Mit der Netatmo Welcome kommt die erste Home-Kamera auf den Markt, die Gesichtserkennung beherrscht. Damit lässt sich aus der Ferne per Smartphone feststellen, wer gerade zuhause ist und wer nicht oder ob etwa Einbrecher die Wohnung ausräumen. Wir haben das smarte Gerät getestet und uns auch die wichtigen Datenschutz-Einstellungen angeschaut.
Das klingt alles schon sehr nach "1984" und Rundum-Überwachung: Mit seiner Technologie zur Gesichtserkennung kann die Netatmo Welcome vorher "gelernte" Personen erkennen und dann den Namen dieser Person an das Smartphone des Welcome-Besitzers quasi in Echtzeit übermitteln. Die Filmaufnahmen, die das Gerät anfertigt, sind in Full HD und es gibt sogar einen Nachtsichtmodus. Sollten unbekannte Menschen ins Sichtfeld der Linse kommen, wird das ebenfalls gemeldet – es könnte ja ein Einbrecher sein.
Datenschutz soll durch Verschlüsselung gewährleistet sein
Damit natürlich aufkommenden Fragen nach dem Datenschutz ausreichend Rechnung getragen wird, sichert Netatmo zu, dass aufgezeichnete Videos ausschließlich auf der wechselbaren Speicherkarte abgelegt werden und eben nicht im eher unsicheren Internet. Zudem werden alle Daten zwischen Kamera und Smartphone-App verschlüsselt übertragen. Zusätzlich kann man bei erkannten Personen die Erkennung auch einzeln ausschalten. Die Anwendung Netatmo Welcome gibt es für iOS und Android.
Aufzeichnungen in Full HD und mit Ton
Die Aufzeichnungen der Kamera erfolgen in Full HD und mit einem Aufnahmewinkel von 130 Grad. Zum Vergleich: Das menschliche Gesichtsfeld beider Augen beträgt knapp 180 Grad. Ein Mikrofon ist in die Netatmo Welcome ebenfalls eingebaut, sodass man zu den Filmen und dem Live-Stream auch Ton zu hören bekommt.
Das Anschließen der Kamera war im Test denkbar einfach: Die entsprechende App aufs Smartphone laden, die Kamera an den Strom anschließen und nach Wunsch ein Netzwerkkabel einstöpseln. Da Videoübertragungen das WLAN recht stark belasten können, ist die Verkabelung durchaus empfehlenswert. Zudem wird ein schickes, flaches Netzwerkkabel mitgeliefert. Normale Ethernet-Leitungen sind häufig störrisch und sehr hinderlich beim Aufstellen von leichten Geräten – das ist beim Kabel-Flachmann der Netatmo Welcome nicht der Fall.
Einrichtung der Netatmo Welcome ist kinderleicht
Die Einrichtung des Gerätes per App kann über Bluetooth oder das Netzwerk ablaufen. Dazu reicht es, die Smart Home-Kamera einmal auf den Kopf zu stellen. Das sagt der Netatmo Welcome, dass jetzt Setup-Zeit ist, sie lädt bei Bedarf noch ein Update aus dem Netz und dann kann's auch schon losgehen. Immer wenn die Kamera ein Gesicht filmt, sendet sie eine Meldung an die App auf dem Smartphone und fordert zum Identifizieren der Person auf. Der Kamera-Aufsteller kann sich als Eigentümer eintragen und wird dann begrüßt, sobald er nach längerer Abwesenheit nach Hause kommt.
Reichlich Identifizierungen fürs komplette Profil nötig
Sowohl beim Kamera-Besitzer wie auch bei allen anderen Personen braucht es aber reichlich Identifizierungen per App – circa 30 bei wechselnden Lichtverhältnissen – bis das Identitätsprofil komplett ist und die Personen einigermaßen sicher erkannt werden. Der Identifizierungsvorgang selbst ist simpel: Die Kamera meldet ein unbekanntes Gesicht, das in der App gezeigt wird. Dann muss man nur noch ein paar Sekunden mit dem Finger auf das unerkannte Porträt drücken und den passenden Namen auswählen. Sollte es sich um eine Person handelt, für die es noch kein Profil gibt, muss kurz eins angelegt werden, indem der Name eingetippt wird. Aber auch bei schon kompletten Profilen kommt es immer wieder vor, dass Gesichter doch nicht erkannt werden – etwa wenn man eine Sonnenbrille trägt.
Große Tücken bei der Web-Oberfläche
Ob ein Profil komplett ist, wird an einem Fortschrittsbalken in der App angezeigt. Man hat auch per Web Zugriff auf die Kamera-Filme und das Live-Bild, allerdings sind hier keine Identifizierungen möglich. Die Web-Oberfläche hat aber eine weitere Funktion, die sich allerdings als große Tücke herausstellt: den Kamera-Reset. Dahinter verbirgt sich nicht ein einfacher Neustart des Geräts – den man vielleicht manchmal machen möchte – sondern eine komplette Neueinrichtung. Nur muss der Nutzer dafür vor Ort sein, etwa um die Kamera auf den Kopf stellen zu können. Steht die Kamera zum Beispiel in einem Ferienhaus, ist sie nach dem Reset so lange außer Gefecht, bis jemand den Einrichtungsprozess vor Ort durchführt.

Hier kann der Hersteller nachbessern und den Reset-Vorgang per Web mit deutlichen Warnungen versehen, damit dieser nicht versehentlich ausgelöst wird. Besser noch wäre es, wenn ein Reset auch nur mit physischem Kamera-Zugriff gestartet werden kann. Denn um die Neueinrichtung erfolgreich abschließen zu können, muss das Gerät schließlich in jedem Fall in die Hand genommen werden.
Statt Live-Bild gelegentlich schwarzer Screen
Abgesehen von der Reset-Falle sind die Bedienung und der Betrieb der Netatmo Welcome ebenso narrensicher wie das Einrichten. Aus unerfindlichen Gründen kommt es aber gelegentlich vor, dass die Kamera kurzzeitig die Verbindung trennt, oder einfach statt des Live-Bildes einen schwarzen Screen zeigt. Dieses Phänomen hat in unserem Test zur Reset-Idee geführt. Ein harter Reset per kurzzeitigem Ziehen des Stromsteckers stellte das Bild dann wieder her. Vielleicht sollte der Hersteller eine derartige Funktion in die Software einbauen, sodass man die Kamera einfach aus der Ferne neu starten kann.
Netatmo-App bietet wenige aber nützliche Funktionen
Ansonsten bietet die App wenige aber nützliche und sinnvolle Funktionen. Bei unbekannten Gesichtern und Bewegungen im Blickfeld der Linse wird gewarnt, bei bekannten Personen erscheint zuverlässig eine Nachricht, die allerdings individuell oder auch zeitabhängig abschaltbar ist. Sollten also Familienmitglieder ein Problem mit der Totalüberwachung haben, kann man diese auch deaktivieren. Ein Profil muss jedoch angelegt werden, damit die Kamera weiß, wessen Anwesenheit nicht gemeldet werden soll. Die App zeigt auch, welche Personen sich gerade im Haus aufhalten, stellt eine Zeitleiste mit den aufgezeichneten Gesichtserkennungen dar und bietet eine Liste der aufgezeichneten Clips.
Das Gerät kostet 199 Euro und wird mit Netzwerkkabel und Netzteil ausgeliefert. Im Lieferumfang enthalten ist ebenfalls eine Mini-SD-Speicherkarte mit 8 GB, auf der die Video-Clips abgelegt werden. Die Kamera lässt sich mit Tür-Sensoren kombinieren, die das Öffnen und Schließen der Tür registrieren. Diese Geräte hatten wir jedoch nicht im Test.