Mit "Outlaw King" will Netflix zeigen, dass sie nicht nur aufwendig produzierte Serien drehen können, sondern auch opulente Filme, die von Kritikern und Fans gleichermaßen geliebt werden können. Inoffiziell war sogar von einem "Braveheart"-Sequel die Rede. Da ich das Historienepos von und mit Mel Gibson sehr schätze, war ich entsprechend neugierig auf die Netflix-Produktion und wollte sie mir keinesfalls entgehen lassen.
- Es war einmal ...
- "Outlaw King" mit starkem Auftakt
- Robert the Bruce gegen König Edward I.
- Gekürzte Fassung ist immer noch zu lang
- Was nach "Outlaw King" bleibt ...
Es war einmal ...
Die Voraussetzungen klangen vielversprechend: Ein Film, der im Mittelalter spielt, sich thematisch um eine der wichtigsten, aber bisher wenig behandelten Persönlichkeiten im Unabhängigkeitskampf von Schottland dreht und mit Chris Pine einen echten Hollywoodstar an Bord hat. Durch Netflix im Rücken waren auch die hohen Produktionskosten gedeckt. "Outlaw King" hätte ein echter Erfolg werden können ... Das versprach schließlich auch der imposante Trailer, der sofort mein Interesse geweckt hat.
Aber hätte, hätte, Fahrradkette, denn das Ergebnis ist leider alles andere als episch und kommt keineswegs an ein Meisterwerk wie "Braveheart" heran. Und mit dem wurde es vorab oft in einen Topf geworfen. Doch mehr als das Setting in Schottland und die thematische Ausrichtung haben die beiden Filme nicht wirklich gemein. Dabei fing "Outlaw King" eigentlich stark an.
"Outlaw King" mit starkem Auftakt

Allein die erste Szene war eine beeindruckende Plansequenz von Sage und Schreibe fast zehn Minuten. Ich habe mir die Szene sogar gleich zweimal angesehen, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass es wirklich keinen Schnitt gibt. Doch es gab keinen – oder zumindest habe ich partout keinen finden können.
Regisseur David Mackenzie hat sich ausreichend viel Zeit genommen, um die Charaktere in Ruhe einzuführen und die Ausgangssituation zu verdeutlichen: England herrscht weiter über Schottland, nachdem sich Robert the Bruce (Chris Pine) und weitere Schotten dem König Edward I. unterworfen haben. William Wallace, der Freiheitskämpfer von Schottland, ist irgendwo in der Versenkung verschwunden. Und wieder: Es hätte so schön sein können ...
Doch der Frieden hielt nicht lange und spätestens als der abgetrennte Arm von William Wallace ("Freeeeeeeiheeeeeeeit!") mahnend dem schottischen Volk präsentiert wurde, war es vorbei mit dem friedlichen Beisammensein.
Robert the Bruce gegen König Edward I.
Und spätestens ab da ging es mit "Outlaw King" so schnell den Bach herunter, wie mit dem Frieden zwischen der englischen Krone und Robert the Bruce. Nachdem er sich selbst zum König ernannt hatte, machte er sich daran, Verbündete zu finden und gegen König Edward I. in den Krieg zu ziehen.
Doch statt auf imposante Schlachten und den Wunsch nach Unabhängigkeit der Schotten zu setzen, plätschert "Outlaw King" einfach so vor sich hin. Ja, es gibt kleine Auseinandersetzungen, doch mit Gänsehaut-Feeling à la "Braveheart" hat das herzlich wenig zu tun. Teilweise springt der Film so schnell in der Zeit voran, dass man kaum hinterherkommt und im nächsten Moment werden einige Szenen bis ins kleinste Detail erzählt.
Gekürzte Fassung ist immer noch zu lang
"Outlaw King" geht etwas mehr als zwei Stunden und ist sogar schon die "gekürzte Fassung". Auf dem Toronto Film Festival, wo der Film Premiere feierte, war er noch um einiges länger. Doch Mackenzie nahm sich die Kritik vor Ort zu Herzen und kürzte, was das Zeug hielt. Rund 20 Minuten sind im Schnittraum noch mal entfallen – doch ob es dem Film genützt hat, sei einmal dahingestellt.
Ich hatte mehrfach das Bedürfnis den Fernseher auszuschalten, da ich nicht das Gefühl hatte, dass die Story wirklich voranschreitet. Irgendwie kommt Robert the Bruce nicht so recht zu Potte und wirkt auch nicht allzu motiviert. Ich meine, hallo? Es geht hier um die Unabhängigkeit seiner Heimat. Zum Vergleich: "Braveheart" geht knapp drei Stunden und ist alles andere als langwierig und zäh erzählt.
Was nach "Outlaw King" bleibt ...

Ja, vielleicht ist es zu viel verlangt, "Outlaw King" mit "Braveheart" zu vergleichen, der immerhin fünf Oscars gewonnen hat. Doch allein die Thematik legt es nun einmal nahe. Robert the Bruce ist schließlich in gewisser Weise ein direkter Nachfolger von William Wallace, doch was bei "Braveheart" noch spannend inszeniert wurde, plätschert in "Outlaw King" irgendwie nur vor sich hin. Personen und Auseinandersetzungen sind nichts weiter als Schall und Rauch und die Schlachten hinterlassen – trotz aufwendiger Produktion – keinen bleibenden Eindruck.
Das Einzige, was nach "Outlaw King" bleibt, ist der Wunsch, nach Schottland zu reisen und sich selbst einen Eindruck von der beeindruckenden Landschaft zu machen. Oder alternativ noch mal "Braveheart" anzuschmeißen.