"Moonlight": Der Oscar-Gewinner in unserer Filmkritik

"Moonlight" erzählt die Geschichte des afroamerikanischen Jungen Chiron, der als Außenseiter in Miami aufwächst.
"Moonlight" erzählt die Geschichte des afroamerikanischen Jungen Chiron, der als Außenseiter in Miami aufwächst. Bild: © David Bornfriend/A24/DCM 2017

"Moonlight" war die größte Überraschung bei der Oscar-Verleihung 2017: Ein Film von einem unbekannten Regisseur und mit weitgehend unbekannten Darstellern, der trotzdem acht Nominierungen einstrich. Drei Academy Awards konnte "Moonlight" am Ende mit nach Hause nehmen – darunter den Oscar für den besten Film.

Von Michael Schock

"Moonlight" erzählt in drei Episoden auf ruhige Art und Weise vom Leben eines schwarzen Jungen in Miami – allerdings abseits des Glamours und der üblichen Bandenklischees. Vielmehr geht es hier um etwas ganz Anderes: das realistische Bild eines Außenseiterlebens.

Die drei Phasen des Aufwachsens: Die Story von "Moonlight"

Im ersten Kapitel des Films, genannt "Little" nach dem Spitznamen des Protagonisten, sehen wir den jungen Chiron (Ashton Sanders) bei seinem Leben in einer Sozialbausiedlung am Rande Miamis. Der Zehnjährige ist Außenseiter, wegen seiner Größe, seiner Art zu reden, seiner Verschwiegenheit. Seine alleinerziehende Mutter Paula (Naomie Harris) bietet ihm keinen Rückhalt, sie ist drogensüchtig und vollauf mit Liebschaften und ihrem eigenen Leben beschäftigt. Durch Zufall trifft Chiron aber auf Juan (Mahershala Ali), der zu einem Vaterersatz für ihn wird. Doch Juan ist Drogendealer – und beliefert unter anderem auch Chirons Mutter.

Im zweiten Kapitel, "Chiron", wird es mit dem Einsetzen der Pubertät für den Jungen noch mal komplizierter: Er ist schwul und verliebt sich in seinen Schulkameraden Kevin (André Holland). Der zeigt sogar Interesse an Chiron, aber das darf niemand wissen. Auf ein erstes Annähern der beiden folgt ein harter Rückschlag, der Chiron schwer trifft. Die Konsequenzen dieser Erfahrung werden im dritten Kapitel, "Black", gezeigt. Hier ist der gemobbte Junge erwachsen geworden. Die Vergangenheit lässt ihn aber nicht los.

Subtile und eindringliche Filmkunst

Im Grunde ist "Moonlight" ein klassisches Episoden- und Coming-of-Age-Drama. Die einzelnen Episoden aus Chirons Leben zeigen die Schwierigkeiten eines Einzelgängers, mit seinem Umfeld und sich selbst. Das Besondere ist hier tatsächlich: Es ist die Jugend eines Schwarzen, und dieser Faktor ist nicht zu unterschätzen. In ruhigen und realistischen Bildern umschifft der Film die gängigen Hip-Hop-, Gang- und Brutalitätsklischees, die sonst damit einhergehen. Diese Dinge kommen zwar vor, aber in einem normalen und nicht überzeichneten Maß. Regisseur Barry Jenkins hält zu jedem Zeitpunkt die schwierige Balance, die beim Umgang mit heiklen Themen so wichtig ist. Das ist sicher auch dem Autor der Vorlage, dem Theaterstück "In Moonlight Black Boys Look Blue" von Tarell Alvin McCraney, zu verdanken. Und den drei Hauptdarstellern, die Chiron in den jeweiligen Altersstufen porträtieren: Ashton Sanders, Alex R. Hibbert und Trevante Rhodes. Alle drei schaffen es, den lebenslangen Underdog nachvollziehbar zu machen, er wächst den Zuschauern mit seiner introvertierten Art unweigerlich ans Herz.

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"Moonlight"-Szenenbild Bild: © David Bornfriend/A24/DCM 2017
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Bild: © A24/DCM 2017
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Moonlight

Untermalt werden die Szenen von neoklassischen Violinen- und Cellostücken des Komponisten Nicholas Britell, auch hier setzt "Moonlight" auf subtile Klänge zu den oft bläulich und violett eingefärbten Szenen – entsprechend dem Titel der Vorlage. Deren Bedeutung wird in einer der Schlüsselszenen erklärt, einem der kurzen und dennoch prägnanten Dialoge. Der Film hätte auch zu einem sperrigen Arthouse-Unterfangen werden können, aber es ist Jenkins zu verdanken, dass daraus eine universal fesselnde Geschichte geworden ist.

"Moonlight": Fazit

Ein Film, dessen Botschaft klar und deutlich zu hören ist, ohne sie hinausschreien zu müssen: "Moonlight" ist das bewegende Portrait eines schwarzen Underdogs, das ohne plumpe Klischees auskommt. Gerade in der Ära von US-Präsident Donald Trump ein wichtiger – und wunderschöner – Film.

TURN-ON-Filmwertung: 4/5

Angebot
Moonlight
Moonlight
  • Datenblatt
  • Hardware und software
  • Originaltitel
    Moonlight
  • Produktionsland/-jahr
    USA 2016
  • Genre
    Drama
  • Besetzung
    Mahershala Ali, Shariff Earp, Duan Sanderson
  • Regie
    Barry Jenkins
  • Kinostart (D)
    09.03.2017
TURN ON Score:
4,0von 5
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