Die sogenannte Netzneutralität soll in den USA abgeschafft werden. Das machte einige Befürworter besonders wütend: Der Chef der zuständigen Regulierungsbehörde FCC, Ajit Pai, sagte offenbar aufgrund von Todesdrohungen sogar seinen Auftritt auf der CES 2018 ab. Hier erfährst Du die Definition von "Netzneutralität" sowie die wichtigsten Argumente von Befürwortern und Gegnern.
Mit der Ankündigung der US-Regierung, die "Netzneutralität" aufkündigen zu wollen, hat der Streit um das gesetzlich verankerte Prinzip eine neue Schärfe erreicht. Laut Wall Street Journal sagte Ajit Pai, der Chef der Regulierungsbehörde FCC, die für die Internetregulierung verantwortlich ist, seinen Auftritt bei der CES-Technikmesse ab. Er musste offenbar um sein Leben bangen. Einige Gegner der Netzneutralität hatten ihm Todesdrohungen geschickt, wie auch Recode schreibt.
Derweil haben Internet-Unternehmen wie Amazon, Facebook, Google und Microsoft Klagen gegen die Aufhebung der Netzneutralität angekündigt. Was ist eigentlich diese "Netzneutralität", die manche Gemüter so erhitzt?
Was ist Netzneutralität?

Internetprovider, wie hierzulande die Telekom, O2 oder Vodafone, bieten technische Leistungen, Dienste und Inhalte an, welche die Nutzung des Internets ermöglichen. Dazu gehören vor allem die Bereitstellung eines Internetzugangs via WLAN oder Kabel sowie das Hosting von Domains, Websites, Servern und E-Mails.
Netzneutralität bedeutet, dass die Internetprovider alle Daten gleich schnell übertragen sollen. Der Download von beispielsweise Computerspielen oder das Surfen auf Websites für Soßenrezepte sollen also mit derselben Geschwindigkeit erfolgen, auch wenn der Games-Download aufgrund der Dateigröße natürlich länger dauert. Außerdem meint Netzneutralität einen für jeden Internetanwender gleichen Zugang bei der Nutzung von Datennetzen.
Wird die Netzneutralität auch in Deutschland abgeschafft?
Eine Abschaffung der Netzneutralität in Deutschland oder der EU ist nicht geplant. Die Vorschriften zur Netzneutralität sind in der europäischen Telekom-Binnenmarkt-Verordnung 2015/2120 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet festgehalten. Die Bundesnetzagentur wacht in Deutschland über die Durchsetzung dieser Vorschriften. In diesem Zusammenhang wurde im Jahr 2016 der sogenannte "Routerzwang" abgeschafft, seitdem können Nutzer einen beliebigen Router für den Internetzugang mit jedem Provider verwenden.
Argumente der Befürworter
Die Befürworter der Netzneutralität wie die Großunternehmen der Internet Association befürchten, dass die Internetprovider nach ihrer Abschaffung die Daten bestimmter Websites, die dafür bezahlen, schneller übertragen würden. Die Daten von weniger zahlungskräftigen Urhebern würden hingegen weniger schnell übertragen.
So könnten angeblich etwa Start-Ups oder unbekannte Künstler das Internet nicht mehr wie zuvor für die Bewerbung ihrer Angebote nutzen, sondern müssten es hinnehmen, dass die Nutzer nur einen gebremsten Zugriff erhalten würden. Auf diese Art soll die Aufhebung der Netzneutralität Innovationen gefährden und zur Monopolbildung beitragen.
Laut Frank Rieger in der FAZ wäre das so, "als würde die Post sich anmaßen, Postkarten abhängig vom aufgedruckten Motiv unterschiedlich schnell zu transportieren. Sie würde Karten mit Bildern von Giraffen bevorzugt zum Empfänger weiterleiten, während solche mit Kätzchen erst nach einer Woche ankommen."
Argumente der Gegner
Die Gegner, darunter einige Internetprovider und Betreiber von Telekommunikationsnetzen, sehen Innovationen hingegen durch die Netzneutralität gefährdet. Auch vor der Einführung der Netzneutralität in den USA durch die FCC unter Barack Obama im Jahr 2015 habe das Internet gut funktioniert.
Vielmehr sei durch die Einführung der Netzneutralität weniger in den Ausbau der Netze und Internet-Dienstleistungen investiert worden, als es anderweitig möglich gewesen wäre. Durch Angebote für die Bevorzugung von Datenströmen wie Video-Streaming entstünden höhere Einnahmen für die Internetprovider. Diese könnten sie nutzen, um die Preise für die Kunden zu senken.
Der Vergleich mit der Post funktioniere derweil genau umgekehrt, wie Alex Epstein für das Ayn Rand Institute schreibt: Bereits heute bieten Paketdienstleister Premium-Optionen wie die Zustellung eines Pakets am Folgetag an – deshalb liefern sie Pakete zum normalen Preis aber nicht langsamer als zuvor. Ebenso werde das Internet ohne Netzneutralität nicht langsamer, sondern bestimmte Angebote wie Videostreaming würden vielmehr schneller.
Zusammenfassung
Was ist Netzneutralität?
- Netzneutralität bedeutet, dass Internetprovider alle Daten gleich schnell übertragen sollen
- Außerdem meint Netzneutralität einen für jeden Internetanwender gleichen Zugang bei der Nutzung von Datennetzen
Wird die Netzneutralität auch in Deutschland abgeschafft?
- Eine Abschaffung der Netzneutralität in Deutschland ist nicht geplant
- Die Vorschriften zur Netzneutralität sind in der europäischen Telekom-Binnenmarkt-Verordnung 2015/2120 festgehalten
- Die Bundesnetzagentur wacht in Deutschland über die Durchsetzung dieser Vorschriften
Argumente der Befürworter
- Die Befürworter befürchten eine Verlangsamung von Webinhalten weniger zahlungskräftiger Anbieter
- Unter anderem Start-Ups und unbekannte Künstler würden angeblich darunter leiden
- Allerdings gehören auch viele Online-Großunternehmen wie Google, Facebook und Microsoft zu den Befürwortern
- Die Aufhebung der Netzneutralität gefährde so Innovationen und fördere Monopolbildungen
Argumente der Gegner
- Durch die Einführung der Netzneutralität in den USA sei weniger Geld in den Ausbau der Netze und Internet-Dienstleistungen investiert worden
- Internetprovider könnten dank der Mehreinnahmen durch Premium-Angebote die Preise bei den Endkunden senken
- Das Internet werde ohne Netzneutralität nicht langsamer
- Bestimmte Angebote wie Videostreaming würden vielmehr beschleunigt