[Update] Möchte die EU die besten TVs verbieten? Wie die neue Ökodesign-Richtlinie die TV-Zukunft bedroht

Andreas Müller8. MÄRZ 2023
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Ab März 2023 möchte die EU den Verkauf einiger der besten TVs wegen ihrer hohen Stromverbrauchswerte verbieten. Sofern sich nichts mehr an der geplanten Verschärfung des Energieeffizienzindex und der Ökodesign-Richtlinie ändert, verschwinden alle 8K-TVs sowie einige hochwertige 4K-Fernseher vom Markt. Hier erfährst du, was geplant ist und welche TVs betroffen sind.

Update 2: So reagieren die Hersteller

08.03.2023: Seit der CES 2023 zeichnet sich ab, dass die neuen Energieeffizienzrichtlinien für Fernseher zunächst nur geringe Auswirkungen haben. Hersteller wie Samsung, TCL und LG kündigten wie gewohnt neue 8K-TVs an. Und aktuelle Modelle, welche die neuen Effizienzkriterien nicht erfüllen, aber vor dem 1. März 2023 an den Handel ausgeliefert wurden, dürfen weiterhin verkauft werden.

Samsung löst das Problem bei neuen TVs mit einem Eco-Modus für den Werkszustand, wie schon im Artikel unten im Vorfeld spekuliert. Dieser ist auf eine sehr geringe Helligkeit begrenzt, bei der Ersteinrichtung weist der Hersteller die Nutzer allerdings gleich auf optionale Bildmodi hin. Damit bekommen die Nutzer das gewohnt helle Bild bei höherem Stromverbrauch. Es ist noch unklar, welche Lösung LG für die neuen 8K-TVs der Z3-Familie geplant hat.

Allerdings: Der Branchenverband gfu rügte die Energieeffizienz-Vorgaben der EU Ende Februar 2023 in einer Pressemitteilung. Um hellere, kontrastreichere und hochauflösendere Bilder liefern zu können, die sich Verbraucher zunehmend wünschten, benötigten die Geräte tendenziell mehr Strom. Während die neuen EU-Vorgaben aktuell also nur geringe Auswirkungen haben, könnte das bei zukünftigen Geräten und neuen Technologien anders aussehen. „Wenn Vorgaben dazu führen, dass technologischer Fortschritt im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht stattfinden kann, dann sollten diese Vorgaben unbedingt den Realitäten angepasst werden“, sagte Dr. Sara Warneke, die gfu-Geschäftsführerin.

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Aus aktuellem Anlass

CES 2023: Highlights der Tech-Messe

Nachdem die letzten Jahre in Bezug auf Innovationen im Bereich der Heimelektronik ereignisarm wirkten, ist die CES („Consumer Electronics Show“) dieses Jahr in Las Vegas dahingehend ein voller Erfolg. Zahlreiche spannende und teils kuriose neue Technologien und Produkte waren zu sehen. Wir stellen Highlights verschiedener Produktgruppen vor – inklusive Experteneinschätzungen und neuester Infos.

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Update: EU bleibt bei Verschärfung

31.11.2022: Gegenüber der italienischen Zeitung DDay bestätigte die EU-Kommission Ende November 2022, dass man die neuen Obergrenzen nicht noch einmal überprüfen würde. Demnach wird der neue Energieeffizienzindex am 01. März 2023 ohne weitere Rezension in Kraft treten.

Es klingt dramatisch – und nach aktuellem Stand ist es das auch: Laut der für März 2023 geplanten EU-Ökodesign-Richtlinie in Verbindung mit einem verschärften Energieeffizienzindex für Fernseher würden einige der besten TV-Geräte zu viel Strom verbrauchen. Sie könnte dasselbe Schicksal ereilen wie die Glühbirne: ein EU-weites Verkaufsverbot, das sich auch auf andere Erdteile auswirken dürfte.

Die aktuelle EU-Regelung lautet, dass OLED-Fernseher etwas mehr Strom verbrauchen dürfen als LCD-TVs, darunter QLED- und miniLED-Geräte. 8K-Fernseher und die Luxusgeräte mit microLED-Technologie sind von der Verbrauchsobergrenze ausgenommen. Doch ab dem 1. März 2023 soll keine Displaytechnologie oder -auflösung mehr von der erlaubten Verbrauchsobergrenze ausgeschlossen werden. Für 4K-, 8K- und microLED-TVs gelten dann dieselben Regeln, auch wenn sie sich technisch stark unterscheiden.

So viel Strom dürfen TVs ab März 2023 noch verbrauchen

Das Fachmagazin FlatpanelsHD hat auf Grundlage des geplanten EU-Energieeffizienzindex für TVs berechnet, welche Leistungsaufnahme 4K- und 8K-Geräte ab März 2023 noch haben dürfen. Relevant ist der Stromverbrauch im SDR-Modus, dem Standard beim Bildgebungsverfahren von Fernsehbildschirmen, und nicht jener bei der qualitativ höheren Darstellung von HDR-Inhalten.

EigenschaftsnameLeistungsaufnahme

Herkömmliche 4K-LCD- und OLED-Geräte befinden sich größtenteils im Rahmen des Erlaubten, aber oft sehr nahe an der Grenze. Beispielsweise verbraucht der LG C2 OLED in 42 Zoll 52 Watt, was lediglich ein Watt vom zulässigen Maximum entfernt liegt.

Diese Fernseher sollen nicht mehr verkauft werden dürfen

8K Fernseher in Geschäft

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Die neuen QD-OLED-TVs von Sony und Samsung, deren Dioden etwas heller leuchten als die herkömmlicher OLEDs, verbrauchen in der Größe 65 Zoll zu viel Energie laut der neuen Ökodesign-Richtlinie. 113 Watt statt der erlaubten 112 Watt sind es beim Sony A95K, der Samsung S95B läuft mit 132 Watt.

Der 8K-Fernseher Samsung QN700B in 55 Zoll verbraucht mit 193 Watt mehr als doppelt so viel Strom, wie es die EU ab März 2023 gestatten möchte. Ähnliches gilt für alle 8K-Fernseher. Und der 110 Zoll große microLED-TV von Samsung verbraucht 842 Watt, seine innovative Technologie ist energieintensiver als andere. Doch auch die Leistungsaufnahme einiger herkömmlicher 4K-LCD-Fernseher liegt über dem erlaubten Maximum: Der 4K-LCD-TV Samsung QN95B in 55 Zoll mit miniLEDs nutzt 93 Watt, obwohl nur 84 Watt erlaubt sein werden.

Kurz gesagt: Alle 8K-TVs, größere QD-OLED-Fernseher, microLED-Geräte und einige 4K-LCD-TVs sollen ab März 2023 nicht mehr verkauft werden dürfen, sofern die EU an ihren Plänen festhält. Es handelt sich tendenziell um die Geräte mit der fortschrittlichsten Technik und der höchsten Bildqualität.

Ist es falsch, TVs mit hohem Stromverbrauch zu verbieten?

Eine Gruppe Freunde schaut Fußball auf einem Fernseher

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Angesichts hoher Stromkosten stellt sich die Frage, ob das drohende Verbot zu begrüßen ist. Leider könnte es gut sein, dass die EU wichtige technische Zusammenhänge übersieht. 8K-TVs verbrauchen aufgrund ihrer höheren Pixeldichte prinzipiell mehr Energie, um das Bild genauso hell darstellen zu können wie 4K-Geräte. Das Licht muss das dichtere Pixelnetz durchdringen können. Die QD-OLED-Fernseher bieten eine höhere Helligkeit als die meisten herkömmlichen OLED-TVs, was naturgemäß mehr Strom erfordert.

Die besten miniLED-Fernseher wie der Samsung S95B haben leistungsstarke LED-Lampen verbaut, um auch in hellen Räumen ein gutes Bild zu liefern. Die neuen microLED-TVs bestehen aus unzähligen winzigen LED-Lämpchen – sie ahmen das selbstleuchtende Prinzip der OLED-Geräte nach, nur ohne Einbrenngefahr. Dafür verbrauchen sie relativ viel Energie.

Die EU tut so, als zählten herkömmliche 4K-LCD-Fernseher, 8K-TVs, QD-OLED-TVs, miniLED-Fernseher und microLED-Geräte alle in dieselbe Geräteklasse, obwohl sie technisch völlig unterschiedlich sind. Die Geräte lassen sich aus diesem Grund in Hinblick auf den Stromverbrauch nicht über einen Kamm scheren.

Können die Hersteller etwas gegen das Verkaufsverbot tun?

Mann sitzt auf Sofa vor einem Fernseher mit Störbild

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Theoretisch könnten die Hersteller eine Art EU-SDR-Bildmodus als Standard bei neuen Geräten einrichten, wie der TV-Journalist Caleb Denison auf Digital Trends schreibt. In diesem Modus würden die Fernseher so wenig Strom verbrauchen, dass sie die Vorgaben der EU erfüllen. Das bedeutet allerdings, dass das Bild sehr dunkel wäre, sobald die Kunden das Gerät zu Hause anschalten.

Das Fernsehbild würde viel schlechter aussehen als im Elektronikmarkt, in dem sie das Gerät vielleicht gekauft haben. Verkäufer müssten jedem Kunden einzeln erklären, dass er zu Hause vom EU-Bildmodus auf einen brauchbaren Bildmodus manuell umschalten muss – in der Regel bedenken und tun Verbraucher das nämlich nicht. Die Verkäufer müssen dann hoffen, dass der Kunde das Gerät nicht enttäuscht zurückbringt.

Vielleicht könnte man den Kunden eine gesonderte Anleitung mitgeben für die Ersteinrichtung, um ein vernünftiges Bild zu bekommen. Die Erwartungshaltung der Kunden ist allerdings, dass ein Gerät nach dem Einschalten richtig funktioniert. Nur einige Techniknerds wie ich kämpfen sich erst durch Bildeinstellungen.

Es bleibt also zu hoffen, dass die EU ihre Pläne bis zum März 2023 noch ändert. Ansonsten sieht es nicht gut aus für die besten Fernseher – und für die gesamte TV-Zukunft.

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