Im Sommer hatte Nintendo das NES Classic Mini angekündigt, endlich konnten wir uns die Retro-Konsole auch im Test anschauen. Was kann die Neuauflage des mehr als 30 Jahre alten Klassikers? Springt der Funke der alten Spiele noch immer über? Und was ist vielleicht nicht so gelungen?
- Mini-Ableger im originalgetreuen Design – aber mit zu kurzem Kabel
- 30 Spiele sollt ihr sein, doch wo sind "Tetris" und andere Bestseller?
- NES Classic Mini vs. NES: Diese Features sind neu
- Fazit: Tolles Spielerlebnis mit viel Potenzial für Nachfolger
- Nintendo Classic Mini: Liste der vorinstallierten Spiele
Das NES Classic Mini ist für mich als jemanden, der mit dem NES aufgewachsen ist, Nintendos größter Coup des Jahres – trotz Nintendo Switch und "Pokémon Go". Anfang November kam die geschrumpfte Konsole mitsamt Controller und 30 vorinstallierten Spielen für etwa 60 Euro in den Handel – endlich. In weiser Voraussicht hatte ich sie schon im Juli vorbestellt. Denn derzeit ist der Andrang so groß, dass sie vielerorts vergriffen ist und Händler astronomische Preise aufrufen. Fast ein Jahr, nachdem ich das SNES hervorgekramt hatte, steht nun also endlich das NES Classic in meinem Wohnzimmer. Und direkt nach dem Anschalten haben mich die Pixelgrafik und die 8-Bit-Musik wieder in ihren Bann gezogen.
Mini-Ableger im originalgetreuen Design – aber mit zu kurzem Kabel
Trotz der bekannten Produktfotos war ich beim Auspacken überrascht, wie winzig das NES Classic Mini aussieht. Mit 13 x 10 x 4,3 Zentimetern ist die Konsole weniger als halb so groß wie das Original. Bei Design und Proportionen hat sich Nintendo dicht am NES gehalten: Auf der Vorderseite sind neben Power- und Reset-Knopf Anschlüsse für zwei Controller vorhanden. Das einstige Fach für die Spielmodule ist angedeutet, öffnen lässt es sich aber nicht.
Auf der Rückseite befindet sich ein HDMI-Slot, mit dem Konsole und Fernseher verbunden werden, sowie ein Mini-USB-Anschluss für die Stromversorgung; je ein kurzes Mini-USB-auf-USB-Kabel und HDMI-Kabel gehört zum Lieferumfang. Wer das NES Classic allerdings nicht via USB mit Strom versorgen möchte, muss einen separaten Netzstecker nutzen, der nicht beiliegt – oder aber den eines Smartphones verwenden.
Zur Ausstattung gehört ein Controller mit den identischen Abmessungen des Originals. Kurios: Zumindest ich hatte die Ergonomie schlechter in Erinnerungen. Ein ganz großes Manko ist aber dessen Kabel. Es ist gerade einmal 75 Zentimeter lang – oder besser: kurz. Das ist ärgerlich, da man so gezwungen ist, wie in Kindheitstagen direkt vorm Fernseher zu sitzen, oder ein längeres HDMI-Kabel zu verwenden. Hier hat Nintendo definitiv am falschen Ende gespart!
Dennoch ist die Anschaffung eines zweiten Controllers lohnenswert, da sich die Hälfte der vorinstallierten Spieler auch zu zweit spielen lassen. Nettes Gimmick: Der Controller kann auch zum Spielen von NES-Titeln für die Virtual Console einer Wii U oder Wii genutzt werden.
30 Spiele sollt ihr sein, doch wo sind "Tetris" und andere Bestseller?
Wie eingangs erwähnt, gibt es keine Spielmodule für das NES Classic Mini, stattdessen sind 30 Spiele vorinstalliert (Auflistung am Ende des Tests). Diese dürften ein Laufwerk kaum belasten, trotzdem hat Nintendo sich für diese runde Zahl entschieden – sicherlich im Hinblick auf das Jubiläum. Während das NES in Japan vor 33 Jahren eingeführt wurde, erschien es hierzulande erst vor 30 Jahren. Oder hat Nintendo an Spielen gespart, um Varianten mit anderen Titeln auf den Markt zu bringen, etwa eine Rollenspiel-Edition und eine Sport-Edition? Denn nachträglich lassen sich leider keine Titel installieren.

Natürlich ist das Spielen mit dem NES Classic Mini sehr komfortabel, entfällt doch das ständige Wechseln der Module. Zudem wird für den Preis viel geboten. Trotzdem: Es fehlen einfach viel zu viele Bestseller und Klassiker von den rund 785 Spielen, die weltweit erschienen waren. Gerade für Fans in Deutschland etwa erschließt sich die Sinnhaftigkeit eines "Tecmo Bowl" kaum – warum ist ein Football-Spiel installiert, wenn das legendäre Fußballspiel "Nintendo World Cup" fehlt? Und was will ich mit "Double Dragon II: The Revenge" oder "Ninja Gaiden", wenn Nintendo auf "Tetris" oder "Teenage Mutant Ninja Turtles" verzichtet? Erkennbar ist immerhin, dass Nintendo auf eine Mischung aus Genres wert gelegt hat. Zudem lassen sich 15 der 30 Spiele auch zu zweit spielen. Die Textausgabe bei allen Spielen ist übrigens wie beim NES Englisch. Als Kind mag das ein Hindernis gewesen sein, heute sollte das den meisten Zockern kein Kopfzerbrechen verursachen.
Doch von der Auswahl der Spiele abgesehen – beim Zocken springt der Funke noch immer über. Wer mit dem NES aufgewachsen ist, wird mit dem NES Classic Mini viel Spaß haben. Trotz des meist eher geringen Umfangs vieler Spiele sind sie noch fordernd und bockschwer, zum Teil auch frustrierend. Dementsprechend kann man noch viel Zeit mit ihnen verbringen. Dagegen sind manche Titel wie etwa "Kirby’s Adventure" sehr simpel – als Kind ohne jahrelange Gaming-Erfahrung mag das natürlich anders gewesen sein. Natürlich wird auch deutlich, dass man viele Spiele im Nachhinein verklärt. Nach heutigen Maßstäben ist das Leveldesign oftmals doch arg monoton. Trotzdem, die Konsole richtet sich in erster Linie an Gamer, die mit der alten Konsole aufgewachsen sind.
NES Classic Mini vs. NES: Diese Features sind neu
Natürlich will Nintendo mit dem NES Classic Mini die alten Klassiker und das Spielgefühl von früher aufleben lassen – das gelingt im Test auch sofort. Sobald man das erste Spiel startet, die pixelige Grafik den Fernseher einnimmt und das 8-Bit-Gedudel ertönt, fühlt man sich in die Kindheit zurückversetzt. Allerdings hat Nintendo auch einige neue Features ergänzt, die extrem praktisch sind. Beim Einschalten wechselt die Konsole in ein Hauptmenü. Hier lassen sich die Spiele sortieren, etwa nach Erscheinungsdatum oder wie lange man die einzelnen Titel gespielt hat, und die Einstellungen aufrufen. In diesen lässt sich unter anderem die Sprache ändern, was aber keinen Einfluss auf die Textausgabe in den Spielen hat. Ganz neu ist, dass es für die Spiele drei verschiedene Darstellungsformen gibt.
- CRT-Filter: Mit diesem Modus wird das Bild durch einen Filter (CRT = Cathode Ray Tube) überlagert. Spiele wirken dann so, als würden sie auf einem alten Röhrenfernseher laufen, was sich etwa in horizontalen Streifen und einem etwas verwaschenen Bild äußert.
- 4:3: Dieser Modus dürfte am häufigsten genutzt werden. Das Bild ist horizontal leicht gestreckt, da die Auflösung des NES bei 256 x 224 Pixeln lag. Doch auch damalige Röhrenfernseher skalierten das Bild auf 4:3.
- 1:1: In diesem Modus ("Pixel Perfect") wird das Ausgangssignal verwendet, jeder Pixel wird also quadratisch dargestellt; eine Streckung erfolgt nicht.
Das Hauptmenü kann jederzeit mit dem Drücken der Reset-Taste aufgerufen werden, was als Funktion natürlich praktisch ist. Allerdings wäre eine Tastenkombination auf dem Controller wünschenswert gewesen, da man den Button häufig nutzt, wie der Test vor Augen geführt hat.

Zu den grandiosen Neuerungen zählt, dass sich beim NES Classic Mini jederzeit der Spielstand sichern lässt. Für jeden der vorinstallierten Titel gibt es vier Speicherstände, die individuell belegt werden können. Dazu muss beim Spielen via Reset-Taste ins Menü gewechselt und der Speicherslot ausgewählt werden.
Vom Spielgefühl hat sich abseits davon wenig geändert. Die Performance des NES Classic Mini entspricht der des Originals.
Dementsprechend treten auch von früher bekannte Grafikfehler und Glitches auf, zudem kann es bei viel Bewegung auf dem Bildschirm zu deutlichen Rucklern kommen. Das fiel im Test besonders bei "Kirby's Adventure" auf. Zudem ist den Kollegen von Golem im Vergleichstest aufgefallen, dass die Eingabeverzögerung minimal länger geworden ist – anders sieht es aber bei der Soundausgabe aus. So würde insbesondere bei "Super Mario Bros. 2" und "Mega Man 2" auffallen, dass etwa das Geräusch eines Sprungs deutlich zeitversetzt ertönt.
Fazit: Tolles Spielerlebnis mit viel Potenzial für Nachfolger
Das NES Classic Mini ist eine wunderbare Neuauflage, die sich aber in erster Linie an Retro-Fans richtet, die mit der alten Konsole aufgewachsen sind – denn Nostalgie spielt eine sehr große Rolle. Insbesondere zwei Mankos schmälern den positiven Eindruck etwas: zum einen natürlich das arg kurze Kabel des Controllers. Zum anderen sind die 30 Spiele nur ein Bruchteil des gesamten NES-Katalogs. Natürlich bieten sie aufgrund des zum Teil happigen Schwierigkeitsgrads eine lange Spielerdauer. Trotzdem ist die Auswahl der Titel nicht ganz glücklich. Zu hoffen bleibt, dass Nintendo Varianten mit anderen Spielen veröffentlicht. Und, mein größer Wunsch nach dem Test: Nintendo, bitte bringt auch ein SNES Classic Mini heraus!
Nintendo Classic Mini: Liste der vorinstallierten Spiele
- Balloon Fight
- Bubble Bobble
- Castlevania
- Castlevania II: Simon's Quest
- Donkey Kong
- Donkey Kong Jr.
- Double Dragon II: The Revenge
- Dr. Mario
- Excitebike
- Final Fantasy
- Galaga
- Ghosts'n Goblins
- Gradius
- Ice Climber
- Kid Icarus
- Kirby's Adventure
- Mario Bros.
- Mega Man 2
- Metroid
- Ninja Gaiden
- Pac-Man
- Punch-Out!! Featuring Mr. Dream
- StarTropics
- Super C
- Super Mario Bros.
- Super Mario Bros. 2
- Super Mario Bros. 3
- Tecmo Bowl
- The Legend of Zelda
- Zelda II: The Adventure of Link