Von Garmin ist jetzt ein Kombi-Gerät aus Navi und Dashcam erschienen: die nüviCam. Per Navi wird man ans Ziel geleitet, die Dashcam filmt dabei auf Wunsch den Verkehr kontinuierlich und speichert besondere Situationen automatisch ab. Was die Kombination beider Funktionen im neuen Spitzen-Modell taugt und wie gut die eingebauten Sicherheitsfeatures sind, zeigt unser Test.
Großes Gerät: Fast so breit wie eine A4-Seite
Was zuerst auffällt, ist die Größe des Gerätes: Mit knapp 18 Zentimetern ist die Garmin nüviCam nur wenig schmaler als eine Seite A4-Schreibmaschinenpapier. Das Display aus Glas – wie bei einem Smartphone – ist 6 Zoll groß. In der Mitte der Windschutzscheibe angebracht kann dadurch ein störend großer Bereich Verkehrsgeschehen verdeckt werden. Obwohl es für die Kamera Sinn macht, das Gerät mittig zu montieren, sollen Filmaufzeichnungen und Sicherheitsfunktionen auch dann noch funktionieren, wenn die nüviCam links in der Ecke sitzt – was absolut empfehlenswert ist.
Magnethalterung saugt sich knackig fest
Die Halterung für die Windschutzscheibe saugt sich knackig ans Glas und verfügt über einen kräftigen Magneten, der die Garmin nüviCam sicher festhält. Praktisch: Das Anschlusskabel für die Stromversorgung steckt in der Halterung und nicht im Gerät, sodass man sich das nervige Umstöpseln sparen kann, wenn man das Navi entfernt.
Stichwort Sicherheitsfunktionen: Per Kamera überwacht das smarte Navi sowohl die Spurtreue wie auch den Sicherheitsabstand – und gibt akustische und optische Warnungen aus, wenn etwa eine Linie auf der Straße über- oder auf den Vordermann zu dicht aufgefahren wird. Die Sicherheitsfeatures sind bislang für eine Dashcam recht seltene Funktionen, und in Kombination mit dem Navi lassen sich weitere Einsatzmöglichkeiten vorstellen. Etwa wenn die Kamera die Schilder mit den Tempolimits lesen würde und man eben nicht auf die möglicherweise veralteten Tempoinformationen aus den Karten angewiesen wäre.
Lebenslange Update-Garantie für die Karten
Garmin gewährt dem Käufer des Geräts für dessen normale Lebensdauer Aktualisierungen für neue Karten, sodass man nicht nach zwei, drei Jahren noch einmal viel Geld für ein entsprechendes Update ausgeben muss. Enthalten in den Karten-Updates sind wichtige Adressen und auch Hinweise auf Radargeräte entlang der Route. Ergänzt werden diese Infos durch aktuelle Verkehrsmeldungen, die entweder per digitalem Rundfunk DVB-T oder übers gekoppelte Smartphone den Weg auf die nüviCam finden.
In der Praxis zeigte sich besonders diese Technologie gegenüber früheren Garmin-Geräten wie etwa dem nüvi 3597LMT, das nur TMC Pro hat, deutlich verbessert: Die Meldungen kommen jetzt viel früher an, sodass das Navi noch sinnvolle Ausweichrouten berechnen kann. Nicht wirklich besser dagegen ist die Spracherkennung. Man kann jetzt immerhin an einem Balken sehen, wie laut das Gerät die Stimme wahrnimmt. Aber nach wie vor ist es besonders bei langen Straßen- und Ortsnamen Glückssache, ob der Befehl verstanden wird. Etwas eingeschränkt auf besondere Orte wie Bahnhöfe, Schulen oder Krankenhäuser ist die Suchfunktion. Eingaben wie "Hamburg Semperstraße 26" werden nicht erkannt, dazu muss man dann wieder die normale, umständlichere Zielort-Eingabe benutzen.
Strecken führen vor allem über Autobahnen
Die Routing-Funktion kommt mit der für Garmin typischen starken Priorität für Autobahnen. Diese werden gegenüber anderen nicht unbedingt langsameren Wegen stets bevorzugt – teils etwas zu stark. Ein wenig unpraktisch ist nach wie vor die Eingabe von Vermeidungen. Kommt man etwa während der Fahrt auf die Idee, Autobahnen ab sofort meiden zu wollen, muss man dies immer global ändern – und danach auch wieder ebenso rückgängig machen. Nur für die gerade aktuelle Route geht es leider nicht. Insgesamt sind die Wegvorschläge absolut praxistauglich und führen sicher und schnell ans Ziel.
Altes Garmin-Problem: Routing friert ein
Beim Test fiel auf, dass ein altes Garmin-Problem auch bei der neuen nüviCam wieder auftaucht. Aus unerfindlichen Gründen und nicht reproduzierbar – aber durchaus regelmäßig – stockt das Routing. Abhilfe schafft hier nur ein Neustart des Geräts, allein die Zielführung zu beenden und das Ziel neu anzugeben, reicht nicht aus. Ansonsten bietet das Routing Einstellmöglichkeiten für Präferenzen, etwa ob man den kürzesten, schnellsten oder sparsamsten Weg wählen will. Bei frühzeitig gemeldeten Staus werden automatisch schnell sinnvolle Umfahrungen angeboten und die eingesparte Zeit wird nicht nur angezeigt, sondern in die Ankunftszeit reingerechnet. Das ist alles ziemlich komfortabel gelöst und für ein Spitzenklasse-Modell schon Standard.
Neue Sicherheitsfunktionen: Spurtreue und Kollision
Überhaupt nicht Standard dagegen sind die neuen Sicherheitsfunktionen, die Garmin der nüviCam per Dashcam spendiert hat. Sowohl der Fahrspurassistent wie auch der Kollisionswarner funktionieren im täglichen Betrieb gut. Nur selten wird das Überfahren der Mittel- oder Seitenlinie – aktiv ab einem Tempo von 65 Stundenkilometern – auf manchen Straßen nicht registriert. Auf engen Straßen warnt das System fast schon zu oft – was dazu führen könnte, dass es ausgeschaltet wird. Spurwechsel auf Autobahnen werden allerdings nicht angemahnt, denn die sind ja häufig, aber nicht immer beabsichtigt.
Auch der Kollisionswarner – aktiv bei über 50 Stundenkilometern – macht im Test einen zuverlässigen Eindruck, könnte aber früher anschlagen. Die Frage ist nur: Wann machen diese Sicherheitsfeatures wirklich Sinn? Denn wer beim Fahren nicht in der Lage ist die Spur zu halten oder zu dicht auffährt, sollte vielleicht eine Pause einlegen oder seinen Fahrstil komplett überdenken. Denn ob für einen schläfrigen Fahrer die Zeit nach der Spurwechsel-Warnung wirklich noch reicht, das Steuer herumzureißen und nicht im Graben zu landen, ist mehr als ungewiss. Aber es mag natürlich Fälle geben, in denen die Funktionen sinnvoll sind.
Dashcam filmt den Verkehr durch die Windschutzscheibe
Absolut sinnvoll dagegen ist die Aufzeichnungsfunktion der Dashcam, die den Verkehr vor dem Wagen durch die Windschutzscheibe filmt. Obwohl sich derartige Videos noch nicht automatisch vor Gericht als Beweis nutzen lassen, kann per Filmaufzeichnung so mancher Unfall sicher viel besser aufgeklärt werden und die Akzeptanz bei deutschen Richtern scheint zuzunehmen. Während die nüviCam die normalen Aufzeichnungen der Fahrt kontinuierlich wieder löscht, werden Ereignisse wie Unfälle fest abgespeichert. Als Ereignis registriert der Beschleunigungssensor des Geräts alle Vorkommnisse, die eine bestimmte Intensität überschreiten. Bei unserem Test reagierte die nüviCam schon auf größere und zügig überfahrene Bodenwellen. Kein Problem, denn die gespeicherten Aufnahmen, die die 90 Sekunden vor und nach dem Ereignis zeigen, lassen sich ganz bequem über die Galerie-App im Gerät nicht nur zusammen mit dem passenden Kartenausschnitt betrachten, sondern auch löschen. Die Qualität der Filme ist hervorragend, der Aufnahmewinkel extrem breit.
Die nüviCam kostet laut Hersteller 379 Euro und drückt somit auch durch ihren Preis den Spitzenklasse-Anspruch deutlich aus. Das Navi wird mit Halterung, Kabel, vorinstallierten Karten von Europa und einer Speicherkarte ausgeliefert. Enthalten ist neben einer Bluetooth-Freisprechfunktion unter anderem auch eine App zur Berechnung der Benzinkosten. Inklusive ist der Online-Zugang zu Kartenupdates und zur Geräteverwaltung über Garmin Express.