Das Surface Pro X ist Microsofts Antwort auf das iPad Pro. Die Idee hinter dem Windows-Tablet bestand laut Microsoft darin, einen "voll funktionierenden, mächtigen PC" mit einem optimierten Smartphone-Chip anzutreiben. Wie sich im Test gezeigt hat, war der Versuch kein voller Erfolg. Immerhin gewährt das Surface Pro X einen Blick in die Zukunft.
- Design und Anschlüsse: Die Surface-Zukunft ist da
- Leistung und App-Support: Die Surface-Vergangenheit kehrt zurück
- Surface Pro X zum Zocken? Gar nicht so schlecht
- Studio-Mikrofone, Kameras und Lautsprecher: Überzeugen
- Signature Keyboard und Slim Pen: Praktisch, aber mit Kompromissen
- Fazit: Das Surface Pro 7 ist die bessere Wahl
Design und Anschlüsse: Die Surface-Zukunft ist da
Das Surface Pro X sieht aus wie ein Surface-Tablet der nächsten Generation. Im Vergleich zum aktuellen Surface Pro 7 bietet es einen 13 Zoll statt 12,3 Zoll großen Bildschirm mit einem dünneren Rand, setzt aber weiterhin auf das praktische 3:2-Format. Das Display wirkt mit seinen 2.880 x 1.920 Pixeln sehr scharf, wird hell genug für den Einsatz draußen und deckt den sRGB-Farbraum ab.
Mit 7,3 statt 8,5 Millimetern ist das Tablet dünner als das Surface Pro 7. Die Unterschiede bei Breite und Höhe betragen nur wenige Millimeter. Allerdings ist das Gewicht praktisch gleich geblieben – eigentlich der wichtigste Faktor für die Mobilität. Da der Bildschirm größer ist und das Tablet ohnehin nur 774 Gramm wiegt, lässt sich damit aber leben.
Davon abgesehen sieht das Surface Pro X dem Surface Pro 7 sehr ähnlich. Es ist hochwertig und stabil aus Metall gebaut, hinten auf dem integrierten Ständer ist das Windows-Logo auszumachen. Neu ist die Anschluss-Auswahl: Es gibt 2 x USB-C 3.1 mit DisplayPort 1.2. Zusätzlich ist ein weiterer Anschluss für das mitgelieferte Netzteil verbaut und es gibt den Surface-Connect-Dockinganschluss unten für die Tastatur. Wer glaubt, dass er sich gleich ein paar USB-C-Adapter dazu kaufen sollte, liegt richtig.

Was die kabellose Konnektivität angeht, dürfen sich die Käufer über das in allen Modellen integrierte LTE-Modem freuen. Auch Bluetooth 5.0 ist auf dem aktuellen Stand der Technik. Das lässt sich von Wi-Fi 5 nicht behaupten, schließlich gibt es inzwischen schon Geräte mit Wi-Fi 6 – wie das Surface Pro 7. Der Kopfhöreranschluss wurde ebenso gestrichen.
Leider funktioniert die Bildausgabe via USB-C nur mit einem Adapter oder mit dem Surface Dock – nicht aber direkt am USB-C-Anschluss meines Monitors. Das Aufladen via USB-C müsste eigentlich funktionieren, hat in unserem Test aber nicht geklappt.

Fazit: Das Surface Pro X bietet ein modernes Design mit einem größeren, sehr guten Bildschirm und dünnen Displayrändern. Das Gewicht ist aber gleich geblieben. Mit dem Umstieg auf USB-C schließt sich Microsoft dem allgemeinen Trend an, Fotografen werden jedoch einen SD-Kartenslot und viele andere Nutzer USB-A vermissen. So werden Adapter nötig. Wi-Fi 6 wäre zukunftssicherer gewesen, aber immerhin bringt jedes Modell ein LTE-Modem mit.
Leistung und App-Support: Die Surface-Vergangenheit kehrt zurück
Das Surface Pro X setzt auf einen "Microsoft SQ1" genannten Prozessor. Dabei handelt es sich um eine angepasste Version des Snapdragon 8cx. Theoretisch müsste der Chip mit Intel-Core-i5-U-Prozessoren mithalten können – aber nur bei Apps mit ARM64-Support. Da er jedoch überwiegend Windows-Programme emulieren muss, rechnet der Chip in der Praxis viel langsamer. Obendrein laufen nur 32-Bit-Programme auf dem Surface Pro X und es gibt nicht für jede Software eine 32-Bit-Version. Die Norm sind heute 64-Bit-Apps.
Einige beliebte, ältere Programme wie der Bildbetrachter IrfanView werden zum Glück auch als 32-Bit-Version angeboten. Die populärsten Apps aus dem Microsoft Store ließen sich installieren und funktionierten auch. Probiert habe ich das mit dem Mediaplayer VLC, mit iTunes, Instagram und Netflix.

Ein relativ leistungsschwaches Windows-Tablet wie das Surface Pro X bietet sich eigentlich besonders für das Surfen im Internet an. Mit Microsofts Edge-Browser klappt das auch recht schnell und flüssig. Mit dem beliebten Chrome-Browser sieht es allerdings anders aus. Ich habe die gefühlt träge Performance mit dem Benchmark "Speedometer 2.0" überprüft. Das Ergebnis: 26,2 Punkte. Das Handy Samsung Galaxy S8 aus dem Jahr 2017 ist schneller mit Chrome im Internet (28,6 Punkte).
Ein Surface-Tablet mit einem mobilen ARM-Chip – das gab es schon einmal: Das Surface RT aus dem Jahr 2012. Dieses war mit dem Betriebssystem Windows RT ausgestattet und es konnten nur Apps aus dem Microsoft Store installiert werden. Das Surface Pro X hat im Vergleich mehr drauf, schließlich bietet es das normale Windows 10 und es laufen reguläre Programme mit 32-Bit. Der Microsoft SQ1 rechnet zudem spürbar schneller als damals der Nvidia Tegra 3.

Aber besser ist nicht gut genug. 64-Bit-Apps sind der neue Windows-Standard und aufgrund der benötigten 32-Bit-Emulation wirkt der Performance-Unterschied zum Surface Pro 7 zu groß. Auch ärgerlich: Die Akkulaufzeit reicht nicht über jene des stärkeren Verwandten hinaus, sie genügt ungefähr für einen Arbeitstag. Der Akku lässt sich immerhin schneller aufladen, aber Microsoft hätte bei der Laufzeit deutlich mehr herausholen können.
Mein Optimismus im Vorfeld hat sich somit als übertrieben erwiesen. So schrieb ich in einem Meinungsartikel: "Dank Surface Pro X könnten sich Laptops mit Handy-Chips durchsetzen". Das dürfte eher nicht eintreten, auch wenn Fortschritte zu verzeichnen sind.
Fazit: Die Leistungs- und Kompatiblitäts-Kompromisse wären vielleicht akzeptabel gewesen, würde das Surface Pro X nicht mehr kosten als das Surface Pro 7 – sondern bestenfalls halb so viel. Wie die Lage nun aussieht, steht das Surface Pro 7 im Vergleich erheblich besser da.
Surface Pro X zum Zocken? Gar nicht so schlecht
Wer Mobile-Games wie "Asphalt 9" oder "Angry Birds 2" aus dem Microsoft Store zockt, erhält vom Surface Pro X genügend Grafikleistung. Aber das Tablet kann überraschend mehr. Die Games in meiner Steam-Bibliothek, mit denen ich es ausprobiert habe, konnten alle installiert und gestartet werden. Versucht habe ich es mit "Half-Life 2: Lost Coast", "Alan Wake", Resident Evil 6", "Grim Dawn" und "Anno 1404".

Der Aufbauspiel-Klassiker "Anno 1404"" läuft in der Auflösung von 2.880 x 1.920 Pixeln bei hohen Einstellungen mit recht flüssigen 40 Bildern pro Sekunde (FPS). Das Spiel stammt zwar aus dem Jahr 2009, aber für einen mobilen Chip ist das nicht übel. Das gilt auch für die Leistung mit "Resident Evil 6", das bei 1.600 x 900 Pixeln mit 60 FPS über das Display wandert. Zwar ist das Surface Pro X für moderne Spiele zu schwach, aber den Klassiker zwischendurch packt es durchaus. Tatsächlich kommt uns die Gaming-Leistung weit besser vor als die Leistung beim Surfen im Internet mit Chrome – das sieht man nicht alle Tage.
Fazit: Mobile Games und ältere Spiele bezwingt das Surface Pro X gut. Für das Spielchen zwischendurch ist es insofern geeignet.
Studio-Mikrofone, Kameras und Lautsprecher: Überzeugen
Die Webcam des Surface Pro X löst mit 5 Megapixeln auf, die Hauptkamera mit 10 Megapixeln. Letztere ist sogar in der Lage, digital stabilisierte 4K-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufzuzeichnen. Videos und Fotos sehen für Tablet-Verhältnisse gut aus und sind gewiss brauchbar für Videochats beziehungsweise Dokumentenscans. Die Kameraqualität eines Flaggschiff-Handys braucht ein Windows-Tablet nicht. Praktisch ist der Infrarot-Sensor vorne, so gelingt ein zügiger Login via Windows Hello.
Die Stereo-Lautsprecher stellen Mitten und Höhen ordentlich dar und werden laut genug. Bass gibt es keinen und der ist bei der Bauweise auch nicht zu erwarten. Aufgrund des fehlenden Kopfhöreranschlusses lässt sich das Tablet nur via Bluetooth mit Lautsprechern oder einem Headset verbinden – das bedeutet eine niedrigere Audioqualität. Den Audioanschluss wegzulassen ist unlängst ein Trend bei Smartphones geworden und es mag wohl sein, dass ihn auch zukünftige Tablets und Notebooks nicht mehr mitbringen.
Die Studio-Mikrofone sind für ihren Zweck sehr gut geeignet. Ich habe meine Stimme aus verschiedenen Entfernungen aufgezeichnet und sie war stets klar zu vernehmen. Auch Team-Videochats sollten daher kein Problem darstellen.
Fazit: Kameras, Studio-Mikros und Lautsprecher überzeugen für ihren Einsatzzweck. Den Kopfhöreranschluss bei einem Windows-Tablet wegzulassen, sodass sich die Käufer auf Bluetooth-Headsets und -Lautsprecher verlassen müssen, finde ich jedoch ärgerlich. Schließlich bedeutet das eine schlechtere Tonqualität.
Signature Keyboard und Slim Pen: Praktisch, aber mit Kompromissen
Das Signature Keyboard und der Surface Slim Pen sind neu. Die Tastatur ist dem bekannten Type Cover allerdings sehr ähnlich, der wichtigste Unterschied besteht in einem Fach über den Tasten für den neuen Eingabestift. Damit er dort hinein passt, musste der Stift flacher gebaut werden. Die Tastatur eignet sich dank klarem Druckpunkt gut zum Tippen, nur das an sich gute Touchpad hätte mit dem Bildschirm mitwachsen und sich dessen Format anpassen dürfen.

Der Surface Slim Pen bietet dieselbe Technik wie der Surface Pen. Das bedeutet 4.096 Druckempfindlichkeitsstufen, Neigungserkennung und einen virtuellen Radierer auf der Rückseite. Neu ist die praktische Möglichkeit, den Stift aufzuladen, indem man ihn einfach in das Tastatur-Fach legt. Er benötigt keine Batterien mehr. Die flache Form des Stifts und die Plastik-Verarbeitung sind allerdings spürbare Kompromisse. Der reguläre Surface Pen macht einen wertigeren Eindruck und liegt besser in der Hand.
Das hauptsächliche Problem ist allerdings der "Lag", die Eingabeverzögerung beim Zeichnen. Diese entsteht offenbar nicht aufgrund der bewährten Stifttechnik, sondern durch den lahmen mobilen Prozessor in Kombination mit Windows-Programmen. Ich habe den Stift mit Paint 3D getestet. Leider gibt es Autodesk Sketchbook, das ich für den Vergleich der Stift-Tablets verwendet hatte, nicht als 64-Bit-Version.
Während Features wie Druckstufen und Neigungserkennung einwandfrei funktionieren, werden schnellere Eingaben erst verzögert auf dem Display dargestellt. Insbesondere bei Schraffuren und beim Ausmalen ergibt sich so eine Wartezeit.
Fazit: Das Aufladen des Stifts im Tastatur-Fach ist praktisch, allerdings ist der Surface Slim Pen bei Handhabung und Verarbeitung ein Rückschritt. Zudem werden schnellere Striche verzögert dargestellt. Die Tastatur entspricht weitgehend dem Type Cover, hätte aber ein größeres Trackpad, passend zum üppigeren Display, vertragen können.
Fazit: Das Surface Pro 7 ist die bessere Wahl
Der Preis des Surface Pro X liegt bei 1.150 Euro. Das Surface Pro 7 gibt es ab rund 900 Euro. Auf dem Surface Pro X laufen keine Windows-Programme mit 64-Bit und 32-Bit-Apps nur langsam – während das Surface Pro 7 mehr Leistung mitbringt und mit jeder Windows-Software zurechtkommt. Zwar bietet das Surface Pro X einen größeren Bildschirm und ein moderneres Design, aber die Nachteile überwiegen im Vergleich zum Surface Pro 7 so deutlich, dass man sich fragen muss, warum das Tablet in dieser Preisklasse angeboten wird.

Es gibt unlängst Windows-Geräte mit ARM-Chips, aber diese gehören traditionellerweise zur unteren Preisklasse. Und vielleicht gebührt ihnen dort auch weiterhin eine Nische. Bei über 1.000 Euro hört der Spaß jedoch auf. So lässt sich das Surface Pro X vielleicht am ehesten als Prototyp verstehen, der einen Ausblick gibt auf die nächste Surface-Generation. Hier stehen also wohl ein größeres Display und ein wieder aufladbarer Stift an, immerhin echte Fortschritte. Wir freuen uns schon darauf.
Das Surface Pro X selbst ist allenfalls etwas für Profis, die genau wissen, was sie brauchen. Alle anderen Interessenten an einem guten Windows-Tablet greifen zum Surface Pro 7.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gefallen |
+ Design und Verarbeitung + Display + Lautsprecher, Mikros und Kameras + Wiederaufladbarer Stift + Gut für ältere Spiele aus der Steam-Bibliothek |
- Unterstützt keine 64-Bit-Apps - Lahm für das Surfen im Internet außer mit Edge-Browser - Viel zu teuer für das Gebotene - Nur 2 x USB-C - Kein Kopfhöreranschluss |