziemlich schwer. Und fürs Tippen auf dem Schoß eignet sich ein Laptop nach wie vor besser. Im Test hielten wir es so: Mit angeschlossener Tastatur suchten wir einen Tisch als Ablagemöglichkeit für das Gerät. Für die Nutzung auf dem Sofa legten wir die Tastatur beiseite und griffen zum Stylus.
Display & Hardware: Viel Leistung für viel Geld
Im Vergleich zum Vorgänger hat Microsoft das Surface Pro 4 etwas dünner gestaltet, die restlichen Abmessungen blieben identisch. Und dennoch besitzt das neue Modell ein 12,3 -Zoll-Display, das Surface Pro 3 musste mit 12 Zoll auskommen.
Der Hersteller hat aber nicht nur die Displayränder verkleinert, sondern auch an der Auflösung geschraubt. Statt 2160 x 1440 gibt es jetzt 2736 x 1824 Pixel und eine Pixeldichte von 267 ppi. Das Display ist in allen Situationen ausreichend hell und die Farben wirken jetzt noch strahlender. Das Screen-Format von 3:2 scheint wie das gesamte Gerät einen Kompromiss darzustellen.
Während das Display zu den Konstanten bei allen Surface Pro 4-Varianten zählt, wird das Innenleben vom Käufer bestimmt – oder von seinem Portemonnaie. Denn schon die Basisversion mit Core m3-Prozessor von Intel, 128 GB großer SSD-Festplatte und 4 GB RAM kostet 999 Euro. Für unser Testgerät mit Intel Core i5, 128 GB Speicher und 4 GB RAM sind dann bereits 1099 Euro zu zahlen. Und wer die Top-Ausstattung will – einen Core i7 der 6. Generation, 512 GB internen SSD-Speicher und 16 GB RAM – der muss 2499 Euro zahlen.
Zu diesem Preis erwartet man natürlich eine Top-Performance. Und im Alltagstest hat uns das Surface Pro 4 auch nicht enttäuscht. Mit dem Core i5 laufen einfache Grafikprogramme ebenso wie Spiele oder Internetanwendungen rund und flott. Für rechenaufwendigere Grafikaufgaben oder für den professionellen Bereich gäbe es alternativ ja auch noch den i7 oder den i5 mit mehr Arbeitsspeicher.
Reicht das Display nicht aus, lassen sich Inhalte per WLAN-Verbindung oder Mini-Display-Port auf größere Anzeigegeräte übertragen. Darüber hinaus bringt der 2-in1-PC einen USB-3.0-Anschluss, eine Headset-Buchse, einen microSD-Kartenleser und natürlich einen Anschluss für das Type Cover mit. Ein LTE-Modem ist hingegen nicht einmal optional erhältlich.
Surface Pen & Type Cover: Finger, Stift oder Maus und Tastatur?
Wer die Wahl hat, hat die Qual: Manchmal ist es gar nicht so einfach, sich zu entscheiden, wie man das Surface Pro 4 nun bedient. Einfach mit dem Finger auf das Display tippen, den an der Seite angedockten Stylus zuhilfe nehmen oder doch klassisch in die Tasten des Type Covers greifen? Alles hat seine Vor- und Nachteile. Wahrscheinlich ist es eine Frage der Gewöhnung, welche Aufgabe auf welche Art und Weise am liebsten erledigt wird.
Im Test gefiel uns etwa das schnelle handschriftliche Verfassen von Nachrichten mit dem Stylus, denn die Handschrifterkennung des Convertibles funktioniert wirklich gut. Und auch für grafische Anwendungen eignet sich der Surface Pen, der 1024 unterschiedliche Drucklevel erkennt, hervorragend. Verschiedene Strichstärken sind damit kein Problem. Zudem hat der Stift in dieser Generation ein Radiergummi am Ende spendiert bekommen, sodass sich das Malen mit dem Stylus auf dem Surface fast anfühlt wie das Malen auf Papier – mit vielen verschiedenen Stiftarten.
Geht es aber darum, einen längeren Artikel zu verfassen, ist der Griff zum Type Cover zu empfehlen – sofern das nicht im Lieferumfang enthaltene Zubehörteil angeschafft wurde. Das ist nach wie vor einer der größten Kritikpunkte am Surface-Konzept, dessen Stärken sich nur beim Kauf der 149,99 Euro teuren Tastatur in vollem Umfang ausspielen lassen.
Immerhin hat Microsoft Cover und Trackpad im Vergleich zur Vorgängergeneration verbessert, die Tasten und das Mauspad vergrößert. Ersteres wirkt sich positiv auf das Schreibgefühl aus – auch wenn die Tasten aufgrund ihrer erhöhten Lage leicht hohl klingen. Mit dem neuen Trackpad lässt es sich bequemer scrollen, richtiges Laptop-Feeling bietet das Type Cover aber nicht.
Software & Akkulaufzeit: Windows 10 für alle
Das Microsoft Surface Pro 4 ist das erste Gerät der Surface-Reihe, das vom Hersteller direkt mit Windows 10 ausgeliefert wird – genau genommen mit Windows 10 Pro. Softwareseitig spielt das Convertible also in der Notebook-Liga mit. Schwächen – vor allem eine altbekannte – offenbart eher der Tabletmodus. Und der Windows App Store, der mit seiner Auswahl an Anwendungen einfach nicht an Googles Play Store für Android und Apples App Store für iOS-Geräte heranreicht.
Dafür kommt der 2-in-1-PC auch nicht mit einem Haufen vorinstallierter Bloatware, wie das bei vielen Mobilgeräten der Fall ist. Mit an Bord ist aber natürlich die Windows 10-Assistentin Cortana. Wie sie im Alltag behilflich sein kann, haben wir in einem eigenen Ratgeber zusammengefasst.
Was mit jeder Version von Windows steigt, sind die Erwartungen an die Akkulaufzeit von Geräten. Trotz intelligentem Energiemanagement schafft es das Surface Pro 4 aber nicht durch einen kompletten Arbeitstag. Bei dauerhafter Nutzung muss es nach spätestens sechs bis sieben Stunden wieder aufgeladen werden. Damit bleibt das leistungsstarke Convertible deutlich hinter der Laufzeit aktueller Ultrabooks zurück. Bei sporadischer Tablet-Nutzung hingegen hielt das Surface im Test auch ein ganzes Wochenende mit einer Akkuladung durch.
Fazit: Sinnvolle Weiterentwicklung für Überzeugte
Das Microsoft Surface Pro 4 ist etwas leistungsstärker und etwas kleiner geworden, das Display fällt ein wenig größer aus als beim Vorgänger. Auch das Zubehör, den Surface Pen und das Type Cover, hat Microsoft minimal, aber sinnvoll modifiziert. Was allerdings geblieben ist, ist das grundsätzliche Konzept, die Gerätekategorien von Tablet und PC zu kombinieren.
Wer davon bisher nicht überzeugt war, den wird auch das Surface Pro 4 eher kalt lassen. Doch wer sich mit dem Gedanken an ein Convertible anfreunden kann, der findet im neuen Microsoft-Modell einen der besten Vertreter seiner Klasse.
Ein Wermutstropfen bleibt allerdings der Preis. Dafür, dass man in beiden Gerätekategorien Abstriche machen muss, ist das Surface Pro 4 wirklich teuer. Das Testmodell mit einer UVP von 1099 Euro ist im Zusammenspiel mit der 149,99 Euro teuren Tastatur ein sehr gutes Convertible. Wer sich aber entscheiden kann, ist im Vorteil: Sehr gute Laptops und sehr gute Tablets gibt es nämlich deutlich preiswerter.
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